Dass Mehrsprachigkeit eine spezifische Kreativität in Denken und
Schreiben mit sich bringt, hat uns die deutschsprachige Literatur des
20.Jahrhunderts hinlänglich bewiesen. Wir denken dabei oft an jüdische
Migranten oder an SchriftstellerInnen, die aus politisch-historischen
Gründen in mehrsprachigen Kontexten lebten. Ein Paradebeispiel
ist wohl Elias Canetti, der seine Sprachsozialisation und seine literarische
Tätigkeit selbst mehrmals in einen kausalen Zusammenhang bringt.
Zwar wurde aus literaturwissenschaftlicher Hinsicht dieses Phänomen
bisweilen betrachtet, nicht aber so sehr aus linguistischer Sicht. Dies
- linguistisch haltbar zu machende Voraussetzungen für eine mit
Mehrsprachigkeit in Zusammenhang stehende literarische Kreativität
- festzumachen, soll im Rahmen dieser Sektion versucht werden und zwar
am Beispiel einer Gruppe von AutorInnen, die seit zwei Jahrzehnten die
deutschsprachige Literaturproduktion beflügelt und deren literarische
Produktion nicht unbedingt unter der Bezeichnung „Migrantenliteratur“
subsumiert werden kann. Es fragt sich, ob man von einer „Adelbert-von-Chamisso-Gruppe“
sprechen könnte, denn viele dieser AutorInnen haben diesen Literaturpreis
(oder den gleichnamigen Förderpreis), der jährlich für
die beste Literatur von AutorInnen mit nicht-deutscher Muttersprache
vergeben wird, gewonnen.