Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 4. Nr. Juni 1998

Wissenschaftskommunikation und die Arbeitsstelle für österreichische Literatur und Kultur
Robert-Musil-Forschung im europäischen Kontext

Annette Daigger (Saarbrücken)
[BIO]

Die Bezeichnung ,,Arbeitsstelle für österreichische Literatur und Kultur - Robert Musil-Forschung" kommt Ihnen beim Lesen wahrscheinlich sehr umständlich vor. Aber wenn sie nun erfahren, daß wir die einzige Stelle an einer deutschen Universität sind, die sich ausdrücklich dazu bekennt, spezifisch die österreichische Literatur und Kultur zu bearbeiten und zu erforschen, können sie ahnen, daß dies nicht eine Selbstverständlichkeit ist. Wie oft hören und lesen wir von den deutschen Schriftstellern Thomas Bernhard, Ingeborg Bachmann, Peter Handke usw. Man braucht nur ein Lexikon der deutschen Literatur aufzuschlagen, um dies schwarz auf weiß zu sehen. Das Ausland dagegen, besser gesagt die Auslandsgermanistik, hat schon längst vor der Deutschen den Unterschied zwischen beiden Literaturen in ihren Kanon aufgenommen. In den U.S.A. und Frankreich kamen die ersten Impulse von den 1938 emigrierten jungen Österreichern, die in ihrer neuen Heimat Germanistikprofessoren wurden. Inzwischen aber drängt sich durch wiederholte Debatten über die Frage der Nation, die Wiedervereinigung Deutschlands und ein immer stärkeres Selbstbewußtsein der Österreicher gegenüber den Deutschen der Prozeß der Unterscheidung im universitären und literarischen Bereich stärker auf. Die Aussage von Rudolf Burger in Transit Heft 10, Herbst 1995, daß

"… jetzt, nach der Konsolidierung der deutschen Nation in Folge der Wiedervereinigung und nach der Integration Österreichs in die Europäische Union, welche die alte ,Anschlußfrage' zugleich bestätigt und widerlegt, die noch ältere Anschlußsehnsucht aber - und sie ist das eigentlich Verdrängte der österreichischen Geschichte! - auf höherer, europäischer Ebene befriedigt, hat die österreichische Nationsbildung einen entscheidenden Schritt nach vorwärts, zur Reifung und Normalisierung getan. Das Ausschluß-/Anschlußtrauma ist durch die Integration Österreichs in die Europäische Union aufgehoben im prägnanten Hegelschen Sinn. Der ,österreichische Weg', der, wie der deutsche, ein Sonderweg war, ist im wesentlichen zu Ende."

Diese politische Entwicklung überträgt sich auf die Ebene der Literatur. Je dezidierter man von einer österreichischen Literatur spricht, um so schwieriger ist es für die deutschen Literaturwissenschaftler und Kritiker, sich die österreichischen Schriften anzueignen. Die schweizerische Literatur kennt diese Sachlage schon über Jahrzehnte. Eine ähnliche Entwicklung fand in Frankreich vor 30 Jahren im Zuge der Dekolonialisierung statt. Außerhalb der französischen Grenzen spricht man nun in den Ländern, in denen Französisch noch Amtssprache ist, von einer frankophonen Literatur. Diese wird auch als solche in den Medien dargestellt (afrikanische, kanadische, karibische Literatur). Das heißt, man muß ein neues Bewußtsein bilden und gezielter die österreichische Literatur und Kultur vorstellen, nicht im Sinne einer Verteidigung ihrer Eigenarten, sondern um ihre Eigenständigkeit hervorzuheben, die sie innerhalb des deutschsprachigen Raumes inne hat. Ihre Vielseitigkeit bereichert die deutschsprachige Literatur. Dieser Prozeß ist im Zuge der Globalisierung von großer Wichtigkeit. Hier hat die Geisteswissenschaft und die Literatur besonders im Vergleich zu den Wirtschaftsströmungen eine Vorreiterrolle zu spielen, indem sie sich viel freier bewegt und nicht von wirtschaftlichen Abkommen und Interessen abhängt. Für beide sind die neuen Möglichkeiten der Kommunikation eine Bereicherung, indem sie einen Austausch ermöglichen, der nicht Gleichstellung bedeutet, sondern Erweiterung der eigenen Sphären.

