Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 14. Nr. September 2005

Lateinamerikanische Literatur im Lichte der Transkulturation

Doris Schwarzwald (Wien)

 
 

"Ningún esfuerzo por la cultura
universal se pierde. Por eso,
debes venerar al libro, santuario de
la palabra; la palabra que es la
excelsitud del Homo sapiens."

La mujer habitada: 65
Gioconda Belli

1. Ein erster Versuch, den Begriff Kultur zu fassen

Um in weiterer Folge auf den Hauptschwerpunkt dieser Arbeit zu gelangen, ist es vorerst nötig, den Begriff "Kultur" in Beziehung auf Plurikulturalität näher zu beleuchten.

Das Intercultural Institute of Montreal beschreibt Kultur als eine "Textur von Logos und Mythos". Dies besagt, daß Kultur allzu oft auf ein logisch greifbares System reduziert wird. "Modern Man, enamoured of science and rationality, too often reduces culture to a category, a definition, a 'logic', i. e. a ‘system of meanings, signs, representations'; in other words to logos (content)(1). Diese "logisch-epistemologische Ordnung" findet man vor allem in der okzidentalen Denkweise, aber es gibt noch eine zweite Seite, die der "mythisch-symbolischen" Ordnung. "Myth (or mythical consciousness) comes from a deeper level of reality and of human consciousness, and hence is more universal than the level of reason and of philosophies. ‘Myth, here, is what puts us into contact with the real.' "(Vachon 2,1995: 34) Kurz zusammengefaßt besagt Mythos laut Raimon Panikkar: "Myth it what we believe, without believing that we believe in it." (R. Panikkar zitiert nach: Vachon 2,1995: 35)

Diese zweidimensionale Betrachtung des Begriffes Kultur soll für das Thema der Transkulturation eine Basis darstellen, da sich besonders in der transkulturellen Literatur die Verschmelzung von rationalem und mythisch-magischem Denken herauskristallisiert hat. Beide - Logos und Mythos - sind nicht getrennt voneinander zu verstehen, sondern sie beeinflussen sich gegenseitig. So schreibt Raiman Panikkar: "The human logos can only function within a concrete mythos, but this mythos in turn is conditioned by the interpretation the logos gives to it." (Vachon 2,1995: 49)

Der in der folgenden Graphik dargestellte Baum von Kalpana. Das zeigt die kulturelle Identität als Zusammenspiel von Logos und Mythos. Daraus geht auch hervor, in welchen Bereichen kulturelle Identität offener für Veränderungen ist.

Abb. 1 Vachon 2,1995: 59

Der Aufbau des Baumes schildert die morphologischen Wesenseinheiten (Baumkrone) sowie die strukturellen (Stamm), welche sichtbar bzw. klar erkennbar sind und so leichter veränderbar. Je weiter man den Baum hinunter "klettert", umso mehr findet man versteckte bzw. unsichtbare kulturelle Identitätsmerkmale, die sich nicht ständig wandeln - darunter besonders die mythischen (Wurzeln). "In fact, the mythical matrix (its vehicle: faith) can maintain itself - at times for millenia - while the ideologies and the practices multiply, change and transform themselves constantly in response to external and internal influences." (Vachon: 2,1995: 54)

Diese Gliederung in visible und invisible sowie in stark bzw. leicht wandelbar spielen in der Theorie der Transkulturation eine wichtige Rolle. Transkulturation muß nicht unbedingt bedeuten, daß die Gesellschaft in allen Bereichen verändert wurde, sondern kann auch heißen, daß dies nur in bestimmtem Grade und bei bestimmten Aspekten zutrifft. Es fällt schwer zu glauben, daß jemand aus zwei Weltanschauungen heraus handelt bzw. von einer Mischung aus okzidentalem und magisch-mythischem Denken geleitet ist. Man kann entweder aus dem einen oder dem anderen heraus handeln. Je weiter man sich also der Wurzel nähert - dem "Unsichtbaren", desto schwieriger sind Unterschiede festmachbar bzw. Veränderungen erkennbar. Doch soll man sich auch nicht täuschen lassen von allzu offen dargelegten Veränderungen, die zum Beispiel in den oberen Ästen des Baumes angesiedelt sind. "External transformations can sometimes lead one to think that a culture has disappeared, while in fact, it is still very much alive.[...] ‘You have taken away the foliage and branches and even the trunk of our (cultural) tradition (tree), but we still have our roots.' " (R. Menchu zitiert nach Vachon 2,1995: 54) Was die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu hier andeutet, soll in Hinblick auf Transkulturation ebenfalls erwähnt werden. Veränderte Äußerlichkeiten und Wesensmerkmale (besonders erkennbar in den morphologischen und strukturellen Aspekten im Baum von Kalpana Das) sind oft nur Fassade, da zum Beispiel das gemeinsame Ausführen christlicher Religion und indianischer Riten nicht immer als transkulturelles Phänomen gedeutet werden kann, sondern oftmals als Parallelismus vollzogen wird.

 

1.1. Fernando Ortiz und die Geburt einer neuen Theorie

"Wir sind weder Europäer, wir sind keine Indianer, sondern ein Mittelding zwischen Eingeborenen und Spaniern [...]"(2), behauptet Simon Bolívar in seiner berühmten Rede von Angostura 1819. Der kubanische Anthropologe Fernando Ortiz greift diesen Gedanken ebenfalls auf und benennt das Phänomen: Transculturación.

Betrachtet man die Geschichte und die kulturelle Entwicklung im präkolumbianischen Amerika, so stößt man auf unterschiedliche Traditionen verschiedener Zivilisationen, die zu bestimmten Zeiten, in bestimmten Regionen den Subkontinent bewohnten. Im Zuge der Konquista wird Südamerika von einer völlig neuen Kultur erobert. Der Einmarsch der Götter auf dem Hochwild mit den Feuertrompeten(3) stellt eine erste interkulturelle Schnittstelle dar. Der von magischem Denken geleitete Indio trifft auf den rational denkenden Spanier der Renaissance. Der Glaube an die Rückkehr des Gottes Quetzalcóatls, den man hinter Cortés vermutete, wird zum Verhängnis und zur daraus resultierenden, mit großen Schmerzen begleiteten Geburtsstunde einer neuen Gesellschaft. Die Eroberer machen sich auf dem amerikanischen Kontinent breit und zwingen den Ureinwohnern ihr System auf. Es kommt aber zu keiner völligen Überdeckung der prähispanischen Kultur, sondern teilweise zu einer Verschmelzung beider Völker.

So kommt es, daß die ursprüngliche, indigene Bevölkerung, laut Ortiz, einer "teilweisen desculturación"- Entwurzelung unterworfen ist, aber auch einer "neoculturación", also einer Schöpfung neuer kultureller Phänomene, die sich aus dem Kontakt heraus entwickelt.

In seinem Werk Contrapunteo Cubano del tabaco y el azúcar formuliert Ortiz 1940 seine Theorie und entfernt sich dabei bewußt von der englischen Version der Acculturation.

"Entendemos que el vocablo transculturación expresa mejor las diferentes fases del proceso transitivo de una cultura a otra, porque éste no consiste solamente en adquirir una cultura, que es lo que en rigor indica la voz anglo-americana aculturación, sino que el proceso implica también necesariamente la pérdida o desarraigo de una cultura precedente, lo que pudiera decirse una parcial desculturación, y, además, significa la consiguiente creación de nuevos fenómenos culturales que pudieran denominarse neoculturación."(4)

Ortiz verdeutlicht seine Theorie, indem er die Entstehung der neuen transkulturellen Gesellschaft mit der biologischen Zeugung eines Menschen vergleicht: "la criatura siempre tiene algo de ambos progenitores, pero también siempre es distinta de cada uno de los dos"(5).

Transculturación beschreibt laut Ainsa folgendes: "Se entiende por ‘transculturación' los fenómenos que tienen lugar cuando dos o más sistemas culturales entran en contacto produciendo una serie de cambios cuyos grados de intensidad varían en función de los sistemas de juego."(6) Was Ainsa hier ausdrückt, spielt in diesem speziellen Fall, nämlich dem des kolonialen Verhältnisses zwischen den beiden Kulturen, eine besondere Rolle. Die Eroberer nehmen eine höhere Position ein und versuchen mit Gewalt ihr System dem anderen aufzudrängen. Glaube und Tradition der Indios sind jedoch zu stark, um sie völlig zu überdecken. So schmelzen beide Kulturen ineinander und bilden eine neue, die aber ständigen Veränderungen unterliegt. Die Transculturación ist also keine Epoche, das heißt, sie bezeichnet keinen Zeitpunkt, sondern einen Prozeß, der immer noch andauert.(7) Ortiz leitet seine Theorie vom kubanischen Volk ab, das sich aus afrikanischen Sklaven und spanischen Eroberern entwickelt hat. Die indigene Bevölkerung Kubas wurde beim Eintreffen der Konquistadoren völlig ausgelöscht.(8)

Der Titel des Werkes beschreibt gleichzeitig das soziale und wirtschaftliche Umfeld, in dem Ortiz die Transculturación angesiedelt hat, und gibt Auskunft über das Gebiet, in dem sich die Theorie entwickelt hat.

