Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 16. Nr. Dezember 2005
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"Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft -
Wer hält den Raum offen, den die Utopie besetzen könnte!!?"

Gerald Bast (Wien)
[BIO]

 

In "Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen", geschrieben im Jahre 1795, schreibt Friedrich Schiller, die Kunst "muß die Wirklichkeit verlassen und sich mit anständiger Kühnheit über das Bedürfnis erheben; denn die Kunst ist eine Tochter der Freiheit, und von der Notwendigkeit der Geister, nicht von der Notdurft der Materie will sie ihre Vorschrift empfangen. Jetzt aber herrscht das Bedürfnis und beugt die gesunkene Menschheit unter sein tyrannisches Joch. Der Nutzen ist das große Idol der Zeit, dem alle Kräfte fronen und alle Talente huldigen sollen. Auf dieser groben Waage hat das geistige Verdienst der Kunst kein Gewicht, und, aller Aufmunterung beraubt, verschwindet sie von dem lärmenden Markt des Jahrhunderts. Selbst der philosophische Untersuchungsgeist entreißt der Einbildungskraft eine Provinz nach der andern, und die Grenzen der Kunst verengen sich, je mehr die Wissenschaft ihre Schranken erweitert."

Auf die Einladung, über das Thema " Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften" zu sprechen, mußte ich lange und tief nachdenken, wo ich bei diesem wahrhaft herausfordernden Thema beginnen sollte, und ich vermute, daß ich nicht der Einzige war.

Und so fragte ich mich: Hat Kunst irgendetwas mit Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften zu tun? Es ist zweifellos so, daß Innovation und Reproduktion grundlegende Elemente in jeder Gesellschaft sind. Aber was ist die Rolle der Künste in diesen Prozessen?

Daher habe ich mich entschlossen, das Thema in erster Linie vom Standpunkt des Verstehens der Rolle einer Universität für angewandte Kunst zu betrachten, denn für mich ist es keine Frage, dass Design ein integraler Teil des künstlerischen Systems ist.

Was ist daher das Wesen einer Universität für angewandte Kunst?

Die Funktion einer Universität für angewandte Kunst ist die Produktion von Veränderung. Tatsächlich ist es das Schaffen neuer Realitäten, die Transformation der intellektuellen Strukturen und der Wahrnehmungsmuster, kritische Reflexion über das persönliche Denken und Handeln, das eine Universität wirklich ausmacht. Universitäten waren schon immer Orte, wo Fragen wichtiger waren als Antworten. Die eigentliche Substanz der Kunst - und des Designs - besteht darin, die Konvention umzustürzen, oder sie wenigstens zu verändern.

Die Kunst lebt - wie Menschen - von der Eroberung neuer Dimensionen. Die Kunstgeschichte ist eine Folge von Weiterentwicklungen, Traditionsbrüchen, plötzlichen Veränderungen des Stils, sogar Revolutionen. Und diese Revolutionen beeinflussten mehr als die verschiedenen Techniken und Materialien, die benutzt wurden; sie beeinflussten vor allem die Ideen, die unter dem Äußeren versteckt waren. Leonardo da Vinci soll vor langer Zeit gesagt haben, daß man mit dem Kopf und nicht mit dem Pinsel male. Kunstwerke haben Revolutionen in unseren Seh- und Hörgewohnheiten hervorgebracht; sie haben nicht nur sich selbst und ihre Schöpfer, sondern Gott und die Welt in Frage gestellt.

Kunst wird normalerweise heiß debattiert, und, das ist noch das Wenigste, mißverstanden, immer wenn sie sich in neue Dimensionen wagt, mit den Gewohnheiten des Sehens bricht oder von den traditionellen Sujets und überkommenen Muster abweicht. Vor allem seit dem Modernismus wurden neue Arten von expressiven Kunstformen, die später unbezweifelte Ikonen der Kunstgeschichte wurden, zunächst aus dem System Kunst ausgeschlossen. "Das ist keine Kunst!", schreien die Leute den Künstlern entgegen, radikal und apodiktisch. Und auch nicht nur die Leute, die Teil der sogenannten unkünstlerischen Masse sind...

