Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 3. Nr. März 1998

Von einer nationalstaatlichen zu einer differenzierenden Landeskunde der Regionen im deutschsprachigen Raum.
Kreativ-kontrastierende Arbeitsformen im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht

Ioan Lazarescu (Bukarest)

Im allgemeinen wird "Landeskunde" (LK) unter einem doppelten Aspekt verstanden und betrieben - zum einen als spezifisches Forschungs- und Lehrgebiet, das im Studienplan der meisten fremdsprachenphilologischen Hochschulen und Universitäten zu finden ist - das ist die sogenannte 'explizite', meist 'informationsbezogene' LK -, zum anderen als grundlegende inhaltliche Komponente eines jeden Fremdsprachenunterrichts, der das Ziel hat, eine sichere und praktische Orientierung zu gewährleisten und Kenntnisse für ein erfolgreiches (sprachliches) Handeln des Fremdsprachlers im Zielsprachenland bereitzustellen. Das ist die 'implizite', die sogenannte 'integrierte' LK.

Als komplexes Studienfach umfaßt die LK bekanntlich Erkenntnisse aus einer nahezu unübersehbaren Fülle von Wissenschaften, die sie als Bezugsquellen für die Lehre heranzieht, angefangen von der Geographie, der Geschichte, der Ethnologie, der Anthropologie, der Demographie, der Soziologie, der Politologie, der Wirtschaftswissenschaft, der Kunst- und Kulturgeschichte bis hin zu den verschiedenen Spezialbereichen der Sprachwissenschaft - der theoretischen und der angewandten Linguistik, der Sozio-, Psycho-, Textlinguistik usw. - bzw. bis zur Fremdsprachenlehr- und -lernforschung, der Didaktik, um hier nur der allerwichtigsten davon Erwähnung zu tun. Aus diesem Grunde ist man bisher in der Fremdsprachendidaktik fast immer vom "idealen Fall" ausgegangen, daß der Lehrer unbedingt und ganz selbstverständlich Kenntnisse aus all diesen Bereichen haben müsse, daß er ein enzyklopädisch Gebildeter, sozusagen ein 'wandelndes Lexikon' zu sein habe. Die Realität ist aber eine andere: Die meisten Fremdsprachen-, in unserem besonderen Fall die Deutschlehrer, sind keine Muttersprachler und viele sind mit der Wirklichkeit in einem deutschsprachigen Land noch gar nicht konfrontiert worden, und wenn überhaupt, dann nur für verhältnismäßig kurze Zeit: während eines Privatbesuchs oder anläßlich eines zwei- oder dreiwöchigen Sommerkurses in Deutschland oder in Österreich. Zudem hat jeder Mensch, also auch jeder Lehrer, seine "starken" und seine "schwachen" Seiten. Der eine kennt sich besser in Geschichte oder in Erdkunde aus, der andere versteht mehr von Kunst oder von Sport, der dritte vielleicht etwas von Politik oder interessiert sich für Probleme der Wirtschaft usw. Und wirklich sicher fühlen sich die meisten Deutschlehrer schließlich und endlich doch nur im Bereich ihrer Studienfächer, also der Sprachtheorie und der Literatur(geschichte).

Andererseits müssen die Ziele bei der Realisierung der landeskundlichen Komponente auf die spätere fremdsprachliche Praxis, auf die der Sprachunterricht die jeweiligen Lernenden vorbereiten soll, abgestimmt werden, sind doch für einen künftigen Fremdsprachenlehrer andere Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten von Belang als für einen Touristen, einen Gastarbeiter oder jemand, der im Außenhandel oder in der Politik tätig zu sein beabsichtigt.

