Trans | Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften | 16. Nr. | August 2006 | |
1.2. Gesellschaftliche Reproduktion und kulturelle Innovation. Aus semiotischer Sicht |
Astrid Hönigsperger (Universität Wien)
[BIO]
Immer wieder weisen wissenschaftliche Untersuchungen vor allem von außereuropäischen Kulturen darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Weltbevölkerung mehrsprachig aufwächst(1). Oft lernen Kinder von klein auf nicht nur zwei, sondern drei oder gar vier und mehr Sprachen oder Erwachsene erwerben sie später im Laufe ihres Lebens aus kommunikativer Notwendigkeit(2), weil eben beispielsweise auf einem afrikanischen Markt viele verschiedene Sprachen gesprochen werden und folglich seine praktischen kommunikativen Kenntnisse für den Händler kommerzialisierbar sind.
Zum Thema der individuellen Mehrsprachigkeit möchte ich an dieser Stelle nur soviel sagen, dass entgegen vielen noch immer präsenten Befürchtungen Mehrsprachigkeit viel eher ein Vorteil als ein Nachteil sein kann; Migrantenfamilien in den verschiedensten europäischen und außereuropäischen Kulturen beweisen, dass Kinder absolut in der Lage sind zwei Sprachen so gut lernen zu können, dass sie in ihren sprachlichen Kompetenzen nicht von Kindern der Herkunftskultur oder der aufnehmenden Kultur zu unterscheiden sind(3).
Mehrsprachigkeit ist die gesellschaftliche Norm in vielen Kulturen. Sieht man sich eine Sprachenkarte von den meisten Ländern der Erde an, so sieht man beispielsweise Länder wie Kamerun mit 250 offiziellen Sprachen, Mexiko mit annähernd ebenso vielen, aber nicht offiziellen Sprachen. Man braucht nicht so weit weg zu gehen, um gesellschaftliche Vielsprachigkeit(4) anzutreffen, denn auch im europäischen Russland ist eine Vielzahl von Sprachen vertreten, im asiatischen Teil dementsprechend mehr(5). Im Internet durch Länder und Kontinente zu "browsen" und nach der Vielzahl von Sprachen Ausschau zu halten, ist spannend und oftmals ebenso erstaunlich; die Anzahl der offiziellen Sprachen und der tatsächlich in einem Land gesprochenen Sprachen klafft mitunter recht weit auseinander! Trotz aufkommender Tendenzen, auch in Europa nicht mehr in der Einsprachigkeit die Lösung aller gesellschaftlichen Probleme zu sehen, nimmt sich die Sprachenlandschaft auf unserem Kontinent vergleichsweise eintönig aus.
Ich möchte im Folgenden der Frage nachgehen, wie sich die Rolle von einzelnen, oder auch von mehreren Sprachen in einer Gesellschaft im Laufe der Zeit verändern kann, d.h. durch welche politischen und gesellschaftlichen Umstände sich sprachpolitische Konstellationen in einzelnen Ländern verändert haben und welche Veränderungen und Tendenzen in der Gegenwart spürbar sein können. Ich beziehe mich vorrangig auf die Sprachenpolitik im romanischsprachigen Europa, speziell in Italien und auch in Österreich.
Die Zwei- oder Mehrsprachigkeit ist eine eigene, nicht nur auf die sprachlichen Kompetenzen beschränkte Fähigkeit, sich in mehreren Sprachen und Kulturen bewegen zu können. Mehrsprachige können schon allein wegen ihrer vielfältigen kulturellen Kompetenz nur schwer mit Einsprachigen verglichen werden, was bis in die jüngere Vergangenheit zu absurden Vorurteilen geführt hat, die mitunter auch in "wissenschaftlicher" Literatur hartnäckig vertreten waren. Aber nicht nur die kulturelle Mehrfach-Zugehörigkeit Betroffener war vielen zumindest "suspekt", sondern auch sprachliche Merkmale, die auftreten können, wurden in einem Ausmaß überbewertet bzw. fehlinterpretiert, dass viele Menschen es vorzogen, ihre Kinder einsprachig zu erziehen, sofern das möglich war:
Ein Phänomen dieser mehrsprachigen Kompetenz ist das sog. code-switching, das bei mehrsprachigen Menschen in individuell oder situationsbedingt unterschiedlicher Ausprägung auftreten kann. Der Sprecher wechselt im Gespräch mit anderen Mehrsprachigen von einer Sprache in eine andere, bzw. er übernimmt Wörter und Begriffe aus einer Sprache in eine andere. Das ist keine "Schlampigkeit" oder ein Zeichen von sprachlicher "Faulheit", sondern Ausdruck besonderer sprachlicher und kultureller Kommunikationsmuster. Sprache ist nicht nur ein verbales Kommunikationssystem, sondern ebenso ein kulturelles Zeichensystem. Nicht nur die Wahl der Sprache an sich, sondern auch die Form, der Stil und der Inhalt von sprachlichen Äußerungen beinhalten gleichzeitig Informationen über kulturelle Werte, Traditionen und Verhaltensregeln. Im Hindi gibt es beispielsweise, wie auch noch in anderen Sprachen des indischen Subkontinents keine Wörter für "danke" oder "bitte". Dieses "Fehlen" beruht auf Traditionen in der Hindukultur, wo Geben nur von der älteren Generation an die jüngere möglich war. Der umgekehrte Weg war tabu, denn mit einer solchen Handlung hätte sich der Gebende in eine gleichberechtigte soziale Position zu dem Mitglied der älteren Generation begeben, was in hohem Maße respektlos gewesen wäre. Auch das Wort "danke" stellte bereits eine solche Respektlosigkeit dar, denn "danke" und "bitte" repräsentieren gleichberechtigtes Geben und Nehmen. In der heutigen zeit haben moderne indische Familien dieses Zeichen ihrer traditionellen Kultur um dieses ihnen an sich "fremde" Konzept erweitert. Natürlich erwarten sie von ihren Kindern, dass sie danke und bitte sagen, wenn sie Geschenke von Älteren bekommen. Also benutzen sie dazu die englische Sprache. Das heißt aber nicht, dass damit auch der grundlegende Respekt der älteren Generation gegenüber abgelegt würde; es ist nur ein neues - zusätzliches - kulturelles System entstanden. Multilinguismus ist also nicht bloß die Summe zweier oder mehrerer (mehr oder weniger) vollständiger Sprachen, sondern es ist eine einzigartige und besondere linguistische Form der Sprache und darüber hinaus der mit der Sprache zusammenhängenden Kultur.
