Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 2. Nr. November 1997

Germanisten auf Reisen. Die Vorträge und Reiseberichte von Franz Koch als Beitrag zur auswärtigen Kultur- und Wissenschaftspolitik der deutschen NS-Diktatur in Europa

Wolfgang Höppner (Berlin)

Reisen bildet bekanntlich, zuweilen sogar in doppelter Hinsicht, nämlich zum einen den, der reist, und zum anderen die, die bereist werden. Das wußten nicht nur der 1935 von Wien nach Berlin berufene Germanist Franz Koch, sondern auch jene, in deren Auftrag oder mit deren Zustimmung er in den Jahren 1936 bis 1944 zahlreiche Vortragsreisen in das europäische Ausland unternahm. Sie führten ihn (zum Teil mehrmals) nach Nordeuropa und auf die britische Insel, in die Schweiz, nach Österreich, Italien und in die Niederlande, nach Polen, Ungarn, in die Slowakei und die Balkanstaaten.(1)

Als Vorbereitung auf seine europäische Mission mag Kochs Teilnahme an der 16. Deutschkundlichen Woche in Danzig vom 28. bis 30. 9. 1936 gegolten haben, wo er im Auftrag des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung (REM) mit dem Vortrag Der Weg zur volkhaften Dichtung der Gegenwart auftrat.(2) Seinen Zuhörern gegenüber machte der Redner zunächst geltend, daß "die Dichtung unserer Tage bei voller Anerkennung dessen, was ihr an lebendigem Antrieb von der nationalsozialistischen Revolution zugute gekommen ist, kein völliger neuer Beginn [ist], sondern als Äußerung volkhaften Lebens, als Wachstum rassisch geistigen Erbes von Geschlechtern her bedingt und vorgeformt" sei, "bis ihnen der nationalsozialistische Durchbruch wieder Luft und Raum geschaffen" habe.(3) In Anlehnung an die Thesen Erwin Guido Kolbenheyers markierte er sodann das Wesen der volkhaften Dichtung in Richtung auf ihren Funktionswert für den Kampf "eines Volkes um seinen Bestand" im Gegensatz zu einer "vom Judentum verseuchte[n] Literatur"(4), wobei der von der Geistesgeschichte entlehnte Dichtungsbegriff dazu diente, nicht nur dem antisemitischen Grundgestus seiner Rede Gewicht zu verleihen, sondern generell alle literarischen Strömungen und Gruppierungen des 19. und 20. Jahrhunderts, die mit den Ideen von Liberalismus und Demokratie, Marxismus und ökonomischem Materialismus in Verbindung gebracht werden konnten, zu denunzieren. Übrig blieb, und als die wahre Dichtung ausgezeichnet, eine literaturgeschichtliche Traditionslinie, die von Herder und die Romantik über den poetischen Realismus und die Heimatkunst bis zur völkischen Literatur der Gegenwart reichte, deren Repräsentanten Koch einer ausdrücklichen Würdigung unterzog. Abgeschlossen hat er sein Referat mit einem Gedanken, der ebenso konstitutiv für sein literarhistorisches Konzept insgesamt war:

Die Neugeburt unseres Volkes hat den Blick des Binnendeutschen nun auch für alles Volkstum außerhalb der Reichsgrenzen geschärft, wie umgekehrt die Auslandsdeutschen ihr Antlitz hoffend und vertrauend der deutschen Mutter zuwenden. Der Auslandsdeutsche, in dem das biologische Gewissen niemals verstummen durfte, sollte er sich nicht selber aufgeben, hat von je auch in der Dichtung sein Volkstumserlebnis stärker hervortreten lassen als der Binnendeutsche.(5)

Der besondere Status, den Koch der sogenannten auslands- oder grenzlanddeutschen Dichtung namentlich Österreichs, des Sudetenlandes, Schlesiens oder Ostpreußens zumaß, sollte nicht nur hinsichtlich der erhofften neuen kanonischen Größe(6) der deutschen Literatur in der Zeit nach 1933 Relevanz besitzen, sondern genauso im Hinblick auf die nachgerade in der NS-Diktatur verfochtene politische Doktrin, "die deutschen Minderheiten seien kulturnationaler, in angrenzenden Regionen auch staatsnationaler Bestandteil eines deutschen Reiches".(7) Mit Blick auf wichtige politische Ereignisse im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges, den sogenannten Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich und das Münchener Abkommen von 1938, läßt sich ermessen, wie weitreichend die von Koch in seiner Danziger Rede verfochtene literaturgeschichtliche Konzeption im Prinzip war, stand sie zu diesem Zeitpunkt doch auch in enger Korrespondenz mit der von dem NS-Ideologen Alfred Baeumler 1937 vorgetragenen Auffassung von der Notwendigkeit der Ablösung der Idee vom Nationalstaat durch den Reichs-Gedanken, in dem das "Auslandsdeutschtum" als eine zentrale Kategorie fungierte. Es heißt: "Unser Reich ist keine ‘überhöhende’ Idee, sondern es ist eine Wirklichkeit überall da, wo Deutsche innerhalb und außerhalb der Grenzen auf Adolf Hitler bauen."(8)

Franz Koch hatte mit seinem Auftritt in Danzig offenbar die Probe bestanden. Bereits wenige Monate später delegierte ihn der Reichserziehungsminister Bernhard Rust nach Skandinavien(9) und wiederum nur einen Monat danach entsandte ihn der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Joseph Goebbels zu einer repräsentativen deutschen Buchausstellung nach Sofia, die die Deutsch-Bulgarische Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Börsenverein deutscher Buchhändler im April 1937 veranstaltete. Die Wahl Kochs kam nicht von ungefähr, was unzweideutig aus dem Schreiben von Goebbels an den REM hervorgeht. Darin heißt es:

Im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten ist vorgesehen, dass ein führender deutscher Gelehrter grundsätzliche Ausführungen über das deutsche Schrifttum macht. Ich habe Herrn Professor Franz Koch gebeten, die Aufgaben zu übernehmen. Professor Koch erscheint mir hierfür besonders geeignet, da er nach den vorliegenden Berichten über seine Vortragsreise in Skandinavien besonderes Geschick bewiesen hat, einen ausländischen Zuhörerkreis mit den geistigen Strömungen des neuen Deutschlands bekanntzumachen.(10)

Wie die Bücherkunde, das Organ des "Amtes Schrifttumspflege" unter Leitung von Reichsleiter Alfred Rosenberg, wo Koch seit Dezember 1936 ehrenamtlich als Hauptlektor tätig war, berichtet hat, erwies sich Kochs Eröffnungsrede als ein kulturpolitisches Ereignis, da er es verstanden hatte, den völkischen Charakter der deutschen Literatur seit Erfindung des Buchdrucks anschaulich herauszuarbeiten und überzeugend darzulegen, daß das Streben des deutschen Volkes dahin gehe, seine Funktion im neuen Europa zu finden.(11) Und zugleich läßt sich aus dem o. g. Brief ablesen, daß Koch, der ein Jahr zuvor zum Ordinarius für deutsche Literaturgeschichte avancierte, im Begriff war, wieder ein gutes Stück auf der Karriereleiter nach oben zu klettern, indem er sich anschickte, ein Dauerreisekader im Dienste offizieller Stellen des NS zu werden, was auch bald eintraf. Zur Feier des zehnjährigen Bestehens des Polnisch-neuphilologischen Vereins reiste er 1939 nach Warschau(12), im Sinne "der Vertiefung der kulturpolitischen Beziehungen zu Bulgarien"(13) schickte ihn der REM im selben Jahr wiederum nach Sofia. Auf Antrag von Alfred Rosenberg durfte Koch am 4. 5. 1941 die Deutsche Buchausstellung in Helsinki eröffnen(14), wobei er sich im Vergleich mit seiner Rede in Danzig noch als steigerungsfähig erwies. Hatte er dort über die völkische Dichtung schlechthin gesprochen, so redete er hier "Von der übervölkischen Aufgabe des deutschen Schrifttums", was konkret bedeutete, der deutschen Literatur einen besonderen Platz in der Weltliteratur einzuräumen sowie die gegenwärtigen Vorgänge in Europa als "übervölkische Bewegungen" und als Kampf "um eine neue Bestandsform des Abendlandes"(15) euphemistisch zu umschreiben. Im Sinne der Erfüllung des Deutsch-Ungarischen Kulturabkommens wurde Koch vom Reichserziehungsministerium 1941 für eine nochmalige Gastprofessur in Budapest vorgeschlagen(16), und 1944 schließlich hielt er auf Weisung von Goebbels Vorträge auf der Arbeitstagung deutsch-niederländischer Lehrer in Maastricht.(17)