Meiner Meinung nach liegt die moralische Verantwortung der Universitäten im Verhältnis zur Gesellschaft in einer Verpflichtung, die öffentliche Meinung zu provozieren, um das Neue zu konfrontieren und den Pragmatismus des Praktischen zurückzuweisen. Universitäten waren schon immer der Ort der Suche nach der nächsten Utopie. Wie Oscar Wilde gesagt hat: "Fortschritt ist die Verwirklichung von Utopien.".

Meiner Meinung nach ist die wirklich existentielle Frage über die Zukunft der Universität für angewandte Kunst die nach dem gesellschaftlichen Wert von Kunst und Design. Kurzum, welche Rolle werden diese Universitäten im Produktionsprozeß des Fortschritts spielen? Das ist die wirklich entscheidende Frage und die Antwort auf diese Frage wird die gesellschaftliche Entwicklung in den kommenden Jahren bestimmen.

Der vorherrschende Aspekt ist: Wer hat die Macht, den Fortschritt zu definieren oder anders gesagt: Welche Bereiche haben die größere innovative Stärke?

In der gegenwärtigen sozialen Wahrnehmung, die durch die Medien und Politiker gefärbt ist, wird der Begriff der Innovation immer mehr mit dem technologischen Fortschritt assoziiert.

Daher müssen die Kunst- und Design-Hochschulen darauf achten, daß sie nicht in die Identitätsfalle geraten. Der Zeitgeist, der vorschreibt, daß Universitäten auch so effizient und praxisorientiert wie möglich sein müssen, stellt sie unter zunehmenden Druck.

Billigerer und schnellerer Output, Notwendigkeit, Brauchbarkeit und ökonomischer Nutzen sind die dominierenden Argumente insbesondere in Diskussionen über Universitäten und Kunst- und Design-Hochschulen. Die Hauptideen, was eine Universität ist, scheinen in der Gegenwart blasser und blasser zu werden. Dennoch: Kunst- und Design-Hochschulen sind keine Werkstätten für vermarktbare Prototypen. Dies ist nicht das raison d’être der Kunst- und Design-Hochschulen - und zu glauben, daß dies der Fall ist, wäre ein grobes Missverständnis. Wir produzieren keine Produkte, sondern wir produzieren Ideen, Haltungen und Perspektiven in den Herzen und Hirnen von Menschen, die begeisterungsfähig genug sind, sich den Herausforderungen zu stellen, die ausgetretenen Denk- und Handlungspfade zu verlassen. Mit anderen Worten: unser Output ist die Zukunft.

Die Kunst- und Design-Hochschulen sehen sich vor demselben Dilemma wie alle Universitäten, die unter dem Druck stehen, angewandte Forschung zu produzieren. Die Grundlagenforschung ist in Verruf geraten und leidet daher unter einem absteigenden Finanzierungstrend.

Selbstverständlich ist es richtig zu sagen, daß Kunst und Design massive ökonomische Faktoren sind und daß die Kunst- und Designausbildung an Universitäten auf Praktikabilität bezogen sein muß, die Kontakte, Projekte und Kooperation mit Unternehmen und auch mit der Industrie voraussetzt. Jedoch ist Praktikabilität nicht die Hauptaufgabe der Universitäten. Manchmal habe ich das Gefühl, daß die Universitäten und die mit ihnen verbundenen Leute sich allmählich dem ökonomischen Pragmatismus unterwerfen, während sie tatsächlich den Mut aufbringen sollten, in bezug auf das Denken, Design und Handeln zu experimentieren. Ein Mut, der letztendlich auch im Interesse der Kunst und der Designindustrie und ihres zukünftigen Wohls wäre.

