Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. April 2004
 

3.6. Kulturelle und Sprachvielfalt. Koexistenz, Interferenzen und Divergenzen in pluriethnischen Regionen
HerausgeberIn | Editor | Éditeur: András F. Balogh (Budapest) / George Gutu (Bukarest) / Dagmar Kostálová (Bratislava / Preßburg)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Zwei Autorinnen schauen Fern. Aglaja Veteranyi und Herta Müller - zwei aus Rumänien stammende deutschsprachige Autorinnen im Vergleich

Judith Schifferle (Basel)
[BIO]

 

Der vorliegende Literaturvergleich ist der Versuch einer neuen Herangehensweise an (deutsche) Exil- oder Minderheitenliteratur. Ausgewählt wurden zwei Autorinnen, die aus Rumänien stammen und ungefähr gleichzeitig die "Heimat" Richtung deutschen Westen verliessen. Für Herta Müller war Rumänien der Ort ihrer Kindheit. Aglaja Veteranyi verliess ihre Heimat schon früh und emigrierte mit ihren Eltern als Zirkuskind in die Schweiz. Sowohl Herta Müller als auch Aglaja Veteranyi ist ein fremder Blick eigen, der über Sprachbilder und Motive eine neue Wirklichkeit oder Wahrheit zwischen Realität und Erfindung vermittelt. Zahlreiche Rezensionen führen diesen fremden Blick - v.a. bei Müller - auf den Ortswechsel von der Heimat (Rumänien) ins Emigrationsland (BRD) zurück.

Der Begriff "rumäniendeutsch" - wenn er auch unterschiedlichen Definitionen unterliegt - trifft weder auf Herta Müller noch auf Aglaja Veteranyi eindeutig zu.(1) Herta Müller, 1953 im Banat (Nitzkydorf) geboren, steht seit ihrem 1980 in Deutschland erstmals erschienen Roman Niederungen im literaturwissenschaftlichen Diskurs. Den bisher grössten Teil ihrer Literatur hat sie in Deutschland geschrieben. Aglaja Veteranyi, 1962 in Bukarest geboren, hat mit Warum das Kind in der Polenta kocht zwar Aufmerksamkeit erreicht (Graz), wurde bisher aber, zumindest bis zu ihrem Tod 2001, weniger enthusiastisch in die Fachdiskussion aufgenommen.(2) Daher stützt sich die vorliegende Untersuchung hier fast ausschliesslich auf Zeitungsrezensionen.

"Rumäniendeutsch" können die beiden Autorinnen deshalb nicht bedingungslos genannt werden, weil Herta Müller ihre Romane nun vorwiegend in Deutschland schreibt und Aglaja Veteranyi die deutsche Sprache erst nach ihrer Emigration in die Schweiz 1977 erlernt hat.

Herta Müller wird dennoch von der Rezeption klar dieser Literatur zugeschrieben. Und dies insofern mit Recht, als sie vor ihrer Abreise nach Deutschland Mitglied der Aktionsgruppe Banat war und die rumäniendeutsche Literatur der 70er Jahre entscheidend mitgeprägt hat. Weniger als bei Herta Müller wird in den biografischen Angaben der Rezeption die rumänische Herkunft Aglaja Veteranyis erwähnt. Primär ist hier vielmehr, dass sie als Kind einer Zirkusfamilie viel Autobiografisches in ihren Erstling miteinfliessen lässt. Ein Juror des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 1999 in Klagenfurt meinte zum Buch: "Das ist ein unerträglicher Kinder-Rumänien-Armuts-Zirkus-Kitsch".(3) Darauf schreibt Marco Guetg in der Sonntagszeitung: "Hettche lag falsch! Immerhin kam Veteranyi mit ihrem Beitrag bei diesem Wettlesen in die Endausmarchung."(4) Er bezeichnet das Buch als eine "herrlich naive, traurig-schöne wie auch grausame Geschichte einer alltäglichen Kindheit, die selbst eine profunde Kritik nicht zu scheuen braucht."(5) Und Aglaja Veteranyi selbst meinte zur Hettchen-Kritik: "Hettche sagte damit nichts aus über die literarische Qualität meines Beitrages. Er wollte sich einfach nicht mit dem Inhalt auseinandersetzen."(6) Hier weist Veteranyi bereits auf den Unterschied zwischen Form und Inhalt hin, der bei der nachstehenden Untersuchung des fremden Blicks einer näheren Betrachtung unterzogen wird.

Veteranyi als literaturwissenschaftliche Vergleichspartnerin anzunehmen, hat zwei Gründe: Zumal fallen bei der Lektüre beider Autorinnen überraschende Ähnlichkeiten bezüglich der Motivwahl und der inhaltlichen Aussage auf; zudem ist interessant, dass trotz dieser Parallelen, ihres gemeinsamen "fremden Blicks", die Kritiker bei Herta Müller intensiv nach der Herkunft dieses Blicks suchen, während sie sich bei Aglaja Veteranyi mit dem Urteil einer "kindlichen Perspektive" mehr oder weniger zufrieden geben. Der Versuch, dieser Art 'subjektiver Literatur' einen freien, territorial unbehinderten und differenzierteren Zugang zu ermöglichen, ist Ziel der vorliegenden Überlegungen.

Gibt es eine gemeinsame Herkunft des fremden Blicks? Oder in welchem Verhältnis steht der fremden Blick der Autorinnen mit einer Definition von Regional- bzw. Minderheitenliteratur? Ist der fremde Blick nicht eher Erkennungs- oder sogar Definitionsmerkmal deutschsprachiger Literatur ab den 70er Jahren?

 

"Zu Orten kann man nicht gehören"(7)

Herta Müllers Geschichten spielen sich vor dem selbsterfahrener Hintergrund der Diktatur ab. Sie schildert aus einer subjektiven Perspektive, wenn sie auch immer wieder versucht, sich vom Eigenen zu distanzieren. Eckhard Gropp sieht in den dichterischen und essayistischen Texten nicht hauptsächlich eine autobiografische Ausrichtung, sondern traumatische Erlebnisse.(8) Für Herta Müller selbst "gehört alles in ein und denselben Schädel."(9)

Einerseits legt sie hier Unterschiede zwischen der bundesdeutschen und der deutschen bzw. der Minderheitenliteratur fest, andererseits definiert sie diese Unterschiede durch die individuellen Erlebnisse und Erfahrungen, die als solche weniger an einen bestimmten Ort wie Rumänien gebunden sind.

Als ich aus Rumänien wegging, habe ich dieses Weggehen als 'Ortswechsel' bezeichnet. [...] An den Orten, an denen ich bin, kann ich nicht fremd im allgemeinen sein. Auch nicht fremd in allen Dingen zugleich. Ich bin, so wie andere auch, fremd in einzelnen Dingen.(10)

Was ist der fremde Blick in der Literatur Herta Müllers? Die von Norbert Otto Eke mit einem "subjektiven Ansatzpunkt" bezeichnete Schreibweise erklärt Herta Müller selber wie folgt:

Es war ein Schreiben gegen diese Identität [...], gegen diese sprachlose Kindheit, die alles unterdrückte. [...] Ich hatte mir nicht vorgenommen, etwas über diese Gegend, über diese Bevölkerung zu schreiben [...]. Ich habe auf meine Erfahrung reagiert, und ich habe überhaupt keinen Überbau dazu gemacht [...]. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als täglich Erfahrungen zu machen, als täglich Dinge zu sehen, und ich versuche auch hier auf diese Dinge zu reagieren.(11)

Der fremde Blick ist weder "eine Eigenart der Kunst, eine Art Handwerk, das Schreibende von Nichtschreibenden unterscheidet", noch ist er Produkt des deutschen Exils.(12) Der fremde Blick liegt, wie sie selber sagt, in ihrer Biografie begründet. Die biografischen Erfahrungen sind nicht auf die Ausreise aus Rumänien beschränkt und können nicht auf einen örtlichen Wechsel der Wahrnehmung reduziert werden. "Erfahrungen setzen sich ja auch immer fort, lernen heisst ja, man verknüpft eines mit dem anderen. Man überlegt immer anhand der Dinge, der Knotenpunkte in der Biografie, die man zur Verfügung hat".(13)

