TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 17. Nr. März 2010

Sektion 2.1. Sprachen und kulturüberschreitende Vorstellungsbildungen
Sektionsleiter | Section Chair: Csaba Földes (Veszprém / Ungarn)

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Fremdwahrnehmung als Vorstellungsbildung in der Sprache
interkultureller literarischer Texte

Exemplifiziert am Beispiel von Terézia Moras Werken

Bianka Burka (Pannonische Universität Veszprém, Ungarn) [BIO]

E-Mail: burka.bianka@btk.uni-pannon.hu

 

1. Einleitung

Im Aufsatz soll beschrieben werden, wie sich Fremdwahrnehmung in Texten sprachlich manifestiert. Fremdwahrnehmung wird an dieser Stelle in der Sprache literarischer Texte untersucht, indem es um die Frage geht, wie das Phänomen Fremdes in der Sprache interkultureller literarischer Texte identifiziert werden kann. Die zum Material der Untersuchung gewählten Texte sind der Roman „Alle Tage“ und der Erzählband „Seltsame Materie“ der ungarisch-deutschen Autorin Terézia Mora. Ziel des Aufsatzes ist es, anhand einiger Beispiele aufzuzeigen, wie Fremdwahrnehmung – bei der an dieser Stelle der Akzent auf das Gefühl des Außenseitertums und der Distanzierung gelegt wird – auf lexikalischer Ebene in den oben genannten Texten ausgedrückt wird. Den Hintergrund des Projekts bildet die Abgrenzung des Begriffs Fremdes unter dem Gesichtspunkt einer kulturwissenschaftlichen Xenologie.

 

2. Die Begriffe „Fremdheit“ und „Fremdes“

Der Nuancenreichtum von Termini in Bezug auf Fremdheit zeigt sich schon in Ausdrücken verschiedener Sprachen, zwischen denen oft ein Bedeutungsunterschied besteht: Die fremde Zugehörigkeit wird im Lateinischen  durch „alienus“ ausgedrückt, während die lateinischen Lexeme „peregrinus“ für das Adjektiv „ausländisch“, „externus“ für „auswärtig“ und „barbarus“ für „nicht römisch“ stehen. „[W]ährend das englische strange oder das französische étranger die Bedeutung von auswärtig fortschreibt, [besitzt] das Englische in foreign darüber hinaus einen Ausdruck für das Ausländische […].“ Das englische alien hat „die Bedeutung von ausländisch, überirdisch, irre“, das französische aliénation die Bedeutung von „Veräußerung, Entfremdung und Geistesstörung.Das lateinische alter wie other im Englischen und autre im Französischen bezeichnet den anderen von zweien im Unterschied zum einen ohne markierte differente Zugehörigkeit. So ist der andere als alter ego ein ego wie ich, nur eben anders, d. h.: dasselbe in einer Varietät. Auch der Fremde kann ein anderer in diesem Sinn sein, d.h. ein alter ego […].“ (Turk 2001: 176)

Die Vielfalt der möglichen Beschreibungen der Phänomene Fremdheit und Fremdes zeigt sich darin, dass es bei beiden Begriffen in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen und Forschungsrichtungen Unterschiede zwischen den inhaltlichen Abgrenzungen und der Verwendung gibt. Während nämlich in der Soziologie unter Fremdheit der „Status des ‚Randseiters‘ oder der ‚marginalen Person‘“ verstanden wird, wodurch Fremdheit in unseren Tagen in erster Linie in Bezug auf die Gastarbeiter oder Flüchtlinge verwendet wird, wird auf dem Gebiet der Kulturanthropologie „der Mensch anderer Kulturen als Fremder“ aufgefasst. In der Philosophie beziehen sich Fremdheit und Fremder demgegenüber auf  „die Alterität, [auf] de[n] andere[n] Mensch[en], das alter ego“(Wierlacher 2001: 40f.). Fremdheit wird auf dem Gebiet der Ethnologie, die sich „als eine Wissenschaft von fremden Kulturen versteht“ (Erdheim 1988: 115), von Krusche als eine „relationale Kategorie“ aufgefasst, indem mit Fremdheit eine Differenzrelation bezeichnet wird (Krusche 1987: 103) (siehe Bargatzky 2001: 219f.). „Die Ausklammerung der Erfahrung der eigenen Kultur hat dazu geführt, daß die Ethnologie bislang keinen eigenen Fremdheitsbegriff entwickelt hat“ (Bargatzky 2001: 220). In der Komparatistik bekommen die Begriffe Fremdheit und Fremdes auch eine wichtige Rolle, indem im Mittelpunkt des Interesses der Komparatistik auch eine Analyse und Beschreibung der Fremdheit steht. Die aus den „genetischen, typologischen und semiologischen Ansätzen der Komparatistik abgeleiteten Methoden arbeite[n] mit der Zielsetzung, ‚Fremdes‘ in seiner Fremdheit zu erkennen und es als Erkanntes dem (wieder) bewußtgewordenen Bekannten gegenüberzustellen“ (Bleicher 2001: 335). Dementsprechend wird im Bereich der Komparatistik das Fremde als „Interpretament der Andersheit und der Differenz“ aufgefasst (Bleicher 2001: 336). Die Arbeit mit den Phänomenen Fremdheit und Fremdes bekommt neben den obigen wissenschaftlichen Disziplinen auch auf dem Gebiet der literarischen Übersetzungen eine wichtige Rolle. Während Fremdheit in der Komparatistik als ein „theoretisch […] nahezu absolutes Phänomen“ aufgefasst werden kann, enthält sie „in der Interkulturellen Germanistik methodologisch eine kulturrelative Funktion zur deutschsprachigen Kultur“ (Bleicher 2001: 348).