Die Arbeitsstelle kann als Versuchslaboratorium gelten. Im nicht deutschsprachigen Ausland ist die Unterscheidung deutsche bzw. österreichische Literatur selbstverständlich. Dabei spielt die Kulturpolitik Österreichs eine wichtige Rolle (wie z.B. Errichtung von Österreich-Bibliotheken in den ehemaligen Gebieten der k.u.k. Monarchie in Rußland, der Ukraine, Bulgarien, Rumänien), ebenso die bewußte Unterstützung spezifisch österreichischer Veranstaltungen im Ausland, wie z.B. in Amerika. Ganz anders ist die Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland, die im Zuge der Einsparungspolitik die Mittel der Goethe-Institute kürzt und auch die Schließung bestimmter Institute im Ausland vorsieht, was in den jeweiligen Ländern auf Unverständnis stößt. Dies geschah in neuerer Zeit bei dem Vorhaben, das Goethe-Institut in Neapel zu schließen, das rückgängig gemacht wurde - ein Exempel dafür wie wichtig für das Ausland die kulturelle Präsenz eines Landes ist. Österreich betreibt in dieser Beziehung eine andere Politik. Es unterstützt gezielt Vorhaben, die die österreichische Literatur und Kultur als Schwerpunkt haben. Und wie sieht es in Deutschland aus? Dafür ist unsere Arbeitsstelle im universitären Bereich ein prägnantes Beispiel. Die Arbeitsstelle für österreichische Literatur und Kultur ist aus der Arbeitsstelle für Robert-Musil-Forschung hervorgegangen, die 1970 an der Universität des Saarlandes gegründet wurde. Obwohl Robert Musil mit dem Saarland zu Lebzeiten nie etwas zu tun hatte, entstand diese Arbeitsstelle hier, weil ihre Gründerin, Frau Professor Marie-Louise Roth, sich damals intensiv mit dem Werk Musils beschäftigte und durch persönliche Kontakte zu den Erben die Möglichkeit bekam, den Nachlaß Musils in Kopien zu bekommen und gezielt eine Forschung um diesen Autor betrieb. Die Aufgaben der Arbeitsstelle waren damals auf das Werk Musils und die Rezeption seiner Schriften bezogen. Es entstand eine gut ausgestattete Bibliothek mit Primär- und Sekundärwerken. Durch die Nachlaßkenntnisse konnte die Arbeitsstelle den Versuch unternehmen, Musils persönliche Bibliothek mit den Büchern, die er las, zu rekonstruieren. Das Jahr 1980 (100-jähriger Geburtstag Robert Musils) brachte zahlreiche Veranstaltungen zu Ehren des Schriftstellers. Die Arbeitsstelle organisierte in Zusammenarbeit mit der Internationalen Robert-Musil-Gesellschaft aus ihren Beständen Ausstellungen über Leben und Werk Musils, die von Vorträgen und Lesungen begleitet waren (Karlsruhe, Heidelberg, Bielefeld, Hamburg, Frankfurt usw.). Im Ausland würdigte z.B. Frankreich durch eine sehr gut gestaltete und präsentierte Ausstellung im Centre Pompidou, Paris, den Autor Robert Musil, der schon am Ende der 50er Jahre durch die hervorragende Übersetzung des Mann ohne Eigenschaften ins Französische von Philippe Jacottet zu einem der wichtigsten Autoren des XX. Jahrhunderts avanciert war. Persönliche Kontakte und Engagement trugen zu einem Netz von Ansprechpartnern innerhalb des Literaturbetriebs in Deutschland und im Ausland bei. Damals war schon auffallend, daß die Arbeitsstelle sich auch außerhalb des universitären Bereichs bewegte, was ihr viel an Kommunikationserfahrung brachte, da sie ein ganz anderes Publikum ansprechen mußte als das universitäre. Eine solche Politik der Außenwirkung, besonders, wenn sie sich um eine Schriftsteller bemüht, dessen Schriften als schwer lesbar und zugänglich bekannt sind, wirkt sich positiv aus. Vorurteile werden abgebaut und wir von der universitären Seiten haben gelernt, Literatur auch außerhalb unserer