Ina-Maria Greverus definiert für ihre Untersuchung des territorialen Menschen einen Literaturbegriff, "der keine ,autonome Wirklichkeit' und damit eine 'literaturgemässe Einstellung' von Dichter und seinen Rezipienten erfordert, sondern Literatur als schriftlich und mündlich tradierte Sprachverdichtung auffasst, die einen Teilbereich der kulturellen Möglichkeiten des Subjekts Mensch im Rahmen seiner jeweiligen historischen Bedingtheiten und Möglichkeiten" ausmacht.(14)

Greverus beschreibt den Widerspiegelungscharakter von Literatur für die BetrachterInnen sowohl als objektiv als auch subjektiv. Zur objektiven Wirklichkeit gehört auch die "jeweilige Einstellung, die jeweilige Umweltselektion der Literaturträger, die als solche, und nur als solche, subjektiv ist, das heisst der Bedeutungsperspektive des Subjekts in seiner spezifischen Situation angehört."(15) Die interpretierte Wirklichkeit der literarischen Aussage ist dagegen subjektiv.(16) Bei Veteranyi und Müller zeigt sich deutlich, wie der vermeintlich subjektive "fremde Blick" objektiv wirken kann, wenn die LeserInnen aus ihm als unbekannte, eben "fremde", Vorlage eigenständig heraus- oder hineinzulesen beginnen.

Wenn Cristina Tudoric` das Augenmerk der Kritik zu stark auf den biografischen Zugang der Müllerschen Literatur legt, stellt sich die Frage, inwiefern eine fremde Sicht auf die Dinge in einer allgemeinen, zeitgebunden historischen Tendenz liegt.(17) Im Roman Niederungen, der kurz nach Herta Müllers Übersiedlung nach Deutschland erschienen ist (Rumänien 1980, Deutschland 1984) und ihr im Westen zum Erfolg verhalf, wird die fremde, ungewöhnliche Wahrnehmung der Umgebung besonders deutlich dargestellt:

Die Beschreibung des Dorfes ist wie die Beschreibung eines Hauses, und die Beschreibung seiner BewohnerInnen wie die Beschreibung einer Familie. Die Beschreibung einzelner Familienmitglieder ist gleichzeitig auch die Beschreibung der Dorfgesellschaft:

Vaters Fuss hatte eine Sohle, und die Sohle hatte auch im Winter eine raue rissige Ferse. Und wenn sich Vater abends diese rauen rissigen Fersen mit einem Dachziegel glattrieb, wurden sie nicht glatter und nicht weicher. Sie gehörten, so rau und hart, wie sie waren, zu ihm. Und ich glaube, es gab niemanden im Dorf, der nicht diese rauen rissigen Fersen hatte.(18)

Diese Vertrautheit im familiären Dorfbild funktioniert nur innerhalb des Dorfes. Es entsteht der Eindruck, als wären alle miteinander verwandt oder bekannt. Die Vertrautheit ist allerdings ambivalent und wirkt genauso verfremdend. Die Ambivalenz veranlasst entweder zum Bleiben oder zum Gehen. Die Vernetzung spielt sich nicht nur zwischen den BewohnerInnen ab. Sondern auch der Kater, der sich mit der Häsin des Dorfältesten paart, "ist eine Kreuzung von Dorfhund und Dorfkatze".(19)

Gelingt es hier Herta Müller die Stummheit der unteren Klasse zu überwinden und im Sinne Ina-Maria Greverus' deren "Hoffnungen, Wünsche und Phantasien auszudrücken"?

Wenn der fremde Blick "aus dem Verlust von Vertrautheit, dem Verlust der Selbstverständlichkeit resultiert", steht er hier in Konflikt mit der dörflichen Vertrautheit.(20) Oder die tierische "Vertrautheit" wirkt gleichzeitig befremdend und entfremdend. Paola Bozzi sieht in Niederungen den Konflikt zwischen Identitätsfindung und Tradition. Das Verbot vor dem Spiegel drückt die Angst vor der Möglichkeit der Selbsterkenntnis aus, die die Gruppenidentität gefährden würde. Das dörfliche Leben orientiert sich am Kollektiv. Im Motiv des Spiegels, welches auch in Reisende auf einem Bein auftritt, kehrt dagegen das Erkennen des Eigenen in der Fremde und des Individuums in seiner Reflexion wieder.(21)

Dass sich das Kleine im Grossen wiederfindet, dass das Dorf quasi nur Projektion der Familie ist, sieht Bozzi hauptsächlich in einer Steigerung des Verbots (vor dem Spiegel) "von der Ebene der Familie über jene des Dorfes bis hin zum obersten Mechanismus des Staates".(22)

Friedmar Apel erklärt den fremden Blick in seinem Aufsatz Wahrheit und Eigensinn. Herta Müllers Poetik der einen Welt vor dem Hintergrund der Diktatur. Gegenüber einer politischen ideologischen Blicklenkung sieht er in der Literatur einen "widerständigen Blick", der einen inneren Halt zu geben vermöge.(23) Der politische Hintergrund wie auch die Wirkung der Diktatur auf die Autorin mag nicht zu unterschätzen sein. Dennoch scheint mir ein solcher Blick zu wenig weit geworfen, um die ganze Fremdartigkeit der Texte zu erkennen und zu erklären.

 

Ausland und Heimat haben keinen Ort

Aglaja Veteranyi beschreibt aus der Kindperspektive heraus die Familie als einen Ort von Vertrautheit und Befremdung. Deutlicher als bei Müller zeigt sich bei Veteranyi eine bereits vollzogene Distanzierung von Rumänien als geografischem Ort von Heimat. Rumänien kehrt an konkreten Beispielen wieder, über Gegenstände, die Sprache und Personen.(24)

Das Ausland verändert uns nicht, überall essen wir mit den Händen.(25)

Die Fremde verstärkt anfangs die familiäre Einheit bei Veteranyi und wirkt quasi als Konstante für das schwankende Beziehungsverhältnis zwischen Vater und Mutter:

Im Ausland sind wir aber keine Fremden untereinander, obwohl mein Vater hier fast in jedem Satz eine andere Sprache spricht, ich glaube, er versteht manchmal selber nicht, was er sagt.(26)

Die Loslösung des Begriffs Heimat vom geografischen Ort bestätigt die Situation des Vaters, "der auch in unserem Land ein Fremder" war.(27) I

Das Erleben von Fremdsein, Entfremdung und gleichzeitiger Vertrautheit spielt sich aber primär innerhalb und durch die Familie (im Ausland) ab. Heimat ist hier kein Ort, sondern die Familie. Die Orte, die das Zirkuskind erlebt, werden nicht beschrieben, weil sie für dieses Kind total unwichtig sind, weil es in diesem Land eh keine klare Ordnung gegeben hat."(28)

Umso mehr wird dagegen die Familie in ihren zerrütteten Verhältnissen geschildert. Dass Fremdsein kein fester Begriff ist, zeigt die "naiv"-kindliche Wahrnehmung und Formulierung bzw. Sprache umso mehr. Sprachbilder wie "seine Sprache klingt wie Speck mit Paprika und Sahne" zeigen über das kindliche Wahrnehmungsmuster die soziale Zuordnung des Vaters (als Zigeuner).(29) Fremd ist die ganze Familie im Ausland und fremd bleibt der Vater auch "zuhause". Ausland und Heimat werden mehrdeutig. Die einst scheinbar festen Begriffe werden veränderlich und beginnen sich je nach Kontext neu zu formieren:

Unsere Eltern kommen nicht. Sie sind im Ausland, sagt Frau Hitz. Hier ist aber auch Ausland sagen wir.(30)

Je nach Betrachterstandpunkt transportieren die Begriffe andere Inhalte. Die Kindperspektive erlaubt es Veteranyi verschiedene Ansichtsmöglichkeiten alltäglicher Dinge und Situationen deutlich zu machen:

