Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften (IRICS) Wien, 9. bis 11. Dezember 2005

 
<< Liebe in der Dichtung

Macht unterliegt Liebe
Vater-Tochter- Beziehung in Lion Feuchtwangers Roman "Jefta und seine Tochter"

Yücel Güngörmüs (Ege Universität)

 

ABSTRACT:

Lion Feuchtwanger(1884-1958), der im Exil auf der Flucht vor dem Faschismus in Deutschland in die Vereinigten Staaten auswanderte und dort verstorben ist, zählt zu den berühmtesten Autoren des historischen Romans. Der Dichter, der lange in Vergessenheit geriet und erst in den siebziger und achtziger Jahren wiederentdeckt worden ist, erfreute sich in der ehemaligen DDR groβer Popularität, wurde jedoch im Westen wegen seiner linksgerichteten politischen Anschauung gemieden. Auch aus diesem Grund ist ihm die amerikanische Staatsbürgerschaft bis zu seinem Tode versagt geblieben.

Lion Feuchtwangers Roman "Jefta und seine Tochter"(1957) ist eines seiner Alterswerke, das hinter anderen Erfolgsromanen, wie "Jud Jüβ" (1925), "Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz" (1930), "Die Jüdin von Toledo" (1954) u.a. die hier nicht genannt werden können, im Schatten blieb und auβer einigen Veröffentlichungen wenig von wissenschafticher Seite beachtet wurde.

Lion Feuchtwanger hat sich in seinem historischen Roman "Jefta und seine Tochter" mit dem Judentum auseinandergesetzt und eine Macht- Liebe -Konfrontation geschildert. Jeftas Werdegang, dem er im Buch der Richter (Ri 11,30-40) begegnete, hat ihn seit Kindesalter, als er den Text vom Hebräischen ins Deutschen übersetzen muβte, nicht mehr losgelassen. Obwohl ihn Jefta Jahre lang beschäftigte, brauchte er lange Zeit bis er den Roman niederschreiben konnte. Hier versucht er anhand Jeftas Entwicklung vom "Bastard" zum "Stammesrichter" den Machtmenschen darzustellen, der an seinem blinden Erfolg zerbricht. Laut Frank Dietschreit zeigt dieses Werk den Schritt zwischen "Barbarei und Kultur"(1) und das Opfer Jeftas ist ein "Garant des Fortschritts, denn durch seine Handlungen werden die zerstrittenen hebräischen Stämme"(2) vereint. Anhand der Hauptfigur zeigt der Dichter, wie ein Mensch auf dem Höhepunkt seiner Wünsche, das Liebste, was er besitzt, opfert und so seine Liebe der Macht unterordnet. Doch indem er seine Liebe der Macht opfert, ist er der Besiegte, der an seiner Macht zugrunde geht. In der Sektion "Liebe in der Dichtung" wird das Thema der Vater-Tochter- Liebe ausführlicher behandelt werden. Es wird versucht werden die Beziehung "göttliche Macht besiegt menschliche Liebe" mit der "politischen Macht besiegt göttliche Liebe" zu erläutern.


(1) Frank Dietschreit, Lion Feuchtwanger, Stuttgart 1988, S.146

(2) A.a.O.:S.146


Innovations and Reproductions in Cultures and Societies
(IRICS) Vienna, 9. - 11. december 2005

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