Wände zu vermitteln. Die Arbeitsstelle für Robert-Musil-Forschung erhielt 1983 durch die Schenkung einer Bibliothek (des literarischen Teils der Edith- und Julius-Overhoff-Bibliothek) einen neuen Impuls. Die Familie Overhoff gehörte schon 1934 der Wiener Musil-Gesellschaft an, die zu Lebzeiten Musil bei der Arbeit an der Vollendung seines Romans Der Mann ohne Eigenschaften monatlich unterstützte. Julius Overhoff, gebürtiger Wiener, lebte seit den 20er Jahren in Deutschland, war in der Wirtschaft tätig, zugleich aber auch Schriftsteller. Seine Witwe Edith vermachte uns im Geist der „verlorenen Bibliothek Musils" (Die Bibliothek Musils blieb in Wien als er mit seiner Frau 1938 in die Schweiz emigrierte und wurde am Ende des Krieges durch Bombardierung vernichtet) den literarischen Anteil ihrer Bibliothek, die dem Bild einer intellektuellen Bibliothek der damaligen Zeit entsprach. In diesen Jahren entstand auch die Bestrebung, die Kolloquien nicht nur um Musil zu organisieren, sondern mehr die österreichische Literatur hervorzuheben. Ausschlaggebend war wohl 1987 ein Kolloquium Die Übersetzung literarischer Texte am Beispiel Robert Musil im europäischen Übersetzer-Kollegium Straelen. Die Teilnehmer, die aus verschiedenen Ländern und Wissenschaftsdisziplinen kamen, gaben durch ihre Interventionen und die Teilnahme an der Diskussion ganz andere und konkrete Perspektiven für die Musil-Forschung. Die Übersetzer, die sich direkt mit dem Text auseinandersetzten und versuchten in ihrer Muttersprache die Denkungsart Musils wiederzugeben, stießen auf Probleme, die uns bis dahin nicht bewußt waren. Z.B. erklärte uns der Übersetzer ins Englische, Burton Pike, daß er für das Wort Geist mehrere Möglichkeiten im Englischen hatte, die jeweils etwas anderes bedeuteten (mind, intellect, spirit). Der Übersetzer ins Hebräische, Abraham Carmel, sprach von seinen Schwierigkeiten, da er sich einer Sprache bediente, die erst seit kurz entstanden war, natürlich aus dem alten Hebräischen, aber viele Wörter mußten neu gebildet werden. Neben diesen Praktikern waren Übersetzungstheoretiker, Komparatisten und Musilforscher anwesend. Die Kommunikation, die aus gegenseitigem fruchtbarem Austausch entstanden war und die verschiedensten Kultursphären in Berührung brachte, veranlaßte uns, nun die Themen unserer Kolloquien zu erweitern: 1988, Wesen und Eigenart der österreichischen Literatur; 1990, Die Rezeption der modernen österreichischen Literatur im Ausland; 1991, Jura Soyfer, Europa, multikulturelle Existenz; 1993, Österreichische Kulturwochen in Saarbrücken (Lesungen von Peter Turrini, Gerhard Amanshauser, Robert Menasse, Filmvorstellung „Die Zeit danach" von Jürgen Kaizik, Bücherschau aus dem Programm österreichischer Verlage und ein literarisches Caféhaus - Texte, Sketche und Szenen; 1995, Österreich in Saarbrücken - Literarisch kultureller Herbst (Podiumsdiskussion: I.O.A.E.U. Ist Österreich allen Ernstes unersetzlich...? mit Pierre Béhar, Marianne Gruber, Heinz Lunzer, Robert Menasse, Günther Nenning; Lesungen von Robert Menasse, Norbert Gstrein, Ulrike Längle, Andreas Renoldner, Franz-Josef Czernin, Matthias Mander, Renate Welsh, Barbara Neuwirth, Sylvia Treudl und eine Photoausstellung von Erich Lessing); 1996, Ingeborg Bachmann 1926-1973; 1997, Österreichische Literatur nach 1945. Die 40er und 50er Jahre. Es wurden aber weiterhin Kolloquien über Robert Musil gehalten: 1992 in Genf anläßlich des 50. Todestages Musils, 1994, Robert Musil, unser Zeitgenosse „Junge Musil-Forschung" und 1996, Literatur im Kontext Robert Musil.

