TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 17. Nr. März 2010

Sektion 1.4. New Multi-society and Cultural Integration in Asia and Europe | Die neue multikulturelle Gesellschaften und die kulturelle Integration in Asien und Europa
Sektionsleiterin | Section Chair: Rhie Hae Za (Kunsan National University, Korea)

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Sektionsbericht 1.4.

Die neue multikulturelle Gesellschaft und die kulturelle Integration
in Asien und Europa

Rhie, Hae Za (Kunsan National University, Korea) [BIO]

Email: hzrhie@kunsan.ac.kr

 

Unsere ersten ReferentInnen, Herr Park, Sung-Soo, Frau Choi, Eun-Soon, Frau Chung, Ch.-S. Dury haben gemeinsam einen Vortrag über Hallyu – die Koreanische Welle: Eine (neue) Form kultureller Diversität in Asien gehalten. - Seit einigen Jahren ist in Asien ein Phänomen zu beobachten, das in Korea als„Hallyu“, „Koreanische Welle“  bezeichnet wird. Die Beliebtheit und Verbreitung zeitgenössischer koreanischer Unterhaltungskultur haben Hallyu zu einem bestimmenden Faktor der kulturellen Diversität in Asien werden lassen.

In Hallyu spiegelt sich der Modernisierungsprozess der heutigen Konsumkultur wider. Sichtbar werden die veränderten ökonomischen Prinzipien des globalisierten Kapitalismus, der mit seiner diversifizierten Kleinserienproduktion gezielt die verschiedenen Geschmäcker der Massen bedient. 

Auch in Zeiten der Globalisierung bleiben das Nationalbewusstsein und die Verbundenheit mit dem eigenen Land Faktoren, die das Konsumverhalten der Menschen maßgeblich bestimmen. So verwundert es nicht, dass etwa eine Betonung kultureller Überlegenheit der koreanischen Kultur in anderen Länder auf Ablehnung stößt und bisweilen nationalistischen Furor provoziert. Auf den Zusammenfall von Nationalen und Koreanischer Welle wird später näher eingegangen.

Das zweite Referat wurde von Herrn Helmut Wagner zum Thema Plurale politische Identität als Norm der Europäischen Union vorgetragen.

Nach den theoretischen Aussagen zur politischen Identität argumentierte er, dass die ausschließliche Priorität des nationalen Bewusstseins, die in Europa lange Zeit die Regel war, darauf zurückzuführen ist, dass der Nationalstaat das Monopol für alle politischen Kompetenzen besessen hat – nicht nur für die Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch für die Währungs-, die Kultur- und Wissenschaftspolitik. Die europäische Integration hat dieses Monopol gebrochen, weil sie traditionelle staatliche Kompetenzen neu verteilt hat.

Seine eigene Schlussfolgerung lautet, dass die Exklusivität der nationalen Identität durch die “Kompetenzteilung“ in der EU ihre Basis und ihren Sinn verliert und dass in der EU stattdessen eine “plurale Identität“ bzw. eine “patchwork identity“ die Regel zu werden verspricht. Neben der nationalen Identität finden in zunehmendem Maße auch eine europäische, eine regionale und eine lokale Identität einen Platz im öffentlichen Bewusstsein. Die Exklusivität der nationalen Identität ist gebrochen.

 

Plural Political Identity As the Norm of the EU

How acute the problem here under consideration is in today's Europe can be demonstrated by just one event. In the recent French presidential election campaign, one candidate, Monsieur Nicolas Sarkozy, announced that, if he were elected, he would set up a special ministry for “national identity”. He was obviously afraid that some French citizens have lost their national identity and that this state of affairs can and should be repaired through government intervention. After being elected he has put into action his intention.

The conclusion is, that due to the “division of competences” in the EU, the priority and exclusivity of national identity have lost their very basis and sense; that a divided, so-called patchwork identity has become the rule in the EU. This means, that a European identity needs to be accompanied by other identities: by a national, a regional and a local identity. They belong together, are not exclusive but complementary.

Das dritte Referat wurde von Herrn Song, Hae Ryung zum Thema „Kulturdifferenz und Probleme internationaler Ehen in südkoreanischen Qualitätszeitungen“ gehalten. - Die Globalisierung der koreanischen Gesellschaft begann am Anfang der 1990er Jahre. Dieser Globalisierungsprozess begünstigte gleichzeitig die finanzielle Mobilität und erweiterte die Einwanderungsmöglichkeit.

