Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften | 17. Nr. | März 2010 | |
Sektion 1.8. | Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache
Sektionsleiter | Section Chair: Naoji Kimura (Tokyo / Japan) |
Deutschsprachige Germanistik in Ostasien
Ein bibliographischer Überblick
Naoji Kimura (Tokio) [BIO]
Email: naoji-k@sophia.ac.jp
Bekanntlich wurde Germanistik in Europa zumeist als eine der Nationalphilologien auf sprach-und/oder literaturwissenschaftlicher Grundlage betrieben. Ich habe eigentlich nichts dagegen und bemühe mich vielmehr seit Jahrzehnten, nach Kräften ein guter Philologe, und zwar ein guter Goethephilologe zu sein, indem ich über Goethes literarische Werke verschiedene Aufsätze schreibe und seine Schriften zur Naturwissenschaft ins Japanische übersetze. Sowohl bei der Übersetzung als auch bei den interpretatorischen Studien gibt es genug philologische Arbeit für einen angemessenen Sachkommentar. Für Sinn und Zweck der Philologie habe ich also kein Wort zu verlieren.
In Ostasien dagegen beschäftigt man sich nicht nur mit der deutschen Sprache und Literatur, sondern auch mit vielen anderen Bereichen der deutschsprachigen Kultur, z.B. in Japan mit Philosophie und Religion, Theater- und Filmgeschichte, Kunst- und Musikwissenschaft, Architektur und Ikonographie usf. Im Japan des 18. und 19. Jahrhunderts gab es denn auch eine ausgesprochen medizinisch-technisch ausgerichtete sogenannte Holland-Wissenschaft rangaku, weil damals wegen einer strengen Landesabschließung nur Niederländisch als europäische Sprache zugelassen war und viele deutsche Werke in niederländischer Übersetzung gelesen wurden. Andere europäische Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch wurden erst nach der Meiji-Restauration im Jahre 1868 eingeführt, bis Deutsch vor dem Zweiten Weltkrieg lange als Wissenschaftssprache in Japan gegolten hat. Auskunft darüber gibt ein Buch wie Kulturvermittler zwischen Japan und Deutschland: biographische Skizzen aus vier Jahrhunderten, herausgegeben vom Japanischen Kulturinstitut Köln. Campus Verlag. Frankfurt/New York 1990.
Daher kommt, daß die sogenannte Auslandsgermanistik zumindest in Ostasien seit ihrer Etablierung im Hochschulbereich nicht so sehr als Philologie, sondern eher als Kulturwissenschaft im Sinne von “cultural studies” verstanden worden ist. Eingeführt wurde sie in Ostasien frühzeitig etwa von Bernd Thum: Auf dem Wege zu einer interkulturellen Germanistik. In: Jahrbuch Deutsch als Fremd-sprache. Band 11. Max Hueber Verlag. München 1985. Erst danach wurde sie in den letzten Jahren wieder aufgegriffen etwa durch Wilhelm Voßkamp: Literaturwissenschaft und Kulturwissen-schaften: Versuch einer Bestandsaufnahme. In: Asiatische Germanistentagung 1997. Literatur im multimedialen Zeitalter--Neue Perspektiven der Germanistik in Asien. 2 Bde. Koreanische Gesellschaft für Germanistik, Seoul 1998. Dokumentationen Band 1, Sun-Mi Tak: Germanistik als Cultural Studies: Versuch einer transkulturellen literaturwissenschaftlichen Frauenforschung, ebenda in Band 2, oder Naoji Kimura: Auslandsgermanistik als Kulturwissenschaft. In: Zhang Yushu / Horst Thomé (Hg.), Literaturstraße. Chinesisch-deutsches Jahrbuch für Sprache, Literatur und Kultur, Band 5 (2004).