Kunst und Design haben seit langem ihre esoterische Position aufgegeben und kommen nun überall und nirgends als ein soziales Medienspektakel vor. In den vergangenen Jahren hat sich der Einfluss der Kunst und des Designs so gut wie auf allen Gebieten des Alltags vervielfältigt. In der oft verwirrenden Vielfalt der Marken und Produkte ist Design eines der Kriterien für die Entscheidungen der Konsumenten. Daher sieht die Industrie zunehmend das Design als etwas, das das Image der Marke bestimmt. Sichtbares Design bietet eine gewisse äußere Haut für die wirklichen Werte, die den Kern einer Marke ausmachen. Heute hat sich die historische Forderung, daß Kunst und Design alle Aspekte des Lebens durchdringen sollen, derart verwirklicht, daß Kunst und Design in der öffentlichen Meinung und in der öffentlichen Erscheinung zunehmend zu einer Platitüde herabgesunken sind, die sich auf die Schaffung eines modischen oberflächlichen Äußeren richtet. Dekoration scheint die Rolle zu sein, die die Gesellschaft der Kunst und dem Design zugesteht. Kunst regt Leute kaum mehr auf. Das mag mit der Tatsache zusammenhängen, daß die soziale Entwicklung in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Zerstörung von Tabus herbeigeführt hat, so daß die Schwelle der Wahrnehmung von Provokationen gestiegen ist. Aber der Zerfall von Tabus - selbst ein dramatischer Zerfall von Werten - ist immer wieder in der Geschichte vorgekommen. Das allein kann nicht erklären, warum es um gegenwärtige Kunst in den letzten Jahren still geworden ist. Es ist stiller geworden, obwohl der Chor der Kunstunternehmen sogar größer und lautstärker als je zuvor geworden ist.

Die Kunstindustrie hat im Augenblick einen Boom; Biennalen und Kunstmärkte werden immer zahlreicher; sogar in Wien ist das Angebot an Kunst größer als es in Dekaden vorher war; es gibt in dieser Stadt etwa 10000 Ausstellungseröffnungen im Jahr.

Und doch, trotz alle dem, hat man manchmal den Eindruck, daß die Zufälligkeit und Verlust an Fokus allgemein zu werden scheinen. Wir erfahren die Musealisierung und Kommerzialisierung der Kunst, die sich signifikanterweise in eine Kunstindustrie verwandelt hat. Kulinarische Kunst ist in den wichtigsten Kulturstädten äußerst gefragt: etwas, was leicht konsumierbar ist in Verbindung mit berühmten Namen, was man so im Vorbeigehen genießen kann, ohne daß man sich allzusehr mit Denken anstrengen muß. Das Ideal ist es, riesige Massen von Betrachtern anzuziehen und sie schnell durch die Museen zu schicken, deren Architektur oft wichtiger als Attraktion ist als die ausgestellten Objekte. Wenn Kunst eine Art von Unterhaltung wird, kann sie nicht mehr als eine politische oder gesellschaftliche Drohung verstanden werden. Ästhetizismus und ein Rückzug in die Innerlichkeit wird mehr und mehr erwünscht im Kultursektor.

Für Walter Benjamin hielt die Kunst einen Raum frei, der von der Utopie besetzt werden konnte. Heutzutage scheint es, als ob die Utopien sich erschöpft hätten. Niemand weiß mehr wie die Dinge sich entwickeln werden und jeder, der es wagt, einen Standpunkt zu formulieren, macht sich auf alle Fälle verdächtig.

Kunst hat immer zwischen Kantischem unabsichtlichen Vergnügen und Aufklärung geschwankt und oszilliert. Ist das Projekt der Aufklärung in unserer Zeit zu Ende gekommen? Haben wir jetzt eine aufgeklärte Gesellschaft? Hat Kunst nur noch die Funktion ästhetische Freude zu verbreiten und ein Mittel der persönlichen Erholung oder des Wachstums des Tourismus zu sein?

Ist also wieder einmal die Zeit gekommen, das Ende der Kunst zu verkünden?

Sicher nicht. Jede Gesellschaft braucht Kunst, und zwar lebendige Kunst - sogar die Gesellschaften, die Kunst unterdrücken. Wie hat Ingeborg Bachmann so schön gesagt? "Wenn es nichts mehr zu gestalten und zu verbessern gibt, dann wird die Welt tot sein."

