Trans | Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften | 16. Nr. | Februar 2006 | |
Plenum | Plenary Session | Séance plénière | DEUTSCH | ENGLISH | |
Alexander Van der Bellen (Klubobmann und Bundessprecher) [BIO]
Mag.a Christina Heintel (Bildungsreferentin des Grünen Parlamentsklubs)
Dr. Johannes Gadner (Wissenschaftsreferent des Grünen Parlamentsklubs)
In der heutigen sogenannten "Wissensgesellschaft" spielt Wissen eine immer größere ökonomische Rolle und beeinflusst wesentlich die Gestaltung unserer Lebenswelt. Eine wesentliche Frage ist, ob Wissen wirklich ein öffentliches, frei zugängliches Gut ist.
Tatsächlich ist Wissen ungleich verteilt. Schichtspezifische Differenzen und Ungleichheiten führen zu einer Kluft zwischen denjenigen, die sich viel informieren und viel wissen, und denjenigen, die sich wenig informieren und wenig wissen (Wissenskluft-Hypothese). Eine wichtige Anforderung an die Bildungspolitik ist deshalb, den Zugang zu Wissen für alle Bürgerinnen und Bürger zu sichern und soziale Differenzen auszugleichen.
Bildung gewinnt gerade in der sogenannten "Wissensgesellschaft" zunehmend an Bedeutung. Sie entscheidet immer mehr über die Chancen der/s Einzelnen auf soziale Teilhabe. Sie ist notwendig, um in einer komplexer werdenden Gesellschaft Orientierung zu finden und das eigene Leben aktiv gestalten zu können. Bildung eröffnet den Menschen Perspektiven und ist zunehmend der beste Schutz vor Arbeitslosigkeit.
Eine gut ausgebildete Bevölkerung ist gleichzeitig die entscheidende Ressource einer Volkswirtschaft, um im Innovationswettbewerb mit anderen Ländern zu bestehen. Dazu müssen alle Talente gefördert und genutzt werden. Nur so kann sich eine demokratische Wissensgesellschaft weiterentwickeln und sich im internationalen Wettbewerb behaupten.
Bildung steht heute vor einem gesellschaftlichen und sozial-demographischen Hintergrund, der durch beschleunigte Veränderungen der Lebensbedingungen, der Arbeitsmarktsituation und den technisch-naturwissenschaftlichen Entwicklungen in der Wissensgesellschaft geprägt ist. In einer globalisierten Gesellschaft entstehen völlig neue Formen von Arbeit, Kommunikation, Lebensweisen und Biographien. (Aus-)Bildung und Wissen werden zu zentralen Produktionsfaktoren und gesellschaftlichen Differenzierungsinstrumenten der Wissensgesellschaft. Das stellt die Politik vor die Herausforderung, einen Bildungsbegriff jenseits ökonomischer Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt zu definieren. Wie sieht ein Bildungsbegriff aus, der einer fortgeschrittenen Industrie- und Wissensgesellschaft in Hinblick auf Globalisierung, neue Beschäftigungsformen und Stellung der Arbeitszeit im Lebenslauf angemessen, aber nicht notwendigerweise auf die ökonomische Perspektive reduziert ist?
Bildung, Aus- und Weiterbildung gewinnen in der Wissensgesellschaft auch deshalb an Bedeutung, weil sie über die soziale Stellung, die Erwerbsmöglichkeiten, Integrationschancen und aktive demokratische Teilhabe eines Menschen in der Gesellschaft entscheiden. Das wirft die zentrale Frage auf, wie eine soziale Bildungs- bzw. Hochschulbildungspolitik den gesellschaftlichen Entwicklungen einerseits Rechnung tragen, andererseits aber steuernd und verändernd in diese eingreifen kann.
Bei der Bildung geht es um die Zukunft unserer Kinder und um das innovative Potential unseres Landes. Eine gute Ausbildung ist nach wie vor das beste Mittel gegen Arbeitslosigkeit und Armut. Es ist daher fatal, bei der Bildung zu sparen. Bildung darf einer Budgetsanierung nicht zum Opfer fallen.