Bekanntlich ist landeskundliches Wissen - wie übrigens auch die muttersprachliche Grammatik, die sog. Sprachkompetenz des 'native speakers' - etwas, worüber jeder Einheimische, also jeder Muttersprachler verfügt, ohne sich dessen bewußt zu sein; für ihn gehört es zum Selbstverständlichen, zum Alltag. Daraus ergibt sich laut Ickler (1984, 32) die an und für sich paradoxe Aufgabe des Fremdsprachenunterrichts, nämlich, daß "der 'Hintergrund' [...] anscheinend, seinem Wesen zuwider, zuerst in den 'Vordergrund' gerückt werden [muß], damit er [überhaupt] Unterrichtsgegenstand werden kann". Das Hintergrundwissen eines Muttersprachlers muß folglich dem Fremdsprachler erst bewußt gemacht werden: nicht nur Sprache, sondern auch das, was mit der nonverbalen Kommunikation, mit Verhaltens- und Wahrnehmungsweisen und mit Handeln zusammenhängt, und es leuchtet wohl ein, daß dafür andere Methoden und Verfahren vonnöten sind als zur Vermittlung von Daten und Fakten über Land und Leute, Geschichte und Kultur, Wirtschaft und Politik, wo einerseits die Vorlesung, andererseits die Lektüre einer gut zusammengestellten Textsammlung bzw. das Konsultieren eines Nachschlagewerks(1) sich wohl als am geeignetesten erwiesen haben.

Erfahrungsgemäß können hartnäckige Klischees, Stereotype und Vorurteile bei der Beurteilung anderer Völker(2) nicht allein durch Information, also einfach bloß durch die Entwicklung der Fertigkeit Lesen, bestenfalls in Verbindung mit Hören, abgebaut, sondern geradezu gefördert werden.

Bei der Auswahl der das behandelte Thema illustrierenden Texte ist stets darauf zu achten, daß die LK nicht auf eine Institutionenkunde reduziert wird, sondern daß die Menschen immer im Vordergrund bleiben. Nicht das abstrakte politische System oder das Schulwesen eines deutschsprachigen Landes an und für sich ist in Form von Diagrammen und Schemata in einer Unterrichtseinheit darzustellen, sondern konkrete Lebenssituationen, in denen der Mensch mit dem System konfrontiert wird bzw. seine Stellung und Entwicklung in diesem System. Es soll also um konkrete Existenzen und Schicksale gehen. Dabei ist zu beachten, daß ein 'authentischer' Text nicht schon per se Objektivität der Darstellung garantiert; denn "es ist auch nach dem Kontext zu fragen, in dem der Text Verwendung findet" (Ehnert/Wazel 1994, 276). Es ist somit angebracht, außer den literarischen Texten, die Komplexität vermitteln, auch die verschiedensten Sachtexte im Unterricht zu verwenden, die zwar nur kleine Ausschnitte aus der Wirklichkeit thematisieren, jedoch oft das Hintergrundwissen für das Verstehen des literarischen Textes und Objektivität sichern, weiß man doch, daß poetische Texte Aussagen über mehr oder weniger fiktive Geschehnisse und Gestalten machen. Landeskundliche Informationen können allein dem fiktionalen Text nicht unmittelbar und undistanziert entnommen werden, sondern "nur auf dem Umweg über die Analyse des Verhältnisses des Schriftstellers zu den interessierenden Sachverhalten der objektiven Realität sowie unter Beachtung der ästhetischen und sprachlichen Besonderheiten literarischer Texte" (Ehnert/Wazel 1994, 278).

Aus diesem Grunde kommt auch der Vermittlung von Kenntnissen über das eigene Land besondere Bedeutung zu, sonst kann der interkulturelle Vergleich nicht vorgenommen werden. Es müssen also auch die Kenntnisse über das eigene Land sozusagen aktiviert und in den Vordergrund gerückt werden. Nur ein objektiv und "mit [...] einer kritischen Urteilsfähigkeit vorgenommener Vergleich der eigenen Lebensmuster mit denen der Fremdkultur kann [...] das Bewußtsein von der Relativität von Verhaltensnormen entwickeln helfen"(3).

