Das Verbindende der Kulturen

SEKTION:

Vom Nutzen kultureller Differenzen (Vilém Flusser)

Andreas Metzner-Szigeth (Münster)
Kulturelle Diversität und neue edien: zur Kaskadierung eines europäischen Forschungsnetzwerks

In diesem Beitrag wird ein Konzept für die Einrichtung eines "Network of Excellence" (NoE) im 6. EU-Forschungsrahmenprogramm vorgestellt. Im Zentrum desselben steht das Thema "Kulturelle Diversität und neue Medien - ihre Wechselwirkungen als Moment europäischer Integration" (CultMed).

Es wird davon ausgegangen, dass die Wechselwirkungen zwischen der Entwicklung der Völker Europas und der Nutzung von Kommunikationsmedien, die es seit Erfindung des Alphabets gibt, auch in der Gegenwart eine wichtige Rolle spielen. Die Einführung von Buchdruck, Presse, Rundfunk und Fernsehen führte zu kulturellen Transformationen, die sich mit Umwälzungen ökonomischer, politischer und sozialer Art verbunden haben. Mit der Entwicklung von digitalen Medien und computervermittelter Kommunikation und ihrer Bedeutung für den Übergang der europäischen Gegenwartsgesellschaft(en) zu einer "knowledge-based society" setzen sich diese Zusammenhänge bis heute fort. Der durch sie induzierte Formwandel kultureller Praxen verläuft allerdings nicht einfach technikinduziert, sondern verbunden mit wechselbezüglichen gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen, wie Globalisierung, Individualisierung, reflexive Modernisierung, Komplexitäts- und Kontingenzsteigerung sowie dem Wertewandel. Die Wechselwirkungen zwischen "kultureller Diversität" und "neuen Medien", die den Forschungsgenstand des NoE ausmachen, entfalten sich daher in einer Matrix, deren Eckpunkte durch die Begriffe "Kultur", "Gesellschaft", "Medien" und "Technik" gesetzt sind.

Im Zusammenhang der Transformation ihrer kulturellen Grundlagen durch die breite Nutzung neuer Medien verändern sich sowohl die Wirkungsbedingungen gesellschaftlicher Teilsysteme, als auch die Arbeitsweise von Organisationen und die Interaktionsmöglichkeiten von Individuen. Das NoE erschließt die damit verbundenen Veränderungen im Verhältnis von Sozialität (Bildung individueller und kollektiver Identitäten, Formen der Vergemeinschaftung) und Kulturalität (kulturelle Praktiken und Güter als Bedeutungsmuster des gesellschaftlichen Lebens) auf drei Forschungsfeldern, nämlich "Privatheit und Öffentlichkeit" (für die sozio-politische Dimension des Themas), "Identität und Gemeinschaft" (für seine sozial-kulturelle Dimension) und "Wissen und Wirtschaft" (für seine sozio-ökonomische Dimension). Hinzu tritt das Querschnittsthema "(Un)Sicherheit und Vertrauen", dessen Forschungsproblem - nämlich die veränderte Balance dieser beiden Parameter sich im Schnittfeld der drei Forschungsfelder entfaltet. Weil die Verhältnisse von "Virtualität und Realität" und von "Raum und Zeit" durch die neuen Medien qualitativ verändert werden, werden diese beiden Reflexionsbezüge im Zusammenhang dieser Forschungskomplexe systematisch berücksichtigt. Die Wechselwirkungen von "kultureller Diversität" und "neuen Medien" entfalten sich in einem Spannungsfeld, zwischen dessen beiden Polen Homogenisierung versus Diverzifizierung ein Terrain komplexer Überlagerungen und vielfältiger Gestaltungsoptionen erzeugt wird.

DAS VERBINDENDE DER KULTUREN