Kindergärten sind Bildungseinrichtungen, in denen die Förderung unserer Kinder beginnt. Wenn unterschiedliche Voraussetzungen ausgeglichen werden sollen, kann damit nicht bis zum Schuleintritt gewartet werden. Der Kindergarten muss in diesem Sinne auch als Möglichkeit der Integration von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache genutzt werden. Dort sollen sie die Möglichkeit haben, die deutsche Sprache zu erlernen. Dafür muss der Einsatz von muttersprachlichen KindergartenpädagogInnen in mehrsprachigen Kindergruppen ausgebaut werden.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es einer neuen, universitären Ausbildung der KindergartenpädagogInnen. Die Frühförderung aller Kinder und die sprachliche Förderung von Kindern in deren Muttersprache und in Deutsch sind wesentliche Teile dieser Ausbildung.
Die Grünen setzen den Schwerpunkt auf individuelle Förderung. Wir gehen davon aus, dass jedes Kind Begabungen hat. Die Begabtheit jedes einzelnen Kindes ist dabei gleichwertig. Es ist Aufgabe der Erziehungseinrichtungen, diese Begabungen - unabhängig davon, ob sie im kognitiven, kreativen, motorischen oder sozialen Bereich gegeben sind - in einer angemessenen Form zu fördern. Die Schule muss auf individuelle Lern- und Entwicklungsgeschwindigkeiten Rücksicht nehmen und entsprechende flexible Beurteilungs- und Fördersysteme ermöglichen.
Unser Ziel ist es, durch individuelle Förderung private Nachhilfe überflüssig zu machen.
Wir plädieren also für ein Schulsystem, das sich auch mit den Schwächsten auseinandersetzt und sie nicht einfach liegen lässt.
Als Vorbild kann hier auf Finnland verwiesen werden: Die Finnen schaffen es am besten, auch die schwächsten SchülerInnen "mit nach oben zu ziehen". Das Schulsystem setzt sich auch mit diesen auseinander und kann sie nicht loswerden. Lernprobleme werden sofort gelöst - nicht durch Sitzenbleiben.
In finnischen Gesamtschulklassen sind durchschnittlich knapp über 20 % der SchülerInnen in Teilzeitfördermodellen, weitere 6 % sind der "special need education" - also der Sonderpädagogik - zugeordnet. In den ersten beiden Schulstufen beträgt der besonders geförderte Anteil mehr als 30 %! Diese Förderungen finden zum Teil als Einzelunterricht statt. Schwerstbehinderten Kindern ist oft eine Betreuungsperson zugewiesen.
Das "historische Fenster" der rückläufigen Zahl an SchulanfängerInnen muss dafür genutzt werden, um auch in Österreich ein umfassendes Fördersystem aufzubauen. Die Zahl der PflichtschullehrerInnen wird trotz rückgehender SchülerInnenzahlen nicht gekürzt, bis ein Kontingent von 10% an FörderlehrerInnen erreicht ist. Im Pflichtschulbereich geht es angesichts der SchülerInnenprognosen zumindest bis zum Schuljahr 2011/2012 nicht um zusätzliche Ausgaben, sondern um die Aufrechterhaltung des Budgets. Das heißt, dass alleine durch den Verzicht auf Einsparungen die Qualität des österreichischen Pflichtschulsystems drastisch angehoben werden könnte.
Durch die massive Aufstockung der Anzahl an FörderlehrerInnen erhalten alle Kinder und Jugendliche ausreichende Unterstützung und bestmögliche Förderung an den Schulen. Schulerfolg ist damit nicht mehr von privater Nachhilfe abhängig, alle SchülerInnen werden gleich gefördert und bekommen somit mehr Bildungschancen.
Ziel der individuellen Fördermaßnahmen ist es auch, Klassenwiederholungen, die erfahrungsgemäß nicht zu einer geringeren Zahl an SchülerInnen mit Leistungsschwächen führen, so weit wie möglich zu vermeiden.
Für die Unterstufe werden Förderlehrpläne eingeführt. Diejenigen, die Nachholbedarf in bestimmten Fächern haben, erhalten individuelle Förderung nach flexiblen Lehrplänen. Sitzenbleiben ist nur mehr mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten möglich.
In der Oberstufe wird das Kurssystem eingeführt. Schließt einE SchülerIn ein Unterrichtsfach mit Nicht Genügend ab, muss nur der entsprechende Kurs - nicht die ganze Klasse wiederholt werden.
Klassen mit über 30 SchülerInnen ermöglichen kein Eingehen auf die einzelnen SchülerInnen und sind für die LehrerInnen unzumutbar. Damit alle SchülerInnen und LehrerInnen mehr vom Unterricht haben, muss die KlassenschülerInnenhöchstzahl herabgesetzt werden.