Um den in Europa so populären Gedanken von "une langue - une nation" scheinbar zu bestätigen, stützte man sich lange Zeit auf ideologisch gefärbte Untersuchungen, die Migrantenkinder mit einsprachigen Kindern verglichen, ohne aber bedeutsame extralinguistische Faktoren mit zu berücksichtigen. Das soziale Umfeld, das Bildungsniveau der Eltern, das Maß an (sprachlicher und nicht-sprachlicher) Zuwendung etc. sind Faktoren, die die Aussagekraft einer Studie ins Gegenteil verkehren können. In jüngerer Zeit wurde dieser wissenschaftstheoretisch zumindest fragwürdige Ansatz gründlich revidiert durch neuere und methodisch besser gesicherte Untersuchungen, die allesamt positive Beziehungen zwischen dem Beherrschen mehrerer Sprachen und kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten aufweisen, und zwar in unterschiedlichen Gesellschaften und mit unterschiedlichen Sprachen. Eine Reihe von Arbeiten aus Süd- und Südostasien zu diesem Thema hat gezeigt, dass simultan mehrsprachige Kinder im Vergleich zu einsprachigen bessere Schulleistungen in verschiedenen Klassen aufwiesen, bessere kognitive und Informationsverarbeitungs-fähigkeiten hatten, insgesamt kreativer und flexibler waren. Und auch kulturelle Toleranz kann eine Konsequenz sein: die Fähigkeit, denselben Gedanken oder dieselbe Erfahrung in verschiedenen Sprachen ausdrücken zu können, macht es möglich, eine bestimmte Sprache als ein sprachliches System unter vielen zu betrachten und somit Wertschätzung für unterschiedliche kulturelle Systeme zu entwickeln.
Verschiedene Sprachen zu sprechen ist ohne jeden Zweifel eine wertvolle Ressource in der oft beschriebenen globalen Welt, in der wir leben.
Der Alltag in der Stadt, aber zunehmend auch auf dem Land zeigt es: Österreich ist ein vielsprachiges Land. Die weit verbreitete Meinung, dass in Österreich nur Deutsch gesprochen wird, ist ganz offensichtlich unrichtig. Slowenisch, Kroatisch, Bosnisch, Serbisch, Türkisch, zunehmend auch Albanisch und Arabisch sind gebräuchliche Umgangssprachen der Bewohner dieses Landes(6). Wenn man alle Sprachen der Migranten berücksichtigen wollte, müsste man die Liste der hier zu nennenden Sprachen noch weit fortsetzen, doch da Migranten in Österreich (wie in den meisten anderen europäischen Ländern auch) keine Minderheitenrechte genießen, ist ihre (sprachen-)politische Situation nicht mit den autochthonen burgenländischen Kroaten und kärntner Slowenen zu vergleichen.