Die Beschäftigung mit Fragen der österreichischen Literatur setzten wir 1991 konkret um, indem wir unser Forschungsgebiet auf die gesamte österreichische Literatur ausdehnten. Ab dem Jahr 1991 nannten wir uns offiziell ,,Arbeitsstelle für österreichische Literatur und Kultur (AFÖLK)". Mit dieser Erweiterung wuchsen auch unsere Aufgaben innerhalb wie außerhalb der Universität. Innerhalb der Universität wurden gezielt österreichische Schriftsteller Vorlesungsthema und dank Schenkungen seitens der Republik und der Länder Österreichs vergrößerte sich die Bibliothek. Für diese verschiedenen Gaben sowie das Zustandekommen der Veranstaltungen setzte sich die österreichische Kulturrätin in Bonn, Frau Dr. Christa Sauer, mit großem Engagement ein, denn es war ursprünglich in den österreichischen Ministerien keine Selbstverständlichkeit, der reichen Bundesrepublik Bücher und finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Aber man verstand auch die Bedeutung eines solchen Vorhabens, um Zeichen zu setzen. 1995 wurde Österreich Schwerpunkt der Frankfurter Buchmesse. In diesem Zusammenhang erfolgte eine Festigung der Position der Arbeitsstelle als Vertreterin der österreichischen Literatur und Kultur in der Bundesrepublik durch die Schenkung der im österreichischen Pavillon ausgestellten Bücher. Denn durch diese Gabe wurden die Position und der Einsatz der AFÖLK gewürdigt. Dem ging eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit mit der Stadt Saarbrücken und dem Land voraus, um sie für die Belange der AFÖLK zu sensibilisieren, deswegen waren die schon genannten Symposien über österreichische Themen, Lesungen bekannter und unbekannter österreichischer Schriftsteller, österreichische Literaturwochen und eine Bücherausstellung überaus wichtig. Sie werden sagen, im Ausland sei so etwas selbstverständlich, aber man darf nicht vergessen, daß für viele deutsche Bürger der Unterschied zwischen einem österreichischen oder deutschen Schriftsteller irrelevant ist, denn für ihn gehören sie einfach zur deutschen Literatur. Da wir uns auch außerhalb der Universität einsetzen wollten, kam uns eine Zusammenarbeit mit der Volkshochschule des Stadtverbandes Saarbrücken und dem saarländischen Rundfunk sehr entgegen. Das angesprochene Publikum wuchs durch die Ausweitung der Kommunikationsmöglichkeiten. Darüber hinaus hatte die VHS Saarbrücken vor der Wende große Erfahrung mit der Literatur der DDR gemacht (jährlich fand eine umfangreiche Buchpräsentation der DDR statt). Welche Erkenntnisse zogen wir aus diesen Veranstaltungen? Je mehr man verschiedene Institutionen mit einbezieht (VHS, Künstlerhaus der Stadt, Rundfunk), umso mehr erreicht man ein Publikum, das durch eine gewisse Hemmschwelle sicher von der Universität aus nicht hätte angesprochen werden können. Je mehr verschiedene Kultureinrichtungen mitwirken, umso mehr kann man eine sehr differenzierte Resonanz erhoffen. Der wachsende Bekanntheitsgrad führt dazu, daß wir immer mehr Anfragen bekammen- in erster Linie literarische aber auch historische, landeskundliche und von Studenten, die in Österreich studieren möchten. Aber wie es heutzutage üblich ist, die niedrige Personalbesetzung macht sich noch stärker bemerkbar im Zuge der neuen Kommunikationsmittel via Datenbank und Internet. Die Anfragen steigen und die zur Verfügung stehende Zeit wird immer geringer. Durch die neuen Medien stellen wir fest, daß ein System entsteht, das den Dialog weltweit ermöglicht. Als Beispiele für uns: wir haben über Internet erfahren, daß in Amerika ein Musil-Institut existieren würde. Da wir uns bis dato in Sachen Musil bestens informiert glaubten, war die Überraschung zunächst groß. Wir nahmen Kontakt über die elektronische Post auf, und es ergab sich folgendes: Tatsächlich hatte ein amerikanischer Bürger aus Liebe zu Robert Musil auf Internet eine ,,Page" eröffnet, um einen Interessentenkreis zu bilden, in dem sowohl künstlerische, philosophische als auch literarische Fragen debattiert werden sollten. Die Literaturwissenschaft, die sich nun in die neue Medienlandschaft integriert, steht vor ganz neuen Aufgaben. Wir Wissenschaftler sind als erste damit konfrontiert und herausgefordert. Eine weltweite Kommunikation ist im Entstehen, wo gezielte