Was die besondere Eignung von Franz Koch, von der der Reichspropagandaminister in dem schon zitierten Brief gesprochen hatte, angeht, so ist diese vor allem auf die propagandistische Wirkung seiner Vorträge zu beziehen, wobei auffällig ist, daß er in der Regel zwei Themenbereiche besprochen hat - die deutsche Literatur des 18. Jahrhunderts mit Goethe und Schiller im Mittelpunkt sowie die neuzeitliche, völkische Literatur. Aber Kochs auslandspolitische Aktivität hat sich keineswegs nur aufs Literarische und Wissenschaftliche beschränkt. Sein Bericht von der Reise nach Skandinavien, den Goebbels so sehr begeistert hatte, wie auch die anderen Reiseberichte legen dafür ein beredtes Zeugnis ab. So heißt es zum Beispiel über die Vortragsreise nach Schweden und Finnland vom 9. bis 21. 3. 1937:

Ich hatte den einzelnen Veranstaltern eine ganze Reihe von Themen zur Auswahl eingeschickt, um so von vornherein der Meinung zu begegnen, als würde die deutsche Wissenschaft etwa auf bestimmte Themen festgelegt und als handle es sich bei diesen Vorträgen um politische Propaganda. Denn von vornherein war ich darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Stimmung im allgemeinen nicht deutschfreundlich sei und politische Themen abgelehnt würden. Ich wählte daher den Weg, unter unverfänglichen Titeln und natürlich ernst zu nehmender wissenschaftlicher Behandlung Gedanken in den Mittelpunkt meiner Vorträge zu stellen, die heute zum weltanschaulichen Besitz des nationalsozialistischen Deutschland gehören. Dabei habe ich die Erfahrung bestätigt gefunden, die ich als geborener Österreicher schon mitgebracht hatte, daß diese Form sich am besten eignet, wenn man Wirkung erzielen will.(18)

Zum "geistigen Besitz" des NS gehörten demzufolge Goethes Weltanschauung und Schiller, die Lyrik Rilkes und E. G. Kolbenheyer, also Gegenstände, über die er in Stockholm und Helsingsfors, in Göteborg und Uppsala quasi in getarnter Form sprach, um seine politisch-weltanschauliche Botschaft an seine Zuhörer zu bringen. Auch spricht für Kochs taktische Vorgehensweise, daß er Beobachtungen zur innenpolitischen Situation im Gastland(19) in seinen Bericht einfließen ließ und bereitwillig auch Auskunft über die politische Haltung einzelner Personen aus dem Umkreis seiner Gastgeber gegeben hat (wie z. B. über den finnischen Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Veikko Antero Koskenniemi, den Koch als "deutschfreundlich"(20) einstufte).

Bei seiner Reise nach Bristol und Dublin vom 23. bis 29. 11. 1937 ist Koch ähnlich vorgegangen, d. h. seine Vorträge hat er so angelegt, "dass die Ideen des dritten Reiches den Zuhörern so nahegebracht werden, dass sie es gar nicht merken, wobei sie jedoch immer den Eindruck haben müssen, dass der Vortragende auf dem Boden des neuen Deutschland steht."(21) Dem Germanisten Prof. Dr. August Closs in Bristol attestierte er, daß er ein aufrichtiger Bewunderer Deutschlands sei und im Dienste der "völkischen Sendung" stehe, was dessen französische und englische Kollegen mit Mißtrauen quittieren würden, "da sie fast ausnahmslos mit dem Bolschewismus, jenem zur Genüge bekannten Salonbolschewismus, kokettieren."(22) Schließlich empfahl Koch, den wissenschaftlichen Status von Prof. Dr. Leonard Ashley Willoughby aus London, der zwar ein "Deutschfeind" sei, aber danach trachte, "dass man in Deutschland eine gute Meinung von ihm habe", zu nutzen, um in London in außenpolitischer Hinsicht "kulturellen Boden gewinnen" zu können.(23) Von ähnlichen Ambitionen war auch Kochs Reise durch Italien im März 1938, die der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) mitorganisiert hatte(24), bestimmt. Hier hatte er sich Prof. Guiseppe Gabetti aus Rom auserkoren, um dessen kulturpolitische Funktion für Deutschland zu erkunden und dessen politische Überzeugung - wie Koch sich ausgedrückt hat - "herauszulocken".(25) Und nach Vorträgen in Warschau im Februar 1939 ließ Koch wissen, daß er gemeinsam mit dem deutschen Botschafter Hans-Adolf von Moltke der Auffassung sei, dem Leiter des Germanischen Seminars der Warschauer Universität Zygmunt Lempicki die Ehrendoktorwürde einer deutschen Universität zu verleihen, da man auf ihn als "Mittelsmann"(26) angewiesen sei, um den kulturellen Einfluß Frankreichs auf Polen zurückdrängen zu können. Während seiner Gastprofessur in Budapest im Jahre 1940 schließlich hatte Koch neben seiner Vorlesungstätigkeit auch reichlich Zeit, sich um die politische Seite seines Aufenthaltes dort intensiv zu kümmern. Den Germanisten Prof. Theodor Thienemann entlarvte er als Pazifisten, der zudem noch "mit einer nicht Voll-Arierin verheiratet"(27) war, weswegen sich Koch recht froh zeigte, nicht von ihm in dessen Wohnung eingeladen worden zu sein. Prof. Elemer Schwartz, ein sogenannter Volksdeutscher, schätzte Koch "als Gegner Deutschlands, zum mindesten als solcher des Nationalsozialismus"(28) ein. Und die Ausstattung der germanistischen Bibliothek des Eötvös-Collegiums, wo Koch untergebracht war, fand er schlichtweg skandalös. Im Reisebericht ist vermerkt:

Doch fiel mir auf, daß dort noch alle Werke jüdischer und ausgebürgerter Schriftsteller zu finden sind, die, soviel ich weiß, nach dem Kulturvertrag ausgeschieden werden sollten. Da, wie ich erfahren habe, das Reich der Bibliothek des Eötvös-Collegiums eine bedeutende Spende in Aussicht gestellt hat, könnte vielleicht bei dieser Gelegenheit der berührte Umstand wahrgenommen werden.(29)

Diese Beispiele sind auch ein Beleg dafür, daß die Art und Weise, wie Franz Koch seine Lehr- und Vortragstätigkeit im Ausland mit den kultur- und außenpolitischen Zielen des NS-Staates in Übereinstimmung zu bringen suchte, durchaus eine eigene Note besaß, wenn man allein schon die denunziatorischen Züge seiner Berichte in Betracht zieht. Dennoch wird man bei diesem Urteil bedenken müssen, daß es offenbar zum Standard der Berichterstattung über Auslandsdienstreisen auch bei Wissenschaftlern gehörte, Beobachtungen über das politische Verhalten der Gastgeber zu Deutschland mitzuteilen, wobei das rhetorische Gegensatzpaar von "deutschfreundlich" und "deutschfeindlich" als ein maßgebliches Bewertungskriterium fungierte. So ist zum Beispiel in dem Bericht des Nordisten Hans Kuhn, einem Berufskollegen Kochs am Berliner Seminar, über eine Reise nach Schweden 1941 zu lesen, daß ein Lektor in Stockholm ihn, Kuhn, davor bewahrt habe, "mit ausgesprochen deutschfeindlichen Professoren" in Berührung zu kommen. Eine "betont deutschfreundliche Haltung" sei nur bei wenigen der schwedischen Wissenschaftler zu bemerken.(30) Und selbst Julius Schwietering, der absolut nicht als ein Prototyp des NS-Germanisten, wie Koch einer war, gelten kann, sah sich veranlaßt, seinem Bericht über eine Vortragsreise in die Schweiz im Mai 1944 die persönliche Einschätzung anzufügen: "Ich fand, dass auch die nicht reichsdeutschen Baseler Kollegen [...] dem gegenwärtigen deutschen Geschehen gegenüber weitgehendes Verständnis und warme Anteilnahme zeigten."(31)

