Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. März 2004
 

9.2. Wirtschaft und Kulturen in einer globalisierten Welt
HerausgeberIn | Editor | Éditeur: Olga Rösch (Wildau, Deutschland)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Bericht: Wirtschaft und Kulturen in einer globalisierten Welt

Olga Rösch (Wildau, Deutschland)
[BIO]

 

Die Arbeit und der Diskussionsverlauf in der Sektion Wirtschaft und Kultur wurde weitgehend von einem aktuellen Themenbereich dominiert: Transformationsprozesse in den osteuropäischen Ländern. Es ging vor allem um die derzeitigen EU-Beitrittskandidaten wie Tschechien, Slowakei und Polen und auch um Russland. Der Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft ist z.T. ein langwieriger Prozess, der neben der Umstellung der eigentlichen wirtschaftlichen Abläufe auch eine enorme Umstellung im Denken und Handeln der Menschen verlangt. Es geht um eine entsprechende Anpassung von alten Organisationsstrukturen und vorhandenen Personalressourcen an die neuen Gegebenheiten des gesamteuropäischen Marktes. Derartige Veränderungen sind Gegenstand der Untersuchungen von Milena Dvoráková "Die Bedeutung "harter und "weicher" Faktoren bei den Organisationsveränderungen in Unternehmen der Tschechischen Republik".

Die Globalisierungsprozesse und die damit verbundene Öffnung der einst "abgeschirmten" Gesellschaften gegenüber den westeuropäischen haben zweifelsohne Auswirkungen auf die Identität der Völker in Osteuropa. Aber auch die westeuropäischen Kulturen sind in die Transformationsprozesse auf diverse Weise eingebunden. So steht Deutschland heute vor einer neuen gesellschaftlichen Herausforderung: die Integration einer relativ großen Zahl der Zuwanderer aus dem osteuropäischen Raum. Es geht dabei nicht nur um die sprachliche, sondern vor allem um eine nachhaltige soziokulturelle Eingliederung in die Gesellschaft. Besonders aktuell ist das Problem der Integration von hochqualifizierten Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt. Dieser Frage widmete sich die Studie von Maya Gulyanska "Osteuropäische IT-Spezialisten in Deutschland: psychologisch bedingte Probleme und neue Herausforderungen für das Personalmanagement".

Auf eine andere Weise ist die österreichische Touristik-Branche von den Veränderungen in Europa betroffen. Der Rückgang von Urlauberzahlen wirkt sich negativ auf die Wirtschaft der Regionen aus, die seit Jahren vom Tourismus gelebt haben. Mit den damit verbundenen Problemen und Lösungsalternativen setzte sich Kurt Wallasch in seinem Vortrag "Berggemeinden und ökologischer, nachhaltiger Tourismus" auseinander. Die Flaute habe eine Abwanderung der jüngeren Arbeitskräfte aus den Berggemeinden zur Folge. Der Versuch, den althergebrachten Vorstellungen vom Leben der österreichischen Dorfbevölkerung gerecht zu werden, um die touristische Attraktivität der Ortschaften zu steigern, stelle nicht anderes als Verleugnung der eigenen kulturellen Identität dar und führe u.U. nur zu Identitätsproblemen der ansässigen Bevölkerung. Um zukunftsorientierte Lösungen herbeizuführen, sind neue Ideen und auch neue Managementkonzepte gefragt.

Neue Ansätze im Management sind angesichts der veränderten Lebensbedingungen nicht nur in der Wirtschaft gefragt, sondern auch in vielen anderen Bereichen des Lebens, z.B. im Bildungssektor. Um Wissensmanagement und Wissenstransfer, um Entwicklungen des Managementbegriffes, um Konzepte für die Ausbildung der Manager u.ä. ging es im Referat "Education and Management" von Olga Ponišciaková.

Eine spezielle Form des Managements von Kommunikationsprozessen stellt der relativ neue Wissensbereich dar: das interkulturelle Management. Die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern aus verschiedenen Kulturen im Rahmen diverser Projekte nimmt in Europa immer mehr zu. Allerdings sind die multikulturellen Arbeitsteams stärker konfliktgefährdet als dies bei monokultureller Zusammensetzung der Fall ist. Die Erfahrungen aus den multinationalen Kooperationen zeigen, dass eine zusätzliche Qualifikation der Mitarbeiter - nämlich interkulturelle Kompetenz - erforderlich ist, um die Arbeitsprozesse zu optimieren und Synergieeffekte zu erzielen. Die Fragen der Optimierung von kommunikativen Geschäftsabläufen in einem interkulturellen Projektteam waren Gegenstand des Beitrages von Olga Rösch "Interkulturelles Projektmanagement als Management von ‚weichen' Faktoren in der multinationalen Zusammenarbeit".

Sowohl die Probleme der wirtschaftlichen Umstellung und des damit verbundenen mentalen Wandels standen im Mittelpunkt der Beiträge und Diskussionen als auch die Fragen der Identität der Völker im veränderten Europa sowie Probleme der Zusammenarbeit von Menschen, die unterschiedlich kulturell verwurzelt bzw. gesellschaftspolitisch sozialisiert sind. Der Gedanke der neuen Ansätze im Management begleitete alle Beiträge und Diskussionen in der Arbeitsgruppe und wurde zum Schlüsselbegriff für die Bewältigung von Transformationsprozessen. Es wurde betont, dass das Wissensgebiet Interkulturelle Kommunikation stärker in der Lehre und Forschung an den europäischen Hochschulen vertreten werden soll.

© Olga Rösch (Wildau, Deutschland)

9.2. Wirtschaft und Kulturen in einer globalisierten Welt

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For quotation purposes:
Olga Rösch (Wildau, Deutschland): Bericht: Wirtschaft und Kulturen in einer globalisierten Welt. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/09_2/roesch_report15.htm

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