Kunst ist natürlich nicht am Ende, aber Gegenwartskunst ist gesellschaftlich und materiell ohne Zweifel in der Defensive. Sogar die sehr intensive Aktivität in der sogenannten Kunstindustrie kann das nicht verbergen.

Was ist die Ursache? Geht es vielleicht darum, daß kaum irgendeine utopische Dimension in der gegenwärtigen künstlerischen Arbeit übrig geblieben ist, wie die Diagnose von Bazon Brock impliziert?

Während die Wissenschaft eine Welt heraufbeschwört, in der der Lebenszeit eines Menschen keine Grenzen gesetzt sind, und es keine durch Krankheit ausgelöste Qualen mehr gibt, weil sie entweder seit der Geburt durch Gentechnologie verhindert wurden oder durch Medikamente oder geklonte Ersatzorgane besiegt worden sind, oder, falls nötig, manipulativ durch Präimplantations-Diagnose selegiert wurden - während die Wissenschaft dann mehr und mehr um die Utopie kreist, die sie selbst entworfen hat, werden Museen für die Kunst eröffnet. Museen für tote, doch zumindest wohletablierte Künstler.

Diese Gesellschaft wird nicht gesund werden durch technologischen Fortschritt alleine! Wenn die Kunst verkommt und verarmt, dann wird auch die Gesellschaft verkommen und verarmen. Und wenn ich Kunst sage, meine ich die Art von Kunst, die sich mit der Konstruktion von neuen Realitäten beschäftigt, mit künstlerischen Experimenten im Geist und Material, mit der Entwicklung und dem Sturz von Ideen, mit künstlerischem Versagen und den Augenblicken, die kaum als großartig zu bezeichnend sind. Genauso wie in der Naturwissenschaft.

Einst war es die Domäne der Kunst (und Philosophie), Utopien zu formulieren, die in die Realität durch spätere wissenschaftliche Entwicklungen umgesetzt wurden. Heutzutage formulieren Wissenschaft und Technologie ihre eigenen Utopien und arbeiten daran, sie zu verwirklichen.

Was jetzt gedacht und dem Experimentieren auf den Gebieten der Medizin, Biologie und Wissenschaft unterzogen wird, ist radikaler, provokativer, und mit explosiveren sozialen Kräften geladen als künstlerische Ansätze und Handlungen es je waren.

Während Biologie, Medizin und Naturwissenschaften Phantasien einer schönen neuen Welt liefern and während sie dabei sind, diese Phantasien zu verwirklichen, indem sie den Begriff ´Design´ in Verbindungen wie genetisches Design, ´artificial intelligence design´, Gesundheits-Design oder gar Gehirn-Design und dem Design von menschlichen Fähigkeiten benutzen, während diese Disziplinen nicht nur die gegenwärtige Realität, aber auch die Welt der Ideen über die Zukunftsperspektiven unserer Gesellschaften beherrschen - während dies alles schon geschieht: Worin liegt der intellektuelle und emotionale Beitrag der Kunst und des Design in diesem Wettbewerb der Begriffe für die Zukunft.

Angesichts dieser eindeutig dramatischen wissenschaftlichen und daher sozialen Zukunftsperspektiven, müssen Kunst und Design es vermeiden, an die Ränder der Gesellschaft gedrängt zu werden.

Wie hat Schiller diese Situation ausgedrückt? "Die Grenzen der Kunst verengen sich in dem Maße, in dem sich die Grenzen der Wissenschaft vergrößern."

Dies zu sagen, bedeutet keineswegs irgendeine Feindschaft gegen Wissenschaft und wissenschaftliche Forschung. Ich versuche nur auszudrücken, daß Kunst und Design eine wichtige Verantwortung haben, sich in die Entwicklung unserer Gesellschaften intensiver einzubeziehen.

Worum es geht, ist defensiven Positionen entgegenzutreten, Willkür abzustreifen und neue Gebiete der Wahrnehmung und des Bewußtseins zu eröffnen.

Die Zukunft unserer Gesellschaft braucht sicherlich Kunst und Design genauso sehr wie sie Technologie und Naturwissenschaft braucht.