Ein solches Verhaltensmuster wie auch das Engagement von Franz Koch insgesamt machen sichtbar, daß die wissenschaftlichen Auslandsbeziehungen in der NS-Diktatur in einem außerordentlich starken Maße den politischen Rahmenbedingungen, die letztlich die NSDAP setzte, untergeordnet waren. Ablesbar ist dies bereits in den Richtlinien zur Vorbereitung und Durchführung von Auslandsdienstreisen, die das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Form eines vertraulichen Merkblattes in den Rektoraten der Universitäten und Hochschulen zur Einsichtnahme auslegen ließ und mehrfach im Verlaufe der Jahre aktualisiert hat. Zu den grundlegenden Regeln gehörte, daß der Reisende nach Ankunft im Gastland unverzüglich "mit der zuständigen Vertretung des Deutschen Reiches und dem Deutschen Wissenschaftlichen Institut bzw. der Zweigstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes Verbindung aufzunehmen"(32) hatte und nach Möglichkeit mit den Landesgruppenleitern der Auslandsorganisation der NSDAP in Kontakt treten sollte. Diese Weisungen machen zugleich kenntlich, daß sowohl die Deutschen Wissenschaftlichen Institute (DWI) als auch der DAAD als wichtige Faktoren im institutionellen Gefüge der wissenschaftlichen Auslandsbeziehungen fungierten, mit deren Hilfe die staatliche und parteimäßige Lenkung und Kontrolle auch funktioniert hat. Hinzu kommt noch die Deutsche Akademie mit Sitz in München, die bei der Organisation der Lektorentätigkeit im Ausland eine wichtige Rolle spielte und ebenfalls mit der Auslandsorganisation der NSDAP eng zusammenarbeitete, wie zum Beispiel ein Abkommen zwischen beiden Institutionen vom 4. 12. 1941 deutlich macht, in dem festgelegt wurde, daß die Deutsche Akademie erst dann Lektoren im Auslandsdienst einstellt, wenn vorher ein positives politisches Gutachten der Partei vorliegt, und ihre Lektoren grundsätzlich für eine aktive politische Mitarbeit im Ausland zur Verfügung stellt.(33) Und es scheint folglich auch kein Zufall zu sein, daß Franz Koch bei seinen Reisen durch Europa vielfach auf Vermittlung des DAAD (in Italien 1938; nach Belgrad, Sofia und Bukarest 1939; in Ungarn 1940), der Deutschen Akademie, deren Mitglied er 1940 wurde, (in Ungarn und Kroatien 1942; in Schweden 1943) und der DWI (nach Belgrad, in Serbien und Kroatien 1944) noch zusätzliche Vorträge hielt. Schließlich sollten noch die Kulturabkommen des "Dritten Reiches" Erwähnung finden, bei denen der Schwerpunkt in der Politik des NS-Staates auf entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen mit den Ländern Südosteuropas wie mit Ungarn (1936), Bulgarien (1940), der Slowakei (1942) und Rumänien (1941) lag. Weitere Abkommen wurden mit Italien und Japan (jeweils 1938) sowie mit Spanien (1939) abgeschlossen. Diese Verträge waren als Instrumente der nationalsozialistischen Außenpolitik eine wesentliche Grundlage auch für die Entwicklung der internationalen Wissenschaftskontakte, wobei in Rechnung zu stellen ist, daß für den Nationalsozialismus auswärtige Kulturpolitik gleichbedeutend war mit der Durchsetzung hegemonialer Ansprüche in Europa.(34) Das kommt auch in einem Bericht über eine Tagung von kulturpolitischen Referenten im europäischen Ausland im Jahre 1941 zum Ausdruck, auf der ohne Umschweife klargestellt wurde, "daß Deutschland nunmehr der machtpolitisch führende Staat Europas sei, daß diese derzeitige Position vor allem aber kulturpolitisch untermauert werden müsse."(35) Aus diesem Grunde sollten fortan in einzelnen europäischen Ländern deutsche Kulturwochen veranstaltet werden, wobei eine differenzierte Vorgehensweise empfohlen wurde, und zwar bezogen auf die "befreundeten Länder", die "strikt neutralen Länder", wo man zum Teil erhebliche Schwierigkeiten erwartete, ohne diese näher zu benennen, und die "besetzten Länder", in denen eine besonders vorsichtige Arbeit geleistet werden müsse, damit die kulturpolitische Tätigkeit nicht als Propaganda erscheine. Auch begrüße es das Auswärtige Amt, wenn mehr Ausländer nach Deutschland eingeladen würden.(36)

Der zuletzt geäußerte Vorsatz war vor dem Hintergrund der NS-Ideologie (wie des extremen Nationalismus und Rassismus) alles andere als selbstverständlich, was sich auch auf dem Gebiet der Wissenschaftspolitik und speziell im Hinblick auf die Einstellung an den deutschen Universitäten gegenüber ausländischen Wissenschaftlern und Studierenden zeigen läßt. Wie man an den Reiseberichten von Franz Koch ablesen kann, spielten Fragen der wissenschaftlichen Reputation sowie der propagandistischen Wirkung der jeweiligen Vorträge im Ausland eine nicht unerhebliche Rolle. Schließlich ging es bei den Auslandsreisen ja nicht in erster Linie um den eigenen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn oder um Zuwachs an Internationalität in der jeweiligen Fachdisziplin, sondern vielmehr um die Bestätigung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit der deutschen Gelehrten und nicht zuletzt um die Gewinnung von Bündnispartnern bei der von den Nationalsozialisten angestrebten "Neuordnung" Europas unter Einschluß der permanenten Auseinandersetzung mit Frankreich und England nachgerade auf dem Felde der Kulturpolitik. Der Germanist Koch - und das bestätigen seine Auslandsaktivitäten ebenso - hat in diesem Funktionszusammenhang eine exponierte Stellung eingenommen, die es ihm offenbar auch gestattete, von Deutschland aus die angebahnten Auslandskontakte weiter zu pflegen, wie aus einem Bericht Kochs an das Reichserziehungsministerium vom 20. 11. 1939 hervorgeht.(37) Hin und wieder hat er Gastvorträge ausländischer Kollegen an der Berliner Universität vermittelt oder im Auftrag von Gesandtschaften Dissertationen ausländischer Doktoranden betreut. Es kam auch vor, daß er die Ehre hatte, zum Frühstück beim schwedischen Gesandten in Deutschland oder zum Tee in der Botschaft Ungarns zu weilen oder an einem Herrenabend in der Deutsch-Belgischen Gesellschaft teilzunehmen.(38) All dies vermittelt das Bild eines auf Normalität ausgerichteten wissenschaftlichen Alltags, in dem die Teilhabe an der internationalen Kommunikation fest integriert zu sein schien. Dazu gehörte gleichermaßen die Betreuung ausländischer Wissenschaftler, wofür eigens im November 1934 an der Universität Berlin das "Auslandsamt der Dozentenschaft" gebildet wurde, dessen ehrenamtliche Mitarbeiter und Betreuer sich in Form von Patenschaften den ausländischen Gästen auch in der Freizeit widmeten. Mit dem Ziel, "deutsches Wesen" kennenzulernen, sollten - wie der Völkische Beobachter mitteilte - die Gelehrten aus dem Ausland "in den Kreis der Keimzelle des Volkes, in die Familie"(39) einbezogen werden. Jedoch hatte die Einbeziehung der Ausländer in das wissenschaftliche Leben an deutschen Universitäten ihre Grenzen, und zwar dort, wo die "Ehre" der deutschen Wissenschaft auf dem Spiel stand. Schon wenige Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges sah sich der Sicherheitsdienst der SS veranlaßt, in den geheimen "Meldungen aus dem Reich" vom 16. 7. 1942 auf einen solchen kritischen Punkt aufmerksam zu machen. Es ging um das mittlerweile latente Problem des Dozentenmangels, nicht zuletzt verursacht durch Kriegsdienstpflichten und die beobachtete Abneigung des wissenschaftlichen Nachwuchses, den Hochschullehrerberuf zu ergreifen, den manche Universitäten dadurch zu beheben trachteten, daß sie verstärkt ausländische Wissenschaftler vornehmlich in der Lehre einsetzten. "In Hochschulkreisen", so der Bericht des SD, "wird dazu vielfach geäußert, daß es ein ‘betrübliches Armutszeugnis für die deutsche Wissenschaft und keineswegs mit der Würde der deutschen Hochschulen vereinbar’ sei, wenn man in Ermangelung deutscher Nachwuchskräfte heute schon dazu übergehen müsse, Ausländer in den Lehrkörper der Hochschulen zu nehmen."(40) Als bedrohlich wurde auch der Umstand empfunden, daß zum Beispiel in Berlin eine starke Zunahme der Zahl der ausländischen Studierenden zu verzeichnen sei. Während ihr Anteil an der Universität noch weniger als 10% der Gesamtstudentenzahl ausmache, "seien an der Technischen Hochschule heute schon rund 20% der Studenten Ausländer"(41), die vorwiegend aus Bulgarien und Rumänien kämen.