Im Detail sehen die statistischen Angaben(7) zu den Sprachen folgendermaßen aus, wobei zu berücksichtigen ist, dass nach der Umgangssprache gefragt wurde, was nach Ansicht von Minderheitensprechern zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Zahl geführt haben könnte:
Deutsch | 7,115.780 |
Ungarisch | 40.583 |
Slowenisch | 24.855 |
Burgenlandkroatisch | 19.412 |
Tschechisch | 17.742 |
Slowakisch | 10.234 |
Romanes | 6.273 |
Windisch(8) | 568 |
Österreichische Gebärdensprache ? |
Wenn man die nicht autochthonen Sprachgruppen miteinbezieht, so steigen die Sprecherzahlen sprunghaft an: die zahlenmäßig größte autochthone Gruppe, die Ungarn, wird deutlich übertroffen von den folgenden:
Türkisch | 183.445 |
Serbisch | 177.320 |
Kroatisch | 131.307 |
Englisch | 58.582 |
Knapp darunter, aber zahlenmäßig noch immer über der zweitstärksten autochthonen Minderheit, liegen die folgenden Sprachen und ihre Sprecher:
Bosnisch | 34.857 |
Polnisch | 30.598 |
Albanisch | 28.212 |
Auch wenn Theorie und Praxis (noch?) weit auseinanderklaffen(9): Die Rechte der autochthonen Minderheiten in Österreich werden zumindest auf dem Papier durch den Staatsvertrag und die EU-Charta geschützt, was diese Sprachen (jedenfalls theoretisch) mancherorts zu gleichberechtigten neben dem Deutschen macht(10). Die Zahlen zeigen es deutlich: die Zuwanderer der jüngeren Vergangenheit sind zahlenmäßig so stark vertreten, dass ein längeres Ignorieren nicht nur unmenschlich, sondern auch sozialpolitisch höchst brisant wäre und unter Umständen Folgen haben könnte, die wir in der aktuellen Tagespresse zurzeit noch als nicht direkt Betroffene lesen können.
Auch die Gebärdensprache hat einen langen Kampf um Anerkennung hinter sich, denn erst heuer, genau am 9. August 2005 wurde die verfassungsrechtliche Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache im Bundesgesetzblatt kundgemacht, womit der Gesetzwerdungsprozess abgeschlossen ist. Genaue offizielle Angaben bezüglich der Sprecherzahlen gibt es nicht.
Zwischen dem theoretisch hohen Anspruch und der real gelebten Mehrsprachigkeit gibt es in Europa eine große Kluft. Trotz der Empfehlung des Europarates, wonach alle Europäer zumindest zwei Fremdsprachen lernen sollen, geben 74 % laut Eurobarometer-Umfrage(11) aus dem Jahr 2000 an, keine 2. Fremdsprache zu beherrschen. In vielen Ländern der EU - z.B. in Deutschland und Frankreich - ist für den Großteil der Schüler auch nur das Erlernen einer Fremdsprache vorgesehen.
2/3 der Europäer teilen die Meinung, dass jeder zumindest eine Fremdsprache können sollte, aber fast die Hälfte - 47 % - spricht ausschließlich die Muttersprache. In diesem Punkt gibt es ein beachtliches Nord-Süd Gefälle, denn in Nordeuropa wird vor allem Englisch von den meisten Menschen so fließend gesprochen, dass eine problemlose Kommunikation über die verschiedensten Themen möglich ist(12).
Der Sprachenreichtum Europas wird zwar immer wieder als kultureller Reichtum hervorgehoben und plakativ gefeiert, doch in der Realität sehen ihn viele unter anderem innerhalb der Gremien der EU zumindest als problematisch an: Die hohen Kosten(13) für das Dolmetschen und Übersetzen in alle Sprachen der Mitgliedsländer wird auch in der Presse des Öfteren als Beispiel für die Verschwendung von EU-Geldern angeführt und stärkt denen den Rücken, die ohnehin an der Idee eines gemeinsamen Europa kein gutes Haar lassen wollen.
Anders als das Projekt der politischen und wirtschaftlichen Integration ist die kulturelle und gesellschaftliche Integration Europas bisher vergleichsweise unbeachtet geblieben, vor allem ist die Wichtigkeit des Sprachenlernens zu diesem Zweck anscheinend (noch) nicht in das öffentliche Bewusstsein gedrungen und die vorbehaltlose Zustimmung zur Sinnhaftigkeit vom Sprachenlernen beschränkt sich nach wie vor auf einige wenige Fälle. Laut vorherrschender Volksmeinung vielerorts sind die Naturwissenschaften die Leitwissenschaften der Zukunft; mehr Sprachunterricht - so die Befürchtungen - bedeuten aber weniger Sachunterricht und folglich weniger naturwissenschaftliche Ausbildung.
Bei allen Vorbehalten, die manche Bevölkerungsgruppen gegenüber Mehrsprachigkeit (und Mehrsprachigen!) noch immer haben, so gibt es doch auch den Wunsch einer breiten österreichischen Bevölkerungsgruppe nach verbesserter und intensiverer Sprachausbildung, die sich allerdings überwiegend auf große, europäische Nationalsprachen beziehen: Englisch liegt hier zweifelsohne an erster Stelle, Französisch immer noch an zweiter, dicht gefolgt von Spanisch und (vor allem regional) Italienisch. Paradox erscheint mir nur, dass das regionale Argument, das pro-italienisch doch zählt, nicht auch für Slowakisch, Ungarisch, Tschechisch und andere Sprachen des ehemaligen politischen Ostens Gewicht zu haben scheint. Ein gewichtiges Zusatzargument, das doch gerade in der heutigen Zeit so wichtig scheint, wäre die direkte Kommerzialisierbarkeit; in den eben genannten Fällen scheint jedoch das fehlende Prestige (noch) mehr Gewicht zu haben als günstige Berufsaussichten.