In den letzten Jahren konnte der allmähliche Übergang von einer Daten und Fakten vermittelnden, informationsorientiert-enzyklopädischen und schönfärberischen, praktisch nur die Schokoladenseite zeigenden LK, die meist auf Deutschland reduziert blieb, zu einem neuen Konzept von LK festgestellt werden. Dies ist auf die fruchtbare Zusammenarbeit von Goethe-Institut (München), KulturKontakt (Wien) und LEDAFIDS (Verein der Lektoren und Lektorinnen Deutsch als Fremdsprache in der Schweiz) zurückzuführen, die ihren Niederschlag in mehreren Kolloquien "Landeskunde der deutschsprachigen Länder" gefunden hat. Dabei erwuchs aus den sogenannten ABCD-Thesen(4) zur Rolle der LK im Deutschunterricht das neue D-A-CH-Konzept einer "'differenzierenden Landeskunde' der Regionen im deutschsprachigen Raum" (Wolfgang Hackl/Innsbruck, Michael Langner/Fribourg, Hans Simon-Pelanda/München). Denn das ist eben das 'Besondere' an der 'deutschen Landeskunde', daß man nämlich bei ihr genau genommen mit einer 'Dreiländerkunde' zu tun hat: Der Lernende muß wissen, daß die deutsche Sprache außer in Deutschland auch in Österreich und in einem Großteil der Schweiz gesprochen wird. Eigentlich gehört auch das Fürstentum Liechtenstein in diese Reihung, das "Land zwischen SERVUS und GRÜEZI", wie es so schön heißt, weil es in seiner Geschichte eher mit Österreich verbunden war, gegenwärtig wirtschaftlich und finanziell enger an die Schweiz gebunden ist - beide haben doch dieselbe Währung -, vom Politischen her aber von den anderen deutschsprachigen Staaten strenge Unterschiede aufweist. (Es ist die einzige deutschsprachige Monarchie, andererseits ist Liechtenstein Mitglied der UNO und anderer internationaler Organisationen, was die Schweiz nicht ist.) Daher spricht man in letzter Zeit auch vom sog. DACHL-Konzept(5) der LK, wo D für Deutschland, A für Österreich, CH für die Schweiz und L für Liechtenstein stehen.

Es wäre aber völlig falsch, das herkömmliche Modell der 'deutschen' Landeskunde, der Landeskunde Deutschlands, einfach nun um eine Landeskunde Österreichs, der Schweiz und neuerdings auch Liechtensteins zu erweitern, also "additiv" vorzugehen. "Binnenkontrastiv", "binnendifferenzierend" sollte man LK im Fremdsprachenunterricht betreiben, und gemeint sind damit bloß die didaktisch-methodischen Ansätze, nicht die politischen und historischen Überlegungen in diesem Zusammenhang.

Ausgehen soll man nicht von der sprachlichen und nationalen Einheit, sondern von der Vielfalt, die sogar innerhalb eines Staates besteht, bzw. von der grenzüberschreitenden Einheit und Vielfalt. Das leuchtet ein, wenn man an die diatopische Gliederung des Deutschen denkt. Daher ist der Gebrauch des Terminus "Region" in diesem Zusammenhang wohl angebrachter. Region ist unterhalb der nationalen Ebene anzusiedeln, sie ist folglich nach oben definiert, nicht aber nach unten, wo weitere Ausdifferenzierungen existieren können. "Aus landeskundlicher Sicht ist die kulturhistorische Determination die entscheidende Konstituente der Region, so daß die Region nicht identisch sein muß mit der politischen Einheit 'Land' in den Grenzen eines bestimmten Zeitabschnittes."(6)

Es leuchtet wohl ein, daß - wenn LK nun anders definiert und verstanden werden soll - auch andere Methoden notwendig sind, um sie im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht zu betreiben. Eine erfolgversprechende Arbeitsform ist die Projektarbeit, die über längere Zeit durchgeführt werden kann. Sie hat den Vorteil, den Lernenden dazu zu bringen, sprachlich nicht nur textgebunden tätig zu werden, sondern ihm den Übergang zur freien Sprachausübung zu gewährleisten, so daß er die Fremdsprache wirklich als Kommunikationsmittel gebraucht. Dabei werden nicht nur Meinungen gegenübergestellt, sondern es wird gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Daher soll man im Unterricht von sog. 'offenen' Fragen ausgehen, von Fragen, bei denen keine bestimmte Antwort vorgegeben ist bzw. erwartet wird, sondern die Zugang zu komplexeren Zusammenhängen ermöglichen. Man soll 'generative' Themen behandeln, solche, die zu weiteren Fragen führen, so daß es letztendlich zu einer Vernetzung von Themenkomplexen kommt. Der Vorzug dieser 'offenen', nicht rigiden Unterrichtsform besteht darin, daß dabei mehrere Lernende in kleineren oder größeren Teams zusammenarbeiten und gemeinsam auf ein bestimmtes Ziel hin recherchieren. Dieses Zusammenwirken konkretisiert sich in einem Produkt. Nahezu alles, was das menschliche Dasein betrifft, kann Gegenstand einer solchen Projektarbeit sein. Die Rechercheergebnisse können in der Gestaltung sehr unterschiedlich sein: Referat, Bericht, Dia-Vortrag, Videofilm samt Kommentar, Radio- bzw. Fernsehsendung, Wandzeitung, Fotocollage, Klassenkorrespondenz, Klassenzeitschrift oder -zeitung u.v.a.m.