Es ist hier jedoch nicht der Ort, auf die Wissenschaftsgeschichte der Germanistik detailliert einzugehen. Um nur auf die methodische Entwicklung in Japan aufmerksam zu machen: so wurden nach der völkischen Literaturwissenschaft in den dreißiger Jahren verschiedene Methoden wie Geistesgeschichte, werkimmanente Interpretation, Strukturanalyse, Ideologiekritik, Sozialgeschichte usw. in der deutschen Germanistik nacheinander übernommen und praktiziert. In den auf 1968 folgenden Jahren hat sich dann die internationale Germanistik methodendebattenmüde aus der traditionellen Philologie immer mehr zu einer Kulturwissenschaft entwickelt. Diese erwies sich allerdings im Zeitalter der Globalisierung von Anfang an als interkulturell und weniger textwissenschaftlich als sonst. Sie bewegt sich vielmehr im Rahmen der allgemeinen Literatur-wissenschaft, da sie sich mit kulturellen Themen in verschiedenen Literaturen der Welt zu beschäftigen hat. Aus einer philologischen Forschungsdisziplin speziell zur deutschen Sprache und Literatur ist also eine literaturwissenschaftliche Beschäftigung mit der deutschsprachigen Kultur überhaupt geworden, wenngleich dies mehr in der Auslandsgermanistik der Fall ist.
So gebe ich beispielsweise seit einigen Jahren mit meinem Bayreuther Kollegen Walter Gebhard eine neue Buchreihe Deutsch-ostasiatische Studien zur interkulturellen Literaturwissenschaft heraus, die ein über die Fachwissenschaft hinausgehendes Forum bietet, das allen Germanisten in Ostasien offensteht, um Forschungsperspektiven zu diskutieren, seien sie aus Theater- oder Kunstwissenschaft, aus Rezeptionsgeschichte oder Landeskunde, Philosophie oder Ideologiekritik, Sprach- bzw. Literaturdidaktik oder Soziologie im allgemeinen. Ihr Ziel ist es, eine fruchtbare Kooperation zwischen kulturregionalen Humanwissenschaften in Ost und West zu fördern. Sie wurde im Jahre 2004 mit dem ersten Band von Van Eikels, Kai: Das Denken der Hand. Japanische Techniken eröffnet. Ihm folgte mein eigener Band Der ost-westliche Goethe Deutsche Sprachkultur in Japan. Dieser Sammelband beinhaltet meine literaturwissenschaftlichen Aufsätze, die nach seiner 1997 bei Peter Lang Verlag, Bern, erschienenen Aufsatzsammlung Jenseits von Weimar. Goethes Weg zum Fernen Osten aus verschiedenen Anlässen entstanden sind. Wie im Buchtitel angedeutet, wird darin ein Versuch unternommen, Goethes Auswirkungen im Fernen Osten besonders an ihren kultur-politischen Folgen widerzuspiegeln.
Ansonsten habe ich zum Schillerjahr 2005 als Band 3 eine Festschrift für meinen chinesischen Kollegen Zhang Yushu, Peking, zum 70. Geburtstag herausgegeben: Kimura, Naoji & Thomé, Horst (Hrsg.), „Wenn Freunde aus der Ferne kommen“. Sie war als eine west-östliche Freundschaftsgabe für den Nestor der chinesischen Germanistik gedacht und enthielt nach dem Geleitwort des ehemaligen deutschen Botschafters Erwin Wickert fünf deutsche, sechs chinesische, drei koreanische und vier japanische Beiträge. Die nachfolgenden, bis jetzt erschienenen Bände sind Band 4 Syng Sup Yom, Taegu: Beiträge zur deutschen Literatur 1780–1980. Ein ost-westlicher Brückenschlag; Band 5 Yi Zhang, Peking: Rezeptionsgeschichte der deutschsprachigen Literatur in China von den Anfängen bis zur Gegenwart; Band 6 Wee-Kong Koh, Seoul: Intermedialität und Kulturkomparatistik. Beiträge zur vergleichenden ost-westlichen Literatur- und Kunstforschung; Weijian Liu, Berlin: Kulturelle Exklusion und Identitätsentgrenzung. Zur Darstellung Chinas in der deutschen Literatur 1870-1930. Wie aus der Thematik einzelner Bände hervorgeht, ist die germanistisch-kulturwissen-schaftliche Reihe inzwischen recht mannigfaltig geworden.