Es handelt sich um die Produktion und Ernte von Tabak und Zucker. Tabak ist dunkel und wurde von der indigenen Bevölkerung ursprünglich in familiären Kreisen entlang von Flußbeeten gepflanzt. Zucker wurde importiert und ist weiß, so auch die Hautfarbe der Eroberer. Die Produktion wurde in riesigen Plantagen vorgenommen mit der Beihilfe unzähliger Arbeiter. Um dieses weiße Gold zum Wachsen zu bringen, mußten Arbeitskräfte herbeigeschafft werden und die kamen aus Afrika.(9) Die Ernte steht im Mittelpunkt. Tabak fordert das ganze Jahr hindurch Pflege und wird kaum maschinell abgeerntet. Er steht für das Ursprüngliche, das bereits von der indigenen Bevölkerung gepflanzt wurde. Die Vorgangsweise bei der Zuckerernte hingegen ist hochmaschinell und ist sozusagen entpersonalisiert. (Vgl. Spitta 1995: 4/5) "At a more general level, the history of each product is also the history of transculturation: sugar, a white import, has changed the landscape of Cuba while tobacco, a native cuban crop, has changed the leisure habits of the rest of the world." (Spitta 1995: 5)

Hier fließen beide Elemente dunkel für das Indigene und weiß für das Koloniale zusammen. Es ändert sich im Land selbst etwas, aber es wird auch in die Welt hinausgetragen(10). Das Phänomen der Transculturación wird hier also auf zwei Ebenen gesehen. Anders, so die lateinamerikanische Rezeption, funktioniert dieser Vorgang bei der Akkulturation.

Wie schon vorher genannt, ersetzt Ortiz die englische Theorie der Akkulturation durch die der Transkulturation. Unter dem Wort Akkulturation versteht der kubanische Anthropologe eine völlige Auslöschung der Kultur, die von der dominierenden Zivilisation überdeckt wird. Ortiz liegt nicht falsch hier, denn meist wurde diese Theorie als völlige desculturación, also totale Entwurzelung, betrachtet, vor allem in Iberoamerika.

Als Redfield, Linton und Kerskovits in den 30er Jahren des letzen Jahrhunderts ihre Thesen entwickelten, gingen sie jedoch nicht unbedingt von einer "one-way-imposition" (Spitta 1995: 3) aus: "Acculturation comprehends those phenomena which result when groups of individuals having different cultures come into continuous firsthand contact, with subsequent changes in the original cultural patterns of either or both groups."(11)

Es war also das Präfix a-, das zu einer negativen Konnotation führte und am lateinamerikanischen Kontinent für Diskussionen sorgte. "[...] la partícula 'a', que parece sugerir pérdida o disminución de contenido cultural, lo que la aproximaría a la noción de 'desculturación'." (Ainsa 1986: 60) Wenn man das Entstehungsdatum des Begriffs der Transkulturation im Auge hat, muß man annehmen, das die 10 Jahre später entwickelte Theorie eine Antwort bzw. eine Notwendigkeit darstellte, um die eigene Kultur zu definieren. Denn Akkulturation bedeutet für sie der völlige Verlust der eigenen Kultur, der Sprache, der Geschichte und der Bräuche.

Der peruanische Schriftsteller und Anthropologe José María Arguedas(12) sieht sich nicht als "aculturado". Als ihm 1968 der Preis Inca Garcilaso de la Vega überreicht wurde, meinte er folgendes: "El cerco podía y debía ser destruído: el caudal de las dos naciones se podía y debía unir. Y el camino no tenía por qué ser, ni era posible que fuera únicamente el que se exigía con imperio de vencedores expoliadores, o sea: que la nación vencida renuncie a su alma, aunque no sea sino en apariencia, formalmente, y tome la de los vencedores, es decir que se aculture. Yo no soy un aculturado: yo soy un peruano que orgullosamente, como un demonio feliz, habla en cristiano y en indio, en español y en quechua." (Rama 1982: 37/38)

Arguedas nimmt denselben Standpunkt ein wie Ortiz, der interkulturelles Verständnis als einen reziproken Prozeß sieht, als ein "toma y daca". (Spitta 1995: 4) Wie dieser Prozeß vor sich ging und in welchem Ausmaß er für die indigene Bevölkerung positiv verlief, soll das nächste Kapitel darlegen.

 

1.2. Sozio-historische Analyse im literarischen Kontext: Transculturación in drei Stadien

Im diesem Kapitel soll die historische Entwicklung der lateinamerikanischen Gesellschaft in Hinblick auf Transkulturation, mit besonderem Augenmerk auf Mittelamerika, von den Anfängen bis heute an, ergründet werden. Eine kurze Erläuterung verschiedener Termini, die sich rund um das Phänomen Transkulturation und die Verschmelzung von Völkern in Lateinamerika gebildet haben, erklärt vorneweg die ideologische Haltung zu diesem Kulturkontakt im Laufe der Jahrhunderte. Begriffe wie Mestize, Heterogenität und Hybrides versuchen die lateinamerikanische(n) Gesellschaft(en) zu beschreiben. Sie sind Vorreiter bzw. Nachfolger von Ortiz Theorie.

Mestize : Das Wort untersteht in seiner Konnotation einer ständigen Wandlung. "Ser mestizo" (lat. ‘mixtitius', vermischt) bedeutete zu Beginn der Kolonialisierung aus Sicht der Indianer Verrat. Abgeleitet von der Figur der Malinche, die durch ihren gemeinsamen Sohn mit Cortés als Mutter des erstes Mestizen bezeichnet wird.(13) Im Laufe der Jahrhunderte wandelte sich der Begriff und wurde weniger schlecht betrachtet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr der Status des Mestizen eine neuerliche negative Wendung. "Die koloniale Standesgesellschaft wird vom Zwang der Einhaltung der 'limpieza de sangre' beherrscht."(14) Um die Jahrhundertwende spricht man dann aber von der Einbeziehung des Mestizen (im Zuge der Hinwendung zu den indigenen Bevölkerungsgruppen) in die nationale bzw. koloniale Identität. Hinwendung zur eigenen Kultur weg von der Abhängigkeit und dem Utilitarismus Nordamerikas (In dieser Zeit entstand das Werk: Ariel, 1900 von Rodó). José Vasconcelos spricht von einer "kosmischen Rasse", in der ethno-kulturelle Unterschiede keinen Platz finden. Er ruft auf zur "Mezcla de sangres". (Vgl. Schumm in: Scharlau 1994: 59-63)

Heterogenität: "Ideengeschichtlich ist der Begriff 'Heterogenität' untrennbar mit der Tradition jenes marxistisch orientierten Indigenismus der dreißiger Jahre verknüpft, der - in explizitem Widerspruch zur humanistischen Vermischungsidee - die Aufmerksamkeit auf die fatalen sozialen Verhältnisse der Hochlandindianer Perus lenkte und eine linksradikale Lösung anstrebte."(15) In den 70er Jahren spricht man mehr noch von einer "sozio-ethnisch markierten" Heterogenität und entwirft das Bild einer "strukturellen Heterogenität"(16). Dazu beschreibt Antonio Cornejo Polar das Konzept der "literaturas heterogéneas", das sich durch "duplicidad o pluralidad de los signos socio-culturales de su proceso productivo" auszeichnet. Er geht von einem Modell aus, das die nationale Kultur als historische und kulturelle Totalität ansieht. (Vgl. Schumm in: Scharlau 1994: 67-69)

Hybrid: Das Hybride ist der postmodernen Begrifflichkeit zuzuschreiben.Es funktioniert nicht nur "ethno-, sondern multikulturell. Es ist in den urbanen Zentren des Kontinents zu lokalisieren [...]" (Schumm in: Scharlau 1994: 68) Das Hybride ist das Ergebnis einer globalen Weltordnung. Das heißt, die hochmodernisierte verwestlichte Gesellschaft, die besonders in den urbanen Zentren angesiedelt ist, verschmilzt mit dem bereits aus verschiedenen ethnischen Gruppen hervorgegangenen, transkulturellen Volk Lateinamerikas. So kann man das Hybride als eine erweiterte Form der Transkulturation sehen, wie sie auch Gioconda Belli unter anderem in ihren Werken präsentiert.(17) Nestor Canclini beschreibt in seinem Werk Culturas Híbridas(18) das Hybride folgendermaßen: "Se encontrarán ocasionales menciones de los términos sincretismo, mestizaje y otros empleados para designar procesos de hibridación. Prefiero este último porque abarca diversas mezclas interculturales - no sólo las raciales a las que suele limitarse ‘mestizaje' - y porque permite incluir las formas modernas de hibridación mejor que ‘sincretismo', fórmula referida casi siempre a fusiones religiosas o de movimientos simbólicos tradicionales."(19) Das Hybride ist eine wichtige Erweiterung der Theorie der Transkulturation in Bezug auf die Gegenwart.

Betrachtet man diese drei Termini, so kann man feststellen, daß sie sich drei Phasen zuordnen lassen. Der erste Begriff des Mestizen steht für die Zeitspanne zwischen Eroberung und beginnender Bewußtwerdung der nationalen Kultur. Heterogenität fällt im Zusammenhang mit der Rückbesinnung auf die ursprünglichen Wurzeln. Die dritte Phase wird von der Hybridität geleitet, die im Gegensatz zu vorigen Denkweisen neue kulturelle Aspekte miteinbringt und die ethnische Vermischung auf eine multikulturelle Vermischung ausdehnt.