Meine Mutter sagt, hier ist alles viel besser, und weint. Ich denke nur daran, dass ich wieder zurück will. Die anderen, die wir zurückgelassen haben, werden von uns wollen, dass wir sie auch hierher bringen, wenn wir reich sind, sie lieben uns alle.(31)

Der verherrlichende Blick der Erwachsenen auf das Ausland wird durch die Wahrnehmung des Kindes relativiert. "Wenn wir uns hier verstecken müssen, weiss ich nicht, warum wir weggegangen sind von zu Hause."(32) Andererseits zeigen die Äusserungen der Mutter, dass die Zurückgelassenen, die aus der Sicht des Kindes "uns alle lieben", auch als Spione wahrgenommen werden können, denn: "nur wer selber geflohen ist, ist kein Spion".(33)

Das Kind erkennt seine Position nicht nur zwischen Heimat und Ausland, in und ausserhalb der Familie, sondern gleichzeitig zwischen seinen eigenen, den fremden und erwachsenen Ansichten. Wenn Herta Müllers Schauplätze häufiger in Rumänien liegen als dies bei Veteranyi der Fall ist und diese in den Personen stärker verinnerlicht zu sein scheinen, stimmt Heimat als ein ortsgebundener Begriff dennoch nicht mit der vermittelten Wahrnehmung überein: In Der Fremde Blick oder das Leben ist ein Furz in der Laterne schildert Herta Müller die Reaktion von LeserInnen, die das in Niederungen beschriebene Heimatdorf besuchten. Sie seien enttäuscht gewesen und hätten kaum etwas wiedererkannt. Weshalb? Liegt die Verfremdung in den Augen der (fremden) BesucherInnen oder in der Literatur, die das Dorf verfremdet?

Es ist ein anderer Blick auf die Dinge und die Welt. Dass Herta Müller den fremden Blick aus ihrer "Heimat" mit nach Deutschland genommen habe und nicht erst in der Fremde gegenüber der Heimat erhalten habe, verweist auf eine Art von Wahrnehmung, die primär aus den Erlebnissen und Erfahrungen stammt und Heimat und Fremde nicht als ortsgebunden definiert. An dieser Stelle sei Ina-Maria Greverus zitiert, für die "Heimat als höchster Wert" bestimmbar ist: "für den Menschen nicht erreichbar, wie im Existentialismus, oder noch nicht erreicht, wie in religiösen und sozialistischen Utopien. Heimat ist hier Metapher, die in ihrer Eigentlichkeit auf die Qualitas 'Heimat' zurückgeht, die in der Bedeutung, Geborgenheit, Sicherheit gegenüber Ungeborgenheit, Unsicherheit auf ein Vitalbedürfnis zielt, dem ein ideeller Satisfaktionsraum die Richtung gibt."(34) Die Erlebnisse der Heimat werden zu Paradigmen und Partes pro toto, deren Inhalte - wenn sie auch über die subjektive Sichtweise der Autorin vermittelt werden - für das Allgemeine, für einen anderen fremden Blick, stehen:(35)

"Der Politiker war jung und tot. Mord oder Selbstmord, man wußte es nicht. An diesen Tagen waren die Politiker am Fernsehschirm fremder denn je. Sie suchten einander und waren verstört."(36)

Die Politiker - vom Vorfall betroffen - zeigten nicht Bestürztheit, sondern ihre Nagelwurzeln wurden "weißer, immer weißer [...] von der Heuchelei".(37)

Christina Thurner verweist in ihrer Dissertation den Utopie-Begriff in die Exilliteratur und führt Zusammenhänge beider Begriffe aus. Die "narrative Verarbeitung des Exils", von Heimatlosigkeit, "kann insofern als utopische Praktik bezeichnet werden, als sie zwei charakteristische Merkmale des Utopischen aufweist. Sie wendet sich gegen die herrschenden, etablierten Diskurse und behandelt mit dem Exil einen (nicht idealen) 'Nicht-Ort', der allerdings geographisch und chronologisch gerade nicht in unerreichbarer Ferne liegt."(38) Das Erzählen ist daher die begründete meist gewählte Gattung der Exilliteratur, weil die Narration selbst zu einem "neuen, jedoch flüchtigen Lebensort" wird.(39)

Für Herta Müller wie auch für Aglaja Veteranyi findet die Heimatlosigkeit nicht zuletzt hauptsächlich im Kopf statt, über die Wahrnehmung, dass alles Vertraute unvertraut wurde.

 

"Meine Geburt fand gleichzeitig an mehreren Orten statt"(40)

Und wie die Autorin flieht Irene im Roman aus Rumänien nach Deutschland und ist gezwungen, Heimat und Fremdsein für sich neu zu definieren:(41)

Einen halben Tag lag das Photo des toten Politikers allein in Irenes Zimmer auf dem Fußboden. Irene kämmte sich. Sie sah das Photo im Spiegel. Den Kamm in der Hand legte Irene das Photo mit dem Gesicht nach unten. Irene schloß die Wohnungstür. Gehend knöpfte sie den Mantel zu. Ihre Schritte klangen auf den Treppen zweifach.(42)

Das Bild des fremden Politikers in der fremden Wohnung in Deutschland wird durch die Reflexion im Spiegel plötzlich wiedererkannt und für Irene unangenehm vertraut. Das Bild des Politikers ruft in ihr nicht nur Erinnerung wach an die "Heimat" und Herkunft, sondern lässt sich selber gleichzeitig wiedererkennen. Sie dreht das Photo um und verlässt die Wohnung. Fühlt sie sich als "zweifache" Person, wenn ihre Schritte auf den Treppen zweifach klangen? Einmal als fremde und einmal als vertraute Person im Treppenhaus, das sich zwischen drinnen und draussen befindet?(43)

Die Kälte kam von innen [...] Im Innenhof sah sie noch einmal hinauf zu den Fenstern. Sie spürte feuchtkühle Flecken unter den Armen. Sie schwitzte. Dann stand Irene wieder vor der Wohnungstür. Sie lief ins Zimmer. Steckte das Photo in die Manteltasche.(44)

Vor allem bei Aglaja Veteranyi kommt der fremde Blick auch aus einer kindlichen Vorstellungs- und Wahrnehmungswelt heraus, in der Selbstverständlichkeiten ohnehin nicht zweifellos als solche aufgefasst werden. Wenn Herta Müller ihrerseits häufig in der Kindperspektive schreibt, beinhalten ihre Vergleichsbeispiele doch vermehrt eine erwachsene Relation zu Fremdheit und Heimat. Vor allem in Reisende auf einem Bein zeigt die noch im Erwachsenwerden begriffene Irene eine innere Auseinandersetzung zwischen Verstand und Gefühl, die Suche nach Identität sowohl in der Heimat als auch in der Fremde. Bei Veteranyi ist das Erwachsenwerden vielmehr auf einen Loslösungsprozess von der Familie bzw. der Mutter reduziert, schildert aber weniger deutlich den psychologischen Prozess. Das Erwachsenwerden spielt sich auf einer noch kindlicheren, primär physischen oder gegenständlichen Ebene ab. Während das Kind mehr oder weniger den Entscheidungen der Erwachsenen ausgeliefert ist, verfügen die Figuren Herta Müllers doch eher über eigene Entscheidungsfähigkeit und geraten dadurch in einen zusätzlichen Konflikt. In dem Sinne wirken die Darstellungen und Wahrnehmungen der erwachsenen Personen bei Herta Müller komplexer. Bei beiden Autorinnen allerdings führen die Erlebnisse der Kindheit und Ausreise die unklare Position zwischen Heimat und Fremde zu einer anderen Art von Wahrnehmung.

 

"Denn Sätze sind ohnehin ein einziger Satz"(45)

Stärker als der Roman Aglaja Veteranyis weisen einige Texte Herta Müllers scheinbar bewusst keine klare Gattungszugehörigkeit auf. Die zweifache Lesbarkeit der Texte, gekoppelt an die unterschiedlichen Wahrnehmungsperspektiven der Figuren zieht eine eindeutige Gattungsbestimmung für Herta Müller in Frage. Dies bestätigt schliesslich auch die Autobiografieforschung, wenn sie bemerkt, dass Text und Leben nicht identisch aber auch nicht voneinander zu trennen seien,(46) dass Literatur, die sich keiner äusseren Bedingung unterordnet, erfundene Realität sei, [...] sogar ein Stück eigenes Leben, oft intensiver als das selbst Erlebte"(47) . Insofern dürfte die Erfahrung mit strenger Zensur in Rumänien bei Herta Müller zu einer Befreiung der Gattungen in der Literatur geführt haben.

