Die Nordmährische Stadt Ostrava / Mährisch Ostrau wurde seit dem 19. Jahrhundert intensiv industrialisiert, in der Ersten Tschechoslowakischen Republik (1919 - 1939) gehörte sie zu den reichsten Städten des neuen tschechoslowakischen Staates. Im Jahre 1930 lebten in der Stadt Ostrava 125.000 und im Ballungsraum 220.000 Einwohner.
Es lebte hier eine tschechisch-slowakisch-, polnisch- und deutschsprachige Bevölkerung, die meisten Juden betrachteten Deutsch als ihre Muttersprache.
Jede Nationalität hatte in der Stadt ein eigenes gesellschaftliches Haus - die Tschechen das "Národní dům ", 1894 erbaut, die Deutschen seit 1894 das "Deutsche Haus" und die Polen das "Dom Polski", 1900 gegründet.
Jede Nationalität hatte auch eine eigene Presse. In den Dreißiger Jahren wurden in Mährisch-Ostrau neben vielen Zeitschriften und anderen Periodika elf tschechische, eine polnische und drei deutsche Tageszeitungen herausgegeben. Als Beispiel kann man festhalten, dass in der deutschen Sprache in der Zwischenkriegszeit fast 60 verschiedene Presseerzeugnisse erschienen.
Auf allen Gebieten der Kultur merkte man Toleranz und gute Zusammenarbeit, besonders auf dem Gebiet der Theaterkunst. In den dreißiger Jahren wurde der "Club tschechischer und deutschsprachiger Bühnenkünstler" gegründet; die Mitglieder waren Schauspieler und Regisseure des Deutschen und des Mährisch-Schlesischen Theaters in Mährisch Ostrau. Es herrschte zwischen den beiden Theatertruppen bestes kollegiales Einvernehmen. Viele der Schauspieler waren zweisprachig und spielten in beiden Theatern.
In Mährisch-Ostrau lebten und wirkten interessante Schriftsteller, die Deutsche Maria Stona, der deutsch-jüdische Schriftsteller und Journalist Josef Wechsberg, der tschechische Schriftsteller Vojtěch Martínek und viele andere. Sie arrangierten viele Vorlesungen und Rundfunksendungen. Manche gemeinsame Kulturprogramme (wie z. B. die zweisprachige Theatervorstellung "Der Tscheche und der Deutsche") waren sehr beliebt.
Die nationale Konkurrenz und die exzellente Zusammenarbeit wirkten sich niveausteigernd auf die Kultur der ganzen Region aus. Die politischen und Kriegswirren unterbrachen diese kulturelle Symbiose.