Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften (IRICS) Wien, 9. bis 11. Dezember 2005 I

 
<< Reproduktionen und Innovationen in Sprache und Kommunikation verschiedener Sprachkulturen
<< Reproduction and Innovation in Language and Communication in different Language Cultures

Der Zustrom des Englischen in Bulgarien - ein Generationsproblem

Irena Vassileva (TU Berlin, Arbeitsstelle Semiotik, Deutschland)

 

ABSTRACT:

Der relativ neue, dafür aber ziemlich aggressive Zustrom des Englischen in Osteuropa hat zu radikalen Veränderungen im Sprachverhalten der jüngeren Generation geführt. Dies betrifft vor allem die jungen Leute, die in den 70-er und den 80-er Jahren geboren sind, die Generation, die mit dem Internet und der Schaffung globaler, geographisch, politisch, sozial und religiös grenzübergreifender Netzwerke aufgewachsen ist. Darüber hinaus fiel der Prozess der technologisch bedingten Globalisierung mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes in Osteuropa und dessen Öffnung zur Außenwelt zusammen, wobei sich die sogenannte Internationalisierung durch einen qualitativen Sprung in Globalisierung verwandelte.

In diesem Vortrag werde ich mich auf die Besonderheiten der Sprache dieser neuen Generation konzentrieren und mich vor allem auf einige Diskursdomäne fokussieren, die vom Englischen besonders stark beeinflusst werden, nämlich die modernen Technologien und die Popkultur.

Ich werde auf die folgenden Fragen näher eingehen: (1) die phonetische, grammatische und orthographische Gestalt der Entlehnungen und die Art und Weise ihrer schriftlichen Fixierung in den Massenmedien; (2) die sprachbedingte, ständig wachsende Generationskluft und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme; (3) die Zukunft der kyrillischen Schrift.

Die Untersuchung bezieht sich auf Daten, die aus gegenwärtigen bulgarischen Zeitschriften exzerpiert worden sind; die Zeitschriften richten sich an die 'post-1990' Generation.

Es wird festgestellt, dass die Anglizisierung, wie sie in den Massenmedien fixiert wird, die ‚kommunistische' und die ‚post-kommunistische' Generationen voneinander abgrenzen soll und die zweite als 'integrierte im globalen Dorf' identifizieren soll, als eine Generation, die alle Verbindungen mit der totalitären Vergangenheit abgebrochen hat.

Dieser Prozess führt dazu, dass die im Prinzip existierende Kluft zwischen den Generationen immer breiter und tiefer wird, und zwar durch die Sprache. Im Unterschied zu den von früher bekannten Situationen aber ist dies nicht nur dem neuen Slang zuzuschreiben, sondern auch der Verwendung einer Fremdsprache, die für die ältere Generation unverständlich bleibt.

Die kyrillische Schrift wird als ein wesentlicher Bestandteil der bulgarischen Nationalidentität betrachtet, und es ist deswegen höchst unwahrscheinlich, dass sie durch irgendeine andere Schrift ersetzt wird.

In dem Vortrag versuche ich, bestimmte gesellschaftliche Folgen der Amerikanisierung der bulgarischen Sprache zu erläutern, nämlich: die Gefahr der sich durch die Sprache immer schneller vertiefenden Entfremdung zwischen den Generationen, die auch Konflikte mit sich bringt und damit die traditionellen gemeinschaftlichen Barrieren neu definiert; die moderne Auffassung der jüngeren Generation von Fortschritt und deren Voraussetzungen; die möglichen Konsequenzen für die Bewahrung der kyrillischen Schrift. Darüber hinaus gehe ich auf einige rein sprachwissenschaftliche Probleme ein, die mit der Wiedergabe der neuen englischen Lehnwörter in die bulgarische Sprache und deren Integration verbunden sind.

Innovations and Reproductions in Cultures and Societies
(IRICS) Vienna, 9 - 11 december 2005

H O M E
WEBDESIGN: Peter R. Horn 2005-09-29