1.2.1. Phase I: Encuentro cultural und Kolonialherrschaft

Mit dem Eintreffen von Cortés und seinen Truppen geht auf dem amerikanischen Kontinent ein Zeitalter zu Ende. Die indigene Bevölkerung wird nach europäischem Vorbild "zivilisiert", von ihren heidnischen Kulten befreit und christianisiert. Unzählige von Priestern versuchen den Indios ein Bild des von den Christen verehrten Gottes zu vermitteln und die spanische Krone baut nach und nach ein politisch-ökonomisches System auf, das dem okzidentalen entspricht. Das Aufeinanderprallen von zwei völlig unterschiedlichen Kulturen geht nicht friedlich vor sich, so versucht man mit äußerster Gewalt die heidnischen Traditionen zu ersticken. Man baut eine zu Europa komplementäre "Neue Welt" auf und versucht die alte Kultur zu überdecken. Vor allem die Zentren werden zu florierenden europäisierten Metropolen, besonders in Hinblick auf Kultur und Literatur. "Der Aufbau administrativer Strukturen nach europäischem, das heißt schriftkulturellem Vorbild und die Entstehung einer kolonialen Literatur hängen aufs engste miteinander zusammen. [...] Dabei orientierte sich das, was wir mit Angel Rama als 'la ciudad letrada' bezeichnen können, an den iberischen Vorbildern, während das Nicht-Urbane, die weiten amerikanischen Territorien, gleichsam als kontrastive Identität diente, von denen sich die eurozentrierten Literarkulturen diskriminierend distanzierten." (Ette in Scharlau 1994: 229) Ainsa nennt dies treffend als den zweifachen Prozeß der Transkulturation: "uno, entre las metrópolis externas y las capitales americanas y otro entre éstas y el 'interior', del País 'visible', al 'invisible', utilizando la terminología de Eduardo Mallea." (Ainsa 1986: 61)

Obwohl eine große Distanz zwischen den elitären, spanischen Eroberern und den Einwohnern Amerikas herrscht, entstehen interkulturelle Schnittstellen, die zur Formung einer transkulturellen Gesellschaft bzw. einer Gesellschaft, die transkulturelle Aspekte aufweist.

Ainsa nennt drei transkulturelle Erscheinungen, deren Verlauf er positiv bewertet: Adaptación, integración und sincretismo cultural (vgl. Ainsa 1986: 61-62):

"adaptación": Hiermit ist die ökologische Anpassung gemeint. In diesem ersten Prozeß, der sich bei einem Kulturkontakt ergibt, werden kulturelle Werte der Einwanderer in die Kultur weitergegeben, in die sie eindringen. Dies spiegelt sich in der kolonialen Literatur wider und vor allem in den Berichten, Briefwechseln und Kodizen über die Konquista.

"integración": Darunter versteht man eine größere Akzeptanz der kulturellen Werte beim gegenseitigen "Einfügen" in eine Kultur, die normalerweise vom Integrator des Systems ausgeht. Ein Beispiel in Lateinamerika wären die als Kreolen bezeichneten Nachkommen der Spanier bzw. die sogenannten kulturellen Mestizen, die sich der Kultur verbunden fühlen. Meist sind dies Priester, die während ihrer Missionstätigkeit die wirkliche Kultur der Indios kennenlernen: "many began to learn Quechua and other indigenous languages and to study Andean cosmology [...] they became andeanized and often ineffective evangelisers." (Spitta 1995: 23)

"sincretismo cultural": Der letzte und wichtigste Punkt, der in Gioconda Bellis Werken ebenso einen besonderen Stellenwert einnimmt und die transkulturelle lateinamerikanische Gesellschaft wohl am besten beschreibt, meint die Vermischung bzw. das Ineinanderfließen philosophischer und religiöser Lehren. Hierfür gibt es unzählige Beispiele, wie den Vergleich des Maya Weisheitsbuches Popol Vuh mit der Lehre der christlichen Genesis, oder das Herausfiltern von Gemeinsamkeiten zwischen christlicher Religion und indianischen Kulten, wie es Sahagún in der Historia general de las cosas de Nueva España, 1585 niederschrieb. "Manches in der neuen Religion war der alten gefährlich ähnlich: das für die Menschen vergossene Blut Christi allzuleicht mit dem aztekischen Blutopfern zu verwechseln, die Wiederaufstehung des Heilands mit der Wiedergeburt Quetzalcoátls gleichzusetzen."(20) Doch auch hier intervenierten die Spanier und versuchten eine klare Trennung beider Lehren bzw. Religionen zu erhalten, um eine erfolgreiche Konquista zu führen. Dem Verstoß gegen die christliche Religion traten sie mit der Inquisition entgegen, die den vom christlichen Gedankengut abkommenden Missionaren, Eroberern oder konvertierten Indios den rechten Weg weisen sollte. Durch die Kontrolle des Buchdrucks, der vorwiegend in Spanien durchgeführt wurde und strengster Zensur unterlag, verhinderte man das Zirkulieren neuer Ideen und aufrührerischer Gedanken.

Man strebte also von Seiten der Kolonialherrschaft keine transkulturelle Gesellschaft, sondern eine, die der europäischen gleich ist, an. Nun gelang es zwar den Missionaren, die Inidos mit unserem Gott vertraut zu machen, aber sie schafften es nicht, sie davon abzubringen, weiter an ihre eigenen Götter zu glauben. So war der "neue" Gott ein weiterer neben den vertrauten und bekannten indianischen Göttern und stand nun an ihrer Stelle in den Tempeln. Die christlichen Kirchen sind das beste Beispiel für die Anfänge der Transkulturation. Die Bilder und Wandmalereien stellen zwar die Christengeschichte dar, die Heiligen aber haben dunkle Hautfarbe und gleichen den Indios. Die Tierwelt ist die amerikanische und die Trauben gleichen mehr einer Ananas. Dies wurde nicht nur so ausgeführt, daß es den zu bekehrenden Indios leichter fällt, den "wesltlichen" Gott zu akzeptieren, sondern weil die Architekten und Maler meist die Indios waren, deren Baukunst unserer überlegen war. Ein bemerkenswertes, aus transkulturellen Verhältnissen heraus entstandenes Beispiel ist die barocke Architektur in Lateinamerika. Der europäische Stil vermischt sich mit traditioneller indianischer Baukunst. (Vgl. Loprete 1995: 90)

Um die kolonialen Verhältnisse aufrecht zu erhalten, mußten einige Vorkehrungen getroffen werden. Ein Ausschluß der Indios vom intellektuellen Leben der Oberschicht(21) gewährte Sicherheit vor Aufständen, so verbot man ihnen den Zutritt zu Universitäten. Carlos V erließ ein Verbot der Zirkulation von Büchern, die humanistisches oder fantastisches Gedankengut verbreiteten: "para que ningún español, criollo o indio leyera libros de materias profanas y fabulosas, o historias fingidas, por ser un peligro espiritual"(22). Die Literatur, die im Land entsteht ist großteils vom kolonialen Leben geprägt und unterscheidet sich kaum zur europäischen. Dennoch heben sich einige mestizische Autoren heraus wie zum Beispiel Garcilaso de la Vega(23) (1539-1616), der Sohn eines spanischen Eroberers und einer Inkaprinzessin der mit seinen Comentarios reales eine Geschichte über die Incas schrieb, die heute zu einem der wertvollsten Werke der Kolonialzeit zählt. Sor Juana Inés de la Cruz zählt wohl zu den bedeutensten Persönlichkeiten Lateinamerikas. Ihre schriftstellerische Tätigkeit reichte von religiösen Werken und Liebesgedichten über humanistische und naturwissenschaftliche Schriften. Sie trat für die Gleichberechtigung der Frau und der Völker ein. Von den Vizekönigen wurde ihr Talent gefördert, in höheren religiösen Kreisen fand es jedoch keinen Anklang und wurde so bis zur schließlichen Selbstaufgabe der Autorin, angefochten. Sie war ihrer Zeit weit voraus und somit zu gefährlich für die Gesellschaft, die von derartigen Gedanken reingehalten werden mußte.

Trotz all der Verbote finden die aufklärerischen Ideen Frankreichs des 18. Jahrhunderts Einzug in den Subkontinent. Erleichtert wird dies durch die Bourbonen, die nun in Spanien ihre Herrschaft ausübten und eine aufgeklärte Gesellschaft unter sich haben wollten. Ideen einer vernunfts- und verstandesorientierten Gesellschaft sickerten folgedessen durch die Zensur hindurch und die Lage in Amerika spitzte sich zu. Die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten 1776 und die Französische Revolution 1789 gehen nicht unberührt an Lateinamerika vorbei und sorgen schließlich für Rebellionen und Befreiungskämpfe gegen die Kolonialherrschaft. Die Kreolen und Mestizen fordern ebenfalls die von Frankreich kommende Idee der Menschenrechte, die für Freiheit des Individuums und gleiches Recht für alle stehen. Vorwiegend von den Kreolen ausgehend, die sich gegen ihre Unterdrücker wehren, folgt nun auf den geistigen ein politischer Umbruch. Die 1767 ausgewiesenen Jesuiten starten aus dem Exil eine Opposition gegen den spanischen Absolutismus. Die ohnehin stark "verwundete" Spanische Krone, der bevorstehende finanzielle Ruin und die Niedergangsstimmung, die sich im Mutterland breitmacht, bieten eine große Angriffsfläche für die unterworfenen Völker in der Kolonie und so wird, geführt von Simón Bolívar(24) im Norden und San Martín im Gebiet des Río de la Plata, zwischen 1810 und 1825 die Unabhängigeit fast ganz Hispanoamerikas errungen. Was zuerst vielversprechend aussieht, wechselt schnell in Terror über. Die vor kurzem errichteten Konstitutionen können sich nicht halten, die Militaristen(25) übernehmen die Herrschaft und grausame Diktaturen folgen (zum Beispiel Rosas in Argentinien, Santa Anna in Mexiko). Für die Indios hat sich kaum etwas geändert, sie fallen in neuerliche Abhängigkeit. Der Verlust großer Territorien (von Mexiko) an die Vereinigten Staaten sowie der Guerra del Pacífico (1879-1882; Chile gegen Perú und Bolivien) führten zu einer Veränderung der Lage. Der daraus resultierende Sturz der Santa Anna Diktatur in Mexiko unter Benito Juaréz und die Forderung nach Trennung von Kirche und Staat, nach freier Presse, etc. gaben Anstoß zu weiteren diktaturkritischen Handlungen und zur Errichtung neuer konstitutioneller Regierungen, die demokratischer und auf sozialere Weise funktionieren. Die Situation verbessert sich und in der Literatur wendet man sich ab von politischen Themen und widmet sich dem Costumbrismo. Der Positivismus breitet sich aus, und im Zuge der schnell voranschreitenden Industrialisierung in den USA und in Europa wächst der Glaube an den Fortschritt und die Erwartung an die Modernität, die mit 1880 einsetzt, steigt. "Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die neuen Eliten, sich vor allem an England und Frankreich als Modellen für politisches und wirtschaftliches Handeln zu orientieren und westeuropäische Ideen und Vorstellungen wie Utilitarismus und wirtschaftlichen Liberalismus im Sinne eines unkontrollierten Laissez-Faire und Freihandels sowie Positivismus mechanisch zu übernehmen. [...] Dabei übersahen sie aber die kulturellen und ethnischen Strukturen, ließen diese unberücksichtigt, ja fügten mit der Einwanderung neue soziale und kulturelle Elemente hinzu, wodurch eine Identitätsbildung zusätzlich erschwert wurde." (König 1991: 16) Der Begriff der Identität steht in enger Verbindung mit dem Prozeß der Bewußtwerdung als transkulturelles Volk zu existieren bzw. transkulturelle Aspekte anzuerkennen.