Bei dieser Arbeitsform soll ständig das Ziel verfolgt werden, daß der Lernende über die Wiedergabe des im Unterricht Gelesenen oder Gehörten hinaus dazu veranlaßt wird, sich selber landeskundliche Informationen zu erlesen und sie dann im simulierten Gespräch / in der Diskussion, zunächst während der Unterrichtseinheit, die der Präsentation der durchgeführten Projektarbeit gewidmet ist, und freilich auch später in konkreten Situationen vor Ort anzuwenden. Eine besondere Rolle kommt somit dem autonomen Lernen zu. Nur so kann "Landeskunde nicht in Schubladen oder als linguolandeskundliches Prinzip [verkommen und ...] Sprachunterricht Landeskunde und Landeskunde Sprachunterricht" werden.(7)

Die Lehrbucharbeit - Übungen und Aufgaben unterschiedlichsten Typus - soll eigentlich eine Vorbereitung auf diese lehrbuchunabhängige, wirklichkeitsnahe Tätigkeit werden, die man in der Didaktik des Fremdsprachenunterrichts als Projektarbeit bezeichnet. Sie soll den Lernenden mit Lern- und Arbeitstechniken und -strategien ausrüsten, ihn zum selbständigen sprachlichen Handeln befähigen und auf ein Lernen auch nach der Schulzeit ('lebenslanges Lernen') vorbereiten. Die Projektarbeit als Unterrichtsform bietet den Lernenden die Möglichkeit, sich besser als bisher an der Unterrichtsplanung, an Aufgaben, mit denen ihre organisatorischen Fähigkeiten angesprochen werden, zu beteiligen und stärkt ihre Selbständigkeit und Mitverantwortung insoweit, als die Lernenden das Thema selber auswählen und über die Wahl der Präsentationsform diskutieren und mitentscheiden. Von der Themenwahl bis zur Präsentation des Endprodukts sind mehrere Etappen zu durchlaufen, wie etwa die gemeinsame Planung, die Arbeitsteilung, die selbständige Recherche, die Aufarbeitung des gefundenen Materials. Und selbstverständlich muß auf die Präsentation unbedingt die Evaluation folgen, wobei die Studierenden zu Mitevaluierenden werden müssen. Dem Lehrer kommt bei einer solchen Unterrichtsform eher die Rolle eines Moderators zu als die eines Unterrichtenden, denn "es liegt auf der Hand, daß bei der Evaluation solcher Produkte nicht nur rein sprachliche Fähigkeiten bewertet werden [...]. Ein Produkt, welches sich an eine Gruppe, Klasse oder an eine größere Öffentlichkeit wendet, [muß] auch von der Gruppe, Klasse oder Öffentlichkeit bewertet"(8) werden.