Was das Ausländerstudium an deutschen Universitäten und Hochschulen angeht, so war man in der Anfangsphase der NS-Diktatur ganz und gar nicht auf Skepsis eingestellt. Im Gegenteil, wie ein Schreiben des Reichserziehungsministers Bernhard Rust an den Reichskanzler Adolf Hitler vom 19. 5. 1933 zeigt, sollte das Ausländerstudium sogar eine spürbare Förderung erfahren. Rust begründete dies vor allem mit dem Argument: "Als eins der wirksamsten Mittel, die politischen Beziehungen zu anderen Völkern zu fördern, wird in den großen Kulturländern überall das Ausländerstudium angesehen. Außer Frankreich, das hierin allen Nationen voraus ist, suchen auch England, die Vereinigten Staaten von Amerika, vor allem das neue Italien, Studenten aus dem Ausland durch Gewährung weitgehender Vergünstigungen heranzuziehen."(42) In Deutschland habe das Ausländerstudium zwar den besonderen Charakter, daß es gelte, "die unerwünschten und schädlichen Elemente abzuwehren", dennoch blieben "zahlreiche Ausländergruppen, bei denen es sich verlohnt alle Mittel anzuwenden, um bei ihnen Verständnis und Sympathie für Deutschland zu erwecken". Grundlage dafür sei, "die ausländischen Gäste mit dem deutschen Menschen und dem deutschen Wesen in geeigneter Weise bekannt zu machen."(43) Diese Art der politischen Instrumentalisierung hat sich in den Folgejahren fortgesetzt, wofür zum Beispiel auch die Ausrichtung des Ferienkurses für Ausländer unter dem Motto "Deutschland im Kriege" vom 17. bis 30. 3. 1940 ein Indiz ist. Zu diesem Kurs, veranstaltet vom Deutschen Auslandswissenschaftlichen Institut in Verbindung mit dem DAAD, waren immerhin 200 Ausländer aus 37 Staaten angereist. Der größte Teil kam aus Südosteuropa und Skandinavien.(44) Der SD schätzte ein, daß auf die Ausländer besonders gewirkt habe, "dass nicht indifferente Vortragsthemen gewählt wurden". Auch sei zu bemerken gewesen, daß "von den früheren Hauptargumenten der antideutschen Propaganda weder die Juden-, Kirchen-, Tschechen- und Konzentrationslagerfrage irgendwie besonders betont wurde." Zur Organisation der deutschen Kriegsführung hätten sich die ausländischen Gäste lobend geäußert.(45) Sowohl solche Formen der propagandistischen Außenwirkung als auch das Mittel der Vergabe von Sonderstipendien an ausländische Studierende blieben nicht ohne Einfluß auf die Entwicklung von deren Anteil an den Universitätsstudenten. Im sogenannten "Altreich" konnte der stetige Rückgang der Zahlen der ausländischen Studenten von noch 7,7% im Sommersemester 1925 auf 3,6% im Wintersemester 1933/34 ab Sommersemester 1934 gestoppt und umgekehrt werden. Von da an stieg ihr Anteil wieder bis auf 6,6% im Wintersemester 1937/38, um allerdings nach Beginn des Krieges wieder abzufallen auf zum Beispiel 3,5% im ersten Trimester 1941. An den Technischen Hochschulen allerdings war (auch im Vergleich mit den Jahren der Weimarer Republik) ab Wintersemester 1934/35 ein weitaus höherer Ausländeranteil unter den Studenten zu verzeichnen. Betrug er zu diesem Zeitpunkt 10,0%, waren es im ersten Trimester 1941 schon 20,3%.(46) Vergleicht man die zitierten Einschätzungen des SD von 1939 und 1940, so ergibt sich übereinstimmend, daß die meisten dieser Studenten aus Ländern Südosteuropas und namentlich aus Bulgarien kamen.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges veränderte sich die Lage auf dem Sektor der auswärtigen Kultur- und Wissenschaftspolitik zum Teil erheblich. Mit dem Ziel der Neuregelung der internationalen wissenschaftlichen Beziehungen wurde im November 1940 auch das REM aktiv, das diesbezüglich einen Arbeitsausschuß einberief, der auf seiner Sitzung am 17. 1. 1941 folgendes zu Protokoll gab: "Maßgeblich für die Geltung der deutschen Wissenschaft im Ausland und ihre Stellung im Bereich der internationalen wissenschaftlichen Organisationen ist ihre Leistung, nicht eine machtpolitische Einflußnahme auf den organisatorischen Apparat." Und weiter heißt es, daß die Grundlagen der internationalen Zusammenarbeit "aus dem Geist der europäischen Revolution neu geschaffen werden" müßten, wobei von dem Grundsatz auszugehen sei, "daß sich das Großdeutsche Reich auch für die Fortführung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit während des Krieges in seinem Machtraum in gleicher Weise verantwortlich fühlt, wie für die Fortführung und den Neubau der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit."(47) In diesem Kontext muß auch die Bildung einer eigenständigen Auslandswissenschaftlichen Fakultät und des Deutschen Auslandswissenschaftlichen Instituts an der Berliner Universität 1940 gesehen werden, die beide aus der Fusion der Auslandshochschule und der Deutschen Hochschule für Politik hervorgegangen sind. Ihre Leitung übernahm ab 1941 der SS-Standartenführer Franz Alfred Six, und eines ihrer Hauptanliegen bestand in dem Bemühen, die Außenpolitik Adolf Hitlers und der NSDAP im Zuge der "Neuordnung Europas" historisch, juristisch und rassenbiologisch begründen zu helfen.(48) Doch neben diesen spezifischen institutionellen Formen der auswärtigen Wissenschaftspolitik des NS während des Krieges entwickelte sich ein ganzes Geflecht von Aktivitäten, Plänen und Strukturen, die darauf ausgerichtet waren, das Potential auch der deutschen Geisteswissenschaften und nicht zuletzt der Germanistik an die Strategie und Taktik der militärischen Expansion in Europa zu binden.

