Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

<<< Repräsentation von Transformationsprozessen in der Gegenwartsliteratur


 

Jaspers’ Globalisierungsvorstellungen im Kontext der Umbruchszeiten

Sultana Tukfatulina (Vladikavkaz, Nordossetien-Alanien / Russland)

Email: sultana_t@mail.ru

 


 

ABSTRACT:

Die ab den 90ern Jahren in Russland aktualisierte Forschung von Jaspers’ politischen, sozialen und historischen Anschauungen lässt sich als Ergebnis der radikalen Transformationsprozesse im postsowjetischen Raum betrachten. Mit dem Zusammenbruch des marxistischen Paradigmas enstand ein akutes Bestreben nach einem theoretischen Ersatz, der nicht mehr so “materialistisch”, aber ebenso global wäre. Jaspers’ Konzeption der Achsenzeit entsprach dem Anliegen und wurde in breiten geisteswissenschaftlichen Kreisen rasch populär. Bemerkenswert ist, dass gerade sein Werk «Vom Ursprung und Ziel der Geschichte» als erstes ins Russische übersetzt wurde, in welchem die Idee der Einheit der Menschheitsgeschichte - ebenso zentral für die Formationstheorie von Marx - begründet wurde. Im abendländischen Diskurs ist Jaspers aus einer anderen Perspektive rezipiert: als einer der ersten Theoretiker der Globalisierungsidee.

Im Vortrag wird die Entwicklungsgeschichte der für Jaspers’ Werk grundlegenden Idee der Welteinheit thematisiert. Vordergründig behandelt der Philosoph die Einheitlichkeit menschlicher Existenz. Einleuchtend sind in diesem Zusammenhang zwei polare Aussagen des Denkers, die stellvertretend für unterschiedliche Entwicklungsetappen von Jaspers sind. 1933 sagte er: «…deutsches Wesen sei Vernünftigkeit…»(1), und 1965: «…nicht Hitler ist “schuldig”, sondern die Deutschen, die ihm folgten»(2). Aus einem nationalistisch gesinnten ‘Staatsbürger’ am eigentlichen Anfang seiner Laufbahn entwickelte er sich am Lebensabend zum ‘Weltbürger’.

Im Beitrag wird der Versuch unternommen, dieser radikalen Weltanschauungsmetamorphose und den ihr zugrunde liegenden inneren, psychologischen wie auch äußeren Faktoren nachzugehen.


1 Hannah Arendt, Karl Jaspers Briefwechsel 1926–1969. Pieper München Zürich, 2002., Br. 23., S. 53.
2 Ibid., Br. 384., S. 648.

 


Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007