Das Verbindende der Kulturen

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Apocalypse Now? Eschatologische Tendenzen in der Gegenwartsliteratur

Gregor Thuswaldner (Gordon College, Wenham, MA)
Das Jüngste Gericht in New York: Apokalyptisches in Michael Scharangs Amerika-Romanen

Mit Nordamerika haben sich bereits zahlreiche österreichische Schriftsteller auseinandergesetzt. Von Charles Sealsfield (Carl Magnus Postl) über Joseph Roth bis hin zu Peter Handke reicht das Spektrum der literarischen Annäherungen. In den neunziger Jahren kamen Josef Haslinger und Michael Scharang hinzu, die völlig unterschiedlich die USA in ihren Büchern darstellen. Während Haslinger Das Elend Amerikas (1992) in seinem gleichnamigen Essayband beschreibt, zeichnet Scharang ein äußerst positives Bild der USA, in denen sich sein Protagonist in Auf nach Amerika (1992) und Das jüngste Gericht des Michelangelo Spatz (1997) wiederholt aufhält. Worin sich Scharangs Amerikabild besonders von dem anderer AutorInnen unterscheidet, ist ein stark surreales Element, das in den beiden Bänden der geplanten Trilogie eine zentrale Rolle spielt.

Der Schauplatz der surrealen Erlebnisse des Protagonisten ist New York, das in Anlehnung an Walter Benjamin als "Hauptstadt des 20. Jahrhunderts" bezeichnet wird. Mein Vortrag untersucht die zahlreichen Parallelen zwischen Benjamins Paris und Scharangs New York und beleuchtet dabei Scharangs apokalyptisches Amerikabild. Dass Das jüngste Gericht des Michelangelo Spatz ausgerechnet in New York - und nicht etwa in Wien - stattfindet, ist, wie zu zeigen sein wird, nur folgerichtig. Schließlich soll heraus gestellt werden, wie facettenreich der Mythos USA aufgrund der drohenden Apokalypse in Scharangs jüngsten Werken erscheint.

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