Der Projektarbeit kommt selbstverständlich auch in der neuen Lernwerkserie "Deutsch mit Spaß" - von rumänischen Autoren erstellt und im Bukarester Schulbuchverlag in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut München erschienen - eine besondere Rolle zu. Auf eine im Lehrbuch für die IX. Klasse (8. Studienjahr)(9) vorgeschlagene Projektarbeit möchte ich mich im folgenden beziehen. Sie hat zum Thema den Vergleich zwischen dem Kloster Benediktbeuern im südlichen Bayern, dem Stift Melk an der österreichischen Donau und den rumänischen Klöstern der nördlichen Moldau und der Bukowina. Die Schüler werden dazu angehalten, binnenkontrastiv und interkulturell, ja sogar interdisziplinär vorzugehen. Zum einen handelt es sich bekanntlich um zwei Benediktinerklöster - das ist der gemeinsame Punkt von Benediktbeuern und Melk trotz der vielen Merkmale, die sie voneinander unterscheiden: Lage, Gründungsgeschichte, Blütezeit, Säkularisation der Klöster im bayerischen Oberland im Jahre 1803 usw. Zum anderen besteht ein großer Unterschied zu den rumänischen Klöstern in erster Linie darin, daß es bei den Orthodoxen keine Orden innerhalb des Klosterwesens gibt. Man unterscheidet bloß Männer- von Frauenklöstern, und somit gibt es einfach nur Klöster für Mönche und solche für Nonnen. Das ist schon etwas, worüber sich die Schüler zunächst einmal Gedanken machen müssen und eventuell das allernötigste Material über die Benediktiner suchen. Ferner ist die Entstehungsgeschichte der Klöster des Abendlandes zum Unterschied von denen in Osteuropa meistens eine andere. Die letzteren sind jeweils nach einem Sieg erbaut worden, den die einheimische Bevölkerung über die einfallenden Türken oder Tataren davongetragen hatten. Andererseits liegen sie oft in Tälern, umgeben von Hügeln oder Bergen, wohingegen beispielsweise das Stift Melk ganz imposant auf einem großen Felsen steht, zu dessen Füßen die Melk und die Pielach in die Donau fließen. Eine wiederum ganz andere Landschaft bietet der sog. "Pfaffenwinkel" im bayerischen Oberland, wo das Kloster Benediktbeuern liegt. Auch die sonstigen Unterschiede in der Bauart und im Baustil liefern ein interessantes und fruchtbares Gesprächs- und Forschungsthema. Der Lehrer soll langatmige Ausführungen über Orden und Baustile vermeiden und es den Schülern selbst überlassen, zu entscheiden, ob und inwiefern sie Daten und Informationen zu den verschiedenen katholischen Orden (Franziskaner, Augustiner, Dominikaner, Jesuiten, Zisterzensier, Salesianer usw.) oder zur Architektur religiöser Bauten in Ost- und in Westeuropa in ihr Produkt, das sie am Ende vor der Gruppe/Klasse präsentieren, einarbeiten. Der Zweck einer solchen Projektarbeit ist doch der, daß die Schüler bei dieser Arbeitsform lernen, wie sie sich die nötigen Informationen und Kenntnisse selber erlesen können, wie sie ihre eigenen Recherchen durchführen müssen, wie sie am Ende das Wichtige und Brauchbare vom Unwichtigen und Überflüssigen unterscheiden, ihr Endprodukt zusammenstellen und wie sie dieses anschließend vor den Mitschülern präsentieren sollen. Das ist das Ziel, das man als Lehrer ständig vor Augen haben muß. Konkret kann die eine Gruppe dann mehr auf geschichtliche Ereignisse eingehen, die andere auf architektonische, die nächste wiederum kann ihren Schwerpunkt auf künstlerische Aspekte legen und den Unterschied zwischen barocken Bauelementen und moldauischen Wandmalereien hervorheben, womöglich die Präsentation mit Musikuntermalung gestalten ("Carmina Burana" bzw. alte rumänische Kirchenmusik). Auch rein touristische Aspekte können u.U. in den Vordergrund rücken. Eine andere Gruppe kann wiederum die Säkularisation durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 mit dem Sachverhalt in Rumänien zur Zeit der Ceausescu-Diktatur vergleichen, als viele Kirchen abgerissen und zahlreiche Klöster dem Verfall preisgegeben wurden. Welchen Weg man auch einschlägt, eins steht fest: Es kann keine Vollständigkeit der Informationen erreicht werden. Das soll aber den Wert einer landeskundlichen Projektarbeit keinesfalls schmälern. Man braucht den Mut zur Lücke, was nicht unbedingt mit Oberflächlichkeit gleichzusetzen ist.

Aus den bisherigen Ausführungen lassen sich folgende Schlußfolgerungen bezüglich der Rolle von Projektarbeit im Fremdsprachenunterricht ziehen:

© Ioan Lazarescu (Bukarest)

home.gif (2030 Byte)buinst.gif (1751 Byte)        Inhalt: Nr. 3


Anmerkungen:                                                                                                           Auswahlbibliographie

(1) S. etwa Tatsachen über Deutschland, Societäts-Verlag Frankfurt am Main, erw. und aktualisierte Neuausgabe 1995, Inszenierungen. Stichwörter zu Österreich (Hrsg. von S. Breuss, K. Liebhart, A. Pribersky, mit einem Vorwort von A. Pelinka), Sonderzahl Verlagsgesellschft, Wien 1995 und die auf der XI. Internationalen Deutschlehrertagung in Amsterdam (4.-9. August 1997) vorgestellte Materialsammlung zur Landeskunde Schweiz Schweiz in Sicht, hrsg. von der Koordinationskommission für die Präsenz der Schweiz im Ausland, Zollikofer, St. Gallen 1997.