Was man früher von deutscher Seite für die Ostasienwissenschaft geleistet hat, wird in dieser Weise zusehends von den Germanisten in China, Korea oder Japan auf deutsche Kultur oder auch auf eigene Kultur gleichsam angewendet. In der interkulturell ausgerichteten Germanistik begegnet man sich heutzutage in der Bemühung, gegenseitig fremde Kulturen zu verstehen, auf halbem Weg und erweitert allmählich seinen geistigen Horizont zu einer umfassenden Kulturwissenschaft von Ost und West. In den drei ostasiatischen Ländern Japan, Korea und China gibt es schon lange nicht nur Germanistenverbände JGG, KGG und CGG, sondern auch je eine nationale Goethe-Gesellschaft neben vielen anderen Arbeitsgemeinschaften zur Erforschung der deutschen Sprache und Literatur. Die chinesischen, koreanischen und japanischen Germanisten publizieren mittlerweile ihre Forschungsergebnisse vielfach auch in deutscher Sprache.
Bei ihren literaturwissenschaftlichen Forschungen haben die ostasiatischen Germanisten große Vorteile, mehr oder weniger mit der fernöstlichen Kulturtradition vertraut zu sein und so von der entgegengesetzten Richtung her zur allgemeinen Kulturwissenschaft von Ost und West beitragen zu können. Die deutschsprachige Germanistik in Ostasien kann auf diese Weise gleichfalls in eine gegenwartsbezogene Ostasienwissenschaft integriert werden. Eine interdisziplinäre Beschäftigung mit der Germanistik könnte ferner neue Aspekte in der Mentalitätsforschung, wie sie sich in der Rezeption deutscher Kultur widerspiegeln, erschließen.
Das Generalthema eines 2005 in Seoul stattgefundenen Humboldt-Kollegs lautete in der Tat „Ostasienwissenschaften in Deutschland, Germanistik in Ostasien – Kulturtransfer Ost – West in der Globalisierung“ und im Jahre 2007 hieß es ferner „Deutsche Koreanistik – koreanische Germanistik. Interdisziplinarität und Kultur“. Da wir in Ostasien letztendlich gemeinsame Probleme haben, können wir im Rahmen der Interdisziplinarität und Kultur ebenso gut ins Auge fassen: Deutsche Sinologie bzw. Japanologie – chinesische bzw. japanische Germanistik. Denn wenn heutzutage allgemein von den Kulturwissenschaften in der Germanistik die Rede ist, müßten deutsche Germanisten selbst mit den deutschen Koreanisten, Sinologen und Japanologen, die ihrerseits für die wissenschaftliche Kulturvermittlung Hervorragendes geleistet haben, enger zusammenarbeiten, um überhaupt von der Kultur in Ost und West sprechen zu können.
Als Geburtsstunde einer ostasiatischen Germanistik gilt ohne Zweifel der VIII. Weltkongreß der IVG (= Internationale Vereinigung für Germanistik), der im August 1990 an der Keio-Universität in Tokyo veranstaltet wurde. Auf diesem Kongreß hielt erstmals in der Geschichte der IVG ein chinesischer Germanist einen Plenarvortrag: Zhang Yushu, Das Menschliche ist nie und nirgends fremd, in: Akten des VIII. Internationalen Germanisten-Kongresses Tokyo 1990, Begegnung mit dem “Fremden”, Grenzen – Traditionen - Vergleiche, Band 1, Ansprachen, Plenarvorträge, Berichte. Hrsg. Von Eijiro Iwasaki / Yoshinori Shichiji. Iudicium Verlag. München 1991. Vorausgegangen waren als Vorbereitungen dafür zwei bilaterale Germanistik-Symposien, die festgehalten sind in: Dokumentation des 1. Symposiums der koreanischen und der japanischen Germanisten: Rezeption der deutschen Literatur in Japan und Korea. In: Dogilmunhak. Koreanische Zeitschrift für Germanistik. 30. Jg. 1989 Heft 42 sowie in: Chinesisch-japanisches Germanistentreffen Beijing 1990. Dokumentation der Tagungsbeiträge. International Culture Publishing Corporation. Beijing 1994. Einen gewichtigen Beitrag von japanischer Steite stellt der von Yoshio Koshina herausgegebene Ausstellungskatalog Deutsche Sprache und Literatur in Japan. Ein geschichtlicher Rückblick. Ikubundo Verlag. Tokyo 1990 dar.