Sozusagen auf der untersten Stufe eines solchen Komplexes stand der sogenannte "Propagandistische Einsatz deutscher Wissenschaftler gegen das feindliche Ausland", über den der Sicherheitsdienst der SS am 7. 5. 1940 an den Chef des Wehrwirtschaftsstabes berichtet hat. Es wird mitgeteilt, daß zahlreiche deutsche Dozenten im verstärkten Maße bemüht seien, "ihre persönlichen Beziehungen zu einzelnen Wissenschaftlern im Ausland weiter auszubauen und für die deutsche Kriegspropaganda einzusetzen."(49) Dabei käme es besonders auf den Nachweis an, daß die Leistungen der deutschen Wissenschaft durch den Krieg nicht beeinträchtigt würden. Bei den ausländischen Professoren hätten die Kontakte dieser Art im allgemeinen einen guten Erfolg gehabt. Dies sei auch darauf zurückzuführen, daß es sich im Dialog mit ausländischen Wissenschaftlern als zweckmäßig erwiesen habe, "nicht allzusehr die für den Ausländer noch wenig verständlichen nationalsozialistischen Leitbegriffe wie ‘Rasse’, ‘Weltanschauung’ und dergleichen in den Vordergrund zu stellen, sondern die die Vorstellungswelt des Auslandes bestimmenden Ideen der ‘klassischen’ deutschen Kultur zu behandeln."(50) War diese, an Zynismus kaum zu überbietende Form wissenschaftlicher Auslandsbeziehungen, die ja auch Franz Koch in der von ihm selbst bezeugten Gestaltung seiner Vorträge meisterhaft beherrschte, eher auf Breitenwirkung bedacht, so zielte das, was führende Nationalsozialisten unter der "Geistigen Kriegsführung" verstanden, schon mehr auf Intensität. An diesem Projekt beteiligten sich - weitgehend unabhängig voneinander - mehrere Institutionen, und deren Pläne waren zum Teil sehr weitreichend. Im Hauptamt Wissenschaft bei dem "Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP", Reichsleiter Alfred Rosenberg, zum Beispiel wurde im Frühjahr 1943 ein Plan entworfen, der von der Lagebestimmung ausging, daß das Mittel der Propaganda nicht mehr ausreiche, um die "geistig-seelische Haltung des Volkes zu sichern" und um "die gegenwärtigen und kommenden Belastungen durchzustehen."(51) Der Faktor Wissenschaft als Teil der Kultur sei bisher unterschätzt worden. Folglich müßten sämtliche "wissenschaftlichen Einrichtungen und Kräfte [...] auf die unmittelbare Kriegsaufgabe, die Stärkung der seelischen Widerstandskraft des deutschen Volkes, abgestellt werden."(52) Dies sollte vor allem geschehen durch eine intensivere Vortragstätigkeit, die stärkere Nutzung von Rundfunk und wissenschaftlichen Zeitschriften für die deutsche Kulturpropaganda, die Verankerung der "Aktion Ritterbusch" in die Gesamtaktionen der "geistigen Kriegsführung" sowie den "Kriegseinsatz der Universitäten", wobei letzteres vornehmlich auf die Vergabe kriegswichtiger Themen für Promotionen und Habilitationen und entsprechende Vortragsaufgaben zielte. Eine tiefgreifende Umgestaltung sah man in diesem Kontext für die Universität Berlin vor, die "zur Kriegsuniversität unter Einsatz der fachlich wertvollsten und politisch zuverlässigsten deutschen Dozenten" ausgebaut werden sollte, was auch die "Versetzung aller für diese Aufgaben nicht brauchbaren Berliner Dozenten an kleinere und unbedeutendere Universitäten" einschloß. Zur Koordinierung dieser Aufgaben erachtete man die Schaffung einer "zentralen Befehlsstelle" für nötig und schlug vor, Alfred Rosenberg durch den Führer Adolf Hitler "zum Reichskommissar für die geistige Kriegsführung" zu ernennen.(53)

Was den Verweis auf die "Aktion Ritterbusch" angeht, so ist damit eine auch für die Germanistik verhängnisvolle Unternehmung des Reichserziehungsministeriums gemeint, die im Jahre 1940 auf die Tagesordnung gesetzt wurde, und zwar der "Einsatz der Geisteswissenschaften im Kriege", dessen Gesamtleitung dem Rektor der Universität Kiel Paul Ritterbusch übertragen wurde. Den Auftakt dazu bildete eine Zusammenkunft von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen (die Germanistik war durch Franz Koch vertreten) am 25. 7. 1940 im REM. In einer Grundsatzrede hat Ritterbusch die "Gegenwartsaufgaben der deutschen Geisteswissenschaft" umrissen, die darin bestehen sollten, das Potential der Wissenschaft aktiv in die "Neuordnung Europas" unter Führung Deutschlands einzubringen, und die versammelten Gelehrten dazu aufgerufen, entsprechende Forschungsvorhaben auf den Weg zu bringen, was wiederum im Amt Rosenberg aufgrund von Kompetenzstreitigkeiten mit dem REM auf ein ausgesprochenes Mißtrauen stieß.(54) Und was den Beitrag der Germanisten betrifft, so bleibt festzuhalten, daß sie der Beratung bei Rust und Ritterbusch nicht bedurften, um zu wissen, was von ihr unter den veränderten Bedingungen des Krieges verlangt worden war, denn schon etwa drei Wochen vorher, nämlich vom 5. - 7. 7. 1940 waren ihre Fachvertreter in dem offenbar für sie besonders geeigneten Ort Weimar zusammengekommen, um den "Wissenschaftlichen Einsatz Deutscher Germanisten im Kriege" zu beraten. Eingeladen dazu hatten Franz Koch und Gerhard Fricke, die in Verbindung mit Josef Nadler, Hans Naumann, Otto Höfler und Karl Justus Obenauer das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Unternehmen organisiert hatten.(55) Dessen politische Zielstellung ist in dem Einladungsschreiben nach Weimar von Koch und Fricke klar umrissen worden. Gleich eingangs heißt es dazu:

Der gegenwärtige Krieg ist im besonderen Masse nicht nur eine militärische, sondern zugleich eine geistig-kulturelle Auseinandersetzung, in der auch über die geistige Ordnung des kommenden Europa entschieden wird. Daher gilt es gerade auch für die deutsche Geisteswissenschaft, in dieser entscheidenden geschichtlichen Stunde aktiv zur Stelle zu sein, die geistespolitische Lage mit weiter Sicht zu durchdringen und die Ideen vorzubereiten und zu klären, auf denen ein neues Europa politisch-kulturell errichtet werden kann.(56)

Und im Kontext dieser Gesamtstrategie dürfe die Germanistik nicht fehlen, da ihr "vielmehr geradezu eine Schlüsselstellung" zukomme, und müsse die wissenschaftliche Arbeit "von dem kulturellen und politischen Ethos des Nationalsozialismus" durchdrungen sein. Als Aufweis für dieses Bemühen sei ein germanistischen Sammelwerk geplant, das den Titel "Deutsches Wesen im Spiegel deutscher Dichtung"(57) tragen sollte. Im Ergebnis der Weimarer Tagung ist ein Jahr später das fünfbändige Werk "Von deutscher Art in Sprache und Dichtung" im Kohlhammer-Verlag von Stuttgart und Berlin von Franz Koch, Gerhard Fricke und Klemens Lugowski herausgegeben worden, an dem sich nahezu die gesamte Prominenz der deutschen Germanistikprofessoren und -dozenten mit ihren Fachbeiträgen beteiligt hat. Nur wenige haben Abstand von diesem Beitrag der "deutschen Germanistik zum totalen Krieg"(58) genommen, unter ihnen Friedrich Beißner, Max Kommerell und Walther Rehm.

