Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

<<< Literaturen der Migration / Migration Literatures / Les littératures „migrantes“ / Las literaturas “migrantes”


 

Drei Kontinente, fünf Leben. Die afrikanische Migration der Moderne in Manthia Diawaras autobiografischen Essays

Susanne Gehrmann (Humboldt Universität zu Berlin) [BIO]

Email: susanne.gehrmann@rz.hu-berlin.de

 


 

ABSTRACT:

Die Verschränkung von lebensgeschichtlichem Erzählen und zeitpolitischer Gesellschaftsanalyse oder philosophischen Betrachtungen hat in den letzten 15 Jahren zur Herausbildung eines neuen Genres in der Literatur von Autoren afrikanischer Herkunft geführt, das ich vorläufig als „autobiografischen Essay“ benennen möchte. Auffällig häufig handelt es sich hierbei um Texte, die im Kontext von Migration und Exil entstehen und diese auch thematisieren. Prominente Vertreter sind V.Y. Mudimbe (Les corps glorieux des mots et des êtres. Ésquisse d’un jardin africain à la bénédictine, 1994), Nuruddin Farah (Yesterday, Tomorrow. Voices from the Somali Diaspora, 2000) und Wole Soyinka (You Must set Forth at Dawn. A Memoir, 2006). Wie diese ist auch der in den USA lehrende malische Film- und Literaturwissenschaftler Manthia Diawara Teil der intellektuellen afrikanischen Diaspora, die zwischen mehreren Kontinenten lebt und ihre eigene Lebensgeschichte in Zusammenhang zu weiterreichenden historischen Prozessen wie Dekolonisierung, Rassismuserfahrung und Hybridisierung von Kultur stellt. Diawara versteht sich hierbei explizit als Vertreter einer afrikanischen Moderne, der bestimmten stagnierenden Entwicklungen auf dem „Heimatkontinent“ sehr skeptisch gegenübersteht. In dem Band In Search of Africa (1998) steht der Gestus des wissenschaftlichen Aufsatzes noch im Vordergrund, doch werden kulturwissenschaftliche und soziohistorische Analysen parallel zur Erzählung der Suche Diawaras nach seinem Jugendfreund in Guinea gesetzt, dessen Geschichte als ein möglicher Entwurf des eigenen Lebens - wäre Diawara nicht migriert – erscheint. In We won’t budge (2003, betitelt nach dem populären Song Nous pas bouger von Salif Keita) erzählt Diawara rückblendend seine Geschichte der Migration nach Frankreich und in die USA, die ob seines Erfolgs als Wissenschaftler zwar einerseits untypisch ist, jedoch die typischen Erfahrungen von Ausgrenzung und Entfremdung westafrikanischer Migranten aufnimmt und in eine übergreifende politische Analyse überführt. Im Vortrag werden die unterschiedlichen Erzählstrategien Diawaras analysiert, um aufzuzeigen – so meine These –, dass er eine Synthese des Entwurfs von Lebensgeschichte und Weltverstehen anstrebt, wobei die konfliktuelle Migrationserfahrung als entscheidender Impuls zum kreativen Umgang mit unterschiedlichen Genres in einem Text gelten kann.

 


 

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