TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 17. Nr. Mai 2010

Sektion 1.8. Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache
Sektionsleiter | Section Chair:
Naoji Kimura (Tokyo / Japan)

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Sektionsbericht: 1.8.

Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache

Naoji Kimura (Tokio/Regensburg) [BIO]

Email: naoji-k@sophia.ac.jp

 

Die TeilnehmerInnen der Sektion gingen von der Ansicht aus, dass alles Wissen letzten Endes sprachlich vermittelt werden muss, um in der Geschichte effektiv überliefert zu werden. Es gibt zwar in der menschlichen Kultur verschiedene Formen der nicht-sprachlichen Vermittlung, aber die Sprache - vor allem die Schriftsprache – erweist sich in der sogenannten Wissensgesellschaft als das wirksamste Mittel, das Wissen der Menschheit festzuhalten, zu verbreiten und von einer Generation zur anderen zu tradieren. So haben Latein im Westen und chinesische Schriftzeichen im Osten eine grundlegende und entscheidende Rolle für die Entwicklung der gesamten Kultur gespielt. Dabei nimmt allerdings die Mathematik als eine logische Zeichensprache eine besondere Stellung ein, während in der Kunst wie auch in der Musik mehr im analogen Sinne von einer Sprache gesprochen werden kann.

Heutzutage gilt Englisch als Weltsprache und setzt sich in allen Bereichen der Zivilisation durch. Aber in kulturellen Bereichen spielten und spielen sowohl Französisch als auch Deutsch für eine weltweite Wissensvermittlung eine bedeutende Rolle, zumal französische und deutsche Jesuiten im 17. Jahrhundert mit ihrer Missionstätigkeit in China anfingen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatten auch schon portugiesische sowie spanische Jesuiten zur Vermittlung europäischer Kultur in Südost- und Ostasien einen großen Beitrag geleistet. In Japan verlief jedoch die geschichtliche Entwicklung in die Moderne etwas anders.

In der sogenannten "Holland-Wissenschaft" (Rangaku) im angeblich nach außen hin hermetisch abgeschlossenen Japan der Edo-Zeit (1603–1867) waren deutsche und französische Medizin in niederländischer Übersetzung vertreten. In der Übergangszeit zur Meiji-Restauration im Jahre 1868 hatte man auch angefangen, Englisch und Französisch zu lernen. Weil sich aber Japan bald an die konstitutionelle Monarchie Preußens anschloss, ist das Deutschstudium unter der akademischen Jugend in Japan vorherrschend, und seitdem gilt Deutsch als Wissenschaftssprache, also quasi als Latein zunächst in Japan und allmählich auch in Korea und China.

Vor diesem historischen Hintergrund wurden drei japanische Referate gehalten: Aeka Ishihara (Yokohama): Das Dreiecksnetz: Gauß und die japanische Landvermessung in der Meiji-Zeit; Naoji Kimura (Tokyo/Regensburg): Deutschsprachige Germanistik in Ostasien; Masao Sugiyama, (Osaka): Der Weg zum Bau eines „Kulturstaates“ - Die Rolle der „Kultur“ bei der Rezeption der „deutschen“ Kulturwissenschaften in Japan von 1900 bis 1945.

Aus chinesischer Seite war ein sehr interessantes Referat vorgesehen: Jun Ye (Beijing, VR China): Die Verbreitung des deutschen Gedankenguts im modernen China und die Orientierungsfunktion der in Deutschland studierten Intellektuellen. Leider war der Referent an der Teilnahme gehindert. Die chinesische Referentin, Li Xia (New Castle, Australien) hatte sich kurz vor der Abreise verletzt. Aber ihr Referat Faust Made in China: Meng Jinghui’s Irreverent Socio-Cultral Deconstruction of Goethe’s Iconic Masterpiece of World Literatur konnte durch einen Wiener Bekannten von ihr verlesen werden. Für die Goethe-Rezeption in Asien gibt es im Internet eine Bibliographie über die Goethe-Literatur in japanischer, koreanischer und chinesischer Sprache.

Das Fazit der Diskussion: Es versteht sich von selbst, dass das Wissen künftig in allen Bereichen der Wissenschaft immer mehr durch die englische Sprache vermittelt werden wird. Aber die Tradition in der Wissenschaftsgeschichte bleibt bestehen, wie vor allem das Gedeihen der Germanistik in allen Ländern Ostasiens eindeutig zeigt. Wenn diese sich als Kulturwissenschaft weiter entwickelt, sieht man sich vor die Aufgabe gestellt, die deutsche Sprache für die Auseinandersetzungen mit mannigfaltigen Problemen in der eigenen Wissenschaftsgeschichte zu beherrschen.

1.8. Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache

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For quotation purposes:
Naoji Kimura: Sektionsbericht: 1.8. Wissensvermittlung in Asien mittels der deutschen Sprache - In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 17/2008. WWW: http://www.inst.at/trans/17Nr/1-8/1-8_sektionsbericht17.htm

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