Patron: President of Austria, Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Knowledge, Creativity and
Transformations of Societies

Vienna, 6 to 9 December 2007

<<< Roman und Erkenntnis

 

Metafiktionalität in Thomas Manns Doktor Faustus

Jürgen Heizmann (Université de Montréal) [BIO]

Email: jurgen.heizmann@umontreal.ca

 


 

ABSTRACT:

„Standort des Erzählers im zeitgenössischen Roman”: nicht zufällig trägt Adornos knappe, aber grundlegende Auseinandersetzung mit den modernen Formen der epischen Großgattung diesen Titel. Denn im Roman des 20. Jahrhunderts erfährt der erzählerische Zugriff auf die Welt radikale Veränderungen, der mit allen Traditionen bricht. Die Modernität von Thomas Manns 1947 erschienenem Spätwerk liegt nicht in der viel diskutierten aber reichlich albernen Reduzierung des Nationalsozialismus auf die musikalische Seele des deutschen Volkes, sondern im geistreichen Spiel mit den Grundpfeilern der Gattung. So entpuppt sich der Erzähler nicht nur als äußerst unzuverlässig, er verleugnet auch ständig das literarische Genre und gibt an, eine Biographie schreiben zu wollen - ein Maskenspiel, das auf die Anfänge des Romans zwischen Geschichtsschreibung und Fiktion zurückverweist und zugleich eine ironische Auseinandersetzung mit einer anderen, zu Thomas Manns Zeiten und bis heute sehr populären, semi-wissenschaftlichen Form der Weltaneignung darstellt. In vielen auto-reflexiven Digressionen setzt sich der Erzähler explizit mit den Problemen des Schreibens auseinander. Aus dieser Metafiktionalität lässt sich Thomas Manns völlig eigenständige Position als Romancier des 20. Jahrhunderts bestimmen, denn er versucht mit ihr, eine Brücke zu schlagen zwischen Tradition und Moderne.

 


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