Vor allem der Zufluss von ausländischen Arbeitern, der aufgrund des rapiden Wirtschaftswachstums verursacht wurde , war sehr fremd für die koreanische Gesellschaft. Besonders die Heirat mit ausländischen Frauen im ländlichen Gebiet und die Gründung multikultureller Familien wurden zu einem sozialen Problem. Der größte Teil dieser ausländischen Frauen kommen aus China, Vietnam und den Philippinen. Sie verursachen diverse gesellschaftliche Probleme. Als Beispiele können folgenden Bereiche genannt werden: Scheidung, Selbstmord, Flucht ( aufgrund der kulturellen Differenz).

Gleichzeitig taucht die Diskriminierung der Kinder aus diesen Verbindungen als Problem auf. Herr Song analysierte, wie das Problem in den Medien behandelt wird und Probleme die koreanischen Gesellschaft hat. Außerdem zeigte er, wie koreanische Medien auf dieses Thema reagieren und welche Lösungen sie für die Überwindung der kulturellen Differenzen anzubieten.

Das vierte Referat wurde von Herrn Pih, Jong-Ho zum Thema Die kritischen Perspektiven des Multikulturalismus im Kontext der Medienkultur gehalten.

- Der kritische Multikulturalismus als ein Diskurs der Medienkultur trägt sowohl zur Betrachtung der Verschiedenheit der kulturell-gesellschaftlichen Komponenten wie Sexualität, Rasse, Klasse, Ethnizität und Nationalität bei, welche die kulturelle Identität bestimmen, als auch zur Analyse der Verhältnisse zu Anderen. Indem er die Gegensätze zwischen Macht und Widerstand auslöscht, versucht der kritische Multikulturalismus die kulturellen Differenzen aufzuheben. Dabei ist zu fragen, wie die Dezentrierung und Fragmentierung der Identitäten überwunden werden kann.

Selbst im Falle der Annahme, dass der kritische Multikulturalismus als Neutralisierung der realen Differenz fungiert, kann er doch eine manipulierte Ideologie oder ein abstraktes Bild in Bezug auf die Medienkultur sein. Am Beispiel der koreanischen Filme lässt sich beobachten, wie der Multikulturalismus im Kontext der Medienkultur funktioniert und inwiefern er überhaupt als ein Integrationsmodell der kulturellen Identität gelten kann.

Das fünfte Referat wurde von Frau Park Chung-Hi zum Thema Gastarbeiter in der koreanischen und deutschen Literatur gehalten. - Um das 1994 eingeführte, aber viel kritisierte industrielle Praktikanten-System allmählich abzuschaffen, hat die südkoreanische Regierung im August 2004 ein Arbeitserlaubnissystem für Gastarbeiter eingeführt. Aber dieser Versuch hat mehrere Unglücksfälle verursacht. Der koreanische Autor Park, Bum-Shin hat dieses Problem aufgegriffen, in einer Tageszeitung in Serie veröffentlicht und später seinen Roman Namaste (2005) publiziert. Mit diesem Roman erweckte er das soziale Bewusstsein zu in Korea ansässigen ausländischen Arbeitsnehmern, die hierzulande wegen der Haut- und Augenfarbe oder wegen der Sprache unter mehrfachen Diskriminierungen leiden. Dies gilt auch für Türken in Deutschland. Der aus der Türkei stammende Autor Aras Ören befasste sich in seinen literarischen Werken immer wieder mit den Themen Identitätsverlust, Kulturkonflikt, Fremdheit. Das Referat befasste mit ähnlichen Umständen des Ausländerlebens in beiden Ländern. Das verhängnisvolle Gastarbeiter-Leben in Korea und Deutschland wurde genauer erörtert.

Ein weiteres Referat wurde von Herrn Noh, Hee-Jik zum Themenbereich Pluralismus und Identität gehalten. - Asien befindet sich im permanenten Wandel. Im 21. Jahrhundert findet die grenzüberschreitende Arbeitsmigration in Asien mit zunehmender Globalisierung in nennenswerte Umfang statt. Mit der wirtschaftlichen Entwicklung gewinnt die Ausländerbeschäftigung an Bedeutung. Die wirtschaftliche Verflechtung bietet neue Chancen für neue Perspektiven auf den Arbeitsmärkten und damit auch für neue Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Ausländerbeschäftigung und die Anwesenheit ausländischer Arbeitsmigranten müssen sich den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes anpassen. Daraus ergeben sich verschiedene Probleme - z. B. die Identität in einer pluralistischen Gesellschaft. Die moderne Identität zeigt sich offen: Der einzelne bewegt sich durch viele unterschiedliche soziale Welten. Er wird mit verschiedenen Gemeinschaften konfrontiert und bekommt stets eine andere Art von Selbstverständlichkeit vermittelt. Auch ist die moderne Identität außerordentlich differenziert: Strukturen werden als labil und unverlässlich erlebt. Die institutionelle Ordnung verliert an Wirklichkeit, worauf der einzelnen beginnt, die Wirklichkeit in sich selbst zu suchen. Da die moderne Identität aber unabgeschlossen ist, kann sie den notwendigen Halt in der Wirklichkeit nicht in vollem Umfang gewährleisten - man denke nur an den Zustand der Selbstanonymisierung (den freiwilligen Rückzug eines Menschen aus der Gesellschaft).