In Italien sind seit dem 15. Dezember 1999(14) die folgenden 12 Minderheitensprachen gleichermaßen offiziell anerkannt: Albanisch, Deutsch, Frankoprovenzalisch, Französisch, Friulanisch, Griechisch, Katalanisch, Kroatisch, Ladinisch, Okzitanisch, Sardisch und Slowenisch(15). Die Situation Italiens ist meines Erachtens insofern eine besondere, als es bereits vorher, also nach dem 2. Weltkrieg und 1999, vier Regionen mit "statuto speciale" gab, nämlich mit einer weit reichenden Autonomie, von denen zwei auch Minderheitensprachen beherbergten, die allerdings sehr unterschiedlich behandelt wurden:
Inoltre, ottennero una più ampia autonomia, a causa delle loro particulari tradizioni, la Sicilia, la Val d’Aosta, il Friuli Venezia-Giulia e il Trentino-AltoAdige, che furono dichiarati regioni a «statuto speciale» [...](16)
Auch wenn die Sprachen - so wie das eben üblich war, denn es gab ja (offiziell) nur eine Sprache, nämlich die Staatssprache Italienisch - hier nicht erwähnt werden, sind hier das Deutsche, das Französische und das Slowenische in Triest und Görz implizit gemeint. Alle anderen waren von Schutz und Förderung ausgeschlossen.
Diese nach langer Zeit im Jahr 1999 endlich erreichte Anerkennung hat in der Form, wie sie erfolgt ist, Vor-, aber auch Nachteile: diejenigen, die genannt werden, sind nicht wegzudiskutieren, die Sprachen aber, die nach wie vor ausgeschlossen bleiben, haben eher geringere Chancen auf baldige Besserung ihrer sprachpolitischen Lage.
Vom Schutz ausgeschlossene Minderheiten sind beispielsweise die Galloromanen Siziliens und der Basilicata und die Tabarchini, die eine Varietät des Genuesischen sprechen und von denen einige wenige auch in Tunesien und in Spanien leben.
Ich möchte nun anhand von 3 Beispielen exemplarisch und kurz darstellen, wie unterschiedlich sich eine auf theoretischer Ebene gleiche Anerkennung im Einzelnen praktisch auswirken kann.
3.1. Südtirol
Ich möchte mit dem Deutschen beginnen, das in Italien von allen Minderheitensprachen wohl die privilegierteste Situation genießt, was nicht gleichbedeutend ist mit problemlosem und immer konfliktfreiem Nebeneinander des Deutschen mit dem Italienischen. Immer wieder wird Minderheitengruppen, die auch noch eine andere Sprache neben dem Italienischen zur Verfügung haben, vorgeworfen, sie beherrschten die Dachsprache nicht perfekt, man höre ihnen ihre geographische Herkunft an und "so etwas dürfe doch nicht sein, denn Italienisch sei doch nun mal Staatssprache"(17). In einem Land wie Italien, das dialektal ebenso facettenreich ist wie das Deutsche, werden die lokalen Varianten der Hochsprache so lange akzeptiert, als die Sprecher keine andere Sprache (und eben nicht nur einen Dialekt) ebenso gut beherrschen. Dass man einem Römer oder einem Mailänder die Herkunft anhört, ist in Italien so selbstverständlich wie die zahllosen Regionalismen im Deutschen; nur bei den Minderheitensprechern gibt man vorschnell der "anderen Sprache" die "Schuld" und zeigt sich deutlich weniger tolerant.
Südtirol unterscheidet sich insofern von anderen kleinen Gemeinden in Italien, wo Varietäten des Deutschen gesprochen werden, als die Zahl der Sprecher deutlich höher ist, aber auch dadurch, dass die Referenzform für die Umsetzung des Minderheitenschutzes der deutsche Standard ist und nicht die lebendigen, auch in der überregionalen Praxis tagtäglich gebrauchten Tiroler Dialekte oder eine österreichisch-tirolerische Koinè, die explizit nicht von Schutz und Förderung betroffen sind.(18)
Als eine der Ursachen dafür kann man sicher die Geschichte der Südtiroler Bevölkerung sehen, die bis zum Jahr 1918 Bestandteil der österreichischen Verwaltung war und die folglich an eine Art "Zweisprachigkeit" von offiziellem Schriftdeutsch als offizielle Variante und lokalen, gesprochenen Mundarten gewöhnt ist. Insgesamt gesehen ist die sprachpolitische Lage bei den übrigen deutschen Sprachinseln völlig anders, denn der Dialekt ist hier seit langem in die Diglossie (oder auch Polyglossie) miteingebunden. Die anderen Sprachen, die hier eine Rolle spielen, sind neben dem Italienischen auch andere italoromanische Mundarten oder auch slawische Sprachen. Das Fehlen einer Referenzform, einer standardisierten Bezugsvariante erschwert deutlich die Ausführung der heutigen italienischen Sprachenschutzpolitik mit den ähnlichen Schwierigkeiten und soziolinguistischen Bedingungen wie andere Minderheitensprachen ohne Bezugsnorm innerhalb des italienischen Staates, die für sich keine offizielle Anerkennung erreichen konnten.
