ABSTRACT:
Mit der Verbreitung der Internet-Technologie haben sich neue Kunstformen entwickelt. Eine bisher wenig beachtete Form von Medienkunst ist die Internet-Literatur, die mit neuen narrativen Techniken experimentiert. Es ist eine polydimensionale Erzählkunst, die über sehr viel mehr Ausdrucksmittel verfügt als die "Papierliteratur" und deshalb eine radikale Erweiterung des linguistischen Textbegriffes erfordert: Sprache, Sound, Graphik, Programmierung, Design und vor allem das Zusammenspiel dieser Komponenten konstituieren den Text.
Internet-Literatur löst lineare Erzählstrukturen auf und verändert die Rolle von AutorIn und LeserIn; sie realisiert neue Erzähl-Formen und -Funktionen. Die Narration erfolgt auf mehreren Ebenen zugleich. Literatur wird zum nicht-linearen Kunstwerk und die LeserInnen zu Kunst-BetrachterInnen. Internet-Literatur verlangt aktive RezipientInnen, die selbst Zusammenhänge herstellen und daraus ihren eigenen Text schaffen. Ideale LeserInnen erkennen aber auch die in den Internet-Literatur-Projekten verwendeten Kohäsionsmittel, die ihnen Hinweise für das Erkennen der von den AutorInnen intendierten Kohärenz geben. Polydimensionales Erzählen verlangt nach seinem Gegenstück: dem polydimensionalen Lesen.
Die neuen Formen der Narration werden im Vortrag anhand von Ausschnitten aktueller Internet-Literatur vorgestellt und diskutiert.
Literatur
Endres, B.O. (1998). Thesen zur Konstruktion und Rezeption von Internet-Literatur. Pfade durch virtuelle Welten. In: Wiener Zeitung, EXTRA, 18. September, S. 12.
Endres, B.O. (2004). Ist Hypertext Text? In: Ulla Kleinberger Günther & Franc Wagner (Hg.), Neue Medien - Neue Kompetenzen? Bonner Beiträge zur Medienwissenschaft, Lang Verlag, Frankfurt a.M., S. 33-48.
Endres, B.O. (2005). Dissonanzen. Eine neue Form der Netzliteratur.
[URL: http://www.odile-endres.de/inter/theorie_dissonanzen.htm]