Die Frage nach autobiografischen Zugängen der Romane dieser beiden Autorinnen ist deshalb berechtigt, weil sowohl Veteranyi wie auch Müller unmissverständlich darauf hinweisen: textimmanent als überpersönliche Stellungnahmen. Die nach Dilthey "fragmentarischen Teilansichten des ursprünglichen Lebensflusses" findet man in der Literatur beider Autorinnen.(48) Dennoch aber sehen beide eine Trennung von Subjektivem und Objektivem, von Erfindung und Wahrheit als unerreichbar in der Literatur.

Diese nicht mögliche Trennung von Subjektivem und Objektivem zeigte sich bereits in der Auseinandersetzung mit dem ortsgebundenen Begriff Heimat in Verbindung mit dem fremden Blick ihrer Literatur. Die Erlebnisse und Inhalte sind zwar subjektiven Charakters, erlangen aber eine Art objektiven Wert über die künstlerische, literarische Verarbeitung. Oder anders gesagt: Der literarische, künstlerische Wert, das meint, der bewusst geformte Gesamtzusammenhang eines Werks überwiegt letztendlich gegenüber einer einfachen Teilhandlung innerhalb, gegenüber einem klar definierten Schauplatz oder einer Heimat. Was bleibt, ist die Wahrnehmung des "Einen" und des "Anderen": Ein Sehvermögen, das sich "überall" einstellen kann.

Die Erweiterung des Kontextes durch Hinzuziehen anderer deutscher AutorInnen der siebziger Jahre soll zeigen, dass die Beschreibung und Verarbeitung der Themen Utopie, Angst, Kindheit, Fremdheit und Heimat in einer allgemeinen Tendenz liegen. Kindheit und Fremdheit sind bei Christa Wolf wesentliche Themen.(49) Irmgart Scheitler weist die LeserInnen in ihrer Erzähltheorie der Gegenwartsprosa darauf hin, dass "das Was und Wie der 'Erzählung`" nicht voneinander zu trennen seien.(50) "Die Erzählrevolutionen seit der sog. Moderne zersetzen Stück für Stück die Einheit eines Textes und die epische Illusion. Verloren ging die sogenannte Welthaltigkeit zugunsten von Innenperspektive und stream of consciousness, der allwissende Erzähler wurde von einer Fülle von Perspektiven abgelöst, an die Stelle der Geschlossenheit trat das offene Ende, an die Stelle der Einheitlichkeit die Montage."(51) Müller geht aber vielmehr von einer Verschränktheit verschiedener Perspektiven aus und negiert dabei nicht eine Einheitlichkeit des Ganzen. Paola Bozzi weist in Langsame Heimkehr oder der Betrug der Dinge auf Gemeinsamkeiten zwischen den Werken von Herta Müller, Thomas Bernhard und Franz Innerhofer hin.(52) Gemeinsamkeiten sieht Bozzi in den Themen Tod, Brutalität (in der Erziehung) und Stumpfsinn "einer nicht emanzipierten Landbevölkerung und eines patriarchalischen Sozialgefüges" (mit Thomas Bernhard).(53) Weitere Gemeinsamkeiten (mit Innerhofer und Bernhard) erkennt er in der autobiografisch, realistischen Schreibweise und in der Auseinandersetzung mit der Kindheit, die "bei der rumäniendeutschen Autorin permanent und obsessiv" sei.(54) In der Darstellung der Kindheit sieht sie eine "Zeit der Heimatlosigkeit".(55) "Die Heimat wird zur Fremde, und die Suche nach Heimat als reale oder fiktionale Rückkehr zu derselben wird hier zur Abkehr."(56) Auch Aglaja Veteranyi hat ihre "Heimat in der Heimatlosigkeit" wiederentdeckt.(57)

Diese allgemeine Wende in den Themen der Literatur in den siebziger Jahren, zusammen mit einer neuen Subjektivität, die nicht selten missverständlich mit dem Begriff "Frauenliteratur" einherging, haben vorwiegend soziale und politische Umwälzungen herbeigeführt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die politisch bedingte Trennung von Ost und West nicht nur bewusst den Blick auf das Andere geschärft, sondern zusätzlich auch den Reiz an diesem Anderen und Fremden gesteigert hat. Dabei muss man auch beachten, inwieweit die Rezeption auf die Literatur einwirkte oder diese wahrnahm. Klaus-Michael Bogdal definiert diese Wende aus der Sicht eines Literaturwissenschaftlers als einen Prozess, der in beiden Gesellschaften (sowohl in der östlichen als auch in der westlichen) bereits vorher begonnen hat und sich in den Neunzigern fortsetzt. Eine Ausdifferenzierung in der jeweiligen kulturliterarischen Sphäre führt er auf Modernisierungsschübe in beiden Gesellschaften zurück.(58) Christina Tudoric` schreibt dazu, dass der Ost-West-Konflikt in der Zeit der Emigration der Aktionsgruppe Banat 1989 besonders akut gewesen sei. Herta Müller sei dabei von den Medien instrumentalisiert worden, und "das von ihr gekennzeichnete Bild national denkender und handelnder Banater Schwaben, die ihr Deutschtum engstirnig pflegen, wurde bereitswillig von den Medien aufgegriffen und auf die gesamte deutsche Minderheit in Rumänien übertragen".(59) "In einer Zeit, als Informationen aus dem Osten nur verzerrt in den Westen drangen und als es galt, eben diesen Osten als das Böse par excellence darzustellen, kamen Herta Müllers abstossende Darstellungen der banaterschwäbischen Minderheit den Medien regelrecht gelegen."(60)

Den von Walter Fromm geprägten Begriff der "engagierten Subjektivität" übernimmt Emmerich Reichrath für die Akzentverschiebung in der rumäniendeutschen Literatur und meint damit den Generationenwechsel von 1967 - 1974.(61) Predoiu sieht aber trotz dieser allgemeinen Tendenz eine "rumäniendeutsche" Prägung in der Literatur, indem sie die Sprache als zentrales Problem von Minderheitenliteratur sieht.(62) Und weiter führt sie aus, dass "die Vereinnahmung der Sprache durch die Diktatur wohl der Grund dafür sein mag, warum in der unmittelbaren Nachkriegszeit die Lyrik die gepflegteste Gattung gewesen ist."(63) Die Lyrik ermöglichte dabei ein Ausweichen in die Metapher als ein polyvalentes und hermetisches Bild, das sich einer eindeutigen Interpretation entzog.(64) Dieter Schlesack sieht in der Sprachproblematik einen "Minderwertigkeitskomplex" seit Paul Celan.(65) Richard Wagner sieht den Grund für eine Neueinstellung der Wirklichkeit darin, dass sie (die Aktionsgruppe Banat) als erste Generation Schreibender in die sozialistischen Verhältnisse hineingeboren wurden.(66)

Trotz des Zersetzungsprozesses einer abgerundeten Einheit innerhalb der Gegenwartsliteratur kommt bei Herta Müller wie auch bei Aglaja Veteranyi eine Einheit durch die Verknüpfung unterschiedlicher Wahrnehmungsebenen zustande. Dabei treffen zwar eine "fremde" und eine "heimatliche" Welt aufeinander - aber als Gegensatzpaar - und bleiben, als solche miteinander verknüpft, in der einen und derselben Welt.

Diese Einheit findet sich, wie bereits angedeutet, nicht nur auf inhaltlicher und bildhafter Ebene, sondern kommt auch durch diese selbst zustande, wobei die Sprache (mit Inhalt und Sprachbild) durch die Übermittlung des "fremden Blicks" selber zum Inhalt wird. Das Fremdgesehene lässt sich so in einer "fremden" Form darstellen, dass es für die LeserInnen als solches nachvollziehbar wird: Wiederholungen, ungewöhnliche Gegenüberstellungen, unvollendete Sätze oder Fragen, die ohne Fragezeichen enden.