Gegenwärtig geht man von ca. 270.000 Sprecherinnen und Sprechern aus und schätzungsweise weiteren 10.000 Sprechern von deutschen Dialekten entlang der Alpenkette: Im Jahr 1981 wurden für die mochenische Gruppe von Palù, Fierozzo und Frassilongo 975 Sprecher von 1187 Einwohnern gezählt, was einem Prozentanteil von 82,14% entspricht.(19)
Das Deutsche ist vom italienischen Staat nun auf gesetzlicher Grundlage als Minderheitensprache anerkannt; bereits ab 1972 setzten in der Provinz Bozen die bilateralen, italienisch-österreichischen Vereinbarungen der kritischeren Zeit nach dem 2. Weltkrieg ein Ende.
Die auf diesen bilateralen Abkommen basierenden Schutzmaßnahmen und die Anerkennung wird praktikabel umgesetzt in einer Reihe von Gesetzen zur offiziellen deutsch-italienischen Zweisprachigkeit, sodass die Südtiroler schließlich gesamteuropäisch gesehen in einer geradezu privilegierten Lage sind, was die Minderheitenrechte anbelangt. In Südtirol ist das Deutsche dem Italienischen in öffentlichen Belangen rechtlich vollkommen gleichgestellt.
In den anderen, oben genannten deutschsprachigen Gemeinden gibt es die kürzlich erfolgte Anerkennung durch das Gesetz Nr. 482 und eine Reihe von Regionalgesetzen (Aostatal, Piemont, Autonome Provinz Trient, Venetien und Friaul-Julisch-Venetien), bei denen der Schutz dieser Gruppen allerdings Teil der Anerkennung und Förderung von Sprachminderheiten im allgemeinen ist und nicht das Deutsche explizit betrifft. Von diesen sind der Schutz und die Anerkennung am stärksten in der Provinz Trient, doch ist er nicht im Mindesten vergleichbar mit Südtirol. Im Aostatal ist die Existenz der Walserdeutschen nicht einmal im Autonomiestatut erwähnt. In der autonomen Provinz Bozen ist die deutsch-italienische Zweisprachigkeit eine täglich gelebte und reale; die Dialekte der kleineren deutschsprachigen Gruppen werden weit weniger in der Öffentlichkeit verwendet. Die lokalen Mundarten kommen vor allem aufgrund von kleineren, personenabhängigen Initiativen bei Ortsnamen vor.
Die Südtiroler Unterrichtspraxis ist aber dem Kindergartenalter nach dem Prinzip der strikten Trennung geregelt: es gibt deutschsprachige Schulen und italienischsprachige, wobei die jeweils andere Sprache jeweils als Pflichtfach gelehrt wird. In den kleineren deutschen Sprachgruppen, insbesondere bei den Walserdeutschen im Piemont und im Aostatal, sind einige Versuchsprojekte im laufen, die das Ziel haben, den Dialekt in Kindergarten und Grundschule zu integrieren, wobei die Beteiligung aber auf freiwilliger Basis erfolgt.
In Bozen gibt es eine sehr große Anzahl von Kulturvereinen und sprachpflegenden Institutionen, wovon das Deutsche der Region insgesamt sehr profitiert. Der Deutschunterricht an den Schulen der Region, an deutschsprachige Universitäten, die alltägliche Verwendung der Sprache in den Medien (Rundfunk, Fernsehen, Presse, Kino) und auch in der Kirche fördern den ausschließlichen Gebrauch des Deutschen; in der ganzen Provinz lässt sich das Leben in deutscher Sprache gestalten, wenn man das so will. Die kleineren deutschen Sprachgruppen haben mit ihren kultureller Initiativen, die wie gesagt zumeist auf freiwilliger Basis erfolgen, keinen nennenswerten Erfolg in den Medien. In den walserdeutschen und "kimbrischen" Gebieten haben sprach- und kulturbewahrende Initiatoren ein- oder mehrsprachige Zeitschriften über das dortige Leben und Brauchtum gegründet, die überwiegend eher folkloristischer Natur sind. Auch im Aostatal gibt es einige wenige Rundfunksendungen in der lokalen Variante des Deutschen.
3.2. Friulanisch / Friaulisch
Das Friaulische gehört zu den Sprachen, die erst kürzlich vom italienischen Staat per Gesetz als Minderheitssprache anerkannt worden sind. Durch die Gründungsnormen der Autonomen Region Friaul-Julisch-Venetien ("Norme per la tutela e la promozione della lingua e della cultura friulane" vom 22 März 1996) und die darauf folgenden Maßnahmen auf regionaler Ebene konnte sich das Friaulische auf den verschiedenen Ebenen der Schul- und Verwaltungspolitik entfalten. Zu einer Zweisprachigkeit nach Südtiroler Muster und zu einer offiziellen Gleichberechtigung mit dem Italienischen ist es jedoch bislang nicht gekommen; man muss nicht besonders mutig sein, um eine Prophezeiung zu wagen: zu einer Co-Offizialität wird es meiner Meinung nach auch kaum kommen, weil ein Großteil der Friulaner das nicht wirklich anstrebt. Die Friulaner sehen sich als Italiener und als Friulaner; sie wollen auch Friulanisch, haben aber mit dem Italienischen als Dachsprache im Großen und Ganzen kein Problem. Genauso wenig will die Bevölkerung das Friulanische als Arbeitssprache an den Schulen - Zusatzunterricht auf freiwilliger Basis scheint den meisten Friulanern (im Moment) zu genügen.