1.2.2. Phase II: Erwachendes Nationalbewußtsein und Identitätsentwürfe

Schon bald ändert man die Meinung über die herbeigesehnte Modernisierung. Die lateinamerikanischen Staaten, die durch die Monroe Doktrin (1823) wirtschaftlich an die Vereinigten Staaten gebunden waren, gerieten zusehends in Abhängigkeit. Die Situation spitzt sich zu und neue Schreckensdiktaturen brechen über Lateinamerika herein. Die Diktatoren werden von der USA manövriert und handeln nach deren ausbeuterischen Plänen.

Bereits um 1890 sind die ersten Verhandlungen der Union Panamericana. Der nordamerikanische Einfluß steigt, als die USA 1898 im Krieg gegen Spanien die Kolonien Kuba, Puerto Rico und die Philippinen verteidigt. 1914 wird der Panama Kanal geöffnet, der als strategischer Stützpunkt der US-Armee große Bedeutung im ersten Weltkrieg besitzt. Die USA verpflichtet sich, den Subkontinent gegen europäische Angriffe zu schützen, der so in immer größere Abhängigkeit fällt. Im Land selbst entwickelt sich im Zuge dessen ein neues Identitätsbewußtsein, das sich abgrenzt von dem Utilitarismus Nordamerikas und das das europäische System kritisiert. Um die Jahrhundertwende entstehen zwei Schlüsselwerke, die die lateinamerikanische Gesellschaft prägen. Der aus dem von Rodós Werk Ariel, 1900 abgeleitete Arielismo birgt eine neue Selbstverständlichkeit, die sich an der eigenen Kultur orientiert und sich abgrenzt von dem zweckgerichteten Handeln der Vereinigten Staaten, die als Caliban bezeichnet werden(26). Das zweite Werk Nuestra América von José Martí sagt mit nuestra (unser) nein zu ausländischen Interventionen und sehnt ein eigenständiges Lateinamerika herbei. "Auf der einen Seite versuchten die Autoren, ein die Völker Lateinamerikas umfassendes Bewußtsein der Gemeinsamkeit und Solidarität in Abgrenzung gegenüber allem Ausländischen, gegenüber den USA, ja auch gegenüber dem Europa des 1. Weltkrieges zu schaffen. Auf der anderen Seite diskutierten sie die gesellschaftliche Wirklichkeit unter Einbeziehung der ethnischen Heterogenität und der bisherigen Geschichte, auch des iberischen Erbes." (König 1991: 18) Man widmet sich einer Literatur, die lateinamerikabezogen ist.

Die verpönte Expansionspolitik der Vereinigten Staaten machte sich besonders in Mexiko breit. Zwar wurden im Zuge der Modernisierung unter Porfirio Díaz Straßen gebaut und Eisenbahnwege erschlossen, aber die Situation für die Armen änderte sich nicht. Dies kulminierte 1910 in der Mexikanischen Revolution, die anfangs angeführt von Francisco Madero, ideologische und gesellschaftliche Veränderungen mit sich brachte und zu einer neuen Verfassung führte, die zu den fortschrittlichsten auf der ganzen Welt zu dieser Zeit zählte und Reformen und die Säkularisierung des kirchlichen Besitzes erreichte. In den 30er Jahren übernehmen die Lateinamerikaner die marxistischen Ideen Europas und eine beginnende Sozialkritik breitet sich aus. In der Literatur macht sich dies im Indigenismo bemerkbar, der sich mit den Mythen und dem Leben der Indios auseinandersetzt. Es folgt also eine direkte Rückbesinnung auf die Wurzeln und der Versuch einer Eingliederung der Indios in ein sozialistisches Lateinamerika. Politisch ist die Lage zu dieser Zeit instabil. Die Weltwirtschaftskrise und der herannahende 2. Weltkrieg verschärfen die Lage und das sich ohnehin in starkem Abhängigkeitsverhältnis befindende Lateinamerika wird von neuen Militärdiktaturen übersäht, deren Drahtzieher in der USA sitzen. Die Frage nach Identität wird wieder zu einem wichtigen Thema, indem sie sich von einer anderen abgrenzt(27), nämlich der einer industrialisierten, auf Profit ausgerichteten nordamerikanischen Kultur, die durch die herrschenden Diktatoren versucht ihr Territorium zu erweitern. Andere lateinamerikanische Staaten fallen in die Hände Rußlands und werden unter kommunistischen Diktaturen streng militärisch erzogen. Hier entsteht nun der Bruch zu den Indigenisten, die versuchten, zu den präkolumbianischen Wurzel zurückzukehren, um somit eine Antwort auf die Frage der Identität zu erhalten. Die neue Form des Bewußtseins, des transkulturellen, beantwortet die Frage in der Gegenwart und respektiert sowohl das indigene als auch das spanische Erbe. (Vgl. Spitta 1995: 10)

Die Diktaturen sorgen für Terror und Unterdrückung, bilden aber auch fruchtbaren Boden für literarische Meisterwerke, die den Stoff der Schreckensherrschaft verarbeiten und gleichzeitig das neue Selbstbewußtsein mitbegründen. Um einige zu nennen: El señor presidente von Asturias; El acoso und El recurso del método von Carpentier; El otoño del Patriarca von García Marquez. Die vollkommene Verschmelzung der rational-europäischen und der magisch-indigenen Tradition findet sich in einem neuen literarischen Stil wieder, dem realismo mágico.

1.2.3. Phase III: Transdisziplinärer Diskurs, Autorinnen und Postmodernismus

In den vorangegangenen Phasen (I und II) wurde über Antihispanismus und Antiyankismus gesprochen. Heute wendet man sich gegen einen anderen noch mächtigeren Feind - den Kapitalismus und sein neoliberales Konkurrenzdenken. In der Phase III kann man von Antiglobalisation sprechen, das von neuem Angst über den Verlust der eigenen Identität mit sich bringt. Die Trennung in rural-urban, modern-traditionell, okzidental/rational-indigen/mythisch wird zusehends stärker. Ein wichtiges Werk zur gegenwärtigen lateinamerikanischen Kultur schrieb Guillermo Bonfil Batalla, der an dem Beispiel Mexiko die Kultur von zwei Seiten beleuchtet: México profundo (traditionelles Mexiko, indigene Wurzeln) und México imaginario (okzidentales Muster, welches sich auf das heutige Mexiko bezieht)(28).

Gegenwärtig versucht man, Demokratien zu erstellen bzw. zu erhalten. Von den indigenen Gemeinden her versucht man aber, ein neues System der Verwaltung zu errichten. So wird zum Beispiel in der Region Oaxaca, Mexiko, an einem ausgefeilten System der Comunalidad gearbeitet, der Sociedad civil. Man geht weg davon, von oben nach unten zu regieren, sondern will direkt von unten nach oben, das heißt vom Volk aus, bestimmen, um sich gegen den ausländischen Einfluß zu schützen. Die Comunalidad ist sozusagen ein Instrument der Resistenz, mit dem die indigenen Gruppen versuchen, ihre Tradition zu bewahren, die Gefahr läuft, immer mehr in den Hintergrund gedrängt zu werden. In der Comunalidad soll in Zukunft ein eigens dafür entwickeltes Schulsystem eingeführt werden, das die jüngeren Generationen davor bewahrt, sich in den städtischen Schulen dem "culturiocidio"(29), wie es Gustavo Esteva nennt, auszusetzen. Benjamino Maldonado benennt diesen Widerstand als "rebellion cotidiana" im Gegensatz zur "rebellion armada"(30), wie er zum Beispiel gerade in Chiapas vorkommt. Das besondere in Chiapas, wie auch bereits in der Revolution in Nicaragua(31), ist der große Anteil an weiblichen Widerstandskämpfern, die aktiv im Streit für politische und kulturelle Freiheit mitmischen.