Von den Plänen der Nationalsozialisten zur geistigen "Neuordnung Europas" im Zuge ihrer militärischen Operationen blieb auch die Germanistik an den europäischen Universitäten und Hochschulen nicht verschont. Am 30. 9. und 1. 10. 1942 fand im Reichserziehungsministerium eine Tagung über die "Lage der Germanistik und der deutschen Literaturgeschichte an den nichtdeutschen wissenschaftlichen Hochschulen Kontinental-Europas" statt, die vom Auswärtigen Amt und der Auslandsabteilung des REM veranstaltet wurde und an der der Präsident der Deutschen Wissenschaftlichen Institute sowie führende deutsche Germanisten teilnahmen.(59) In einem für diesen Zweck erarbeiteten Positionspapier wird von der Prämisse ausgegangen:

Germanistik und deutsche Literaturgeschichte sind die wissenschaftlichen Fächer im Bereich der ausländischen Hochschulen, die für die Entwicklung des Deutschlandbildes und für die Vermittlung einer Vorstellung vom Wesen des Deutschen namentlich bei der jüngeren Generation von ausschlaggebender Bedeutung sind. [...] Die jungen Schüler erhalten ihre ersten Eindrücke von der kulturellen Leistung und der politischen Gestalt Deutschlands durch ihre Lehrer der deutschen Sprache an den ausländischen höheren Lehranstalten, die ihrerseits wiederum in erster Linie von den ausländischen Germanisten für ihre Berufsaufgaben vorgebildet worden sind.(60)

Deshalb sei es sowohl für die deutsche auswärtige Kulturpolitik als auch für die deutsche Wissenschaftspolitik im Ausland von entscheidender Wichtigkeit, der Entwicklung der Germanistik im Ausland die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Und im Sinne einer Gesamteinschätzung der Situation wird vorausgeschickt, daß die Vorbedingungen für die in der Präambel formulierten Ziele bei weitem noch nicht gegeben sind. Hinsichtlich der Lagebeschreibung in einzelnen Regionen Europas(61) (Nordeuropa blieb weitgehend ausgespart, weil hierzu noch Analysen fehlten) kommt man zu dem Schluß, daß die Probleme für die Germanistik in den Ländern Mittel- und Südeuropas am größten sind, und zwar vorrangig in bezug auf die Wiederbesetzung freier Lehrstühle und Dozenturen, die politische und fachliche Qualität des wissenschaftlichen Nachwuchses, den quantitativen Anteil der Germanistik bzw. Deutschkunde an der Gesamtausbildung, die Ausstattung der Bibliotheken sowie die politische Zuverlässigkeit der derzeitigen Lehrstuhlinhaber, Dozenten und Lektoren. Was letzteres angeht, so galten als Maßstab wiederum die Einteilung in "deutschfreundlich" oder "deutschfeindlich" sowie die Tatsache, ob die kritisierten Personen Ehepartner jüdischer Abstammung hatten oder nicht. Ähnlich kritisch wurde die Lage im sogenannten "Germanischen Kulturkreis", d. h. in der Schweiz, in den Niederlanden, in Belgien, Dänemark und Schweden, und im "Romanischen Kulturkreis" (Frankreich, Spanien, Portugal, Italien) eingeschätzt, wobei auffällt, daß sich zahlreiche Einschätzungen aus den Reiseberichten von Franz Koch in dieser Studie fast wörtlich wiederfinden. Das betrifft zum Beispiel die Beurteilung der Professoren Thienemann und Schwartz in Ungarn oder der Bibliothek am Eötvös-Collegium in Budapest. Im Sinne von Maßnahmen zur Verbesserung der Stellung der Germanistik im europäischen Ausland stand an erster Stelle die Förderung des ausländischen germanistischen Nachwuchses, gefolgt von Vorhaben zum Ausbau der Bibliotheken, zur Entwicklung der Methodik des Deutschunterrichts bis hin zur lang- und kurzfristigen Entsendung deutscher Germanisten ins Ausland nicht nur zu Gastvorträgen, sondern auch mit dem Ziel der Besetzung ausländischer Lehrstühle. Was von all dem in die Praxis umgesetzt wurde, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen. Der eingangs gewährte Blick in die Auslandsaktivitäten von Franz Koch läßt aber zumindest den Schluß zu, daß es an Bemühungen zu einer Intensivierung der auswärtigen Kultur- und Wissenschaftspolitik vor allem nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht gefehlt hat, die sogar bis in die ersten Monate des Jahres 1945 anhielten. Und gleichwohl kam in der von Anfang an klar ersichtlichen Strategie, der militärischen die geistig-kulturelle Expansion folgen zu lassen, dem Fach Germanistik eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Das findet schließlich auch darin seinen Ausdruck, daß auf der besagten Tagung von 1942 sogar die Frage der Gründung eines internationalen Germanistenverbandes und der damit im Zusammenhang stehenden Organisation germanistischer Fachtagungen mit Ausländern ähnlich den späteren IVG-Kongressen diskutiert worden ist. Entsprechende Vorschläge sind aber aufgrund der als schwierig eingeschätzten Lage der Germanistik im europäischen Ausland "allseitig als verfrüht abgelehnt"(62) worden. Statt dessen schlugen der Leipziger Germanist Theodor Frings und der Oberregierungsrat im REM Dr. Herbert Scurla ein nordeuropäisches Germanistentreffen in Finnland vor. Scurla regte zudem eine solche internationale Zusammenkunft "im Rahmen der nächstjährigen Salzburger Festspiele"(63) an, die aber keineswegs den Charakter einer wissenschaftlichen Tagung haben sollte. Somit ist dem Fach einiges weitere erspart geblieben, nicht jedoch die tiefe Verstrickung der Mehrheit seiner Repräsentanten sowohl in die Politik des Nationalsozialismus als auch in dessen Eroberungskrieg auf dem europäischen Kontinent.

© Wolfgang Höppner (Berlin)

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Anmerkungen:

(1) Franz Koch unternahm in der Zeit von 1937 bis 1944 folgende Auslandsreisen: 1937 - Göteborg, Stockholm, Uppsala, Helsingfors, Abo, Bristol, Dublin, Sofia; 1938 - Zürich, Florenz, Neapel, Venedig; 1939 - Warschau, Belgrad, Sofia, Bukarest, Wien; 1940 - Budapest (Gastprofessur); 1941 - Bukarest, Helsinki; 1942 - Warschau, Debrezen, Budapest (Gastprofessur); 1943 - Sofia, Pressburg, Bastad, Malmö; 1944 - Belgrad, Agram, Venedig, Hengelo.
Vgl. Universitätsarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Personalakte Franz Koch. U. K., K 203 (im weiteren: UA) und UA, Ergänzungsband sowie Bd. 1 bis 3 der Jahre 1935 bis 1947.

(2) Vgl. Schreiben des REM an den Universitätskurator vom 19. 9. 1936. UA, Bl. 51.

(3) Franz Koch: Der Weg zur volkhaften Dichtung der Gegenwart. In: Zeitschrift für Deutschkunde 51 (1937), S. 1.

(4) Ebenda, S. 3.

(5) Ebenda, S. 112.

(6) Vgl. Uwe-K. Ketelsen: Literatur und Drittes Reich. Schernfeld 1992, S. 84-93.

(7) Alexander Ritter: Aspekte der kulturpolitischen und wissenschaftlichen Nutzung >auslanddeutscher Literatur< während der NS-Zeit. In: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 95 (1994), S. 63.
Neben Franz Koch gehörte auch Heinz Kindermann zu den eifrigen Verfechtern einer solchen kultur- und literaturpolitischen Linie. Vgl. Ebenda, S. 71-75.

(8) Alfred Baeumler: Der politische Volksbegriff. In: Ders.: Politik und Erziehung. Reden und Aufsätze. Berlin 1937, S. 46.

(9) Vgl. Abschrift des Schreibens des REM an den Rektor der Berliner Universität vom 11. 3. 1937. UA, Bd. 1, Bl. 13.