Mein Herz klopft vor Freude. Ich warte auf den Abend. Es ist auch Angst in der Freude. Mein Herz klopft vor Angst in der Freude, vor Angst, daß ich mich nicht mehr freuen kann, vor Angst, daß Angst und Freude dasselbe ist.(67)

Inhalt und Sprache werden, vor allem bei Herta Müller, zusätzlich ineinander verflechtet: Gegenstände und bestimmte Situationen können sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Dorfes "fremd" wirken.(68) Die Sätze müssen für Herta Müller von allen Seiten offen sein, da es neben den geschriebenen und gesprochenen Sätzen immer auch verschwiegene Sätze gibt.

 

"Genauigkeit ist nicht Wahrheit"(69)

In den Werken beider Autorinnen fallen gemeinsame Motive oder Themen auf, die durch ihr ungewöhnliches Erscheinungsbild einen Teil des fremden Blicks ausmachen. Im Prozess des Erwachsenwerdens - sowohl bei Müller wie auch bei Veteranyis Kindfigur - sind die Haare Indikatoren von Angst und Übelkeit oder, bei Veteranyi, auch Gradmesser von Glück und Erfolg.

"Es gibt nur eine Welt"(70) , heisst es in der Literatur Herta Müllers, nicht nur die Einheit von poetischer und tatsächlicher Welt, sondern im stilistischen Sinne auch das Ausdrücken dieser Einheit durch Aneinanderreihen scheinbar unpassender Sätze und Satzinhalte. Norbert Otto Eke nennt es die "eigene ästhetische Logik der Müllerschen Diktion", die sich "zwischen ästhetischer Theorie und künstlerischer Praxis befinde. Poetischer und theoretischer Diskurs durchdringen sich und erscheinen als zwei Seiten des einen Werks."(71)

Ich stand da neben dem rauschenden Zug und schaute in seine Rädern, und ich hatte das Gefühl, daß der Zug mir aus dem Hals herausfährt und es ihn nicht kümmert, das er mir die Eingeweide zerreißt und ich sterben würde.(72)

Wenn der Zug in Wirklichkeit auch nicht aus dem Hals hinausfährt, wird die beschriebene Situation umso wirklicher je weniger sich das Sprachbild im Kopf logisch auflösen kann und um so mehr dadurch das Gefühl angesprochen wird.

Jeden Abend trug ich den Bettvorleger hinaus, weil ich nachts alle Haare spürte im Hals. Ich träumte, daß ich das Fell mit Messer und Gabel essen mußte, daß ich aß und erbrach und weiteressen mußte und noch mehr Haare erbrach, und Onkel sagte, du mußt alles essen, oder du mußt sterben. als ich im Sterben lag, wachte ich auf.(73)

In diesem Zitat fallen zwei Motive auf, die sich bei Herta Müller wie auch bei Aglaja Veteranyi wiederholen. Haare werden mit Übelkeit und Ekel gleichgesetzt. In Niederungen löst das Kämmen dem Vater Schmerzen aus:

Wenn ich es dennoch tat, wenn aus Versehen geschehen war, riss Vater sich die Maschen und Spangen, die Tücher und Halsketten herunter und stieß mich mit dem Ellbogen weg und schrie: Jetzt weg da. Jedesmal fiel ich hin und begann zu weinen, und zerbiß den kamm in meiner Verletztheit, und wußte in diesem Augenblick, daß ich keine Eltern hatte, daß diese beiden niemand für mich waren, und fragte mich, weshalb ich da in diesem Haus, in dieser Küche mit ihnen saß, ihre Töpfe, ihre Gewohnheiten kannte, weshalb ich nicht endlich von hier weglief, in ein anderes Dorf, zu Fremden und in jedem Haus nur einen einzigen Augenblick blieb, und dann weiterzog, noch bevor die Leute schlecht wurden.(74)

Das Kämmen löst beim Vater einen physischen Schmerz aus, während derselbe beim Vater eine Reaktion auslöst, die beim Kind zu einer psychischen Verletzung führt.

Der Feiertag war verdorben wie alle Feiertage in diesem Haus. Man erkennt das auch auf diesem Bild, an der schiefen Rolle aus Haar und Zuckerwasser und an meinem schiefen Lächeln.(75)

Haare aus Zuckerwasser nehmen eine metaphorische Bedeutung an. In der "schiefen" Haarrolle zeigt sich die Fremdheit in der Heimat und zwischen Bild und Bildinhalt, denn der das schiefe Lächeln passt nicht zum Feiertag.

Bei Aglaja Veteranyi ist die Mutter

ANDERS ALS ANDERE; WEIL SIE AN DEN HAAREN HÄNGT UND DAS ZIEHT DEN KOPF IN DIE LÄNGE UND MACHT DAS GEHIRN LANG.(76)

Und auch bei Veteranyi werden die Haare mit Zucker behandelt: Je weniger Haare der Mutter ausfallen, wenn sie oben am Zirkuszelt hängt, desto besser war die Vorbehandlung mit Zuckerwasser, denn

AN DEN AUSGEFALLENEN HAAREN KÖNNEN WIR DIE GEFAHR ABSCHÄTZEN.(77)

Häufig vermischen sich Glück, Angst in realistischen Momenten innerhalb des Spiels:

Ich kratze mich bis ich blute. Sie reißt sich eine Handvoll Haare aus. Ich lasse mich rittlings auf eine Stuhlkante fallen. Wir wollen ins Spital.(78)

Angstgefühl in der Realität:

Die anderen Kinder haben keine Angst, sie sprechen alle dieselbe Sprache. Wir sprechen auch ihre Sprache, aber sie nicht unsere.(79)

Angst verursacht bei Veteranyi nicht nur das Problem der Sprache, sondern zieht sich durch die ganze kindliche Erlebniswelt hindurch. Dabei erscheinen die Angstgefühle des Kindes meistens da, wo die LeserInnen (oder die Erwachsenen) sie nicht erwarten: Ungewöhnliche Erklärungen der Mutter wirken auch dann beruhigend auf das Kind, wenn sie möglicherweise selbst nur Formulierung oder Interpretationen des Kindes selbst sind.

Wenn du Angst hast, nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst, sagt meine Mutter.(80)

Der quasi "unmögliche" Ratschlag der Mutter scheint dem Kind verständlich zu sein. Die Angst, die als solche nie (be-)griffen werden kann, lässt sich durch Lächeln bekämpfen. Zudem lässt sich die Vorstellung, das Herz zu essen und zu lachen, als ein positiver Gedanke betrachten, der die schlechten, die mit Angst gefüllten, verdrängt.(81) Predoiu sieht in den Gestalten Herta Müllers die Angst als Grundzug ihrer Empfindungen: "Alle Gestalten der Autorin leiden an existentieller oder sozialer Angst, an dem Erzwungenen der menschlichen Verhältnisse, an der Gewalt."(82)

Wenn sowohl bei Müller als auch bei Veteranyi die Erfahrung der Angst massgeblich den Inhalt ihrer Literatur prägt, muss im Zuge dieser Untersuchung annähernd die Frage beantwortet werden, ob dies als rumäniendeutsches Merkmal gelten mag oder nicht. Nach Predoiu wird "auch auf das nach Zwängen, Mustern vorgegebene Verhalten der eigenen ethnischen Gruppe" eingegangen.(83) Das Spiel mit der Angst weitet sich schliesslich aus und wird zum Spiel mit dem Leben. Wenn sowohl Müller als auch Veteranyi Kinderspiele beschreiben, so vermischen sich in ihm nicht nur Erfindung und Wahrheit, sondern aus dem Spiel heraus kommt das Erwachsensein - als wäre es Symbol der Kindheit.

Ich koche im Sand und ziehe meine Puppe an und aus, ich füttere sie mit Sandkuchen und Grasblumensuppe. Ich rücke meine Brüste zurecht, und Wendel schwitzt unter seinem Schnurrbart. So geht das Spiel.