Soll als Beispiel das chinesisch-japanische Germanistentreffen in Peking hervorgehoben werden, so sagte der Präsident des Chinesischen Germanistenverbandes Zhu Yan u.a. folgendes: „Es wäre wohl nicht uninteressant, an die Vorgeschichte dieses Treffens zu erinnern. Im August 1985 wurde der VII. Kongreß der Internationalen Vereinigung für Germanische Sprach- und Literaturwissenschaft in Göttingen abgehalten. In seiner sehr bewegenden Ansprache bei der Eröffnungszeremonie hat der Bundespräsident Richard von Weizsäcker das Nebeneinander der Germanisten in den verschiedenen Ländern mit dem folgenden Laozi-Zitat beschrieben:
Die Nachbarstaaten liegen dicht nebeneinander,
Man hört die Hühner gackern, die Hunde bellen,
Und doch verkehrt man bis zum Tode
Mit seinen Nachbarn nicht.
Diese Worte machten die chinesischen, wohl auch die japanischen Teilnehmer sehr betroffen.“
Bald darauf wurden die freundschaftlichen Beziehungen in der ostasiatischen Germanistik an-geknüpft, und auf jenen drei Tagungen haben die japanischen, koreanischen und chinesischen Germanisten Deutsch als Lingua franca im Wissenschaftsbereich entdeckt, indem sie sich anhand dieser Sprache nicht nur mit den Kollegen aus den westlichen Ländern, sondern auch miteinander verständigten. So fand anläßlich des IVG-Kongresses in Tokyo die erste gemeinsame Vorstands-sitzung der JGG, der KGG und des CGV statt, wobei das erste ostasiatische Germanistentreffen in absehbarer Zeit vereinbart wurde. Die finanzielle Unterstützung von Seiten der Humboldt-Stiftung und des DAAD war kein Problem, aber ein internationales Germanistik-Symposium in Ostasien schien sich nicht so leicht verwirklichen zu lassen, weil Südkorea zu jener Zeit noch keine diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China hatte.
Glücklicherweise konnte es im darauf folgenden Jahr in dem alten japanischen Botschaftsgebäude im Bezirk Tiergarten des gerade wiedervereinigten Berlin stattfinden. Ein historisches Zeugnis dafür ist die Dokumentation des Japanisch-Deutschen Zentrums Berlin, Band 12 (1992), Symposium „Deutsche Literatur und Sprache aus ostasiatischer Perspektive“ (26.-30.08.1991). Der damalige Generalsekretär des JDZB, Dr. Thilo Graf Brockdorff, bezeichnete die Veranstaltung in seiner Abschlußrede als „Premiere besonderer Art“. Als im Jahre 2005 die Deutsch-Japanische Gesellschaft in Regensburg gegründet wurde, ist er trotz seiner Altersschwäche zur Eröffnungsfeier in der Donaustadt gekommen, um eine Festrede zu halten. Leider ist er bald nach der Rückkehr in Berlin verstorben. Ich denke an ihn als den allerersten Wohltäter von ostasiatischen Germanisten dankbar zurück. Die fachwissenschaftlichen Themen ihrer Tagungsbeiträge lauteten folgendermaßen. Es geht mir darum, das Spektrum ostasiatischer Germanistik anhand der Themenvielfalt zu demonstrieren.