Durch die Richtung ihres Inhalts, ihrer Tätigkeiten und öffentlichen Äußerungen und ihres Image, sollten Kunst- und Design-Universitäten eine offensive und selbstbewußte Haltung in dem sozialen Wettbewerb in bezug auf die Definition von Fortschritt einnehmen und somit mehr Mut hervorrufen.

Was wir jetzt brauchen, ist gezielte Kooperation in Projekten, die alle Arten künstlerischen Ausdrucks einbeziehen: die bildenden Künste, Architektur, Design, Medienkünste - da verschiedene Disziplinen mehr und mehr aufeinander bezogen werden und interagieren müssen. Und nicht nur dies: Kunst und Design müssen Querverbindungen zu naturwissenschaftlichen Disziplinen wie Biologie, Perzeptionstheorie, Neuro-Wissenschaft, Physik usw. herstellen - ohne unsere eindeutige Hingabe an das System der Künste aufzugeben.

Was wir brauchen, sind Orte, wo solche Netzwerke entstehen können, Orte und Strukturen, die das Vakuum füllen, das sich gegenwärtig ausbreitet in der Kluft zwischen Kunst- und Design-Universitäten und dem Markt auf der einen Seite,

kreative und technologische Industrien, Gallerien, Museen und kulturell sowohl als auch sozial ausgerichtete Institutionen auf der anderen Seite.

Wir brauchen junge Frauen und Männer, die radikales Denken und Design begrüßen, Leute mit unbeirrbarer intellektueller und kreativer Qualität und dem Mut, utopisch zu sein.

Ferner brauchen wir Kunst- und Design-Universitäten, die solche Einstellungen fördern und fordern, denn die Stärke, radikal im Denken und Design und die Bereitschaft utopisch zu sein, beruht auf der Freiheit des Verstandes und des Geistes.

Was versuche ich durch mein Plädoyer für eine Suche nach Utopien in Kunst und Design auszudrücken?

Nicht nur, daß die Kunst einen Wettbewerb mit den Wissenschaften um die raschere Entwicklung von atemberaubenderen Utopien eingehen sollte. Ich plädiere nicht für einen naiven Utopismus, nicht für einen kruden Utilitarismus, der auch das Ende der Künste bedeuten würde. Ich appelliere an die Kraft, Positionen zu ändern und zu erneuern.

Wie die Wissenschaftsgeschichte stellt die Geschichte der Kunst und des Design letztendlich eine Ideengeschichte dar. Und Ideen zeigen ihre Wirkung nicht nur in der Gestaltung von Kunstwerken, sondern auch in der Gesellschaftsformation.

Was so faszinierend und gleichzeitig so furchterregend an gegenwärtigen wissenschaftlichen Experimenten ist, ist nicht die Technologie, sondern die ihr zugrunde liegende Idee, das Konzept der technologischen Omnipotenz, die Überzeugung, daß die Zukunft der Welt letztendlich von dem technologischen Fortschritt abhängig ist.

Was entscheidend ist, ist, daß man der wissenschaftlichen Phantasie der Allwissenheit unsere eigene, künstlerisch fundierte, neue Welt der Ideen entgegensetzt.

Es gab Zeiten, als die wissenschaftlichen Disziplinen als Künste bezeichnet wurden. Laßt uns der Verlockung widerstehen, Kunst und Design als eine Art Wissenschaft zu stilisieren. Und laßt uns dem Druck widerstehen, die Entwicklung von Kunst und Design nur als ein Nebenprodukt des Marktes anzusehen.

Wir können das Feld der Zukunft nicht den Wissenschaftern und erst recht nicht den Futurologen und den Marktstrategen überlassen.

Laßt uns die Grenzen der Kunst und des Design vergrößern!

© Gerald Bast (Wien)
Wien im Dezember 2005

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For quotation purposes:
Gerald Bast (Wien): "Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft - Wer hält den Raum offen, den die Utopie besetzen könnte!!?". In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 16/2005.
WWW: http://www.inst.at/trans/16Nr/plenum/bast16DE.htm

Webmeister: Peter R. Horn     last change: 30.12.2005     INST