Eine wichtige Rolle in diesem Kampf haben auch die Schriftstellerinnen. In ihrer Literatur haben sie nicht nur ihre eigene Emanzipation verteidigt, sondern haben auch einer als "Randgruppe" bezeichneten Gesellschaft, den Indigenas, eine Stimme gegeben. Sie haben deshalb im Kampf für Freiheit und Bewahrung der Identität einen überaus wichtigen Stellenwert. Margarita Dalton, Direktorin des Forschungsinstitut CIESAS (Centro de Investigaciones y Estudios Superiores en Antropología Social) in Oaxaca, Mexiko sieht in der Rolle der Frau einen Vermittler für eine gerecht funktionierende, globale Weltordnung: "Las mujeres podrán identificarse como personas activas en el cuidado de la justicia y el respeto de los derechos humanos."(32)

Die Literatur widmet sich nun transdisziplinären Ansätzen und geht weg von einer "ästhetisch-normativen und 'literatur'-zentrierten Exegese der kanonisierten Texte aus Konquista und frühkolonialer Zeit, hin zu einer soziokulturellen Kritik"(33). Die Autorinnen beginnen vor allem in den 80ern und 90ern sich mit der sozialen Situation in ihrem Land zu beschäftigen. Sie sehen die Gefahr der Globalisierung und fürchten so erneut, die erst kürzlich erkämpfte Freiheit wieder zu verlieren. Denn wie bei einem Philosophie-Kongress in Madrid diskutiert wurde, ist die Zeit des freien Individuums vorbei. Sie hat einer neuen Zeit zu weichen, in der nicht das einzelne Wesen zählt, sondern der wirtschaftliche Erfolg.(34) Dies ist nicht nur ein Rückschritt, sondern eine Gefahr für kleinere Völker, die infolge des Konkurrenzkampfes keine Chance haben zu überleben. "Let us also note that the notion of culture is presently in full crisis. Our having neglected and forgotten the mythico-symbolic dimension of reality in our modern scientific world, has caused culture to be reduced to nothing more than a conceptual abstraction, a category. The result is that either it is given less and less importance, to the point that some hold that it should totally disappear; or it is reduced to a ‘global culture' to which all cultures must be subordinate." (Vachon 2,1995: 49) Und unter diese "globale Kultur" läßt sich der Begriff des Hybriden einordnen. Man ist offen für äußere Einflüsse und geht ab vom Modell der Moderne, das versuchte, die Grenzen enger zu schnüren. "Mientras que la modernidad condujo al país a una búsqueda de identidad cultural y la creación de una conciencia regional, en la que Latinoamérica empezó a adquirir un significado colectivo de confluencia cultural y de historia compartida, la posmodernidad aparece como una fuerza que empieza a borrar las fronteras nacionales y regionales en términos de cultura."(35)

Viele Autoren, vor allem aber Schriftstellerinnen prüfen nun die in der Moderne entworfene Idee einer kollektiven kulturellen Identität. In ihren Werken gehen sie davon ab, eine harmonische Einheit darzustellen. Sie versuchen Phänomene zu erarbeiten, die durch ein plurikulturelles Gesellschaftssystem entstanden sind. Die Werke selbst haben transkulturellen Charakter und sind Ergebnisse einer plurikulturellen Gesellschaft.

Die Literatur nimmt hybride Züge an und steht in der Tradition des Postmodernismus, dessen Merkmale nach Mercedes Charles folgende sind: "La igualdad de los géneros, de las etnias, de los grupos minoritarios, se postulan en el discurso posmoderno [...]." (Charles 1989: 27)

So wie der Postmodernismus und der Feminismus, schreibt Terry Eagleton, ist auch die postkoloniale Theorie infolge historischer Entwicklungen entstanden. In dieses Dreieck ist die Literatur der Transkulturation heute eingebettet. "Der Zusammenbruch der großen europäischen Reiche, ihre Ersetzung durch die weltweite ökonomische Hegemonie der Vereinigten Staaten, die ständige Erosion des Nationalstaates und der traditionellen geopolitischen Grenzen zusammen mit globalen Massenmigrationbewegungen und der Schaffung sogenannter multikultureller Gesellschaften, die intensive Ausbeutung von ethnischen Gruppen im Westen und von randständigen Gesellschaften anderswo, die ungeheure Macht der neuen transnationalen Unternehmen - all dies hat sich seit den 60er Jahren schnell entwickelt, und damit entstand eine veritable Revolution unserer Vorstellungen von Raum, Macht, Sprache, Identität."(36) Diese "unbewaffnete" Revolution wird zu einem Teil von Schriftstellerinnen angeführt.

Heute schreiben die Frauen eine in der Tradition verankerte, aber von äußeren Einflüssen geprägte Literatur, die mit indigenen, spanischen und global-westlichen Aspekte gekennzeichnet ist. Was die Autorinnen hier auszeichnet, ist jedoch, daß sie sich für Randgruppen interessieren und so einen völlig neuen Diskurs schaffen. Die zum Schweigen "Verurteilten" bekommen eine Stimme und der politisch-soziale Diskurs in der Literatur tritt in die Öffentlichkeit und wird Realität. "[...] la literatura no es un lujo para el feminismo, sino parte integrante de la esfera social que, sin perder los privilegios que proporciona lo ficitivo, es un terreno idóneo para proponer alternativas a las condiciones actuales [...]"(37)

Betrachtet man nun den Verlauf der Transkulturation, so kann man feststellen, daß sich diese sehr früh, bereits seit der Zeit der Eroberung vollzog. In der Kunst war vor allem der architektonische Stil davon geprägt sowie die Malerei(38). Die Literatur nahm diesen Stil jedoch erst sehr spät auf. Die ersten Werke sind mit der Strömung des Magischen Realismus zu datieren. Grund für das verzögerte Erscheinen der Transkulturation in der Literatur ist der Stellenwert der Literatur während der Kolonialzeit. Sie beinhaltete neue Ideen, die für die Eroberer gefährlich werden konnte. Man hielt sie bewußt von der indigenen und kreolischen Bevölkerung fern, sowie das Bildungsniveau möglichst gering. Ein weiterer Faktor für das anfängliche "Desinteresse" an der Literatur ist die Verwurzelung des indigenen Volkes in der mündlichen Tradition. So blieb die Beschäftigung mit dieser aus und wurde erst mit Ende der Kolonialisierung als Mittel zur Identitätsformung entdeckt. Wie sich diese Literatur aber als transkulturelle kennzeichnet, folgt im nächsten Kapitel, in dem über Angel Rama und José Maria Arguedas' Theorie der "transculturadores narrativas" gesprochen wird.

 

1.3. Kulturtheorie in der Literatur: Rama und Arguedas

Ángel Rama (1926-1983) sowie José María Arguedas (1911-1969) legten Fernando Ortiz' Theorie auf die Literatur um und weiteten sie auf den Andenraum aus. Gerade im neueren literarischen Kontext, der in Lateinamerika eine hohe politische Bedeutung hat und die Traditionen beider Kulturen - die schriftliche und mündliche - vereint, spiegelt sich die Gegenwart einer transkulturellen Gesellschaft. Beide Theoretiker versuchen, eine Brücke herzustellen, welche die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet. Eduard Said betont, daß beide Kritiker, Rama und Arguedas, transkulturelle Persönlichkeiten sind, die durch ihre Exilierung in einer Kultur lebten, die nicht die ihre war. (39) Rama übt mit seiner Theorie Kritik an den althergebrachten Muster und Arguedas legt seine ethnologischen Studien auf die Literatur um.

Auslöser für diese intensive Literaturkritik (besonders im Falle Ángel Ramas), so Moraña, war eine verstärkte Hinwendung zur Politik in den 70ern sowie die von Adorno und Horkheimer initiierte Diskussion über die "Kulturindustrie". Letztere unterzogen sie einer neomarxistischen, gesellschaftskritischen Beurteilung. Einen ebenso starken Einfluß hatte das späte Werk Sartres, das von marxistischen Tendenzen beherrscht war und in intellektuellen Kreisen nach der kubanischen Revolution gelobt wurde.(40)

Arguedas geht davon aus, daß eine Gesellschaft, die statisch wird, verloren ist. Eine Gesellschaft, die zum Beispiel aus kolonialen Verhältnissen heraus entstanden ist, ist vital und in ständiger Bewegung, sie formt sich unter fremden Einflüssen und muß sich arrangieren zwischen verschiedenen Welten, Traditionen und Sprachen. Die Autoren dieser transkulturellen Gesellschaft schreiben also in diesem Kontext, das heißt aus diesem Konflikt heraus. So sind die Charaktere in deren Romanen ebenfalls Figuren, die in diesem Spannungsfeld stehen und danach verlangen, in dieser Weise verstanden zu werden: "then one also must call for the creation of new types of readers. That is, readers who are capable of reading at least biculturally and bilingually and who thus do not read Latin American novels and narratives monologically." (Spitta 1995: 8) Rama, der wohl wichtigste Kritiker, der sich mit dem Phänomen der Transkulturation auseinandersetzt, geht von Arguedas Ethnographie aus und zeigt kulturelle Schnittstellen (Sprache, literarische Bewegungen etc.) auf. Ziel beider Autoren ist es, ein kritischeres Bild der lateinamerikanischen Literatur in der Tradition der Transkulturation zu erzeugen, das eine völlig neue Rezeption fordert, da in dieser Literatur meist zwei oder mehrere Weltanschauungen nebeneinander stehen.(41) (Vgl. Spitta: 8-11)

1.3.1. Transculturación Narrativa en América Latina von Ángel Rama

"...las letras latinoamericanas nunca se resignaron a sus orígenes y nunca se reconciliaron con su pasado ibérico." (Rama 1982: 11) Mit diesen Worten beginnt Rama sein Werk Transculturación narrativa en América Latina (1982). Sie deuten bereits darauf hin, daß zwei gegensätzliche Pole existieren, die die Literatur beeinflussen. Sie lassen aber keine eindeutige Zuweisung zu.