Wir haben also schon vor der kulturwissenschaftlichen Wende von einer Auslandsgermanistik aus ostasiatischer Perspektive gesprochen. Als die Asiatische Germanistentagung 2006 in Seoul erfolgreich stattfand, wurde im Programmheft über Entstehung und Werdegang einer ost-westlichen Germanistk chronologisch berichtet. Tatsächlich wurde mit dem Berliner Symposium der Grundstein für eine internationale Germanistenkonferenz in und für Asien gelegt. Aber die IDV-Asientagung, die im Jahre 1994 in Peking veranstaltet wurde, gehört noch zur Vorgeschichte einer ostasiatischen Germanistik auf dem Weg vom Deutschunterricht zur kulturwissenschaftlichen Erforschung. Sie ist dokumentiert in: I. IDV – Regionaltagung Asien Beijing 8.8, bis 13.8.1994. Deutsch in und für Asien. Gesellschaft für internationale kulturelle Publikationen. Beijing 1996 und gliedert sich im Rahmen der lauter didaktischen Themen in die folgenden Sektionen: Curriculumentwicklung und Lehrwerk-entwicklung in Asien; Die Rolle und Funktion der Literatur im Deutschunterricht in Asien; Methodische und didaktische Ansätze beim Spracherwerb in Asien; Übersetzen und Dolmetschen im Deutschunterricht in Asien. Die Literatur war noch dem Sprachunterricht untergeordnet, während die deutsche Sprache ebenfalls nicht als Forschungs-gegenstand der Linguistik oder Sprachgeschichte galt. Dementsprechend waren denn auch die Themen der nachstehend genannten Plenarvorträge ausgerichtet:
Das didaktische Anliegen besonders chinesischer und koreanischer Germanisten spiegelt sich in der Fragestellung folgender Beiträge wider:
Als eigentliche Konferenzen der ostasiatischen Germanisten anzusehen sind die bereits durchge-führten Tagungen in drei Ländern:
Vor dieser Tagung waren im Jahrbuch für Internationale Germanistik zwei koreanische Beiträge erschienen: Han-Soon Yim: Germanistik in Korea. Jahrgang XVIII / Heft 2. Bern 1986; Seok-Hee Choi: ‚Die Patriotin’ von Ji-Yeon Chang: Eine koreanische Jungfrau von Orleans. Jahrgang XXIV / Heft 2. Bern 1992. Damit hängt zusammen Adrian Hsia: Der chinesisch-koreanische Wilhelm-Tell-Roman. Ein Kapitel der interkulturellen Literaturrezeption. In: Jahrbuch für Internationale Germanistik. Jahrgang XXIV / Heft 2. Bern 1992. Es ist ein gutes Beispiel für interkulturelle Beziehungen zwischen Japan, Korea und China, weil es sich gemeinsam um eine frühe japanische Übersetzung von Schillers Drama handelt.
Ansonsten sind in der Festschrift für Bonghi Cha: Deutsche Literatur in Korea. Ein Bespiel für angewandte Interkulturalität (Seoul 2000) enthalten: Kyu-Hwa Chung: 120 Jahre deutsch-koreanische Kulturbeziehungen; Do Won Yang: Die Entwicklungsgeschichte des Deutschunterrichts in Korea; Jeong-Jun Lee: Computerunterstützte Lehre und Forschung: Aufbau und Ausbau einer landesspezifischen Germanistik; Mun-Yong Chung: Internet und Landeskunde im DaF Unterricht.
Es versteht sich von selbst, daß Goethe traditionsgemäß auch in Korea in der Rezeption der deutschen Literatur wie auch in der germanistischen Forschung eine Sonderstellung einnimmt. Um der Goetheforschung in Korea gerecht zu werden, muß man schon unter Berücksichtigung koreanischer Vorarbeiten in deutscher Sprache einen eigenen Forschungsbericht schreiben. In dem Jahrbuch der Koreanischen Goethe-Gesellschaft Goethe-Yongu (Goethe-Studien) sind z.B. im Band 13 (2001) nachstehend genannte Aufsätze entweder in deutscher oder koreanischer Sprache mit der deutschen Zusammenfassung enthalten:
Wenn auch diese Beiträge teilweise im traditionellen Sinne philologisch anzusprechen sind, ist den geisteswissenschaftlichen Bemühungen in Korea die neue Tendenz der Auslandsgermanistik bemerkbar, sich immer mehr von der streng philologischen Disziplin zur empirischen Kulturwissenschaft zu entwickeln. So hat auch das von Kim Byong-Ock gegründete Institut zur Übersetzungsforschung in Seoul bis 2000 acht Hefte seines Organs „Übersetzungsforschung“ in deutscher Sprache herausgebracht: Ponyok-Yongu. Übersetzungsforschung, herausgegeben vom Institut für Übersetzungsforschung zur deutschen und koreanischen Literatur. Beiträge in koreanischer Sprache sind jeweils mit einer Zusammenfassung in Deutsch versehen.