In kleineren Gruppen kann besser auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der SchülerInnen eingegangen werden. Anstelle eines Frontalunterrichts wird im Rahmen von Projekten und in Kleingruppen gearbeitet. Das macht den Unterricht für alle interessanter, der Unterricht gewinnt zudem an Qualität, Motivation und Lernlust nehmen zu.
In Österreich entscheidet immer noch die soziale Herkunft wesentlich über den Bildungsweg. Kinder, deren Eltern wenig verdienen, besuchen nach der Volksschulzeit eher eine Hauptschule, Kinder, deren Eltern viel verdienen, wechseln ins Gymnasium. Die soziale Herkunft soll aber nicht den Bildungsweg präterminieren.
Wir plädieren für eine gemeinsame Schule der 6 bis 15jährigen, die sozialen Ausgleich schafft und das Leistungsniveau aller SchülerInnen anhebt. (Schulsysteme mit "äußerer Differenzierung" mit mehreren Schultypen haben beim PISA-Test mit Ausnahme von Belgien eher schlecht abgeschnitten. Die meisten Top-Länder bei PISA haben ein System mit innerer Differenzierung und einer gemeinsamen Schule.)
Mehr Bildungschancen für Alle ergeben sich aber auch durch eine neue Form des Leistungsfeedbacks. Verbale Beurteilungen, die Fortschritte und Lernerfolge aufzeigen, bestärken auch schwächere SchülerInnen.
Wir fordern, dass alle 6 bis 14jährigen Kinder und Jugendlichen einen gesetzlichen Anspruch auf Betreuung auch über die Unterrichtszeit hinaus haben. Dieser Rechtsanspruch garantiert den Eltern die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie und schafft mehr Bildungschancen für alle. Die Unterschreitung der derzeit erforderlichen Gruppengröße von mindestens 15 SchülerInnen darf kein Grund sein, Eltern von diesem Recht auszuschließen.
Ein Investitionsprogramm schafft nicht nur zusätzliche Betreuungsplätze, sondern ermöglicht auch eine entsprechende Adaptierung der Schulgebäude. Kinder, die dort am Nachmittag betreut werden, müssen sich wohl fühlen, Eltern müssen die Gewissheit haben, dass ihre Kinder sicher und gut versorgt sind, und LehrerInnen haben ein Anrecht auf entsprechende Arbeitsbedingungen.
In Zusammenarbeit mit Vereinen soll ein breites Angebot an sportlichen und musischen Aktivitäten in den Schulen geschaffen werden.
Um dem Anspruch des sozialen Ausgleichs gerecht zu werden, ist es für uns eine Selbstverständlichkeit, die Form der Ganztagsbetreuung kostenlos - entsprechend der Schulgeldfreiheit für herkömmlichen Unterricht - anzubieten. Was die Finanzierung des Mittagessens und besonderer Angebote (wie etwa die Benützung von Sportplätzen) betrifft, sind sozial gerechte Beitragszahlungen anzudenken.
Wir wollen von den starren 50-minütigen Unterrichtsblöcken abgehen und offene, flexible Unterrichtsformen ermöglichen. Der Wechsel zwischen Lern- Erholungs- und Spielphasen ermöglicht nicht nur ein besseres, konzentrierteres Lernen, sondern auch ein umfassenderes Eingehen auf die unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen. Schul- und Lernprobleme werden sofort gelöst anstatt sie mit nach Hause zu nehmen und private Nachhilfe in Anspruch nehmen zu müssen.
Vor allem in den ersten Schulstufen ist es wichtig, dass der Tagesablauf einem Rhythmus folgt, der den Bedürfnissen der Kinder entspricht. Der Unterricht richtet sich idealerweise nach den Aktivitäts- und Ruhephasen der SchülerInnen, sodass die Kinder nach ihren eigenen Arbeitsrhythmen lernen können. Ein fixer Stundenplan ist für Kinder dieser Alterstufe wenig sinnvoll.
Auch in den oberen Schulstufen wollen wir davon abgehen, dass sechs Stunden je 50 Minuten nur gelernt wird. Wir streben sinnvoll geplante Unterrichtsblöcke an, die aus lernen, üben, wiederholen und erholen bestehen.