Das Friulanische hat seit dem Sprachgesetz zweifellos an Boden gewonnen: sein Prestige ist gestiegen und seine tatsächliche Verwendung ist zumindest nicht im Rückgang begriffen. Die Anzahl der Sprecher ist ja relativ hoch: Schätzungen zufolge wird das Friaulische von 500.000 bis 700.000 Personen gesprochen. Genaue Statistiken zur friulanischsprachigen Bevölkerung gibt es nicht.
Die Koinè des Friaulischen basiert auf einer mittelfriaulischen Variante, nämlich der der Stadt Udine; diese Koinè hat im Laufe der Zeit die Funktion einer Verkehrssprache übernommen
Dieses "neutrale Friaulisch" ist auch die Basis für die Projekte zur Standardisierung und Formalisierung einer überdialektalen friaulischen Sprache, die es seit einiger Zeit mit einer standardisierten Orthographie gibt und die per Gesetz von der Provinzverwaltung Udine anerkannt worden ist, was nicht bedeuten soll, dass sich wirklich alle an die neue Orthographie halten und dass nicht hier und da kleinere Diskussionen geführt werden. Diese Diskussionen um die Probleme der Standardisierung und Formalisierung des Friaulischen werden zwar auch (noch) gelegentlich etwas hitzig geführt zwischen kulturellen, politischen und universitären Einrichtungen, doch sie sind lösbar, denn die Varianten liegen nicht sehr weit voneinander entfernt und mit etwas gutem Willen werden die noch ausstehenden Fragen gelöst werden können.
Der öffentliche Gebrauch des Friaulischen beschränkt sich gegenwärtig einerseits auf toponomastische Begriffe und auf die Übersetzung von offiziellen Dokumenten der einzelnen Gemeinden und Provinzen, was wiederum in manchen Artikeln der italienischen Presse als unnötiger Kostenfaktor kritisiert wurde. Diese Übersetzungen werden nicht systematisch gemacht, unter anderem auch wegen einer gewissen Sensibilität gegenüber den sehr lebendigen Varianten und der Koinè, die besonders von der öffentlichen Verwaltung und der katholischen Kirche gefördert wird. Andererseits lebt das Friaulische in vielen Bereichen des Alltages, sodass man nicht selten auf Friauler trifft, die ihre Sprache nicht im mindesten als Minderheitensprache empfinden (weil sie ja so viele sprechen!) und deren Gefährdungsbewusstsein geradezu in beunruhigender Weise niedrig ist, denn wenn es eine Sprache fast nicht mehr gibt, ist es umso schwerer etwas für ihr Weiterbestehen zu tun. Die katholische Kirche war immer an der Bewahrung und Pflege der friaulischen Sprache und Kultur aktiv und mit Nachdruck beteiligt, was man auch deutlich daran sieht, dass das Friaulische innerhalb Italiens die einzige Regional- oder Minderheitensprache ist, die über eine Gesamtübersetzung der Bibel verfügt.
Der Stellenwert des Friaulischen im Unterricht ist nach wie vor institutionell ungeregelt und beruht noch immer größtenteils auf Einzelinitiativen: seit mehr als 30 Jahren gibt es Unterricht in Friaulisch in der ganzen Region, und zwar auf Wunsch von Elterngruppen, die in der Schule einen Antrag stellen müssen, die dann - sofern Lehrpersonal zur Verfügung steht - zusätzlichen Unterricht in der Sprache abhält, üblicherweise am Nachmittag und eben als Freigegenstand. Die Unterrichtsmittel sind vor allem für jüngere Schüler sehr gut geeignet und sind vorwiegend in der Koinè abgefasst. Die Ausbildung von Lehrern wird von Kultureinrichtungen verschiedener Art massiv unterstützt, von der Società Filologica Friulana bis zum Verband Scuele Furlane. Besonders wichtig in der Lehrerausbildung und in der Aufbereitung von didaktischem Material ist die "Konkurrentin" der Universität Triest, nämlich die Universität Udine mit ihren zahlreichen und engagierten Einrichtungen, wie z.B. dem Regionalen Beobachtungszentrum für die friaulische Sprache und Kultur, einem Forschungs- und Dokumentationszentrum, sowie dem Internationalen Studienzentrum zur Mehrsprachigkeit, das sich den Fragen des Studiums und der Förderung der Regionalsprache mit großer Aufmerksamkeit widmet.
Auch die friaulische Literatur, deren Anfänge bis in das 14. Jh. zurückgehen, und publizistische Texte in friaulischer Sprache erleben seit der Anerkennung der Minderheitensprachen einen beachtlichen Aufschwung; vor allem linguistische und andere Themen des engeren geographischen Umfeldes werden verstärkt in friaulischer Sprache behandelt. Im TV wird die Sprache selten gesprochen, im Radio v.a. von Privatsendern (Radio Onde Furlane, Radio Spazio 103).