Ich werfe den Sandkuchen zusammen und zertrete ihn mit den Schuhen. Die Grasblumensuppe fliegt an die Wand und fließt auf die Erde. Ich renne mit meiner nackten Puppe und Haus und verliere meine Brüste vor der Küchentür. Dann locke ich Wendel mit den ersten grünen Aprikosen, die noch halb in der Blüte stecken, zu mir her. Und Wendel kommt. Wir spielen wieder Mann und Frau.(84)

Wie eine Steigerung vom Kleinen ins Große in Niederungen, von der Familie, zu Dorf und Staat, zeigt sich hier eine Steigerung der Dimension vom Kinderspiel zum Erwachsensein. Die Verfremdung der Inhalte besteht bei beiden Autorinnen nicht nur in der Formulierung der fremden Wahrnehmung. Genauso ins Spiel mit der Wahrnehmung wird auch der Leser gezogen, wenn er auf Fragesätze ohne Fragezeichen oder auf Sätze in Grossbuchstaben stösst. Die Sätze in Grossbuchstaben signalisieren weder Überschriften noch diene sie als Zusammenfassungen vorhergegangener Abschnitte. Viel eher wirken sie betonend und heben parolenhaft unterschiedliche Inhalte hervor. Die Grossschrift rhythmisiert gleichsam auch den Text, der ansonsten keine Gliederung durch Kapitel erfährt. Das Abwechseln von Normal- und Grossbuchstaben bei Aglaja Veteranyi ist die formale Ergänzung zur Einheitlichkeit des mit Kinderaugen geschriebenen biografischen Romans.

 

Schluss

Die Gegenüberstellung hat gezeigt, dass der fremde Blick in der Literatur von Aglaja Veteranyi und Herta Müller vergleichbar ist. Wenn die Rezeption lediglich Herta Müller ausdrücklich als rumäniendeutsche Schriftstellerin bezeichnet, macht sie dabei auch stärker die rumänische Vergangenheit für den fremden Blick ihrer Literatur verantwortlich. Beide Autorinnen negieren auch selbst nicht, dass der fremde Blick, und in diesem Falle ihr jeweils 'eigener' fremder Blick, mit der Biografie zusammenhängt. Biographie meint hier aber eben nicht zugleich eine auf Rumänien bezogene Vergangenheit.

Aglaja Veteranyi beschreibt ihre Kindheit im Zirkus aus einer anderen Perspektive als Herta Müller die ihre in Rumänien. Dennoch erlauben die vielen gemeinsamen Merkmale in Inhalt, Sprache und Sprachbilder, die mit einer fremden Sicht auf die Dinge zusammenhängen, für beide Autorinnen einen gemeinsamen Zugang an ihre Literatur. Auch der Vergleich mit anderen deutschsprachigen AutorInnen aus Deutschland zeigt, dass ab den späten siebziger Jahren das verarbeitete Themenspektrum in einer allgemeinen Tendenz gesehen werden kann.

Indem ich ihre Literatur oder Sprache als einen eigenen künstlerischen Ausdruck zu verstehen versuchte, distanzierte ich mich vom Kanon der Rezeption. Obwohl der fremde Blick zwar innerhalb einer subjektiven und biografisch bedingten Literatur gesehen werden kann, möchte ich diese von einem territorialen Bezug loslösen. Durch den "fremden Blick" wird die subjektive Literatur möglicherweise objektiviert. Die literarische Beschreibung wirkt dabei einem Bildwerk vergleichbar: Erst in der Negation des Bildes bzw. des Abbildes erhält das Bild seinen eigentlichen Wert. In dem Sinne wirkt diese "fremde" Literatur als Öffnung oder Erweiterung des Blicks der Leserschaft und erlaubt ihr eine eigene Interpretierbarkeit.

Die Themen Heimat und Fremde und auch die Auflösung der beiden Begriffe in und durch die Figuren der Romane, sind nicht spezifisch rumäniendeutsch. Wie die beiden Autorinnen deutlich formulieren, hat der fremde, poetische und kindliche Blick mit Erfahren und Erleben als solchem zu tun. Die Wirklichkeit ist geprägt von Erfahrungen und Erlebnissen innerhalb als auch ausserhalb der "Heimat". Vor allem Veteranyi zeigt durch die Perspektive des Kindes, dass allein schon Aufbau, Sprache und Inhalt der Romans die Anlage zum Erleben und Erfahren enthalten. Sowohl in Inhalt als auch in seiner Form ist das Prozesshafte miteingeschlossen. Mehr noch bei Veteranyi ist damit eine performative Darstellung verbunden, begriffen als Einheit in Form und Inhalt über das Sinnbild des Zirkus. Bei Herta Müller dagegen funktionieren die Texte umso mehr wie Bilder, die in Sprache übersetzt als Film abrollen. Ein fremder Blick darf bei allen vorhanden sein, aber die Beispiele, mittels derer er ausgedrückt wird, unterscheiden sich. Die Erfahrungen der Diktatur lassen sich darin ablesen, und selbst wenn die Zustände im schweizerischen Kinderheim das Kind in Veteranyis Roman auch "nur" an rumänische Zustände erinnern.

Der fremde Blick ist weder Wirklichkeit noch Erfindung. Für beide Autorinnen sind diese beiden Wahrnehmungen nicht voneinander zu trennen. Und wenn Herta Müller meint, Erfahrungen setzen sich immer fort, so heisst dies, dass es nicht nur stehts neue gibt, sondern sich die alten durch die neuen auch stets verändern. Sowohl Herta Müller als auch Aglaja Veteranyi machen deutlich, dass schliesslich nicht nur Menschen, sondern auch Gegenstände, kulturelle Besitztümer und Eigenheiten auf Wanderung gehen. Dadurch entstehen neue Erfahrungen und Wahrnehmungen in gegenseitigem Wechsel, zwischen "Heimat" und "Fremde".

Der fremde Blick (und die Biografie) ist nicht nur an einen Ort gebunden, er ist nicht aufgrund des Orts- (bzw. Heimats-)wechsel entstanden. Das Verhältnis von Subjekt und Objekt vermischt sich wie die Begriffe Heimat und Fremde. Für Herta Müller gab es ihn bereits in der veränderten Heimat Rumänien. Herta Müller und Aglaja Veteranyi, betrachtet im Kontext der Exilliteratur, bieten mehr Möglichkeiten einer Einordnung. Der im zweiten Teil beachtete Begriff der Angst und die vor allem bei Herta Müller verarbeitete Zeit der Diktatur vermögen treffender den fremden Blick in Verbindung mit Utopie zu sehen. Diese als Reaktion auf das Raum-Zeit-Problem innerhalb der Exilliteratur zu begreifen, ermöglicht zugleich, den fremden Blick der beiden Autorinnen von einer zu territorial gebundenen Interpretation loszulösen. Die Politik, die Diktatur und die Verfolgung, verbunden mit Angst und dem Gefühl permanenter Fremdheit, sind wie bei den AutorInnen der sogenannten Exilliteratur Katalysator des besprochenen fremden Blicks. Vor allem Herta Müllers Inhalte sind von der Verarbeitung der Diktatur geprägt. Bei Aglaja Veteranyi wird diese aber vom familiären Beziehungsnetz überboten und fungiert nur mehr als nebenbei erwähnt. Dennoch äußern sich bei beiden Angst und Identitätsfindung wie ausgeführt in vergleichbaren Mustern und Metaphern.

Die beiden besprochenen Autorinnen können nicht in einer gemeinsamen bereits vorhandenen Kategorie von Literatur eingeordnet oder untergeordnet werden. Regionale und rumänienbezogene Motive treffen bei beiden zu, werden aber bei Müller von den Erlebnissen der Diktatur eindeutig übertroffen. Anders bei Veteranyi, die das Spiel mit der Angst und das Spiel des Erwachsenwerdens eigentlich zum Thema nimmt. Bei ihr bekommen die Gegenstände, die meistens auf die Herkunft Rumänien verweisen und mit jenen Herta Müllers vergleichbar sind, mehr Gewicht im Textganzen als bei Müller.

