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Interkulturelle Kompetenz als Voraussetzung für Selbstkritik
Natalia N. Wassiljewa (Südliche Föderative Universität, Rostow-am-Don) [BIO]
Email: taltscha@inbox.ru
ABSTRACT:
Wie bekannt, führen Technologieentwicklung und Globalisierung zu immer dichter und spezialisierter werdenden Kommunikationsvorgängen. Die Vertreter multinationaler Unternehmen erkennen die Bedeutung und die Wichtigkeit von Sprach- und Kulturkenntnissen.
In diesem Kontext ist hervorzuheben, dass es eine Reihe von russisch-deutschen Kulturunterschieden landeskundlicher und sprachlicher Art gibt, die zu Missverständnissen führen können: Unterschiede im Gebrauch von Namen und Titeln; Anrede mit Sie – Formen; Blickkontakt; Kleidungsordnung; Alkohol; Geschenke; Terminplan usw.
Für beide Seiten – für Deutsche und Russen – sind oft Fragen ein Schlüssel zum erfolgreichen Praktizieren interkultureller Kompetenz:
- Warum ist bei einer Einladung in Deutschland der Tisch nicht so üppig gedeckt, wenn Gäste erwartet werden?
- Warum muss man sich mit einem russischen Partner mehrmals treffen, bevor man zur eigentlichen Verhandlung kommt?
- Warum wird man nervös, wenn der russische Gesprächspartner mehrere Dinge gleichzeitig macht, wenn man mit ihm spricht?
- Warum nennen Deutsche immer ihren Namen, wenn sie sich am Telefon melden?
- Warum weiß der russische Fachmann nicht, ob seine deutsche Kollegin, mit der er schon lange zusammenarbeitet, verheiratet ist?
Vieles kommt auf Kulturstandards an, die jede Kultur in ihrem Orientierungssystem über Generationen hinweg ausgebildet hat. Erst im Kontakt mit fremdkulturell sozialisierten Partnern können die Kulturstandards bewusst und sensibel interpretiert werden.
Interkulturelle Kompetenz bedeutet, verschiedene Wege zu finden, die einem Übernahmen fremder Kulturstandarts in das eigene Handlungsschema ermöglichen. Auf diese Weise können dann Vertreter verschiedener Kulturen erfolgreich miteinander kommunizieren.
Kulturelle Unterschiede sind oft schwer zu ertragen. Viele Menschen privilegieren das „Eigene“, werten das „Andere“ ab und grenzen das „Unterschiedliche“ aus. Dieses Phänomen wird als „Ethnozentrismus“ bezeichnet. M. Koch–Hillebrecht hat den Begriff „Ethnozentrismus“ folgendermaßen erläutert: „Der Stoff, aus dem die Dummheit ist“ (A. Wierlacher, 1993).
Interkulturelles Training ist eine Methode, das einen Einblick in fremde Denk- und Wertesysteme gewährt. Der Versuch, Andersartiges und Fremdes zu verstehen, schließt die Beschäftigung mit der eigenen Kultur und Gesellschaft ein. Die Lernenden können diese im Vergleich mit der Zielkultur neu sehen und beurteilen. Interkulturelle Kompetenz ist effektives Verhalten in anderen Kulturen.
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