3.3. Albanisch
Die Albaner in Italien leben regional zersplittert, was natürlich soziolinguistisch betrachtet nicht günstig ist für die Arbëresh-Gemeinden ist. Die gesprochenen Varianten der albanischen Sprache sind aufgrund von Entlehnungen aus sehr verschiedenen italienischen Dialekten unterschiedlich. Die Verständigung unter den Albanischsprechern Italiens und denen Albaniens gilt jedoch allgemein als gesichert; umfassende Untersuchungen dazu sind aber noch ausständig und wären ein dringendes Desiderat.
Die autochthonen Albaner Italiens schufen inmitten der sie umgebenden humanistischen Kultur, die der ihres Mutterlandes überlegen ist, einen bedeutenden literarischen Kanon, der praktisch der Anfang der albanischen Literatur überhaupt ist. Religionsunterschiede behindern jedoch die gegenseitige Beeinflussung, vor allem aber die Beeinflussung der Albaner Italiens auf die Kultur des Mutterlandes, denn die meisten im Land verbliebenen Einwohner konvertierten nach der Eroberung ihres Landes durch die Türken zum muslimischen Glauben, während die Albaner in Italien den Glauben bewahrten.
Die beiden Bistümer Lungro und Piana degli Albanesi sind für die sprachliche und die kulturelle Identität ihrer albanischsprachigen Bewohner von vorrangiger Bedeutung, ebenso wie verschiedene örtliche Kulturvereine, die untereinander Kontakte pflegen.
Es ist aus verschiedenen Gründen schwieriger als in anderen Fällen, die genaue Anzahl der Minderheitenangehörigen zu nennen: die in der Vergangenheit recht zahlreiche Gruppe pflegte gewissermaßen die Tradition des friedlichen Zusammenlebens mit den anderen Menschen der Region, was dazu führte, dass die Albaner seit jeher auch die Varianten der Nachbargemeinschaften sprachen, um mit den anderen gut kommunizieren und zusammenleben zu können. Schätzungsweise kann man von den 100.000 Menschen, die in den Orten leben, wo es albanischsprachige Gemeinschaften gibt, auch tatsächlich 80.000 als albanischsprachig annehmen. Außerdem hatten die albanischsprachigen Gemeinden mit einem relativ starken Bevölkerungsrückgang zu kämpfen, da die Albaner - wie andere Italiener auch - in die großen Städte Süditaliens umsiedelten, in der Hoffnung auf neue Arbeitsplätze. Einige dieser Städte verfügen nun über eine beachtliche albanischsprachige Gemeinschaft. Andere gingen in den Norden des Landes oder ins Ausland.
Soziolinguistisch betrachtet ist die Zahl und das Ausmaß der sprachpolitischen Initiativen eher gering: Meines Wissens nach gibt es (noch?) keine Zweisprachigkeit bei den Behörden; auf Ortstafeln wird das Albanische aber manchmal verwendet. Gelegentlich wird das Albanische im Unterricht eingesetzt, jedoch nur in einigen Schulen und nur auf Initiative einzelner Lehrer, überwiegend am Nachmittag als freiwilliger Unterricht. Selbst bei einer gehörigen Portion Idealismus kann man sich die geringe Tragweite eines solchen Unterrichtes vorstellen.
An einigen Universitäten kann man die albanische Sprache und Kultur studieren und an der Universität Kalabriens gibt es laufende Forschungsprogramme zu den autochthonen Albanern.
Kleinere lokale Rundfunksender senden einen Teil ihrer Programme in albanischer Sprache; traditionsreiche, überwiegend von Kulturvereinen verbreitete Periodika in albanischer Sprache sind Katundi Inë, Lidhja (dt.: Der Bund) und Zëri i Arbëreshëvet (dt.: Die Stimme der Albaner). Die Literaturproduktion in Arbëresh ist beachtlich.
Die menschliche Kommunikation ist zu einem großen Teil, wenn auch nicht ausschließlich, an Sprache in irgendeiner Form gebunden. Man sollte also meinen, dass es ein primäres Ziel eines jeden Menschen sein könnte, möglichst viel von der ihn umgebenden Kommunikation mitzubekommen, was fremde Sprachen mit einschließen würde. Dass das nicht so ist, hängt meiner Ansicht nach viel mit Vorurteilen, dem Status verschiedener Sprachen, aber überwiegend mit deren Prestige zusammen. Ein weiteres Phänomen, das nur schwer fassbar ist, ist die Frage des Verstehen-Könnens zum Unterschied vom Verstehen-Wollen. Nicht selten wird das Verständnis einer Sprache geleugnet - aus welchen Motiven auch immer - obwohl der Gesprächspartner durchaus über zumindest passive Kompetenzen verfügt. Vielleicht ist es ein zu idealistischer Gedanke in einer überwiegend vom Kapitalismus geprägten Zeit, dennoch erscheint es mir möglich, dass Sprachen Vorurteile abbauen helfen können und somit in einer Gesellschaft, die zwar auch in nur einer Sprache das Wesentlichste kommunizieren kann, durchaus praktischen, "kapitalisierbaren" Wert haben kann. Der Schaden, den Vorurteile und daraus resultierende Konflikte (volks-)wirtschaftlich anrichten können, ist beträchtlich; ich glaube daher, dass die Kenntnis von mehreren Sprachen und Kulturen nicht nur aus menschlichen, humanistischen Gründen sinnvoll und unbedingt förderungswürdig ist. Selbstverständlich schließe ich in den Kreis der in diesem Sinn "wichtigen" Sprachen auch kleinere mit ein und auch solche, die bis jetzt unter einem eher geringeren Prestige zu leiden hatten. Wichtig sind in dieser Hinsicht alle Sprachen.
