ABSTRACT:
Die Familie hat sich als Gegenstand der Forschung in den vergangenen vier Jahrzehnten etabliert, und gerade in den letzten Jahren steht sie im Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Aber nicht nur diskursive Texte befassen sich mit dem Thema der Familie, die emotionalisierte Familie ist seit ihrer Entstehung im 18. Jahrhundert ein beliebtes Thema auch für dramatische Auseinandersetzung. Das Interesse an der dramatischen Gestaltung der Familienthematik hat besonders die Autoren des bürgerlichen Trauerspiels im 18. Jahrhundert zur Produktion von Familiendramen herausgefordert.
Im Referat sollen fünf Dramen aus dem 19. und 20. Jahrhundert untersucht werden, die in der Tradition des bürgerlichen Trauerspiels stehen, indem sie auf dessen Motive Bezug nehmen. Die zu untersuchenden Dramen greifen die gleiche Thematik auf, und zwar den schon für das frühe bürgerliche Trauerspiel zentralen Vater-Tochter-Konflikt: das bürgerliche Trauerspiel Maria Magdalena (1846) von Friedrich Hebbel, das naturalistische Drama Rose Bernd (1903) von Gerhart Hauptmann, das Volksstück Magdalena (1912) von Ludwig Thoma, die Komödie Maria Magdalena (1972) von Franz Xaver Kroetz und das moderne Volksstück Wildwechsel (1968) vom selben Autor. Das Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Bearbeitung der Thematik des Vater-Tochter-Konflikts in den oben genannten Dramen, die verschiedenen Gattungen zugehören. Es stellt sich die Frage, warum der Vater-Tochter-Konflikt im bürgerlichen Trauerspiel als zentrales Thema erscheint; wie diese Thematik von Hebbel, Hauptmann und Thoma bearbeitet wird; und welche strukturelle, thematische Elemente und Darstellungsmittel Kroetz in den zwei Dramen Maria Magdalena und Wildwechsel von den früheren Dramen aufgreift, neu einsetzt und so für die jeweiligen dramaturgischen Zwecke nutzbar macht. |