Aber es gibt darüber hinaus eine Reihe Forschungsberichte von Seiten der japanischen Germanisten selbst, wie z.B. Takashi Oshio: Zur Rezeption der deutschen Literatur in Japan. In: Bernd Martin (Hg.), Japans Weg in die Moderne. Ein Sonderweg nach deutschem Vorbild? Campus Verlag. Frankfurt/New York 1987; Kenichi Mishima: Zur Situation der Deutschlandstudien in Japan. In: Hans-Joachim Althof (Hrsg.), Deutschlandstudien international 1. Iudicium Verlag. München 1990; Koji Ueda: Deutschlandstudien und/oder Deutschunterricht in Japan. In: Hans-Joachim Althof (Hrsg.), Deutschlandstudien international 1. Iudicium Verlag. München 1990; Yuji Nakajima: Die derzeitige Lage der Germanistik in Japan. In: Ulrich Ammon (Hrsg.), Die deutsche Sprache in Japan. Verwendung und Studium. Iudicium Verlag. München 1994.
Alle in der Zeitschrift „Doitsu Bungaku“ (Deutsche Literatur) veröffentlichten Beiträge bis Heft 100 sowie Aufsätze im Japanischen Goethe-Jahrbuch sind bibliographiert. Als die internationale Ausgabe von “Doitsu Bungaku” Heft 9 erstmals im Herbst 2002 herauskam, enthielt Band 1 “Neue Beiträge zur Germanistik” denn auch ein Rahmenthema: Überlegungen zu einer zukünftigen Germanistik in Asien. Wie eng die japanische Germanistik in Fragestellung mit der deutschen Germanistik verbunden ist, kann man den bisher veröffentlichten Dokumentationsbänden des sog. Tateshina-Kulturseminars entnehmen: Literarische Problematisierung der Moderne. Deutsche Aufklärung und Romantik in der japanischen Germanistik. Iudicium Verlag. München 1992; Sprachproblematik und ästhetische Produktivität in der literarischen Moderne. Iudicium Verlag. München 1994; Literatur und Kulturhermeneutik. Iudicium Verlag. München 1996; Kritische Revisionen. Gender und Mythos im literarischen Diskurs. Iudicium Verlag. München 1998; Evokationen - Gedächtnis und Theatralität als kulturelle Praktiken. Iudicium Verlag 2000. Als 4. Internationales Kolloquium im Oktober 2005 von der Japanischen Gesellschaft für Germanistik und dem DAAD veranstaltet wurde, hieß das Thema „Rituale des Verstehens -- Verstehen der Rituale“, das als Fragestellung völlig neu in der Germanistik war.
Informationsquelle über die Begegnung Chinas mit Deutschland überhaupt ist Wolfgang Bauer / Shen-chang Hwang (Hrsg.): German Impact on Modern Chinese Intellectual History. A Bibliography of Chinese Publications (Deutschlands Einfluß auf die moderne chinesische Geistesgeschichte. Eine Bibliographie chinesischsprachiger Werke). Stuttgart 1982. Die Rezeption der deutschen Literatur in China nahm ihren Anfang wie in Japan mit Kenntnisnahme Goethes. Richtungsweisend berichtet darüber Wuneng Yang: Goethe in China (1889 – 1999). Peter Lang. Frankfurt am Main 2000, und zwar im ersten Teil „100 Jahre Goethe-Rezeption in China. Ein historischer Überblick“ und im zweiten Teil „Goethe und die neue chinesische Literatur“.
Anläßlich des 100jährigen Jubiläums der Tongji-Universität, Shanghai, berichtete dann Roswitha Reinbothe in der Zeitschrift Der Sprachdienst (Jahrgang 51/März-April 2007) ausführlich über die Geschichte der deutschen Sprache in China. In der Broschüre „Bericht der Deutschen Fakultät der Tongji-Universität 1979-2007“ schreibt dann Zhu Jianhua: „Der Fachbereich Deutsch an der Tongji-Universität feiert in diesem Jahr sein 28-jähriges Bestehen... Der Deutschunterricht an der Tongji-Universität kann als Miniatur des Deutschunterrichts in China angesehen werden. Er ist gekennzeichnet durch vier Merkmale, nämlich: eine lange Geschichte, einen großen Umfang, verschiedenartige Kurstypen und Hinarbeiten auf gute Qualität...Mit der Reform- und Öffnungs-politik Chinas wurde im Jahre 1979 Deutsch an der Tongji-Universität wieder als erste Fremd-sprache eingeführt und der Studiengang Germanistik eingerichtet.“ Im Anschluß an das Jubiläum wurde ein internationales Symposiums des von Zhang Yushu gegründeten chinesisch-deutschen Jahrbuchs Literaturstraße veranstaltet. Die Tagung mit dem Generalthema „Modernisierung der Germanistik in chinesisch-deutscher Perspektive“ hatte sieben Sektionen: 1. Sprachwissenschaft, 2. Literatur, 3. Theorie und Praxis, 4. Didaktik, 5. Kultur und Landeskunde, 6. Kultur und Literatur, 7. Sprache und Kultur.