© Astrid Hönigsperger (Universität Wien)
ANMERKUNGEN
(1) Gleichermaßen wichtig sind hier sukzessiver und simultaner Spracherwerb.
(2) Ladmiral / Lipiansky 2000 .
(3) Ich denke hier beispielsweise an mehrere, mir bekannte junge Erwachsene, die mit ihren Eltern als Kinder in Volksschulalter während des Balkankrieges nach Österreich kamen und die heute von anderen (nur einsprachig deutschen) Österreichern nicht zu unterscheiden sind. Diese Personen verfügen teilweise, aber nicht ausschließlich, über eine höhere Schulbildung.
(4) In der Praxis reduziert sich diese Polyglossie auf deutlich weniger Verkehrssprachen, die von den Sprechern anderer Muttersprachen beherrscht werden und in öffentlichen Situationen verwendet werden.
(5) Quelle: http://www.ethnologue.org/country_index.asp.
(6) http://www.statistik.at/gz/umgangssprache1.pdf
(7) Quelle: Volkszählung 2001.
(8) Vgl. zur Bezeichnung Vavti / Steinicke 2006, 16.
(9) Im Kurier vom 30. November 2005, S. 2, war zu lesen:
Ortstafeln: Haider stellt neue Forderungen. Kärntens Landeshauptmann Haider will die Kärntner Ortstafel-Frage jetzt lösen, damit nicht ein "allfälliger Bundeskanzler Gusenbauer uns die Ortstafeln herverpflanzt". Haider stellte im ORF-Radio aber neue Forderungen: So sollten slowenische Kulturvereine gleich wie deutschsprachige gefördert werden. Weiters verlangte er, dass Slowenien seine Schul-Atlanten in Bezug auf die Sprach- und Kulturgrenzen korrigiert. An die Adresse Laibachs richtete er die Forderung, etwas für die Alt-Österreicher zu tun - etwa die Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln.
(10) Diese pessimistisch klingende Formulierung scheint mir mehr als angebracht, wenn man die immer wiederkehrenden Schlagzeilen der Tagespresse verfolgt, die auf mitunter kleinliche Konflikte zwischen den autochthonen Volksgruppen und der Mehrheitsbevölkerung hinweisen. Die deutschsprachige Mehrheitsbevölkerung hat offensichtlich in manchen Teilen des Landes noch immer Probleme damit, den Minderheiten ihre verfassungsmäßig und vor allem im Staatsvertrag verankerten Rechte auch tatsächlich zuzuerkennen.
(11) Vgl. http://80.237.230.148/pdf/eurobarometer/Laenderbericht-D-572002.pdf
(12) Eine praktische Frage zum Fremdspracherwerb stellt sich spätestens hier: Welchen Grundstein legt man am besten für eine gesellschaftliche Mehrpsrachigkeit? Soll Englisch die erste Fremdsprache sein, weil Kinder und Jugendliche gern Englisch in Form von Popmusik hören und auch im Internet überwiegend auf Englisch surfen? Man könnte aber genauso gut einer anderen Sprache den Vorzug geben, mit dem Argument, dass die Jugend Englisch soweiso lernt und es deshalb ausreicht, später in die Sprache einzusteigen.
(13) Es geht hier um kolportiere 61 % des Budgets.
(14) Gesetz vom 15. Dezember 1999, Nr. 482Vorschriften zum Schutz der geschichtlichen sprachlichen Minderheiten
(15) Ich nenne diese Länder in (neutraler) alphabetischer Reihenfolge.
(16) Capra 1992, 872.
(17) Ich zitiere hier als ein Beispiel von vielen eine meiner Studentinnen an der Universität Wien, die aus Sizilien kommt und die mit ihrer Äußerung eine sehr interessante Diskussion angeregt hat.
(18) Im Aostatal wird das Frankoprovenzalische sehrwohl in Schutz und Förderung miteinbezogen.
(19) Vgl. dazu http://web.uniud.it/cip/d_min_tutelate_scheda.htm#9.
BIBLIOGRAPHIE
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Giglioli, Pier Paolo (Hrsg.), Language and social context, Harmondsworth: PenguinBooks 1985.
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Kremnitz, Georg, Die Durchsetzung der Nationalsprachen in Europa, Münster: Waxmann 1997.
Kurier, 30. November 2005
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1.2. Gesellschaftliche Reproduktion und kulturelle Innovation. Aus semiotischer Sicht
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