Die Beobachtung der aktuellen Innovationsdebatten zeigt, dass diese im Wesentlichen auf die ökonomische Effizienz technischer Artefakte beschränkt ist. Dieser bias fixiert den Begriff der Innovation in einer Weise, dass dieser nur noch als Symbol marktgerechter Differenzmarkierung dient und insofern austauschbar wird. Technik und ökonomische Effizienz gelten in den entsprechenden Debatten als Motor gesellschaftlichen Wandels, der mit der allenthalben eingeforderten Reform des sozialen Staatswesens beschworen wird. Die Öffnung des Innovationsbegriffs durch dessen Einbettung in ein evolutionäres Wandlungskonzept macht hingegen fruchtbare Analysen möglich, die die Relevanz von Innovationsbeobachtungen für jegliche gesellschaftliche Bereiche deutliche macht, womit auch an eine spezifisch sozialwissenschaftliche Tradition des Innovationsbegriffes angeknüpft werden soll (siehe nur Oggburn 1933, 1969, Zapf 1989, Gillwald 2000).
Seit Lebensmittelskandalen wie BSE ist Ernährung nicht mehr selbstverständlich das, was schmeckt und gut aussieht. Spätestens mit der Aufgabenerweiterung des deutschen Landwirtschaftsministeriums um den Verbraucherschutz, wurde die Qualität der Ernährung Staatsaufgabe. Damit konnte sich eine Codierung von Ernährung durchsetzen, mit der gutes von schlechtem Essen unterschieden werden kann. Die Güte des Essen orientiert sich dabei zunächst auf die Auswirkung auf die Folgen für die Gesundheit und auch an den Herstellungsbedingungen der Lebensmittel. Mithin ist damit die Frage nach der Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion und -konsumtion gefragt, die längst nicht mehr nur Öko-Hartliner interessiert.
Lebensmittel in zertifizierter Öko-Qualität sind heute Produkte, deren Marktrelevanz immer noch zunimmt, wie nicht zuletzt die Einrichtung von Bio-Supermarktketten und ökologischer Eigenmarken der führenden Lebensmitteldistributoren zeigt. Wird diese Entwicklung scharf beobachtet, fällt daneben die Vernachlässigung des für die Ernährung wichtigen Bereichs der Außer-Haus-Verpflegung auf.
Anhand einer empirischen Untersuchung der Möglichkeiten alternativer, ökologischer Ernährungskonzepte und deren Folgen zeigt sich, dass diese Analyse nur unter der Perspektive der folgenreichen Strukturänderungen, d. h. Innovation in Organisationen adäquat zu erfassen ist. Um so erstaunlicher ist, dass sowohl die inzwischen partiell miteinander verwobenen Debatten um Nachhaltigkeit und Ernährung unter der Perspektive von Innovation nicht auftauchen. Ernährung als ein hochrelevantes gesellschaftliches Thema wird hier ignoriert, was seine Ursache in den typischen Verkürzungen des Innovationsbegriffes hat. Umso mehr muss dieser Begriff in seiner umfassenderen Bedeutung und in den alltäglichen Debatten etabliert werden.