Aus Grüner Sicht sind die primären Aufgaben der Universität solche der allgemeinen Bildung durch die Partizipation am Forschungsprozess und die Vermittlung umfassender Kulturtechniken. Die Universität ist daher zunächst einmal der Ort der Forschung und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Weder die akademische Berufsvorbereitung noch die Entwicklung gesellschaftlich, sozial, kulturell, technisch, etc. anwendbaren Wissens lassen sich dabei auf ökonomische Verwertbarkeit reduzieren. Grundlagenforschung kann nicht unmittelbar ökonomischen Interessen dienen, sondern leistet vorrangig einen Beitrag zu kultureller Selbstverständigung und intellektueller Aufklärung: (Grundlagen-)Forschung ist demnach Teil der Kultur wie die Kunst, freilich mit besonderen wissenschaftlichen Methoden.
Die Gewährleistung individueller Handlungsspielräume ist eine notwendige Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgaben. Dazu bedarf es des freien Zugangs zu Hochschulbildung, der Möglichkeit zu Mitbestimmung und -gestaltung akademischer Strukturen und Inhalte sowie flacher Hierarchien zur Sicherung verbesserter Kommunikation, Transparenz, größerer Durchlässigkeit von Information und Motivation.
Universität legitimiert sich u.E. nicht vornehmlich oder gar ausschließlich durch die Produktion wirtschaftlich verwertbarer Produkte wie AbsolventInnen, Wissen, Patente, etc., sondern über funktionelle gesellschaftliche Erfordernisse: Der Sinn von Universität besteht also in der Reflexion und Reproduktion von Gesellschaft - und zwar nicht lediglich in Bezug auf Wirtschaft und Verwaltung, sondern vor allem in Bezug auf lebensweltliche Zusammenhänge. Universität ist somit ein Ort, von dem ausgehend demokratische Gestaltung (mit kritischer Option) von Gesellschaft, von ihrem Selbstverständnis und ihrem geltenden Wissen möglich ist. Und gerade das ist Bildung: Sie zielt nicht primär auf ökonomische Verwertbarkeit ab, sondern auf die (Heraus-)Bildung selbstbestimmter, verantwortungsbewusster, dialogfähiger, demokratischer Menschen (vgl. Grünes Grundsatzprogramm 2001, 67ff.).
Die Grünen haben höhere Bildung immer schon als zentrale Voraussetzung für die selbstbestimmte Gestaltung des Lebens sowie für ein verantwortungsvolles, solidarisches, dialogfähiges Miteinander in einer demokratischen Gesellschaft definiert. Die Öffnung des gesamten tertiären Bildungssektors bleibt daher ein zentrales Ziel der Grünen Bildungspolitik. Universitäts- und Fachhochschulstudium sowie Weiterbildungsangebote sollen auch für diejenigen zugänglich werden, die ihre Befähigung im Beruf oder durch andere gesellschaftliche Tätigkeiten erworben haben. Die Hochschulzugangsquote muss angehoben werden. In Skandinavien studieren über 70 % eines Altersjahrgangs, in Österreich sind es nur 30 %. Der freie Hochschulzugang muss als eine der Errungenschaften österreichischer Hochschulpolitik, durch den für viele Gruppen der Zugang zu universitärer Bildung überhaupt erst ermöglicht wurde, erhalten werden. Freier Hochschulzugang bedeutet für uns aber nicht nur "gratis" studieren, sondern auch die Schaffung von akzeptablen sozialen Rahmenbedingungen sowie einer entsprechenden Förderung für Studierende. Es müssen daher Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Studierenden eine soziale Absicherung während ihres zielorientierten Studiums ermöglichen wie etwa eine Ausweitung und Verbesserung des Stipendiensystems. Das Grüne Grundsicherungsmodell sieht die tertiären Bildungsinstitutionen als Teil der infrastrukturellen Grundsicherung, die für Studierende kostenlos bleiben müssen. Zusätzlich dazu sieht es die Bildungsförderung junger Erwachsener vor. Das würde eine finanzielle Absicherung von Studierenden bedeuten und vom Zwang zu Erwerbstätigkeit neben engagiertem Studium befreien.
