Buchreihen des INST

TRANS-Studien zur Veränderung der Welt

 

Institut zur Erforschung und Förderung österreichischer und internationaler Literaturprozesse

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Band 6

VUNW
Virtualität und neue Wissensstrukturen
Virtuality and new Knowledge Structures
Virtualité et nouvelles structures du savoir

IRICS
Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften
Innovations and Reproductions in Cultures and Societies
Innovations et reproductions dans les cultures et les sociétés


VORWORT

Mit dieser Publikation (Buch, CD, DVD) werden die Ergebnisse des Projektes zu Virtualität und neuen Wissensstrukturen vorgestellt, das eine transdisziplinäre, grenzüberschreitende Analyse wesentlicher heutiger gesellschaftlicher Prozesse versucht. Das Projekt, das 2004 bis 2006 erarbeitet wurde und 2006/2007 in über 40 Ländern vorgestellt werden wird, will ein Beitrag zur "Globalisierung mit humanem Gesicht" (UNESCO) sein.

Im Zentrum der Analyse stehen die Transformationen von Agrar- und Industriegesellschaften zu Wissensgesellschaften. Ausgangspunkt und wesentlicher Adressat ist Centrope, ein Zusammenschluss von Regionen im Zentrum Europas. Partner waren und sind das INST sowie die Westungarische Universität in Győr (Apáczai Csere János Fakultät). Der Kontext sind die Veränderungen seit 1989 sowie eine "Globalisierung", die aus Virtualitäten und Realitäten besteht (darunter - als eine "andere Globalisierung" - die IRICS-Konferenz des INST mit 5.200 TeilnehmerInnen aus über 80 Ländern).

Bereits 1945 hat die UNESCO in ihrer "Constitution of the United Nations Educational, Scientific and Cultural Organziation" erklärt, welche grundlegende Bedeutung die Virtualität (minds of men) hat. In diesem Band wird übereinstimmend von den VertreterInnen der Internationalen Organisationen, aber auch dem Präsidenten der Republik Österreich sowie wichtigen Repräsentanten von Centrope hervorgehoben, dass die Virtualität das zentrale Element heutiger gesellschaftlicher Entwicklungen ist. In diesem Zusammenhang betont Generaldirektor Matsuura (UNESCO) die Probleme, die mit der Globalisierung verbunden sind, aber auch die großen Chancen, wenn sie integrativ gestaltet und zum Nutzen aller realisiert wird. Generalsekretär Davis (Europarat) unterstreicht im Kontext der Veränderungen die Partizipation der BürgerInnen. EU-Kommissar Figél hebt die Bedeutung der Vielsprachigkeit hervor. Und Bundespräsident Fischer spricht von der Bedeutung der Demokratisierung der Wissensprozesse.

Ein zentrales Ergebnis des Projektes ist die Bedeutung der Sprachen (als prägender Teil der Virtualität), der Art ihrer Verbreitung (Abschriften, Buchdruck, Massenmedien, Internet etc.), der Zugänge (Bildung, Entwicklung gesellschaftlicher Institutionen wie Universitäten, Museen, Vereinen etc.), der neuen Formen der (gesellschaftlichen) Vorstellungsbildung (z.B. öffentliche Strategie-Entwicklungen für Wien, Gyõr, Niederösterreich) für gesellschaftliche Entwicklungen und die Bedeutung des Tourismus als weltweit größter und dynamischer Sektor für die Förderung der Vielsprachigkeit und (kulturelle) Regionalität. Die Bedeutung der Sprachen für die Wissensrevolutionen der Menschheit liegt daher keineswegs in den Zeichen, Regeln etc. an sich. Vielmehr erlangen sie dadurch eine überragende Bedeutung, daß sie interpretiert, schriftlich fixierte Aussagen kritisiert werden können und die zentrale Grundlage für individuelles und gesellschaftliches Handeln bieten. Oder anders gesagt: die Unfähigkeit, sich der Zeichen, Sprachen, Bilder etc. als Handlungsgrundlage zu bedienen, bedeutet einen (weitgehenden) Ausschluss aus der Gesellschaft. Auch in Centrope ist der funktionale Analphabetismus die schwerwiegendste Ursache für Massenarbeitslosigkeit (neben Sozialkonflikten und falschen Förderstrategien). Für viele Länder dieser Welt bedeutet der (funktionale) Analphabetismus bittere Armut. Und die Zurückdrängung gesellschaftlicher Kritik ist in diesem Kontext gleichbedeutend mit einer (relativen) Verarmung einer Gesellschaft.