(10) Abschrift eines Schnellbriefes des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda an den REM vom 17. 4. 1937 an den Rektor der Berliner Universität am 24. 4. 1937. UA, Ergänzungsband, Bl. 11.

(11) Vgl. Besprechung zu Franz Koch: Die Sendung des Buches. In: Bücherkunde 4 (1937), S. 346-350.

(12) Vgl. Schreiben des REM an den Universitätskurator vom 28. 1. 1939. UA, Bl. 79.
Der Völkische Beobachter hat Kochs Auftreten ausdrücklich gewürdigt. Vgl. Völkischer Beobachter. Berliner Ausgabe. Nr. 35 vom 4. 2. 1939, S. 5

(13) Schreiben des Rektors der Berliner Universität an Franz Koch vom 3. 2. 1939. UA, Bd. 1, Bl. 116.

(14) Vgl. Schreiben des Dekans der Philosophischen Fakultät an den REM vom 9. 4. 1941. UA, Bd. 3, Bl. 332.

(15) Franz Koch: Von der übervölkischen Aufgabe des deutschen Schrifttums. In: NS-Monatshefte 12 (1941), S. 7.

(16) Vgl. Schreiben des REM an den Rektor der Berliner Universität vom 5. 12. 1941. UA, Bd. 3, Bl. 347.
Die erste Gastprofessur Kochs in Budapest war vom 22. 10. bis 3. 12. 1940.

(17) Vgl. Schreiben des REM an den Rektor der Berliner Universität vom 12. 7. 1944. UA, Bd. 3, Bl. 383.

(18) Abschrift des Reiseberichts von Franz Koch an den REM vom 30. 3. 1937. UA, Bd. 1, Bl. 15.

(19) Über die Lage in Finnland heißt es: "Im Volke scheint sich seit dem Regierungswechsel doch auch hier eine stärkere Wendung nach links vorzubereiten, was auch von jenem Kreise [um den Schriftsteller Koskenniemi - W. H.] mit Besorgnis festgestellt worden ist." Ebenda, Bl. 15 v.

(20) Ebenda.

(21) Reisebericht von Franz Koch an den REM vom 13. 12. 1937. UA, Bd. 1, Bl. 31.

(22) Ebenda, Bl. 30 v.
Nachdem Franz Koch im Zuge der "Entnazifizierung" nach 1945 aufgrund seines politischen Engagements für den NS in erhebliche Schwierigkeiten geraten und aus dem Universitätsdienst entlassen worden war, nutzte er u. a. auch seine Auslandskontakte vor 1945, um zu Gutachten über seine Person zu gelangen, die ihn entlasten sollten. Eines davon schrieb auch August Closs am 29. 12. 1948 von der Universität in Bristol. Hierin heißt es u. a.: "Professor Dr. F. Koch, formerly of the University of Berlin, has been known to me for many years. I have long been an admirer of his profound scholarships when I first made his personal acquaintance a couple of years before the war, when he lectured at the University of Bristol on German literature of the 18th Century. I was deeply impressed by his sound knowledge, and above all by his spiritual integrity which was appreciated by all of us. Unlike so many of his compatriots he introduced no word of political propaganda, nor did he distort the literary theme for the sake of totalitarian ideology. [...] To my great sorrow I now hear that Professor F. Koch is still debarred from carrying out the academic duties for which he is so eminently suited. I can only regard this as an irreparable loss for us all."
Brief von August Closs an Franz Koch vom 29. 12. 1948. Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich. Nachlaß Franz Koch. 3/8793/90 - B. II, 2.6/V.

(23) Vgl. Reisebericht von Franz Koch an den REM vom 13. 12. 1937. UA, Bd. 1, Bl. 31.

(24) Vgl. Brief von Franz Koch an den Rektor der Berliner Universität vom 2. 3. 1938. UA, Bd. 1, Bl. 40.

(25) Über Gabetti heißt es: "Er ist der wichtigste Mittelsmann auf dem Felde der kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien. Aber man darf sich keinem Zweifel darüber hingeben - es gelang mir, ihn ein bischen [sic!] aus sich herauszulocken -, daß er geistig nicht auf der Seite des neuen Deutschland steht, daß er da schon durch das mediterrane Wesen gegebene Hemmungen hat und mehr mit jener Clique sympathisiert, die im Absterben ist und Deutschland geistig nicht mehr zu repräsentieren vermag."
Reisebericht von Franz Koch an den Rektor der Berliner Universität vom 22. 3. 1938. Ebenda, Bl. 45.

(26) Reisebericht von Franz Koch an den Rektor der Berliner Universität vom 6. 2. 1939. Ebenda, Bl. 107.
Bekanntlich ist Zygmunt Lempicki dem deutschen faschistischen Terror zum Opfer gefallen und 1943 an den Folgen seiner Verschleppung in das Vernichtungslager Auschwitz verstorben.

(27) Reisebericht von Franz Koch an den REM vom 3. 1. 1941. UA, Bd. 2, Bl. 284.

(28) Ebenda, Bl. 285.

(29) Ebenda, Bl. 285 f.

(30) Vgl. Reisebericht von Hans Kuhn an den REM vom 14. 3. 1941. UA der HUB. Personalakte Hans Kuhn. U. K., K 420, Bl. 24 f.

(31) Reisebericht von Julius Schwietering an den Dekan der Philosophischen Fakultät vom 27. 6. 1944. UA der HUB. Personalakte Julius Schwietering. U. K., Sch 385, Bl. 149 v.

(32) Merkblatt des REM vom 1. 6. 1942. UA, Ergänzungsband, Bl. 127, 127 v.

(33) Vgl. Abschrift eines Abkommens zwischen der Auslandsorganisation der NSDAP und der Deutschen Akademie vom 4. 12. 1941. Bundesarchiv (im weiteren: BArch). R 51 / 35, Bl. 0205617 f.
Zu weiteren Strukturen und Mechanismen der Lenkung der wissenschaftlichen Auslandsarbeit durch die NSDAP sowie zum Zusammenwirken von DAAD, DWI und Deutscher Akademie vgl. auch: Pamela Spencer Richards: Der Einfluß des Nationalsozialismus auf Deutschlands wissenschaftliche Beziehungen zum Ausland. In: Von Göschen bis Rowohlt. Beiträge zur Geschichte des deutschen Verlagswesens. Festschrift für Heinz Sarkowski zum 65. Geburtstag, hg. von Monika Estermann und Michael Knoche. Wiesbaden 1990, S. 248-251. Speziell zur Rolle des DAAD im "Dritten Reich" vgl.: Volkhard Laitenberger: Akademischer Austausch und auswärtige Kulturpolitik. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) 1923-1945. Göttingen, Frankfurt, Zürich 1976, S. 142-156, S. 267-290.

(34) Vgl. Jan-Pieter Barbian: "Kulturwerte im Zeitkampf". Die Kulturabkommen des "Dritten Reiches" als Instrumente nationalsozialistischer Außenpolitik. In: Archiv für Kulturgeschichte 74 (1992), S. 415-459.

(35) Bericht über die Tagung der kulturpolitischen Referenten im europäischen Ausland in Berlin vom 25. bis 30. 8. 1941. BArch, R 51 / 472, Bl. 0202165.

(36) Vgl. Ebenda, Bl. 0202165 f.

(37) In einem Fragebogen zu dem Erlaß des REM über wissenschaftliche Beziehungen zu anderen Ländern gibt Koch am 20. 11. 1939 an, daß er solche Verbindungen zu Finnland, Italien, Irland, Schweden, Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien habe. Weiter heißt es: "Es sind Beziehungen persönlicher Art, so zu Prof. Öhmann und Koskenniemi in Finnland, zu den Professoren Farinelli, Gabetti und Belli in Italien, Trivunac in Belgrad, Galabow in Sofia, Caracostea in Bukarest, Hammerich in Kopenhagen, Scholte in Amsterdam."
UA, Bd. 2, Bl. 245.

(38) Vgl. hierzu: UA, Bd. 1, Bl. 54, 56, 91 und 122 sowie Bd. 2, Bl. 266.