Wenn in Zukunft der kulturelle Austausch und die Migration zunehmen, stellt sich auch der Begriff Exil- oder (deutsche) Minderheitenliteratur in Frage. Ein offener neuer oder fremder Blick in der Literaturwissenschaft ist unabdingbar für das Erkennen neuester Strömungen der Gegenwartsliteratur.

© Judith Schifferle (Basel)


ANMERKUNGEN

(1) Bei der Definition des Begriffs "rumäniendeutsch" heben alle eine territoriale Bindung hervor. D.h., dass "unter rumäniendeutscher Literatur [...] sämtliches Schrifttum, das in deutscher Sprache auf dem Gebiet des heutigen Rumänien entstanden ist" (Roxana Nubert, 1994, in: Predoiu, Frankfurt a. M. 2001. S. 15.) bzw. "die Literatur der deutschen mitwohnenden Nationalität" verstanden werde, wobei die einmaligen Gegebenheiten des Zusammenlebens" hervortreten sollen (Heinz St`nescu, 1975, in: Predoiu, Frankfurt a M., 2001. S. 14.) Siehe dazu grundsätzlich auch: Peter Motzan, die rumäniendeutsche Lyrik nach 1944. Problemaufriß und historischer überblick, Dacia Verlag, Cluj-Napoca, 1980, sowie George Gutu, Abriß der Geschichte der rumäniendeutschen Literatur. Teil I: Von den Anfängen bis 1918, Tipografia Universit`tii din Bucuresti, Bucuresti, 1986.

(2) Der zweite Roman von Aglaja Veteranyi: Das Regal der letzten Atemzüge ist erst 2002 und nach ihrem Tod erschienen. Aus diesem Roman wird hier nicht zitiert. Die im folgenden diskutierten sprachlichen und stilistischen Eigenschaften des ersten Romans treffen aber weitgehend auch auf den zweiten zu.

(3) Marco Guetg-Interview: www.sonntagszeitung.ch.S.1.

(4) Ebd.

(5)  Ebd.

(6) Aglaja Veteranyi, in: www.sonntagszeitung.ch . S. 1.

(7) Herta Müller,Hamburg, 1992, S. 11.

(8) Eckhart Gropp in: Köhnen, Frankfurt 1997, S. 175.

(9) Herta Müller, in: Eckhart Gropp in: Köhnen, Frankfurt 1997, S. 175.

(10) Herta Müller, Hamburg, 1992, S. 10-11.

(11) Herta Müller, in: Die erfundene Wahrnehmung, Paderborn, 1991, S. 11-12.

(12) Herta Müller, Göttingen, 1999. S. 21.

(13) Herta Müller in: www.hainholz.de, S. 2.

(14) Greverus, Frankfurt a.M., 1972. S. 6.

(15) Ebd., S. 6.

(16) Ebd.

(17) Vgl. Tudoric`, Tübingen /Basel, 1997, S. 90-98.

(18) Herta Müller, Berlin, 1988, S.44.

(19) Vgl. ebd., S. 118.

(20) Vgl. auch Predoiu, Frankfurt a. M., 2001. S. 53.

(21) Vgl. S.11 u.18; Paola Bozzi, www.fu-berlin.de. S.3.

(22) Ebd.

(23) Apel, in: Text und Kritik, Heft 155, 2002, S 43.

(24) Vgl. Grazziella Predoiu, Frankfurt a. M., 2001. S. 56: "Heimat als Raum der Entfremdung, der Ausgrenzung."

(25) Aglaja Veteranyi, Stuttgart, 1999. S. 49.

(26) Ebd., S. 50.

(27) Aebd.. S. 50.

(28) Marco Guetg. www.sonntagszeitung.ch, S. 2.

(29) Aglaja Veteranyi, Stuttgart, 1999, S. 90.

(30) Ebd.

(31) Ebd., S. 52.

(32) Ebd.

(33) Ebd.

(34) Greverus, Frankfurt a. M., 1972, S. 32.

(35) Hier sei aber angefügt, dass dieses "dichterische Selbstverständnis Heimat, als Auseinandersetzung des ich mit seiner Umwelt' nicht im Sinne Ina-Maria Greverus gemeint ist und dabei "ideologiehaltig" wird, "wenn es Allgemeingültigkeit intendiert und zur Lehre erhoben wird'. Ebd., S. 46. Im Allgemeinen wird die Tatsache des fremden Blicks als solcher transportiert, der immer subjektiv bleibt.

(36) Herta Müller, Hamburg, 1995, S. 48.

(37) Ebd.

(38) Christina Thurner, Böhlau, Köln, Weimar, Wien, 2003, S. 42.

(39) Ebd., S. 43.

(40) Aglaja Veteranyi, in: www.carpe.com, S. 1.

(41) Herta Müller, Göttingen, 1999. S. 38.

(42) Herta Müller, Hamburg, 1995, S. 48.

(43) Vgl.: Herta Müller: "Vom Überfall des Glücks auf die Gedanken", in: Herta Müller, Hamburg, 1992, S. 25.: "Vorbeigehender Atem macht die Person, der er gehört, doppelt. Eine Weile liegt diese Verdoppelung an der Fremdheit der Gehenden."

(44) Ebd. S. 49.

(45) Herta Müller, in: Tudoric`/Basel, 1997. S. 98.

(46) Martina Wagner-Egelhaaf, Stuttgart, 2000. S. 99.

(47) Herta Müller, in: Cristina Tudoric`, Basel/Tübingen, 1997, S. 43.

(48) Martina Wagner-Egelhaaf, Stuttgart, 2000. S

(49) vgl. Brita Baume, in: Krohm, München, 1999. s. 113.

(50) Irmgart Scheitler, Tübingen/Basel, 2001. S. 10.

(51) Ebd.

(52) Paola Bozzi, www.fu-berlin.de.

(53) Ebd. S. 4.

(54) Ebd., S. 5.

(55) Ebd.

(56) Ebd.

(57) Aglaja Veteranyi, in: www.sonntagszeitung.ch.

(58) Monika Melchert über Klaus-Michael Bogdal, in: Krohm, München, 1999, bzw.: Andreas Erb. www.luise-berlin.de, S. 1.

(59) Cristina Tudoric`, in: www.luise-berlin.de, S. 1-2.

(60) Ebd.

(61) Emmerich Reichrath, zit. nach: Grazziella Predoiu, Frankfurt a. M., 2001. S. 32

(62) Ebd. S. 19. "Dieses ist dadurch begründet, weil das Deutsche durch die Abgrenzung, 'durch das Abgelöstsein vom Festland des geschlossenen Sprachraums' zur Sprachinsel wird, gleichzeitig aber über die Bedingungen der Mehrspachigkeit zu Lehnübersetzungen aus dem Rumänischen führt."

(63) Ebd. S. 18.

(64) Ebd.

(65) Dieter Schlesak, zit. nach ebd. S. 18.

(66) Richard Wagner, zit. Nach ebd. S. 32.

(67) Herta Müller, Berlin, 1988. S. 75.

(68) "Auf den Möbeln stehen Nippsachen, die im Dorf Figuren genannt werden und verschiedene Tiere, von Käfern und Schmetterlingen bis zu Pferden, darstellen". Ebd.

(69) Aglaja Veteranyi über Henry Matisse, in: www.sonntagszeitung.ch, S. 1.

(70) Wolfgang Müller im Gespräch mit Herta Müller. www.dickinson.edu . S. 1.

(71) Norbert Otto Eke, Paderborn, 1988. S. 77.

(72) Herta Müller, Berlin, 1988. S. 77.

(73) Ebd. S. 67.

(74) Ebd. An dieser Stelle sei auch bemerkt, dass die Fremde hier als etwas Positives gewertet wird, im Gegensatz zur Heimat, die bedrohend wirkt und sogar die eigene Identität in Frage stellt. Die These Greverus` stimmt darin überein, wenn sie ausführt, dass "Orientierung (...) das Absetzen gegen das Andere, das Nicht-Vertraute" bedeutet (Greverus zit. nach: Grazziella Predoiu, Frankfurt a.M., 2001. S. 55.).