Das INST hat die Transformationen, die qualitativ neue Bedeutung der Virtualitäten in mehreren Projektteilen analysiert: im VUNW-Projekt selbst, das von der EU (EFRE-Fonds), der Magistratsabteilung 27 (EU-Strategie und Wirtschaftsentwicklung) sowie der Magistratsabteilung 7 (Referat für Wissenschafts- und Forschungsförderung) dankenswerterweise unterstützt wurde (siehe dazu auch Seite 19/20), im Rahmen des IRICS-Projektes, das einerseits als VUNW-Input diente (Beiträge zur Konferenz, die ausgewertet wurden, womit Synergie in neuer Form möglich wurde), andererseits als Konferenz 5.200 TeilnehmerInnen aus über 80 Länder zu einem Polylog in einem Plenum sowie in 66 Arbeitsgruppen versammelte (Organisation, Förderungen etc. siehe S. 21/22), und einem kleinen Symposion in Reichenau an der Rax im Dezember 2005, das sich mit Fragen der Verhältnisse von regionalen und transnationalen Wissensproduktionen auseinandersetzte und von der Niederösterreichischen Landesregierung ermöglicht wurde. Zwischenergebnisse des VUNW-Projektes wurden im Rahmen der IRICS-Konferenz in Wien und der Konferenz in Reichenau an der Rax in Referaten und mit einer Ausstellung vorgestellt und waren auch via WWW verbreitet worden.

Im Zentrum der IRICS-Konferenz standen die zentralen Formen der Konstituierung von Virtualitäten - Innovationen und Reproduktionen. 84 SektionsleiterInnen hatten 66 Arbeitsgruppen organisiert, die Texte gesammelt und ediert und Hunderte hatten geholfen, um diesen Polylog und seine Dokumentation und Auswertung möglich zu machen. Die Kurzbiographien der Beteiligten wurden (soweit zur Verfügung gestellt) im WWW publiziert: http://www.inst.at/deutsch/bio.htm

Ein wesentlicher Punkt war daher auch die Frage der Subjektmöglichkeiten in transnationalen Prozessen. Das INST als offene Plattform mit Tausenden Beteiligten diente zu Versuchen mit Wirkungsformen, aber auch beispielhaft als Gegenstand der Analyse von Möglichkeiten und Problemen der Wissensproduktion im Kontext des reichen Wissenschaftsleben der Stadt Wien (siehe auch Wissenschaftsbericht der Stadt Wien 2005), dem Beitrag der Wissenschaften in Győr (sowohl im Bereich der Auto-Industrie als auch im Bereich der Virtualitäten, die für die Partner von der Westungarischen Universität wichtig waren), aber auch im Burgenland, in Niederösterreich, in Tschechien, der Slowakei.

Auf der Basis der Ergebnisse, die sowohl in diesem Buch in ihrer Komplexität dargestellt werden als auch im WWW aufbereitet wurden [www.inst.at/vunw] werden Veränderungen angestrebt: im Polylog mit UNESCO, Europarat, EU, Nationalstaaten, Regionen (vor allem auch im Rahmen der INST-Konferenz "Wissen, Kreativität und gesellschaftliche Transformationen [www.inst.at/kctos] vom 6. bis 9. Dezember 2007 in Wien), im Rahmen von Interreg IV (Centrope: Virtualitäten, Wissensgesellschaften, Arbeitsplätze), aber auch mit Projekten zu Bergen, Landwirtschaft und Industrie im Kontext der sich entwickelnden Wissensgesellschaften.

Notwendig verbleibt die Verbesserungen der Rahmenbedingungen, die sich in den letzten Jahren - darunter aufgrund der zunehmenden Kriegspolitik - für die Entwicklung von Wissensgesellschaften drastisch verschlechtert haben. Die Strategie, Literatur-, Sprach- und (im weitesten Sinne) Interpretationsfächer an den Rand zu drängen, die Geisteswissenschaften (wie in Deutschland) in alter Gestalt zu revitalisieren, keine bzw. eine marginale transnationale Kulturpolitik zu entwickeln, Künste, Wissenschaften und Forschungen zu "steuern", anstatt in aller Öffentlichkeit zu ermöglichen, sind einige der grundlegenden Fehlentscheidungen der letzten Jahre, denen aber auch neue Möglichkeiten und Rahmenbedingungen gegenüberstehen, die es zu nutzen gilt.

                                  September 2006 .... .... .... .... .... ....
                                  Der INST-Vorstand .... .... .... .... .... ....
                                  http://www.inst.at/gremien/index.htm

 


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