Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

<<< Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache

 

Die Verbreitung deutschen Gedankenguts im modernen China und die Orientierungsfunktion der in Deutschland ausgebildeten Intellektuellen –
Das Beispiel der deutschen Prägung des jungen Mao Zedong durch die Übersetzungsarbeit von Cai Yuanpei und Ma Junwu

Ye Jun (Institute of Foreign Literature, Chinese Academy of Social Sciences)

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ABSTRACT:

Die beginnende Globalisierung zeigte sich in Asien seit dem 19. Jahrhundert auf zweierlei Weise. Zum einen geriet Asien angesichts der (waffen-)technischen Überlegenheit des Westens unter Druck, zum anderen lernte Asien aber auch von seinen Wissenschaften und seiner Kultur. In der Regel kann man diese beiden Komponenten nicht ohne weiteres voneinander trennen. Bezüglich des Prozesses der modernen chinesischen Geschichte sind die Ideengeschichte, die politische Geschichte und einige wichtige Persönlichkeiten bereits von der neueren Forschung behandelt worden; bislang wurde jedoch den Interaktionen zwischen den intellektuellen und politischen Eliten zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei scheint genau hier ein Kernproblem vorzuliegen, durch dessen Analyse die Entstehung und Entwicklung des modernen Chinas zu verstehen wäre.

Nachdem die westlichen Mächte in Erscheinung getreten waren, mussten sich die chinesischen Eliten zwischen verschiedenen Wegen entscheiden. Die Reaktionen auf den Einbruch der Moderne erstreckten sich von gewaltsamen Protest über gesellschaftliche Aufbauaktivitäten bis hin zu Übersetzungsarbeiten. Man kann feststellen, dass Vaterlandsrettung und Aufklärung immer als Einheit gesehen wurden. Die Eliten im politischen und kulturellen Bereich sollten ihre Position aufrechterhalten und entsprechende Verantwortungen tragen.

Prof. Yang Changji kehrte 1917 von Europa zurück und arbeitete als Lehrer der Pädagogischen Schule in Changsha. Hier lernte er die Studenten Mao Zedong, Cai Hesen und andere kennen, womit ein Bildungsprozess für die künftigen politischen Führer auf der Basis einer persönlichen Freundschaft begann; die deutsche Kultur spielte dabei eine sehr wichtige Rolle.

Diese Arbeit wählt zwei wichtige Übersetzungen aus dem Deutschen, System der Ethik mit einem Umriß der Staats- und Gesellschaftslehre von Friedrich Paulsen und Die Welträtsel - Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie von Ernst Haeckel, die in der damaligen Zeit großen Einfluß in China ausübten, um die Rezeption der deutschen Kultur seitens des jungen Mao Zedong zu diskutieren. So wurden auf diese Weise auch die Übersetzer der beiden Bücher, Cai Yuanpei und Ma Junwu, die heute als herausragende Vertreter der modernen chinesischen Kulturgeschichte gelten, einem breiten Publikum bekannt, sie hatten also eine Orientierungsfunktion für die Einführung des deutschen Gedankenguts im modernen China inne. Auf dieser Basis werden die engen Beziehungen der durch Paulsen und Haeckel vertretenen geistigen Strömungen mit den chinesischen Eliten, die über große kulturelle Ideale und Sehnsucht nach Aufklärung verfügten, vor dem Hintergrund der Weltreise des deutschen Gedankenguts und im Kontext des modernen China gezeigt. Die Rezeption der deutschen Kultur durch den jungen Mao Zedong ist in vielfacher Hinsicht bedeutsam.

  1. Sie symbolisiert die wichtige Funktion der in Deutschland ausgebildeten Intellektuellen im Prozess der Verbreitung westlicher Wissenschaften nach Osten, d.h. nicht nur die allgemeine Verbreitungsfunktion der Kenntnisse, sondern auch die aufschlußreiche Orientierungsfunktion für die Kultur des Ursprungslandes.
  2. Sie zeigt uns auch die Möglichkeit der aktiven Interaktionen zwischen den geistigen und politischen Eliten, da die politischen Eliten in ihrer Jugendzeit im von den geistigen Eliten geschaffenen kulturellen Feld gebildet und auch subtil entwickelt wurden.
  3. Sie bietet uns auch einen bilateral interagierenden Gesichtspunkt für die Analyse der Moderne. Das zeigt sich besonders in der individuellen Rezeption mit der Prägung durch ausländische Ressourcen (hier deutschen), d.h. die Bildung der politischen Eliten im kulturellen Kontext des modernen China, das durch die hervorragende Übersetzungsarbeit der in Deutschland ausgebildeten Intellektuellen geschaffen wurde.

Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007