(75) Herta Müller, Berlin, 1988. S. 45.

(76) Aglaja Veteranyi, Stuttgart, 1999. S. 27.

(77) Ebd. S. 42.

(78) Ebd., S. 103.

(79) Ebd., S. 100.

(80) Ebd., S. 126.

(81) Haar und Glück als zwei zusammen auftretende Begriffe finden sich auch im Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (Bd. III, S. 1239-1287): "Im Voigtland aber wird geglaubt, ein Kind werde glücklich, wenn sich bei ihm Haargewirre bilden: je mehr solche dem Kamm widerstrebende Haarknoten vorhanden sind, desto lieber ist es der Mutter" (1275), oder: "Das Haar (...) als Sitz des Lebens, der Seele, der Kraft" (1258).

(82) Grazziella Predoiu, Frankfurt.a.M., 2001. S. 47.

(83) Ebd. S. 47-48.

(84) Herta Müller, Berlin, 1988. S. 89.


Literatur:

A. Primärliteratur:

1. Herta Müller: Vom Überfall des Glücks auf die Gedanken. In: Ernest Wichner (Hrsg.): Das Land am Nebentisch. Leipzig 1993.

2. Dies.: Niederungen. Berlin 1988.

3. Dies.: Reisende auf einem Bein. Hamburg 1995.

4. Dies.: Der Fremde Blick oder das Leben ist ein Furz in der Laterne. Göttingen 1999.

5. Dies.: Wie Wahrnehmung sich erfindet. Paderborn 1990.

6. Dies.: Das Land am Nebentisch, in: Eine warme Kartoffel ist ein warmes Bett. Hamburg, 1992.

7. Dies.: Vom Überfall des Glücks auf die Gedanken, in: Eine warme Kartoffel ist ein warmes Bett. Hamburg, 1992.

8. Aglaja Veteranyi: Warum das Kind in der Polenta kocht. Stuttgart 1999.

9. Dies.: Das Regal der letzten Atemzüge. Stuttgart, 2002.

B. Sekundärliteratur:

1. Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.): Text und Kritik. Herta Müller, Heft 155, München, 2002.

2. Brita Baume: Heldinnen nach Plan: Zur literarischen Sozialisation und zum Umgang mit der Frauenfrage in der DDR. In: Claus-Dieter Krohm (Hrsg.): Frauen im Exil. Edition: Text und Kritik. München 1999, S. 113.

3. Norbert Otto Eke: Wie Wahrnehmung sich erfindet. In: Ders. (Hrsg.): Die erfundene Wahrnehmung. Annäherung an Herta Müller. Paderborn 1991.

4. Ina-Maria Greverus: Der territoriale Mensch. Frankfurt a. M. 1972.

5. Eckhard Gropp: "Was nicht fassbar ist, flattert hin, wo es will". Poetologische und politische Aspekte von Hunger und Seide. In: R. Köhnen: Der Druck der Erfahrung treibt die Sprache in der Dichtung. Frankfurt a. M. 1997, S. 171-81.

6. Eckhard Grünewald und Stefan Sienert (Hrsg.): Deutsche Literatur im östlichen und südöstlichen Europa. München 1997.

7. George Gutu, Abriß der Geschichte der rumäniendeutschen Literatur. Teil I: Von den Anfängen bis 1918, Tipografia Universit`tii din Bucuresti, Bucuresti, 1986

8. Claus-Dieter Krohm (Hrsg.): Exil und Avantgarden. Edition: Text und Kritik. München 1998.

9. Monika Melchert: Kindheit als Quelle der weiblichen Identität. Schriftstellerinnen und ihre Bücher der Erinnerung an Kindheit und Jugend. In: Claus-Dieter Krohm (Hrsg.): Frauen im Exil. Edition: Text und Kritik. München 1999, S. 105-12.

10. Peter Motzan, die rumäniendeutsche lyrik nach 1944. problemaufriß und historischer überblick, Dacia Verlag, Cluj-Napoca, 1980

11. Grazziella Predoiu: Faszination und Provokation bei Herta Müller. Eine thematische und motivische Auseinandersetzung. Frankfurt a. M. 2001.

12. Alexander Ritter: Deutsche Minderheitenliteratur. München 2001.

13. Kurt Rothmann: Kleine Geschichte der deutschen Literatur. Stuttgart 1996.

14. Gerhard Rupp (Hrsg.): Wozu Kultur? Zur Funktion von Sprache, Literatur und Unterricht. Frankfurt a. M. 1997.

15. Astrid Schau: Eine Poetik der Entgrenzung (Das Land am Nebentisch). In: R. Köhnen: Der Druck der Erfahrung treibt die Sprache in der Dichtung. Frankfurt a. M. 1997, S. 64-77.

16. Wilhelm Solms (Hrsg.): Dichtung und Heimat. Sieben Autoren unterlaufen ein Thema. Marburg 1990.

17. Cristina Tudoric`: Rumäniendeutsche Literatur (1970-1990). Die letzte Epoche einer Minderheitenliteratur. Basel/Tübingen 1997.

18. Christina Thurner: Der Andere Ort des Erzählens. Exil und Utopie in der Literatur deutscher Emigrantinnen und Emigranten 1933-1945. Böhlau, Köln, Weimar, Wien 2003.

19. Martina Wagner-Egelhaaf: Autobiographie. Stuttgart 2000.

20. Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. III.. Leipzig, 1927-1942..

Internet-Recherche:

1. Torsten Gellner über "Der Fremde Blick oder das Leben ist ein Furz in der Laterne" von Herta Müller. www.literaturkritik.de/txt/2000-09/2000-09-0015.html Rezensionsforum: Hrsg.: Prof. Dr. Thomas Anz, Philipps-Universität Marburg. Stand: 19. Februar 2002.

2. Harris Dzajic und Herta Müller: Paradigma der Diktatur. Interview mit Herta Müller am Rande der internationalen Kosovo-Konferenz am 3./4. Juli 1999.

3. www.hainholz.de/wortlaut/mueller.htm Göttinger Zeitschrift für neue Literatur: Red.: Harris Dzajic, Göttingen. Stand: 19. Februar 2002.

4. Cristina Tudoric`: Outsider oder Insider? Leben und Schreiben nach der Auswanderung. www.luise-berlin.de/Lesezei/Blz99_067text12.htm Stand: 15.05.02.

5. Paolo Bozzi: Langsame Heimkehr oder der Betrug der Dinge. Zu Affinitäten zwischen Herta Müller und Thomas Bernhard, Franz Innerhofer und Peter Handke. www.fu-berlin.de/phin/phin6/p6t1.htm Stand: 15.05.02

6. Wolfgang Müller: Poesie ist ja nichts angenehmes. Interview mit Herta Müller am 5.7.1996 am Dickinson College Carlisle (USA): www.dickinson.edu/departments/germn/glossen/heft1/hertainterview.html

7. Glossen: Internationale Zeitschrift zu Literatur, Film und Kunst nach 1945. Stand: 19.02.02.

8. Portrait Aglaja Veteranyi: "Solange ich verletzlich bleibe, kann ich weiterschreiben." www.felu.ch/portrait1.htm1 Stand: 7. Februar 2002.

9. Marco Guetg: Mit Netz und doppeltem Boden. www.sonntagszeitung.ch/1999/sz35/S63-3553.htm Stand: 21. Februar 2002.

10. Wandler, Zeitschrift für Literatur, Heft 18: Aglaja Veteranyi. www.carpe.com/wandler/w18veter.html Stand: 7. Februar 2002.


3.6. Kulturelle und Sprachvielfalt. Koexistenz, Interferenzen und Divergenzen in pluriethnischen Regionen

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For quotation purposes:
Judith Schifferle (Basel): Zwei Autorinnen schauen Fern. Aglaja Veteranyi und Herta Müller - zwei aus Rumänien stammende deutschsprachige Autorinnen im Vergleich. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/03_6/schifferle15.htm

Webmeister: Peter R. Horn     last change: 22.4.2004     INST