Wie bereits oben erwähnt, übernimmt Rama die Theorie von Ortiz. Um sie jedoch auf die Literatur übertragen zu können, muß er einige Korrekturen und Erweiterungen vornehmen. Ortiz umschreibt die transkulturelle Gesellschaft als jene, die einem "transitiven Prozeß" unterliegt und somit einer teilweisen Entkulturisierung ausgesetzt ist, aber auch neue kulturelle Phänomene hervorbringt. Rama kritisiert an Ortiz' Theorie, daß er den Bereichen Selektivität und Erfindungsreichtum keine Aufmerksamkeit schenkte, die in einer "plasticidad cultural" eine wichtige Rolle spielen: "Este diseño no atiende suficientemente a los criterios de selectividad y a los de invención, que deben ser obligadamente postulados en todos los casos de 'plasticidad cultural', dado que ese estado certifica la energía y la creatividad de una comunidad cultural. Si ésta es viviente, cumplirá esa selectividad, sobre sí misma y sobre el aporte exterior, y obligadamente, efectuará invenciones con un ‘ars combinatorio' adecuado a la autonomía del propio sistema cultural." (Rama 1982: 38)

Mit dem Begriff der Selektivität und in weiterer Folge Selektion verbindet man auch die Tatsache des Zurückweisens, denn eine Auswahl treffen heißt nun auch, das auszusuchen, was adäquat erscheint. Im Falle Lateinamerikas ist dieser Prozeß eng mit der "tendencia independista", verbunden, die für Rama in der Entwicklung der indioamerikanischen Kultur eine leitende Position innehat. Denn stets mußte man europäische und nordamerikanische Einflüsse, die von den Metropolen ausgingen, abwehren bzw. selektieren oder aus ihrem Kontext nehmen und sie lateinamerikagerecht präsentieren, mit den Worten Ramas: "haciéndolos suyos en un riesgoso modo abstracto." (Rama 1982: 39) Das abstrakte Darstellen oder die "tarea inventiva" findet in der transkulturellen Literatur und Kunst ihren Höhepunkt. (Vgl. Rama 1982: 38-40)

Rama verbindet also die Theorie von Ortiz mit seinen eigenen Ideen und faßt das Phänomen der Transkulturation in vier Punkten zusammen:

"Estas cuatro operaciones son concomitantes y se resuelven todas dentro de una reestructuración general del sistema cultural, que es la función creadora mas alta que se cumple en un proceso transculturante." (Rama 1982: 39) In der Ausführung seiner Thesen benennt er das Phänomen der Transkulturation mit dem Begriff eines Prozesses und weist stets darauf hin, daß es sich um einen dynamischen Vorgang(42) handelt, der ständigen Wandlungen untersteht und immer neue Formen in der Literatur erreicht.

Auch Canclini beschreibt in seinem Werk, daß der Prozeß der Selektion ein wichtiger Bestandteil der gegenwärtigen lateinamerikansichen Kultur ist. "'Los mitos nacionales no son un reflejo de las condiciones en que vive la masa del pueblo', sino el producto de operaciones de selección y ‘trasposición' de hechos y rasgos elegidos según los proyectos de legitimación política." (Bartra 1987, 225-242, zitiert nach Canclini 1992: 177)

Silvia Spitta unterstreicht, daß Rama die Theorie der Transkulturation im Umfeld verschiedener Schnittstellen ansiedelt:

Abb. 2 (Vgl. Spitta 1995: 9)

Wie in Phase II erklärt, siedelt auch Àngel Rama den Beginn des aufwachenden Nationalbewußtseins und die Bewußtwerdung, als transkulturelles Volk zu existieren, zu Beginn des letzten Jahrhunderts an. Genauer gesagt, setzt er es mit zwei literarischen Bewegungen in Verbindung: dem Regionalismus und der Avantgarde. Im Regionalismo vereinen sich Indigenismo und Criollismo. Die zu dieser Zeit entstandenen Werke kehren zurück zu den Ursprüngen und benutzen eine eigene Sprache und einen Rhythmus, die denen der jeweiligen regionalen Bevölkerung eigen sind. Sie beschreiben das Lebensgefühl der indigenen Bevölkerung und deren Tradition. Sie sind eine Erweiterung des Naturalismus und eine Umformung des costumbrismo. Der Regionalismus sorgt für erzähltechnische Neuerungen. Er steht für Lateinamerika, für das Leben am Land, während die Avantgarde für die von außen einwirkenden Städte, für die Moderne, steht, die sich vor allem in den urbanen Zentren des Subkontinents breitmacht. (Vgl. Rama 1982: 11-57) Hier stoßen zwei Weltanschauungen zusammen, die des Fortschrittglaubens und jene, die auf die Wahrung der Tradition ausgerichtet ist. Ein fruchtbarer Boden für die Entstehung transkultureller Werke bietet sich an.

In der Art und Weise, in der man davon weg geht, nur von Tradition zu schreiben, und auch das Heute miteinbezieht, sieht Rama die richtige transkulturelle Literatur. Man spricht nicht nur von einer Kultur, die bedroht ist ausgelöscht zu werden, sondern von einer, die sich durch ihre "plasticidad cultural" neu formt.(43) Rama beschreibt dies bereits 1974(44) in seinem ersten Text zur Transkulturation folgendermaßen: ‘rearticulación total de la cultura propia (regional) apelando a nuevas focalizaciones dentro de su herencia'." (Walde Uribe in: Scharlau 1994: 247) Dies äußert sich in der Literatur folgendermaßen:

Gustavo Remedi weist ausdrücklich darauf hin, daß die Transkulturation, wie sie Rama versteht, selbst keine Dichotomie (urban-regional, modern-traditional, etc.) darstellt, sondern daß sie aus der Polarisierung heraus entstand.(46)

Autoren, die in transkultureller hispanoamerikanischer Tradition schreiben, sind laut Rama Rulfo, García Márques(47) und Arguedas. Es sind Autoren, die nicht nach dem Vorbild einer anderen Literatur schreiben bzw. diese kopieren, die nicht einfach die regionale bzw. traditionelle Kultur reproduzieren, sondern "que realizan un proceso de selección, descarte, rescate, descubrimiento, combinación y síntesis de elementos de la cultura ajena tanto como de la propia". (Rama zitiert nach: Gustavo Remedi: 4)

Ramas Theorie ist nicht unumstritten, aber sie gab einen bedeutenden Anstoß für eine Neuorientierung in der lateinamerikanischen Literaturkritik, da sie eine Rezeption erlaubt, die sich mit der Vergangenheit sowie mit der Gegenwart auseinandersetzt. An dieser Stelle scheint es notwendig, Ramas Theorie der Ciudad letrada zu erwähnen. Sie ist eine Metapher für die verschriftlichte, gebildete Stadt, über die das Netz der globalisierten Welt gespannt ist und in der politisch gehandelt wird, beeinflußt von Modernisierung, Universalisierung und außenpolitischen Aktivitäten. Die transculturadores nehmen hier eine wichtige Stellung ein. Ihre Literatur schafft "'los puentes indispensables para rescatar a las culturas regionales' (Rama) que tienden a desnaturalizarse por efecto del influjo modernizador, percibido como el proyecto hegemónico y homogeneizante instrumentado por las elites urbanas." (Moraña 1997: 139)

Man darf hier aber nicht in eine zu starke Dichotomisierung fallen, denn, wie Moraña behauptet, existiert diese nicht in so hohem Grade. Indem sie Rama als seinen Ausgangspunkt benutzt hat, von dem aus er seine Theorie aufbaute, funktioniert sie als Stütze des transkulturellen nationalen Ideals und wirkt so einer zu starken Polarisierung entgegen. (Vgl. Moraña 1997: 140)

1.3.2. Schriftsteller und Ethnologe - José María Arguedas

"El novelista peruano José María Arguedas ha opacado, hasta casi hacerlo desaparecer, al etnólogo peruano José María Arguedas [...]" (Arguedas 1989: IX) schreibt Angel Rama im Vorwort zu dem von Arguedas 1975 veröffentlichten Werk Formación de una cultura nacional indoamericana. Arguedas beschäftigt sich hierbei mit Studien über die Montaro-Indios, seine Theorie ist somit im Andenraum entwickelt, wo er als Ethnologe Studien machte. In der Literatur, so Silvia Spitta, schrieb er in spanischer Sprache und übernahm westliche literarische Muster, in die er Geschichten des Andenraums einbaute. Indem er die Literatur der Andenkultur anpasste, machte er sie zu einer transkulturellen Literatur. Spitta schreibt weiter: " he also organized his novels according to the structure of Andean music rather than Western logic." (Spitta 1995: 140) Arguedas Prozeß der Anpassung an westliche Muster, aber nach traditionellen, indigenen Formen bestärkt das, was Angel Rama mit dem Begriff der Selektivität und dem Erfindungsreichtum verbindet, der ein Hauptmerkmal der transkulturellen Literatur ist.

Arguedas benutzt in seinen Abhandlungen sowohl den Begriff der Heterogenität als auch den Begriff der Transkulturation (Vgl. Spitta 1995: 141). Dies weist auf die Literaturtradition zurück, in der Arguedas Theorie entstanden ist. In Punkt 2.2 findet man die Erklärung zum Begriff der Heterogenität, der in der Zeit des Indigenismus hauptsächlich verwendet wurde.

Arguedas schrieb zwischen den zwei Weltkriegen. Er sah die Migration, die infolge der Industrialisierung vom Gebirge in die Küstenregionen stattfand, als zweitgrößte Katastrophe für die Andenbevölkerung nach der Kolonialisierung. Die Kernfrage in seinen Studien war, wie diese Kultur es schaffte zu überleben. Seine Antwort darauf war die Transkulturation, worunter er sowohl Verlust als auch Gewinn verstand. Das transkulturelle Volk wandelt sich laut Arguedas ständig und ist in Bewegung seit der Konquista. Arguedas macht weiters eine Unterscheidung zwischen "Indio" und "Mestize". Indio ist jemand, der sich mit der ursprünglichen Quechua-Kultur verbunden fühlt und Mestize bedeutet, sich davon zu entfernen. (Vgl. Spitta 1995: 142) Das Wort Mestize hat heute eine ambivalente Bedeutung, so schreibt auch Ramiro Reinaga: "Desde entonces en América Latina hay dos mundos antagónicos, el blanco y el indio, aquél viviendo de éste, despreciándolo y, sobre todo, negándolo. El mestizo no forma otro mundo; si es rico se integra en el mundo blanco, si es pobre, se sumerge en el indio." (Bonfil Batalla 1981: 97) Da diese offensichtliche Trennung in Indio und Europäer noch nicht verschwunden ist, kann man auch nicht insgesamt von einem transkulturellen Volk sprechen, sondern von einem Volk, das transkulturelle Aspekte aufweist bzw. kreiert hat - ein Beispiel: Die Literatur. Neben den transkulturellen Elementen finden sich, wie bereits angedeutet, auch parallele Elemente und diejenigen, die als "Fassade"(48) funktionieren, wie sie Gustavo Esteva(49) bezeichnet hat.