Herr Pyo, Se Man hielt seinen Vortrag zum Thema „Naichi Zakkyo” in Meiji Japan : The Transformation of Japan into a Multi-Cultural Society. - Reality creates images; the images thus created, in turn, construct the real world. The needs of that world then beget the myth of the homogeneous nation and of the homogeneous culture. National orthodoxy, as a set of unimpeachable values, promotes exclusive attitudes toward other nations and cultures.

The Meiji Restoration placed Japan into the global system. The influx of Western culture, on the other hand, prompted the formation of a national consciousness and of a cultural identity. In the wake of the 1899 revision of the Unequal Treaties, the implementation of naichi zakkyo ("mixed residence in the inland": allowing foreigners to live anywhere in the Japanese homeland beyond their exclusive zones of extraterritoriality) initiated an influx of foreign laborers, and consequently, the transformation of Japan into a multi-cultural society. Contemporary debates on naichi zakkyo precipitated a larger discourse on Japan's putative homogeneity as a nation and as a culture, while opening up new horizons for those who were at a loss to how to deal with various foreign cultures. Incidentally, one could say that the various issues rising from the dichotomy of national exclusivism versus globalization have continued to haunt Japanese society till this day.

Frau Lee, Sunju sprach zum Thema ”Ways of thinking about foreign brides: in the case of local community of South Korea“. - In South Korea marriage migration has recently been one of important social issues. Since 2000 marriage migration has rapidly risen. The rate of marriages with foreigners was just 3.7 per cent of the total marriages registered in 2000. It increased to 11.9 per cent in 2006, which is three times higher than in 2000. Such a fast increase was caused by the influx of foreign brides from other Asian countries such as China, Mongolia, Vietnam, Thailand, Cambodia, Sri Lanka and so on. Their sudden influx has slowly changed the image of Korean society seen as ‘one people and one nation’. In this situation academia and policy circles are concerned with how to integrate the foreign brides into Korean society and then, to form a multicultural society. Actually the rapid increase of foreign brides has caused research interests in relation to multiculturalism, but the researches tend to rather focus on their social and economic situations in South Korea. In other words, researches on what Koreans think about the foreign brides as well as multiculturalism are rarely done. In this respect, using a qualitative research method the study will investigate how Koreans having them as neighbors perceive the foreign brides.

Den abschließenden Vortrag hielt Herr Kim, Hyun Taek zum Thema The Polyphony of Anatolij Kim’s Narrative. - Anatolij Kim, third generation of Korean Diaspora in Russia, has attracted much critical attention since his debut in 1973. The unique linguistic style, experimental narrative technique, and Weltanschauung with cosmic vision constitute the characteristics of his literary world. The so-called identity crisis caused by being a Russian writer of pure Korean origin led this writer to pursue his own creative path. Searching for his place in this absurd situation, Anatolij Kim reached a conclusion that his fatherland was the earth, not a specific country. By the same token he does not belong to a nationality, but to the abstract concept of whole mankind. His major novella Lotus(1980) exemplifies this writer’s unique aesthetics originating from his unusual biographical and cultural background. His prose destroys the traditional time and space structure. The fantastic fictional world sustained by his unprecedented collective narrator WE creates a new polyphonic world where cultural traditions of West (Russia) and East (Korea) merge together. His polyphonic literary world explores the spiritual and philosophical dimension of our life, employing the new cultural paradigm ‘Spirit-Everywhere-Forever’ instead of the previously widespread ‘I-Here-Now’.


1.4. New Multi-society and Cultural Integration in Asia and Europe | Die neue multikulturelle Gesellschaften und die kulturelle Integration in Asien und Europa

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For quotation purposes:
Rhie, Hae Za: Sektionsbericht 1.2.: Die neue multikulturelle Gesellschaften und die kulturelle Integration in Asien und Europa - In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 17/2008. WWW: http://www.inst.at/trans/17Nr1-4/1-4_sektionsbericht17.htm

Webmeister: Gerald Mach     last change: 2010-05-30