In Hinsicht der epistemischen Bedeutung des Begriffs des Fremden kann ferner auch ein Unterschied zwischen dem „Fremde[n] der Nähe“ und dem „Fremden der Ferne“ festgestellt werden, wobei sich das Fremde der Nähe auf das Inland und das Fremde der Ferne auf „das Ausland und [auf] die dort nach ihrer Sitte Lebenden“ bezieht. „Das Fremde der Nähe verweist auf einen epistemischen Begriff des Fremden, das Fremde der Ferne auf den üblichen soziologischen.“ (Hogrebe 2001: 356)

Obwohl in vielen wissenschaftlichen Disziplinen mit den Begriffen Fremdes, Fremde und Fremdheit operiert wird, wurde bereits von Wierlacher (2001) festgestellt, dass auf dem Gebiet einiger Disziplinen von präzisen Fremdheitsbegriffen nicht die Rede sein kann. Die Vielfalt von vorwissenschaftlichen und wissenschaftlichen Definitionen des Fremden hat Wierlacher (2001) dargestellt, indem er aufgezählt hat, was unter dem Begriff Fremdes in der Fachliteratur verstanden werden kann. Demnach kann unter den Erscheinungsweisen nach der Qualität und Ausgerichtetheit des Begriffs Fremdes unter Fremdes „das normativ und das kognitiv Fremde, die intra- und interkulturelle Fremde, die ethnische Andersheit, die Außenseiter und Ausgegrenzten, das Unbekannte als das Bedrohliche oder exotisch Reizvolle und intellektuell Attraktive, das Ausländische oder Nichtzugehörige, das zeitlich oder räumlich Entfernte […] etc.“ verstanden werden (Wierlacher 2001: 39).

Im Folgenden werden solche sprachlichen Erscheinungsformen von Fremdheit in den – zum Material der Untersuchung gewählten – Texten identifiziert, erfasst, beschrieben und analysiert, durch die die Phänomene das Ausländische und das Außenseitertum verdeutlicht werden sollen.  

 

3. Interkultureller literarischer Text – eine inhaltliche Bestimmung

Vor einer Analyse der sprachlichen Manifestation von den obigen Phänomenen sollte die Frage beantwortet werden, auf welchen Ebenen Interkulturalität in literarischen Texten zum Ausdruck kommen kann. Im Attribut interkulturell wird durch das Präfix inter die „Qualität kultureller Begegnungen […] verdeutlicht. Es hat semantisch die Bedeutung von zwischen, miteinander und reziprok und beschreibt den Standort, den Modus und die Gerichtetheit der kulturellen Beziehungen (Wierlacher).“ (Hausstein 2000: 231) Im Mittelpunkt der Untersuchungen einer Interkulturellen Literaturwissenschaft steht „die Gestaltung von Interkulturalität als Themengebiet und ästhetische[s] Verfahren in den deutschsprachigen Literaturen“ (Gutjahr 2006: 121).