Fragen auf Antwort warten. Was können wir anbieten, was wird von uns erwartet? Welches Publikum ist angesprochen? Werden diese neuen Kommunikationsformen alle Erwartungen erfüllen, die sie versprechen? Zusätzlich haben wir auch ein Generationsproblem: Die ältere Generation, noch ganz in der alten philologischen Tradition eingebettet, muß sich erst damit anfreunden, diese neuen Kommunikationsmittel einzusetzen und sie als neue Dialog- und Recherchemöglichkeiten zu benützen. Die AFÖLK ist seit einem Jahr im Internet mit Informationen über österreichische Literatur und Kultur und der Vorstellung der Internationalen Robert-Musil-Gesellschaft. Wie waren die ersten Ergebnisse? Viele Anfragen über verschiedene zeitgenössische österreichische Schriftsteller, wissenschaftliche Fragen und auch Anfragen nach der Möglichkeit, in der Arbeitsstelle zu forschen. So haben wir in diesem Sommer eine japanische Dozentin aus Sapporo, Frau Horita, als Gast empfangen, die eine größere Arbeit über Musil schreiben möchte und von unserer Existenz via Internet erfahren hat. Über sie wurde uns bekannt, daß in Japan ein berühmter zeitgenössischer Schriftsteller und Übersetzer, Yoshikichi Furui, sich von Musil in seinem Stil inspirieren ließ. Er hat Die Vereinigungen von Robert Musil ins Japanische übersetzt. Und wie Frau Horita schrieb, ist er avantgardistisch an den Text herangegangen und versucht, altjapanische Wörter in den Text einzubeziehen und sie wieder zu beleben, weil viele dieser Wörter ,,sowohl sinnlich wie abstrakt sind". Diese Informationen kamen innerhalb eines Tages via E-Mail. Die Kontakte erweisen sich hier auf beiden Seiten als sehr fruchtbar. Diese neuen Strukturen, die sich langsam erst entwickeln, eröffnen ganz neue Möglichkeiten auf dem Gebiet der literarisch-wissenschaftlichen Forschung. Es stellt sich nun die Frage, welche Informationen werden erwartet, wie arbeitet man mit geringer personeller Besetzung am effizientesten? Wie geht man vor? Wie können die vielfältigen Informationen eingearbeitet werden? Wie öffnet man sich den verschiedenen kulturellen Ansätzen, die aus den verschiedenen Erdteilen kommen? Z.B. der Fall Robert Musil. Es ist interessant, wie verschiedenartig sein Werk rezepiert wird: In Frankreich wird vor allem die essayistische Form des unvollendeten Romans in den Vordergrund gestellt, in Italien ist die philosophische Aussage der Texte von großer Wichtigkeit, in Japan die ästhetisch-utopische. Man interpretiert zuerst, was man aus seinem eigenen Kulturbereich mit einbringt. Können aus diesen neuen Kommunikationsstrukturen fruchtbare Dialoge entstehen? Was erwarten wir von diesen neuen Kommunikationsmöglichkeiten? Wird der Mensch immer Herr seiner Errungenschaften bleiben? Wir erleben heutzutage in der Expansion des Internets, da es noch keine rechtlichen und ethischen Richtlinien gibt, Fälle von verheerenden Ausschreitungen. Aber zurück zur Literatur! In der Arbeitsstelle wird nun versucht, aufbauend auf unseren langjährigen Erfahrungen in Lehre und Forschung, Öffentlichkeitsarbeit in Form von Symposien, Lesungen und Ausstellungen, die neuen Kommunikationsstrukturen zu integrieren. Durch unsere geographische Position zwischen zwei verschiedenen sprachlichen und kulturellen Bereichen, an der Peripherie Frankreichs und Deutschlands, sind wir besonders empfänglich für mehrsprachige und multikulturelle Erfahrungswerte. Weiterhin bietet unsere Einbindung in eine universitäre Einrichtung die besten Voraussetzungen für den Anschluß an die neuen Kommunikationsmittel. Die Universität des Saarlandes genießt auf dem Gebiet der Informatik einen hervorragenden Ruf, und natürlich profitieren wir direkt davon. Die Entwicklung unserer Arbeitsstelle geschah immer im Rahmen der Universität, und es hat sich gezeigt, und es zeigt sich noch heute, wie wichtig die Zusammenarbeit von verschiedenen Disziplinen ist. Eine gegenseitige Bereicherung ist die Folge. Als reiner Literaturbetrieb wissen wir, daß wir in dieser neuen Medienlandschaft mitwirken sollen, und daß unsere langjährige Zusammenarbeit mit Institutionen außerhalb der Universität weiterhin eine unserer wichtigsten Aufgaben sein wird.

© Annette Daigger (Saarbrücken)

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