Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 16. Nr. Dezember 2005
 

9.7. Historische Quellen in geistlichen Archiven - Kontinuitäten und Diskontinuitäten
Herausgeber | Editor | Éditeur: Thomas Aigner (Diözesanarchiv St. Pölten)

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Bericht: Historische Quellen in geistlichen Archiven - Kontinuitäten und Diskontinuitäten

Thomas Aigner (Diözesanarchiv St. Pölten)
[BIO]

Geistliche Institutionen zählten bis in die frühe Neuzeit zu den wichtigsten Trägern der Schriftlichkeit. Dies betraf sowohl die inneren als auch die äußeren Bereiche ihrer Tätigkeit. Aus dieser Funktion heraus entstanden bei Klöstern, Stiften, Diözesen, Pfarren etc. im Laufe der Jahrhunderte mehr oder minder große Archive und Bibliotheken. Die Bestände geistlicher Institutionen spiegeln wie kaum andere auch die Vernetzung der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Welt wieder. Diese Netze waren ebenso wie ihre einzelnen Protagonisten von Zeit zu Zeit stärker und auch schwächer. Der Bestand dieser Kulturgüter war immer wieder durch verschiedene Umstände bedroht, vor allem aber durch Krieg und Säkularisation. So ist die Kontinuität schriftlicher Überlieferung im Falle vieler Klöster, vor allem in Deutschland, Frankreich und Italien in Folge der Säkularisationen im 19. Jahrhundert gebrochen, in anderen jedoch bis heute aufrecht.

Da es nicht möglich ist, diese Thematik in einer einzigen Sektion umfassend zu diskutieren, wurden einzelne Aspekte von vier ExpertInnen aus Österreich, Ungarn und der Slowakei heraus gegriffen und zur Diskussion gestellt. In den beiden ersten Referaten ging es um die Darstellung allgemeinerer Sachverhalte. Karl Heinz vom Institut zur Erschließung und Erforschung kirchlicher Quellen stellte das Projekt "Monasterium.Net" (www.monasterium.net) vor, das den Aufbau eines virtuellen, im Internet frei verfügbaren Archivs der mitteleuropäischen Klöster und Bistümer zum Ziel hat. Deutlich wurde dabei der Wandel in der Bedeutung und in der Benützung von originalen Geschichtsquellen hin zu digitalisierten Dokumenten, die barrierefrei, unabhängig von Zeit und Raum im virtuellen Raum betrachtet werden können.

Susanne Fritsch von der ARGE der österreichischen Ordensarchive widmete sich den verschiedenen Aspekten der Bestandsbildung in geistlichen Archiven. Neben dem Aspekt des zeitlichen Kontinuums, des ungebrochenen Tradierens von Schriftlichkeit, wurde dabei auch jener der Überlieferungsweite untersucht. Die Unterschiede in der Bestandsbildung verschiedener Ordensarchive liegen unter anderem in der Aufgabenstellung der Ordenshäuser begründet. In jenen Orden, deren vorrangige Arbeit etwa der Mission oder dem Schulwesen gewidmet ist, ergibt sich ein inhaltlich differenter Bestand zu Orden, deren Aufgabenbereiche anders gewichtet sind. Wie diese Überlieferungsbildung nun im konkreten Fall sich gestaltet haben kann, demonstrierten Juraj Šedivy von der Universität Bratislava und István Hermann vom Archiv der Erzdiözese Veszprém an zwei Beispielen sehr anschaulich. Šedivy stellte die Überlieferungsgeschichte des Archivs des Pressburger Kapitels vom hohen Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit dar, wohingegen Hermann sich für die ungarischen katholischen Archive auf die Zeit zwischen 1952 und 1969, der Zeit großer Umbrüche im ungarischen Archivwesen, beschränkte - und zeigen konnte, dass die damals herbei geführten Veränderungen nicht nur zum Nachteil der kirchlichen Archive waren.

© Thomas Aigner (Diözesanarchiv St. Pölten)


9.7. Historische Quellen in geistlichen Archiven - Kontinuitäten und Diskontinuitäten

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Thomas Aigner (Diözesanarchiv St. Pölten): Bericht: Historische Quellen in geistlichen Archiven - Kontinuitäten und Diskontinuitäten. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 16/2005. WWW: ../../../index.htmtrans/16Nr/09_7/aigner_bericht16.htm

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