Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. Mai 2004
 

10.3. Kunst und neue Medien
HerausgeberInnen | Editors | Éditeurs: Ursula Hentschläger / Zelko Wiener (Wien)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


Bericht: Kunst und Neue Medien

Ursula Hentschläger / Zelko Wiener (Wien)

 

Wenngleich in der Forschung der Begriff "neu" tunlichst vermieden wird, so hat er sich bei Medien, die mit digitalen Produktionsmethoden einhergehen, im Namen selbst festgeschrieben. In der Auseinandersetzung mit diesen - entsprechend als Neue Medien bezeichneten - Instrumentarien eröffnen sich zahlreiche Forschungsfelder, die von unterschiedlichen Fachrichtungen bearbeitet werden. Es handelt sich um den Bereich der Technik, die diese Medien entwickelt; jenen der Informatik, die Maschinen die Arbeit mit Menschen zeigt; der Kommunikationswissenschaft, die sich der Erforschung von Medien widmet; der Soziologie mit Fragestellungen zu Macht und Verteilung; der Rechtswissenschaft mit der Konstruktion der entsprechenden Gesetze u.a.m. Es ist aber auch das Feld der Kunst, die damit experimentiert und die medialen Möglichkeiten erst auslotet. Dabei gilt Medienkunst als Spiegel des jeweiligen technologischen Entwicklungsstandes. Durch die Thematisierung des dieser Kunst inhärenten Spannungsfeldes von an sich wertfreien wie auch "sinnlosen" Technologien mit "sinnstiftender" Kunst, werden seit nunmehr dreissig Jahren kritische Positionen eingenommen, die wiederum auf die Gesellschaft zurückwirk(t)en.

In unserer Einleitung gingen wir zunächst davon aus, dass uns das 20. Jahrhundert eine Vielzahl neuer Medien brachte, die mit der Entwicklung von Computern und elektronischen Netzwerken einen vorläufigen Höhepunkt erreichten. Der Zusammenhang naturwissenschaftlicher Erkenntnisse (vor allem aus dem Bereich der Kybernetik) und den Kulturwissenschaften führt hier zu sensiblen Grenzüberschreitungen. Technologischen Aspekten hat ebensolche Aufmerksamkeit zu gelten wie sozio-kulturellen Bezügen oder historischen Rückblicken. Wir gingen davon aus, dass Medienkunst als derzeit zeitgenössische Kunstform gilt, da sie die Medialität, die unsere Gegenwart bestimmt, mit ihren eigenen Mitteln reflektiert. Wir diskutierten vier große Entwicklungsstränge:

  1. die haptische Apparatewelt der Robotik mit der zentralen Fragestellung nach dem Verhältnis von Mensch und Maschine
  2. Display- bzw. Screen-orientierte Formen unterschiedlicher Bildwelten, Texträume und Klangkörper, die häufig mit dem Thema des Individuums in von Medien bestimmten Systemen konfrontieren
  3. interaktive Medienräume, in denen das Publikum Teil einer medialen Gesamtinszenierung wird und sich somit auch aktiv am künstlerischen Prozess beteiligen kann
  4. schließlich betrachteten wir als jüngste Richtung Kunst im und für das Internet mit den drei unterschiedlichen inhaltlichen Nutzungsdimensionen von Partizipation, Dekonstruktion oder Konfrontation.

Danach wurden von Nat Muller aus Rotterdam (sie entwirft Arbeiten für interaktive taktile Medienräume) und Kurt Hofstetter aus Wien (er arbeitet im Bereich vernetzter Videoinstallationen) künstlerische Positionen präsentiert. Im theoretischen Bereich ermöglichte Ursula Frohne aus Bremen einen konkreten Überblick über sozio-politische Verteilungsaspekte weltweiter Vernetzung. Christiane Heibach fokussierte auf die Sprachkunst in und mit elektronischen Medien und diskutierte die Grenzüberschreitungen einer multimedialen Literatur- und Kunstwissenschaft. Jana Wisniewski aus Wien führte schließlich von der Kunst zurück in einen breiten kulturellen Kontext, der neben der Kunst auch Aspekte von Architektur, Design, Werbung und Graffiti beleuchtete. Zuletzt wandte sich Elena Bogatyrewa aus Moskau mit der Frage nach der Wahrheit medialer Bilder und ihrer ethischen Dimension an das Publikum und die Sektion endete mit intensiven philosophischen Betrachtungen über die uns beherrschende Medialität unserer Zeit.

In der Sektion stellte sich zudem einmal mehr vor allem folgendes heraus: Kunst gilt als an sich Verbindendes der Kulturen. Dabei hat jede damit zusammenhängende Disziplin ihre eigene Methodik und die Erfahrungen der Kunstschaffenden erlauben wieder andere Herangehensweisen und Erkenntnisse. Klar ersichtlich wurde so die Notwendigkeit zu intensiveren fächerübergreifenden Diskursen und einer Verstärkung der Zusammenarbeit in den Bereichen Theorie und Praxis. Wenn wir uns aber auch in unterschiedlichen Mikrokosmen bewegen und divergent zum Thema "das Verbindende der Kulturen" arbeiten, so stellten wir doch einhellig fest, dass sich das Verbindende nur in eben jener Multiperspektivität und Diversität finden lässt.

Websites:

Ursula Frohne
www.iu-bremen.de/directory/faculty/00414/

Christiane Heibach
www.netzaesthetik.de

Ursula Hentschläger - Zelko Wiener
www.zeitgenossen.com

Hofstetter Kurt
http://www.sunpendulum.at

Nat Muller
http://f0.am/txoom
http://f0.am/f0od/

Jana Wisniewski
www.e-motion-artspace.at

© Ursula Hentschläger / Zelko Wiener (Wien)

10.3. Kunst und neue Medien

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For quotation purposes:
Ursula Hentschläger / Zelko Wiener (Wien): Bericht Sektion 10.3. Kunst und Neue Medien. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/10_3/hentschlaeger_report15.htm

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