Bei einer inhaltlichen Bestimmung interkultureller literarischer Texte können meiner Ansicht nach sowohl inhaltliche als auch sprachliche Komponenten literarischer Texte in Betracht gezogen werden. Interkulturelle literarische Texte können als Vermittler von zwei bzw. mehreren Kulturen betrachtet werden, denn sie können durch ihre Sprache und/oder durch ihren Inhalt die Beziehung (Begegnung, Konflikt, Austausch, Zusammenleben usw.) von zwei bzw. mehreren Kulturen darstellen oder beschreiben den Umgang der Autor(inn)en mit mehreren Sprachen und Kulturen. In der Forschungsliteratur kann laut Kindt (2004) „im Hinblick auf eine Textpassage […] von ›interkultureller Narration‹“ gesprochen werden, wenn „die Textpassage […] narrativ [ist], […] in ihr […] auf (mindestens) zwei Kulturen Bezug genommen [wird]“, und bei der die „Verwendung des Prädikats ›interkulturell‹ angemessen erschein[t]“ (Kindt 2004: 132). Kindt (2004) macht einen Unterschied zwischen „polykulturellen Texten“ und „interkulturellen Texten“. Während polykulturelle Texte „Elemente der axiologischen und/oder historischen Komponente von mindestens zwei Kulturen denotativ und/oder exemplifikatorisch zum Thema“ machen, kann ein Text laut Kindt dann mit dem Attribut „interkulturell“ versehen werden, wenn der Text „nicht nur (mindestens) zwei Kulturen, sondern zudem auch deren Beziehung zueinander denotativ und/oder exemplifikatorisch zum Thema“ macht (Kindt 2004: 138). Bei meiner Untersuchung gehe ich davon aus, dass Interkulturalität sich auf zwei Ebenen literarischer Texte manifestieren kann, und zwar auf der Ebene des Inhalts und auf der Ebene der Sprache. Manifestationen der Interkulturalität auf der Ebene des Inhalts literarischer Texte liegen vor, wenn Texte – wie auch Kindt (2004) festgestellt hat – die Beziehung (Begegnung, Konflikt, Austausch, Zusammenleben usw.) von zwei bzw. mehreren Kulturen zum Thema machen. Außerdem kann sich Interkulturalität neben dem Inhalt auch in der sprachlichen Gestaltung literarischer Texte manifestieren, indem die Manifestation von Mehrsprachigkeit die sprachliche Konstruierung von zwei bzw. mehreren Kulturen und deren Beziehung zueinander ermöglicht. Bei einer Bestimmung interkultureller literarischer Texte können neben den obigen zwei Komponenten, die sich auf den Text beziehen, zwei weitere Komponenten erwähnt werden. Zu diesen Komponenten können die kulturelle Identität der Autor(inn)en und der Rezipient des Textes gezählt werden, die auch bei der inhaltlichen Bestimmung interkultureller literarischer Texte eine Rolle spielen können, wenn sich Interkulturalität im Inhalt und/oder in der Sprache der untersuchten Texte manifestiert.

Im Sinne der oben behandelten möglichen Aspekte können Werke von Terézia Mora als solche Texte betrachtet werden, in denen sich Interkulturalität manifestiert. Interkulturalität manifestiert sich in Werken der ungarisch-deutschen Autorin im Inhalt, indem inter- und multikulturelle Situationen zum Thema der Texte gewählt werden. Im Roman „Alle Tage“ wird das Zusammen- und Nebeneinanderleben von verschiedenen ethnischen Gruppen, Sprachen und Kulturen in Deutschland dargestellt, während der Erzählband „Seltsame Materie“ das Leben der Personen, die in der Nähe der Grenze zwischen Ungarn und Österreich leben, eine Grenzsituation beschreibt. Interkulturalität manifestiert sich in Werken der Autorin neben dem Inhalt auch in der Sprache der Texte, indem die Manifestation von Mehrsprachigkeit in den untersuchten Texten die sprachliche Konstruierung von zwei bzw. mehreren Kulturen ermöglicht. Moras Texte können demzufolge im Hinblick auf den Inhalt und die Sprache der Texte mit dem Attribut „interkulturell“ versehen werden. 

Im Folgenden werden Gebiete aufgezeigt, auf denen eine sprachliche Manifestation von Fremdwahrnehmung ertappt werden kann. Unter sprachlichen Ausdrucksformen von Fremdwahrnehmung wird im Folgenden die Rolle „fremder“ Personennamen in den Texten untersucht. Die sprachliche Manifestation von Fremdwahrnehmung wird ferner im Gebrauch des Adjektivs „fremd“ im Zusammenhang mit der Sprache der Protagonisten und in der sprachlichen Realisation der Distanzierung von einer „fremden“ Sprache aufgezeigt.