Es gibt natürlich eine Reihe Dissertationen von chinesischen Germanisten wie z.B. Weiyan Meng: Kafka und China. Studien Deutsch. Herausgegeben von Dietrich Krusche und Harald Weinrich. Band 4. Iudicium Verlag. München 1986; Zhao Leilian: Gesellschaftskritik in Heines Lutezia. Unter besonderer Berücksichtigung der chinesischen Heine-Rezeption. Peter Lang. Frankfurt am Main 2004; Wei Hu: Auf der Suche nach der verlorenen Welt. Peter Lang Verlag. Frankfurt am Main 2006.
Auch bei Zhu Hong: Schiller in China. Peter Lang Verlag. Frankfurt am Main 1994 handelt es sich wohl um eine chinesische Dissertation.
Im Jahre 1997 veranstaltete Zhang Yushu in Peking ein internationales Symposium über Heinrich Heine, das wie folgt dokumentiert ist: Heine gehört auch uns – Tagungsband des Internationalen Heine- Symposiums’97 Beijing. Hg. Zhang Yushu. Beijing: Beijingdaxue, 1998. Als er im September 2005 ein Schiller-Symposium in Peking veranstaltete, gab er eine mit seinen Kollegen zusam-mengestellte fünfbändige Schiller-Werkausgabe in chinesischer Sprache heraus. Die Tagungsbeiträge sind in dem von ihm im Jahre 2000 gegründeten Chinesisch-deutschen Jahrbuch für Sprache, Literatur und Kultur Literaturstraße veröffentlicht worden. Es liegt bereits im achten Band vor. Vor kurzem erschien in chinesischer Sprache ein zusätzliches Jahrbuch: Deutsche Literatur und Literaturkritik. Band 1 (2007), herausgegeben von Zhang Yushu / Wei Maoping / Zhu Jianhua / Wei Yuqing / Feng Yalin.
In der Sektion „Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache“ ging ich eigentlich von der Überzeugung aus, daß alles Wissen letzten Endes sprachlich vermittelt werden muß, um in der Geschichte effektiv überliefert zu werden. Es gibt zwar in der menschlichen Kultur verschiedene Formen der nicht sprachlichen Vermittlung, aber die Sprache, vor allem Schriftsprache erweist sich doch in der sogenannten Wissensgesellschaft als das wirksamste Mittel, das Wissen der Menschheit festzuhalten, zu verbreiten und von einer Generation zur anderen zu tradieren. So hätte ich nach Möglichkeit noch die Wissenschaftsgeschichte der Germanistik in Südostasien und Afrika behandeln wollen. Leider steht mir nur spärliches Material dafür zur Verfügung.
Indien:
Der Dokumentationsband des von der indischen Goethe-Gesellschaft angeregten, im Oktober 2006 von Adrian Hsia in Montréal/Kanada durchgeführten Symposiums „Zur Faustrezeption in nichtchristlichen Kulturen“ ist noch nicht erschienen.
Thailand:
Indonesien:
Vietnam:
Singapur:
Afrika:
Zum Schluß sei noch für die quasi interkulturelle Germanistik mannigfaltiger Provenienz auf eine wohl wenig bekannte Broschüre hingewiesen: Deutschland von außen -- Der andere Blick 50 Jahre danach. Hrsg. von Kurt-Jürgen Maaß. Rheinbach 1995. Wenn über ein gemeinsames Thema „Deutschland vor und nach der Wiedervereinigung“ sich ausländische Historiker, Politologen, Soziologen, Sprach- und Literaturwissenschaftler, Germanisten, Theologen und Ethnologen kritisch äußern, muß sich daraus eine eigenartige Kulturwissenschaft ergeben.
1.8. Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache
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Webmeister: Gerald Mach last change: 2010-03-02