Zurück zu Arguedas, der als Beispiel für Transkulturation im Andenraum den Stierkampf angibt, der in einer anderen Form ausgetragen wird als in Spanien. Auf dem Rücken des Stiers sitzt ein Kondor, der als Symbol für die Andenkultur steht. Der Kondor überlebt im Kampf, während der Stier, als Zeichen der Eroberer, getötet wird. Der Triumph des indigenen Volkes über die Spanier wird symbolisch dargestellt. Weitere Beispiele sieht Arguedas in der kolonialen Architektur sowie in dem Musikinstrument charango.(50) Er behauptet, daß seit der Kolonialisierung eine Trennung in der Folklore als eindeutig indigene oder spanische unmöglich ist. (Vgl. Spitta 1995: 139-144)

Arguedas dachte, daß die einzige Möglichkeit, die indigene Kultur zu bewahren, die sei, die in einer "kulturellen Mestizaje" mündet. Er mußte jedoch feststellen, daß das Ausmaß an Erhaltung der Kultur von der Entfernung der urbanen Zentren abhängt. Arguedas spricht von "Antikörpern", die nicht fähig sind zu überleben. (Vgl. Spitta 1995: 144) Was Arguedas hier anspricht, hat eine große Bedeutung, da die Bevölkerung, die in die Stadt flüchtet bzw. in die USA, um Arbeit zu finden, sich meist auch den Bedingungen dort anpaßt. Ist es nicht die erste Generation, so die zweite, die die Schule besucht und mit dem okzidentalen Wissen "umgepolt" wird. Dieses Problem ist sehr ausgeprägt, da im Falle Mexikos zum Beispiel noch vor nicht allzulanger Zeit die Schüler, die in ihrer Muttersprache (indigene Sprache) redeten, bestraft wurden - eine vom Staat ausgehende Auslöschung der indigenen Kultur.

Arguedas Meinung geht in verschiedene Richtungen: Einerseits ist er interessiert daran, eine ursprüngliche, indigene Kultur zu erhalten, aber er widmet sich ebenfalls den Studien über das Mestizentum. Bestätigt wird seine Theorie der Transkulturation, als er in den 50er Jahren eine Untersuchung über die Montaro macht, die trotz schlimmer Verluste, einen Teil ihrer Tradition behalten haben und weitergelebt haben. Arguedas unterscheidet von nun an zwischen dem Mestizen, der in die Stadt geht, bzw. jenem, der am Land lebt. In seinen literarischen Werken verarbeitet er diese Erlebnisse bzw. Studien. So entsteht eine Vielzahl an Büchern wie Agua, Amor mundo, Los ríos profundos, Todas las sangres, Elzorro de arriba y el zorro de abajo. Letztere beide beschäftigen sich insbesondere mit dem Konflikt der Landflucht, auf der Suche nach Arbeit.

In seiner Literatur versuchte er zwei Welten zu verbinden und versuchte somit auch die mündliche Tradition des Quechua miteinfließen zu lassen. Seine Charaktere finden sich in einer Welt zwischen Stadt (oft Lima) und Land (Andenregion), zwischen Tradition und Moderne, zwischen den Sprachen Quechua und Spanisch. (Vgl. Spitta 1995: 144-153) Arguedas zeigt die Bevölkerung Perus in ihrer Komplexität und kritisiert somit die romantische Beschreibung in manch früheren Werken.

 

1.4. Transkulturelle Literatur als Phänomen einer plurikulturellen Gesellschaft

Wenn man von Ortiz' Theorie ausgeht, die das kubanische Volk beschreibt, kann man von einer transkulturellen Gesellschaft sprechen. Die Studien im folgenden Kapitel beschränken sich auf den Raum Zentralamerika. Man kann hier nicht eindeutig von einer transkulturellen Gesellschaft ausgehen, da zwischen den beiden Völkern weitgehend keine Harmonie bzw. Toleranz herrscht(51). Im Falle von Mittelamerika sollte man daher besser von einer plurikulturellen(52) Bevölkerung sprechen, die jedoch transkulturelle Elemente hervorgebracht hat. Ortiz formuliert in seiner Theorie: "y además, significa la consiguiente creación de nuevos fenómenos culturales" (Rama 1990: 33). Eines dieser Phänomene bzw. Elemente ist die Literatur, die zu einem Großteil transkulturelle Aspekte aufweist und eine Kritik an den gegenwärtigen Gesellschaftszuständen darstellt. (Vachon 3,1995: 8)

Es ist also wichtig zwischen transkulturellem Volk und transkulturellem künstlerischem Phänomen zu unterscheiden. Die Literatur, die im folgenden behandelt wird, weist transkulturelle Elemente auf und ist von unterschiedlichen Weltanschauungen geprägt. Die Autorin Gioconda Belli beschäftigt sich mit der gegenwärtigen Situation bzw. mit Ereignissen der nahen Vergangenheit, die immer noch an Aktualität besitzen. In ihren Werken wird aber auch die Geschichte Lateinamerikas, die Eroberung und Kolonialzeit zu einem Protagonisten, mit dessen Hilfe die Transkulturation dargestellt ist.

© Doris Schwarzwald (Wien)

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ANMERKUNGEN

(1) R. Vachon (ed): "Guswenta or the intercultural imperative", in: Interculture 2 (1995), S. 49.

(2) H. J. König: Lateinamerika: Eichstätter Hochschulreden. Zum Problem einer eigenen Identität, Regensburg, 1991, S. 5.

(3) Bezeichnung und Fehlglaube der Azteken bei der Ankunft der Spanier auf dem amerikanischen Kontinent. Überliefert im Kodex Florentino, gesammelt von Bernardino de Sahagún zwischen 1550 und 1555 (vgl. G. Baudot/ T. Todorov: Relatos aztecas de la conquista, Mexiko, 1990, S. 59-183).

(4) A. Rama: Transculturación narrativa en América Latina, México, 1982, S. 32-33.

(5) S. Spitta: Between two waters. Narratives of Transculturation in Latin America, Texas, 1995, S. 4.

(6) F. Ainsa: Identidad Cultural de Iberoamérica en su narrativa, Madrid, 1986, S. 60.

(7) Besonders heute vollzieht sich eine Transkulturation die weltweit in den industrialisierten Teilen zu beobachten ist - die Globalisierung. Der wachsende anglo-amerikanische Einfluß dringt mehr und mehr in das Alltagsleben ein. Eine neue Kultur macht sich breit und verfließt zu einem neuen Ganzen. Diese gegenwärtige Transkulturation ist ebenfalls in Lateinamerika zu beobachten, wie es sich später in den Werken Bellis herausstellen wird.

(8) Eine Umlegung auf die Situation zwischen indigener Bevölkerung und spanischen Einwanderern nehmen Arguedas und Rama vor.

(9) Hieraus erklärt sich der große schwarze Bevölkerungsanteil in Kuba.

(10) Ein treffendes Beispiel zur Literatur liefert der kubanische Essayist und Kulturkritiker Roberto Fernández Remar: "das Gold des Siglo de Oro, der spanischen Literatur stammte aus Amerika" (O. Ette: "Asymmetrie der Beziehungen. Zehn Thesen zum Dialog der Literaturen Lateinamerikas und Europas", in: B. Scharlau (ed): Lateinamerika denken. Kulturtheoretische Grenzgänge zwischen Moderne und Postmoderne. Tübingen, 1994, S. 297).

(11) International Dictionary of Regional European Ethnology and Folklore, zitiert nach: Spitta 1995: 3.

(12) Arguedas nimmt selbst Stellung zu Ortiz Theorie und legt diese auf den Andenraum um (vgl. Kapitel 1.3).

(13) Malinche, ein Indianermädchen war die lengua Cortés, seine Übersetzerin, und verhalf den Spaniern dazu ihren Siegeszug erfolgreich durchzuführen, als Rache an ihrem eigenen Volk, das sie verkauft hat.

(14) P. Schumm: "Mestizaje und culturas híbridas - kulturtheoretische Konzepte im Vergleich", in: Scharlau 1994: 62.

(15) Mariátegui 1928 nach Schumm in: Scharlau 1994: 68.

(16) Darunter versteht man "das Problem einer gleichzeitigen und in keiner gesamtgesellschaftlichen Dynamik integrierbaren Existenz verschiedener Produktionsweisen" (Córdova 1971 nach Schumm in: Scharlau 1994: 68)

(17) Vgl. dazu Punkt 3.2.6.

(18) Für dieses Werk erhielt Canclini den Premio Iberoamericano, das von der Latin American Studies Association als bestes Buch über Lateinamerika in der Zeit von 1990-1992 ausgezeichnet wurde.

(19) N. García Canclini: Culturas Híbridas. Estrategias para entrar y salir de la modernidad, Mexiko, 1990, S. 14-15.

(20) M. Rössner: Lateinamerikanische Literaturgeschichte, Stuttgart, 1995, S. 19.

(21) Der Oberschicht gehörte nur ein geringer Teil der Bevölkerung an. Den Kreolen, den Nachfahren der Spanier in Amerika, war es ebenfalls nicht erlaubt, hohe Ämter zu bekleiden, der Zugang zu den Universitäten war limitiert. Damit wurde verhindert, daß Spanier, die im transkulturellen Umfeld aufwuchsen und sich möglicherweise mehr zur anderen Volksgruppe zugehörig fühlten, leitende Positionen innehaben.