Das Grüne Menschenbild zielt auf die Bildung selbstbestimmter, verantwortungs-bewusster Menschen, die gleichberechtigt in Entscheidungsprozessen beteiligt sind. Daher ist die demokratische Mitbestimmung für die Grünen ein wichtiges Prinzip an den Universitäten, aber auch an anderen Bildungsinstitutionen. Diese muss erhalten und ausgebaut werden. Wir treten daher für mehr Autonomie, Entbürokratisierung und Freiheit von staatlichem Dirigismus ein. Unser Ziel ist es, vor allem an den Universitäten dafür zu sorgen, dass teamorientierte Strukturen mit flexiblen und flachen Hierarchien möglich werden. Konkret bedeutet das die Wiederherstellung bewährter Instrumente der Meinungsbildung und Mitbestimmung sowie den Rückbau hierarchisch-autoritärer Strukturen mit demotivierenden Abhängigkeitsverhältnissen junger ForscherInnen. Das heißt aber auch, dass wichtige strategische Entscheidungen durch demokratisch legitimierte Kollegialorgane getroffen werden sollen, in denen alle an den Universitäten vertretenen Gruppen vertreten sind. Die Kompetenzen des Uni Rates sollen auf Beratung und Kontrolle reduziert und die des Senates wieder entsprechend ausgebaut werden. Anstelle des alten Kurienmodells soll es nur mehr eine HochschullehrerInnenkurie ab Doktorat geben. Der Anteil der Habilitierten (ProfessorInnen und DozentInnen) muss so gewählt werden, dass dem wissenschaftlichen Nachwuchs ein adäquates Vertretungsrecht in den Gremien gesichert bleibt. Die Mitbestimmung von Studierenden muss gewährleistet bleiben. Diesbezüglich sollen auch ausländische Studierende (nicht nur EU-BürgerInnen) das passive Wahlrecht bei ÖH-Wahlen erhalten.
Durch die Uni-Reform und das existierende Dienst- und Besoldungsrecht existieren kaum attraktive Laufbahnmodelle für NachwuchsforscherInnen. Daher bedarf es einer gezielten und adäquaten Nachwuchsförderung. Hier sind insbesondere Veränderungen im Dienstrecht gefragt, die nicht jahrelange Abhängigkeit von einem Professor/einer Professorin fördern, sondern Mobilität und Veränderung, trotzdem aber auch eine gewisse Sicherheit für junge ForscherInnen bieten. Die Grünen treten für ein innovatives Dienstrecht - in Anlehnung an das anglo-amerikanische "tenure track system" - mit international vergleichbarem Gehaltsmodell und attraktiven Karriereperspektiven für junge ForscherInnen ein. Das bewährte "tenure track system" fördert Motivation und Kreativität der ForscherInnen durch frühe Selbständigkeit und Karriereperspektiven. Zur Förderung des Nachwuchses sollen Auslandsstipendien verdoppelt, 500 zusätzliche Post-Doc-Stellen geschaffen und die Grundgehälter von AkademikerInnen an der Universität angehoben werden.
Lehrinhalte und didaktische Methoden müssen ständig aktualisiert und neuesten Erkenntnissen angepasst werden. Dementsprechend sind Studienreformen, die diese Erkenntnisse berücksichtigen, eine Notwendigkeit. Prinzipien wie Teamarbeit, kritische Lehrinhalte, die Förderung von Mobilität, wissenschaftliche Eigenständigkeit sowie Praxisorientiertheit, wo sie nötig ist, sollten bei Studienreformen im Vordergrund stehen. Die Grünen sehen Interdisziplinarität als Chance, höhere Bildung als Basis breiter Bevölkerungsschichten und nicht als unmögliches Ideal zu verstehen. Bildung soll Wissen zusammenführen und vernetzen. Studierenden im tertiären Bildungssektor soll die Möglichkeit gegeben werden, ihr Studium/ihre Ausbildung selbst (auch fachübergreifend) zu gestalten. Studienpläne sollen einen groben Rahmen vorgeben, den Studierende nach eigenem Ermessen gestalten. Um eine solche fachübergreifende Bildung zu verwirklichen, bedarf es einer Vorbereitung auf das Studium, die eben dieses interdisziplinäre Verständnis fördert. Die Forderung nach dem Vermitteln von Zusammenhängen kann somit nicht auf die tertiären Bildungsinstitutionen beschränkt bleiben, sondern muss bereits in den Mittelschulen ansetzen. Studierende werden zum selbstständigen, gruppenbezogenen Studium angehalten. MaturantInnen sollen bereits in der Schule durch "Schnupperwochen" und die Einbeziehung von HochschullehrerInnen in den Fachunterricht während der letzten beiden Schuljahre auf die Universität vorbereitet werden.
© Alexander Van der Bellen (Klubobmann und Bundessprecher)
Mag.a Christina Heintel (Bildungsreferentin des Grünen Parlamentsklubs)
Dr. Johannes Gadner (Wissenschaftsreferent des Grünen Parlamentsklubs)
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