(39) Völkischer Beobachter. Berliner Ausgabe, Nr. 34, vom 3. 2. 1938.

(40) Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD. Amt III: Meldungen aus dem Reich. Nr. 309, vom 16. 7. 1942. BArch, R 58 / 173, Bl. 131.

(41) Ebenda, Bl. 133.

(42) Schreiben des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung an den Reichskanzler vom 19. 5. 1933. BArch, R 43 II / 936, Bl. 161

(43) Ebenda.
Dieses Ziel verfolge "eine bei der Universität Berlin bestehende Einrichtung, das sogenannte Hegelhaus, das an der Wohnstätte des Philosophen Hegel geschaffen" und so ausgebaut worden sei, daß es als geeignete Unterkunft für Ausländer diene. Als Vorschlag formuliert Rust weiter, Sonderstipendien für Studenten aus Italien zur Verfügung zu stellen, deren Aufenthalt in Deutschland zu einer "wirklichen politischen Demonstration benutzt werden" könnte, wobei der Umstand von Bedeutung sei, "daß Hegel der in Italien am meisten geschätzte Philosoph ist".
Ebenda, Bl. 163

(44) Vgl. Der Reichsführer-SS, Chef der Deutschen Polizei, Chef der Sicherheitspolizei und des SD. Amt III: Meldungen aus dem Reich vom 6. 4. 1940. BArch, R 58 / 150/1, Bl. 38.

(45) Vgl. Ebenda.

(46) Vgl. hierzu: Michael Grüttner: Studenten im Dritten Reich. Paderborn u. a. 1995, S. 489.

(47) Zitiert nach: Reinhard Siegmund-Schultze: Faschistische Pläne zur "Neuordnung" der europäischen Wissenschaft. Das Beispiel Mathematik. In: NTM. Schriftenreihe für Geschichte der Naturwissenschaften, Technik und Medizin 23 (1986) 2, S. 5.

(48) Vgl. Erich Siebert: Entstehung und Struktur der Auslandswissenschaftlichen Fakultät an der Universität Berlin (1940 bis 1945). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 15 (1966) 1, S. 19-34.

(49) Schreiben des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD, Amt III, an den Chef des Wehrwirtschaftsstabes beim Oberkommando der Wehrmacht vom 7. 5. 1940. BArch, R 58 / 184, Bl. 52.

(50) Ebenda, Bl. 53.

(51) Geistige Kriegsführung. Hauptamt Wissenschaft. Der Hauptamtsleiter. Plan vom 4. 3. 1943. BArch, NS 8 / 241, Bl. 70.

(52) Ebenda, Bl. 71.

(53) Vgl. Ebenda, Bl. 71 f.
Unter dem Stichwort "Geistige Kriegsführung" plante das "Ahnenerbe" der SS noch am 7. 3. 1945 Forschungsthemen für den "Einsatz der Geisteswissenschaften", da die "Volkführung [...] übersichtlich gefaßter wissenschaftlicher Unterlagen und Darstellungen, die ihr Einblick in die europäische Wirklichkeit in ihren bestimmenden Kräften und Leitbildern ermöglichen", bedürfe. In einer Beratung im SS-Hauptamt dazu am 12. 3. 1945 wurden die in Vereinbarung mit dem "Ahnenerbe" festgelegten Arbeitsthemen präzisiert. Als Verfasser wurden auch Germanisten bzw. Literaturwissenschaftler vorgeschlagen, und zwar für die Themen "Die germanischen Grundwerte" u. a. "Prof. Hans Neumann, Bonn, Prof. Höfler, München" oder "Sonderleistungen Europas gegenüber Asien und Amerika" u.a . hinsichtlich der Dichtung "Prof. Nagler, Wien" und des Theaters "Prof. Kindermann, Wien". [Bezüglich der Namen "Neumann" und "Nagler" handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Schreibfehler und folglich um Hans Naumann und Josef Nadler. - d. Verf.]
Vgl. BArch, NS 31 / 416, Bl. 81-83v.

(54) Vgl. hierzu: Gabriele Stilla: 1941: Der "Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften". In: Deutsche Klassiker im Nationalsozialismus. Schiller-Kleist-Hölderlin. Hg. von Claudia Albert. Stuttgart u. Weimar 1994, S. 37-47.
Im Hinblick auf die für das polykratische Herrschaftssystem der NS-Diktatur nicht untypischen Kompetenzstreitigkeiten zwischen Machtapparaten sei angemerkt, daß das Amt Rosenberg die "Aktion Ritterbusch" als eine Gefährdung seiner Dienststelle, aber auch des NS-Dozentenbundes und des Projekts der Hohen Schule ansah. (Vgl. Hauptamt Wissenschaft. Aktenvermerk vom 17. 11. 1941. BArch, NS 8 / 285, Bl. 36) Vor allem wurde Ritterbusch vorgeworfen, seine Aktivitäten unter Ausschaltung der NSDAP und ohne genügende weltanschauliche Fundierung geplant zu haben. (Vgl. Schreiben des Amtes Wissenschaft an den Stab des Stellvertreters des Führers vom 19. 3. 1941. BArch, NS 8 / 185, Bl. 136.) Noch 1944, anläßlich einer Besprechung der Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der bolschewistischen Weltgefahr" vom 31. 10. bis 2. 11. in Prag, hat Oberbereichsleiter Härtle vom Hauptamt Wissenschaft den "Kriegseinsatz der Geisteswissenschaften" unter Kritik gestellt, weil er nicht unmittelbar in die weltanschauliche Auseinandersetzung der Gegenwart eingegriffen habe, wenngleich er bemüht gewesen sei, die allgemeine Bedeutung der Geisteswissenschaften im Kriege zu unterstreichen. (Vgl. Bericht über die Einsatzbesprechung der Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der bolschewistischen Weltgefahr vom 15. 11. 1944. BArch, 62 Di 1, Film 732, Aufn. 391.)

(55) Vgl. Klassiker in finsteren Zeiten 1933-1945. Eine Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum Marbach am Neckar. Bd. 1 (= Marbacher Kataloge 38), hg. von Bernhard Zeller. Marbach a. N. 1983, S. 261.

(56) Zitiert nach: Ebenda.

(57) Vgl. Ebenda, S. 261 f.

(58) Frank Hörnigk: Die "Kriegseinsatztagung deutscher Hochschulgermanisten" im Juli 1940. In: Protokolle. 100 Jahre Germanisches Seminar in Berlin. Eggersdorf 1989, S. 180.
Vgl. auch: Werner Herden: Zwischen Bücherverbrennung und Kriegseinsatz. In: 100 Jahre Germanisches Seminar in Berlin. Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin. Gesellschaftswissenschaftliche Reihe 36 (1987), S. 840.

(59) Vgl. Bericht über eine Tagung im Reichserziehungsministerium Berlin am 30. 9. und 1. 10. 1942 über die Lage der Germanistik und der deutschen Literaturgeschichte an den nichtdeutschen wissenschaftlichen Hochschulen Kontinental-Europas vom 10. 10. 1942. BArch, R 51 / 35, Bl. 0206032.

(60) Abschrift: Zur Lage der Germanistik und der deutschen Literaturgeschichte an den nichtdeutschen wissenschaftlichen Hochschulen Kontinental-Europas. Aktenzeichen: WU 937, o. D. Ebenda, Bl. 0206040.

(61) Vgl. zu folgendem: Ebenda, Bl. 0206041-0206053.

(62) Bericht über eine Tagung im Reichserziehungsministerium Berlin am 30. 9. und 1. 10. 1942 über die Lage der Germanistik und der deutschen Literaturgeschichte an den nichtdeutschen wissenschaftlichen Hochschulen Kontinental-Europas vom 10. 10. 1942. Ebenda, Bl. 0206035.

(63) Aktenvermerk vom 2. 10. 1942. BArch, REM / 3087, Bl. 2 v.


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