(22) C. A. Loprete: Iberoamérica. Historia de su civilización y cultura. New Jersey: Prentice Hall, 1995, S. 90.

(23) " Para Porras, en Garcilaso se observan el alma peruana y sus más notorias características. La timidez india se une con el orgullo español. Lo nostalgico y evocativo - que remiten a la cosmovisión quechua, en este caso - se fusionan con el renacentista deseo artístico de perfección formal en el ámbito de la escritura." (C. F. Cozman: "Raúl Porras Barrenechea y la literatura Peruana. Las Crónicas y la transculturación.", in: http://200.10.68.58/bivirtual/libros/Barrenchea/croni transcul.htm, v. 23.3.2001, S. 2.)

(24) Simón Bolívar (1783-1830); "Libertador de Venezuela, Colombia, Ecuador, Perú y Bolivia. En su famosa Carta de Jamaica profetizó el futuro de las nuevas repúblicas." (E. Chang-Rodríguez: Latinoamérica su civilización y cultura, Mexiko, 32000, S. 131.)

(25) Eduard Said spricht sich in Bezug auf die Kreolen gegen eine Zugehörigkeit zur transkulturellen Gesellschaft aus. "En Latinoamérica [...] resistencia y eventual liberación del poder colonial se manifestaron de manera diferente, debido a la presencia criolla que racialmente no era distinta del colonizador. Los movimientos de liberación no se dieron [...] por medio de una resistencia sistematica por las clases subalternas, sino más bien se realizaron desde arriba por latifundistas que tenían un conflicto de interés tanto con los colonizadores como con las masas locales de indígenas y mestizos. Por lo tanto, la independencia no dio por resultado la restauración del control gubernamental a los habitantes originales, indígenas y mestizos de las clases subalternas, sino que cedió el poder, cuya estructura se basaba en el feudalismo español, a la nueva población criolla de origen europeo. En este sentido, hablar de transculturación sería ingenuo, si no peor." (E. Said: "Ángel Rama y su ensayística transcultural(izadora)", in: http://www.google.com/search?q=cache.ww...edicion/archivo7.phtml+Angel+Rama&hl=d, 2001, S. 6)

(26) "El modernismo, al menos, unía a los poetas, y los poetas tienen mucho que ver en la vida política de esa parte del mundo. [...] En las mesas redondas de París se daban la mano peruanos, bolivianos, venezolanos, uruguayos, ecuatorianos ... Había algo que avanzaba hacia la reconstrucción del continente perdido." (G. Arciniegas: El continente de siete colores. Historia de la cultura en América Latina, Buenos Aires, ²1970, S. 590.)

(27) "Identität - kollektive Identität, Selbstverständnis und Selbstbild - gibt es ja an und für sich nicht, sie geht immer mit einer Fremdvorstellung einher, kommt durch sie eigentlich erst zustande." (König 1991: 6)

(28) Vgl. G. Bonfil Batalla (ed): Utopía y Revolución. El pensamiento político contemporáneo de los indios en America Latina, Mexiko, 1981, S. 9-17.

(29) Interview mit G. Esteva, geführt von D. Schwarzwald und B. Thaler, 17.5.2001.

(30) Interview mit B. Maldonado Alvarado, geführt von D. Schwarzwald und B. Thaler, 17.5.2001.

(31) Die Revolution in Nicaragua mit der Kulmination 1977/78 ist Thema in Gioconda Bellis Werk La mujer habitada und liefert eine völlige neue Darstellung der Frau in der Guerilla sowie der Frau als politisch handelnder Person.

(32) M. Dalton: "El horizonte es el Tempo del Mañana", in: Entrelíneas, (3)2000, S. 6.

(33) C. Rincón: "Die neuen Kulturtheorien: Vor-Geschichten und Bestandsaufnahme", in: Scharlau 1994: .62.

(34) T. Garton Ash: "The European Orchestra, in: The New York Review of books v. 17.5.2001, http://www.nybooks.com/articles/14237.

(35) M. Charles: "Mujeres y posmodernidad", in: fem 12(1989), S. 26.

(36) T. Eagleton: Einführung in die Literaturtheorie, Stuttgart, 41997, S. 232.

(37) R. Gutiérrez Estupiñan: "Sobre la literatura feminina en México ante el nuevo milenio", in: fem 8 (1997), S. 41.

(38) In der Architektur waren die Indigenas wertvolle Baumeister, die die Gegebenheiten in ihrem Land besser kannten als die Eroberer. In der Malerei, besonders in der religiösen Malerei fanden sich deshalb sehr früh transkulturelle Elemente, da diese benutzt wurden, um die Religion zugänglicher und verständlicher zu machen.

(39) "Me aventuro a decir que Rama mismo, como Arguedas, era un ser transculturado que vivía y escribía en una cultura que no era la suya y es posible que este hecho haya sido el promotor de su intensa indagación en la natrualeza de los choques de relaciones desiguales en el terreno cultural, sobre todo. Su contribución a la reorientación crítica de la interpretación de la expresión literaria latinoamericana fue producto de sus propias inquietudes como persona viviente en un medio a cuya ideología (también) se oponía." (Said 2001: 6)

(40) M. Moraña (ed): Ángel Rama y los estudios latinoamericanos, Pittsburgh, 1997, S. 139.

(41) Der Literaturkritiker Eduard Said sieht in Ramas Ausführungen zur Transkulturation eine neue Aufgabe für die Literaturwissenschaft: "Entonces, podemos deducir que el crítico se apropia del concepto de la transculturación no sólo en su sentido antropológico, sino que lo usa como instrumento de crítica literaria, cuyo papel, entre otros, es institucionalizar el texto literario y analizarlo como construcción ideológica. (Said 2001: 6)

(42) "Utensilios, normas, objetos, creencias, costumbres, sólo existen en una articulación viva y dinámica, que es la que diseña la estructura funcional de una cultura." (Rama 1982: 39)

(43) Vgl. E. von der Walde Uribe: "De la crítica de la literatura a la crítica de la cultura: Hacia una lectura de Angel Rama", in: Scharlau 1994: 243-250.

(44) 1973 gibt Rama seine ersten Vorträge über Transculturación narrativa in der Universität San Pablo, Brasilien. 1974 publiziert er in seinem Werk La novela latinoamericana. Panoramas 1920-1980 einen Text zu diesem Thema, den er 1982 in La transculturación narrativa en América Latina weiter ausführt.

(45) "...la peculiaridad cultural desarrollada en lo interior, la cual no ha sido obra única de sus élites literarias sino el esfuerzo ingente de vastas sociedades construyendo sus lenguajes simbólicos." (Rama 1982: 12)

(46) Vgl. G. Remedi: Ciudad letrada. Ángel Rama y la espeacialización del análisis cultural, in: http://henciclopedia.org.uy/autores/Remedi/ciudadletrada.htm v.23.32001, S. 4-7.

(47) "Él leyó a Joyce, a Woolf, a Kafka, pero eso no es lo que está en Cien años de soledad; lo que está es un repertorio de formas, no solamente de temas, sino de formas, de maneras de expresarse. La construcción del gag, del chiste, el modo fragmentario de la elaboración artística que pertenecen a los modos tradicionales de la lengua y del habla de un costeño colombiano." (Rama, in: Remedi: 5)

(48) Fassade im Sinne von Vortäuschung, die ein Überleben gewährt. Vor allem in der christlichen Lehre, die für die Indigenas oft unverständlich war, aber ausgeübt wurde, um Frieden zu haben.

(49) mit G. Esteva, Interview.

(50) Charango ist ein ursprünglich spanisches Musikinstrument, das aber mit amerikanischen Materialen gebaut wird und nun als typisches Instrument vom Andenraum angesehen wird. Die Architektur wurde mit dem Wissen der Inka gebaut und nach spanischem Vorbild verfeinert. (Spitta 1995: 144/143)

(51) Ramiro Rainaga bestätigt diese Aussage: "El eufemismo 'America Latina' encubre esta ruda diferencia con la leyenda rosada de una supuesta unión idílica entre el bizarro y noble conquistador español y la bella princesa india, cuyo amor habría engendrado al 'latinoamericano'. La historia es otra. El conqistador no fue ni bizarro ni noble, fue presidiario, o, en el mejor de los casos, un 'segundón' privado por el derecho feudal de la primogenitura y de la posibilidad de heredar. Él violó y a menudo estupró a la infeliz india paralizada de terror. Desde entonces en América Latina hay dos mundos antagónicos, el blanco y el indio, aquél viviendo de este, despreciándolo y, sobre todo, negándolo. El mestizo no forma otro mundo; si es rico se integra en el mundo blanco, si es pobre, se sumerge en el indio. La América Latina blanca, oprimida por el imperialismo norteamericano, es opresora de la América India." (Rainaga in: Bonfil Batalla 1981: 97)

(52) Von einer plurikulturellen Bevölkerung kann man deshalb sprechen, weil keine völlig neue harmonische Gesellschaft existiert, sondern mehrere verschiedene, die nebeneinander leben.

(53) Innsbrucker Zeitungsarchiv abgekürzt mit IZA.


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Interviews

Interview mit Gustavo Esteva, geführt von Doris Schwarzwald und Barbara Thaler, 15.5.2001.

Interview mit Benjamin Maldonado Alvarado, geführt von Doris Schwarzwald und Barbara Thaler, 17.5.2001.


For quotation purposes - Zitierempfehlung:
Doris Schwarzwald (Wien): Lateinamerikanische Literatur im Lichte der Transkulturation. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 14/2002. WWW: http://www.inst.at/trans/14Nr/schwarzwald14.htm

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