Der Vortrag geht davon aus, dass die soziologische und literarische Figur des Schelmes gleichzeitig mit einem Modernisierungsschub, der auch ein Europäisierungsschub war, entstanden ist. Als Produkt der Modernisierung versucht er, die Spielregeln und die Zwänge der rationellen Lebensführung zu unterlaufen. Die Europäisierung erscheint bei ihm - und er empfindet, verinnerlicht und legitimiert sie - als eine Art Travestie. Die rationelle Lebensführung wird von ihm letzten Endes als dumm und beengend empfunden und in einer karnevalistischen Verkehrung aufgehoben. Diese Phänomenologie des Schelmes will einen Beitrag zum Verständnis der Missverständnisse des Europäisierungsprozesses leisten.