Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften (IRICS) Wien, 9. bis 11. Dezember 2005

   
 
S E K T I O N E N
 

Theater und Fest - Ursprünge und Innovationen in Ost und West

Chair of the section/Suggestions, Abstracts, Contributions to:

Han-Soon Yim (Seoul National University)

 
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ABSTRACT:

In dieser Sektion soll die historische Entwicklung des Theaters in seinem Verhältnis zum Fest dargestellt werden. Die Verbindung von Fest und Theater, die das antike griechische Theaterwesen begründet und es im 5. Jahrhundert v. Chr. zur höchsten Entfaltung gebracht hatte, ist auch in der Folgezeit nicht gänzlich verloren gegangen. Im christlichen Mittelalter nahmen die geistlichen Spiele ihren Ursprung aus der Liturgie der Osterfeier und entwickelten sich bald zu einem wesentlichen Bestandteil der städtischen Festkultur. Bei seiner ambivalenten Beobachtung des Römischen Karnevals stellte Goethe wiederholt fest, dass jeder Festtag mit einem nächtlichen Theaterbesuch abgeschlossen wurde. In dem seit der Renaissance zunehmend institutionalisierten Theater sah Rousseau dann eine Gefahr für die Menschheit und im Fest dagegen ihre Rettung: Das Fest war für ihn ein Sinnbild der Möglichkeit einer Wiederaneignung des Ursprungs. Nietzsche hoffte auf eine Wiedergeburt des festlichen Theaters, wie es bei den antiken Dichtern erreicht worden war. Aus der Theatergeschichte des letzten Jahrhunderts ist Antonin Artaud hervorzuheben, der das Theater zugunsten des Festes gar aufzuheben trachtete: In Einbeziehung des Publikums als feiernde Gemeinschaft sollte das Theater zum Volksfest verwandelt werden. Ein faszinierendes Vorbild für seine neue Theaterkonzeption hat er im balinesischen Theater entdeckt, das sich im Gegensatz zur vehementen Textlastigkeit des europäischen Theaters durch feierlich stilisierte und ritualisierte Darstellung in Gestik, Musik, Tanz, Masken und Kostümen kennzeichnet. Gerade hier öffnet sich ein weiterer Ansatzpunkt unserer Sektionsarbeit: Die Beziehung zwischen Fest und Theater soll an Beispielen sowohl aus der westlichen Theatergeschichte als auch aus östlichen Kulturen dargestellt werden, und zwar im Hinblick darauf, ob und inwieweit diese Beispiele als Innovationen und/oder Reproduktionen der im Zuge der Zivilisation vergessenen bzw. deformierten Ursprünge zu begreifen sind.


ReferentInnen / Speakers

  • Han-Soon Yim (Seoul): Das koreanische Maskenspiel und das Fest Danoje in bezug auf die antiken Dionysien [ABSTRACT]
  • Ulrich J. Beil (Universität München, Deutschland): Dionysos-Reflexionen. Fest und Präsenz in Sophokles/Brechts Antigone [ABSTRACT]
  • Ulf Birbaumer (Wien): Volkstheater und Fest [ABSTRACT]
  • Maria E. Brunner (Pädagogische Hochschule Schwäbisch Gmünd): Die "andere" Volkskultur - "Mistero Buffo" von Dario Fo [ABSTRACT]
  • Farideh Jazayeri Mousavi (Islamic Azad University- Central Branch, Tehran): Die kulturelle Wirkung des Westens auf das persische Theater und die persischen Feste [ABSTRACT]
  • Volker Mertens (Freie Universität Berlin): Sakontala und das romantische Universaldrama [ABSTRACT]
  • Jürgen Pelzer (Occidental College, Los Angeles, Kalifornien, USA): Die Bakchen des Euripides. Der Ursprung des Dionyskults und seine kritische Reflexion [ABSTRACT]
  • Otto G. Schindler (Universität Wien): Comici dell’arte auf den Hochzeiten der Habsburger Frühes Berufstheater und höfisches Fest [ABSTRACT]
  • Jolanta Szafarz (Polen, Universität Wroclaw): Fest und Ritus im Laboratorium - Theater von Jerzy Grotowski [ABSTRACT]
  • Uta Treder (Università degli Studi di Perugina): Theater und Fest. Dionysos, Christus und Jahwe [ABSTRACT]
  • Éva Tokei (Eötvös Lorand Universität Budapest): Die Geburt und Bedeutung des Nationaltheaters: Ungarn, ein Kolonialfall [ABSTRACT]
  • Bettina Gruber (Ruhr-Universität Bochum): Tradition und Innovation in der 'sozialistischen Dramatik'

Innovations and Reproductions in Cultures and Societies
(IRICS) Vienna, 9. - 11. december 2005

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