(2) Etwa "Deutsche sind pünktlich und fleißig", "Schotten sind geizig", "Franzosen sind eingefleischte Liebhaber", "Polen sind Autoklauer" oder neuerdings "Rumänen knacken deutsche Banken" usw.

(3) R. Ehnert/ G. Wazel: Landeskunde. In: G. Henrici/C. Riemer (Hrsg.): Einführung in die Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache mit Videobeispielen. (Band 2). Baltmannsweiler: Schneider. Hohengehren 1994, S. 275;
s. dazu auch M. Gierlak/ Á. Magyar/ D. Meijer: Interkulturelle Landeskunde/Binnenkontrastivität/D-A-CH-Konzept. Empfehlungen für einen Rahmenentwurf: Landeskunde Curriculum. (Arbeitsfassung, maschinengeschr.), Vill 1995, S.2f.

(4) Die ABCD-Thesen wurden von einer Expertengruppe der damals vier deutschsprachigen Länder 1990 in verschiedenen Fachzeitschriften publiziert. (A stand wohl für Austria/Österreich, B für die Bundesrepublik Deutschland, C für Conföderatio Helvetica/Schweiz und D für die DDR.)

(5) S. auch die Internet Homepage "DACHL. Die etwas andere Landeskunde" (http://germ2.uibk.ac.at/dachl/)

(6) Werner Marx, zit. nach W. Hackl/ M. Langner/ H. Simon-Pelanda: Integrierende Landeskunde - ein (gar nicht so) neuer Begriff. D-A-CH-Konzept. (maschinengeschr.) o.J., S.4, Fußnote 9.

(7) W. Hackl/ M. Langner/ H. Simon-Pelanda: Integrierende Landeskunde - ein (gar nicht so) neuer Begriff. D-A-CH-Konzept. (maschinengeschr.) o.J., S.5.

(8) Leo Koch, zit. nach Hackl et al. (s. supra Fußnote 5).

(9) Autoren: Ida Alexandrescu, Ioan Lazarescu, Editura Didactica si Pedagogica, Bucuresti, 1995 u.f.


Auswahlbibliographie:

R. Ehnert/ G. Wazel: Landeskunde. In: G. Henrici/C. Riemer (Hrsg.): Einführung in die Didaktik des Unterrichts Deutsch als Fremdsprache mit Videobeispielen. (Band 2). Baltmannsweiler: Schneider. Hohengehren 1994, S.273-281.

M. Gierlak/ Á. Magyar/ D. Meijer: Interkulturelle Landeskunde/Binnenkontrastivität/D-A-CH-Konzept. Empfehlungen für einen Rahmenentwurf: Landeskunde Curriculum. (Arbeitsfassung, maschinengeschr.), Vill 1995, S.1-6.

W. Hackl/ M. Langner/ H. Simon-Pelanda: Integrierende Landeskunde - ein (gar nicht so) neuer Begriff. D-A-CH-Konzept. (maschinengeschr.), o.J., S.1-15.

W. Hackl/ H. Simon-Pelanda: D-A-CH. Zur Sprache und Kultur der deutschsprachigen Länder. In: G. Neuner (Hrsg.): Fremde Welt und eigene Wahrnehmung. Kasseler Werkstattbriefe zur Didaktik 'Deutsch-als-Fremdsprache', Heft 3, S.133-140.

Th. Ickler: Deutsch als Fremdsprache. Eine Einführung in das Studium. Tübingen: Niemeyer 1984

H.-J. Krumm: Unterrichtsprojekte - praktisches Lernen im Deutschunterricht. In: Fremdsprache Deutsch, 4/1991, S.4-8.

D. Penning: Landeskunde als Thema des Deutschunterrichts - fächerübergreifend und/oder fachspezifisch? In: Info DaF, 6/1995, S.626-640.

G. Schlemminger: Unterrichtsprojekte à la Freinet. Bericht aus einem französischen Klassenzimmer. In: Fremdsprache Deutsch, 4/1991, S.41-44.


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