DEUTSCH |  ENGLISH |  FRANÇAIS |

Das Verbindende der Kulturen

SEKTION:

Das Schreiben in der Migration: Literatur und kulturelle Kontexte (in der Romania)

Leitung der Sektion/Anmeldung von Referaten bei:
Email: Klaus-Dieter Ertler (Aachen/Graz)

ABSTRACT: Verbindende transnationale Elemente im literarischen System zu beobachten, stellt eines der wichtigsten Desiderate zeitgenössischer Literaturkritik dar. Durch die immer stärker in den Blickpunkt tretenden Migrantenliteraturen, die sich aus den globalen Mobilitätsströmen entwickelt haben, ist es heute notwendig geworden, kulturübergreifende Phänomene dieser Art zu beobachten und näher zu beschreiben.

Wie lassen sich in den heutigen komplexen Kommunikationsformen künstlerische Gebilde fassen und wie lassen sich verbindende transnationale Elemente darin feststellen? Ausgehen kann man von einer Narratologie, die den Aspekten des Anderen im Eigenen, der Verwendung von "anderen" kulturellen Mustern in der eigenen Sprache, oder umgekehrt, Rechenschaft trägt. Dabei nehmen die unterschiedlichen Möglichkeiten, die Wirklichkeit erzählerisch zu konstruieren, eine wichtige Rolle ein.

Die Migrantenliteraturen weisen deshalb in narratologischer Hinsicht allesamt ein Spezifikum auf. Sie nähren sich einerseits vom Rückblick auf frühere Kulturbereiche des Schreibenden, die sich nicht mit der aktuellen Lebenswelt decken, und thematisieren diese in ständiger Neuerzählung. Durch die dabei entstehende Spannung ergeben sich fruchtbare Zwischenräume, die für die spezifische Ästhetik dieser Literaturen konstituierend werden. Andererseits problematisieren sie das "Andere" und die Einbindung des anderen Menschen in seine neue Umgebung.

Es stellt sich daher die Frage, wie diese Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in romanischen Erzählsystemen operiert und wie sie sich in den einschlägigen Texten niederschlägt. Zur weiträumigen Fassung des Problems kann man zum Beispiel der systemtheoretischen Grundannahme folgen, die besagt, daß zur Gewinnung neuer Anschlußmöglichkeiten stets eine Reduktion von Komplexität notwendig sei. Diese Reduktion läßt sich auf unterschiedliche Weise vornehmen, etwa durch die Einbeziehung von soziologischen Parametern, wie sie etwa in Gilbert Durands Studie Les structures anthropologiques de l'Imaginaire (Paris: Dunod 1969) aufbereitet wurden. Durand legte die anthropologischen Konstanten des Kunstwerks frei und lieferte auf diese Weise einen Zugang zu kulturübergreifenden Grundmustern. In Gilbert Durands Werk werden die Symbole zahlreicher Kulturen miteinander verknüpft und auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert. Die weitreichenden Erkenntnisse des französischen Soziologen wären auf das literarische Feld unserer Zeit, insbesondere auf Texte mit migratorischem Hintergrund, auf literarische Werke zu übertragen und ihre inter- und intrakulturellen Funktionen freizulegen.

Zu untersuchen sind dabei Erzählungen und Romane, die von ihren Autoren jeweils in der Fremdsprache, d.h. im Zielland, verfaßt wurden. Es soll nachgewiesen werden, wie sich kulturelle Verbindungen, aber auch Brüche und Dissonanzen, auf metaphorischer und symbolischer Ebene manifestieren und wie die literarischen Phänomene in unterschiedlichen kulturellen Kontexten zum Audruck kommen.

Dabei soll ein zentraler Aspekt der Funktion von Kulturen in gegenwärtigen Prozessen - vor allem was die verbindenden transnationalen Elemente betrifft - erfaßt und dargestellt werden.

DAS VERBINDENDE DER KULTUREN