 

4. Sprachliche Manifestation von Fremdwahrnehmung

4.1. Zu Personennamen als sprachliche Realisationen von Fremdwahrnehmung

In Moras Werken werden fremde Personennamen, die im deutschen Text eingebettet sind, von mir als eine Ausdrucksform von Fremdwahrnehmung auf lexikalischer Ebene betrachtet. So können  im deutschen Roman „Alle Tage“  z.B. folgende Namen als sprachliche Ausdrucksformen von Fremdwahrnehmung angesehen werden: Der portugiesische Vorname „Alegria“ (Mora 2006: 167) bedeutet auf Deutsch Freude, Fröhlichkeit, Heiterkeit (vgl. Pons Standardwörterbuch Portugiesisch-Deutsch/Deutsch-Portugiesisch, 2007: 31). Die in Moras Texten verwendeten redenden Namen können auch mit den dargestellten Eigenschaften der Protagonisten in Beziehung gesetzt werden. Unter Namen mit einem fremdkulturellen Charakter werden solche Vornamen und Nachnamen verstanden, mit deren Verwendung das Wesen von anderen – von dem deutschen unterschiedlichen – Kulturkreisen auf lexikalischer und semantischer Ebene der Texte erscheint. Als redender, über einen fremdkulturellen Charakter verfügender Name kann demzufolge auch der Vorname „Omar“ (Mora 2006: 249) aufgefasst werden. Der Vorname „Omar“ ist ein „im 20. Jh. entlehnter männlicher Vorname arabischen Ursprungs (arab. ‘āmir ››blühend‹‹ zu arab. ‘amara ››gedeihen, lange leben‹‹)“ (vgl. Duden. Das große Vornamenlexikon, 2003: 264). Neben den obigen Namen ist noch der Name des Protagonisten des Romans „Alle Tage“ zu erwähnen, in dem sich die Fremdwahrnehmung zeigt. Der Nachname „Nema“ verweist auf ungarische Herkunft und bedeutet auf Deutsch „der Stumme“. Der Nachname ist mit dem slawischen Lexem „Nemec“ verwandt, das früher für die nichtslawischen Sprecher verwendet wurde, auf die Personen, die die slawischen Sprachen nicht beherrschten. „bulg. […] něméc 'Stummer' […] skr. nijèmac 'Deutscher, Stummer', sloven. némec 'Stummer; Nordwind; Art Hafer', čech. němec 'Deutscher' […]“(vgl. Russisches etymologisches Wörterbuch, 1955: 211). Der Nachname des Protagonisten „Nema“ stand also sozusagen für die „Barbaren“, wie das die Autorin, Mora auch beschreibt, indem das Lexem „Barbar“ als Attribut zum Vornamen des Protagonisten verwendet wird: „Abel, der Barbar.“ (Mora 2006: 14).

Die obigen Personennamen können sowohl in Hinsicht des Inhalts als auch der Sprache des Textes als Träger von fremdkulturellem Charakter angesehen werden, indem sie in der im deutschsprachigen Roman dargestellten multikulturellen Situation als Trägertypen von anderen, „fremden“ (von der deutschen unterschiedlichen) Kulturen aufgefasst werden.

4.2. Zur „Fremdheit“ der Sprache und zur Distanzierung von einer fremden Sprache

Als ein weiteres Element der sprachlichen Manifestation von Fremdwahrnehmung wird das Attribut „fremd“ vor dem Lexem „Sprache“ festgestellt. Wird nämlich die Sprache eines Individuums als „fremd“ bezeichnet, wird auch die Fremdheit des Sprechers und die Distanzierung von ihm sprachlich verdeutlicht. Die Person, über die im nächsten Beleg geschrieben wird, wird von anderen Protagonisten im Hinblick auf ihre Sprache als „fremd“ betrachtet. Als sprachliche Manifestation von Fremdwahrnehmung kann aufgefasst werden, dass im nächsten Beleg vor dem Ausdruck „fremde Sprache“ das Possessivpronomen „sein“ in der 3. Person Singular steht: „Er stottert erschrocken in seinen fremden Sprachen“ (Mora 2005: 55). Ferner wird Fremdheit der Sprache und die Distanzierung des Erzählers bzw. der Protagonisten von dieser durch den Ausdruck „die Sprache des Feindes“ (Mora 2005: 116f.) realisiert, indem das Genitivattribut an der zitierten Stelle das Phänomen Fremdheit ausdrückt.

Im nächsten Beleg kommt eine sog. Demarkation vom Fremden im Possessivpronomen „unser“ in der 1. Person Plural zum Ausdruck, wodurch auch die Zusammengehörigkeit von Individuen, die eine bestimmte Sprache beherrschen, bezeichnet wird. Bezeichnet Thomas (1993: 380) Kultur als „ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem […] [,das] […] das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder [beeinflusst] und […] somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft [definiert]“, erfüllt die gemeinsame Sprache im nächsten Beleg die Rolle eines gemeinsamen Orientierungssystems: „Ich verstehe nicht, sage ich in unserer Sprache.“ (Mora 2005: 117)

Als weitere Ausdrucksformen von Fremdheit erscheinen die Attribute, mit denen das Substantiv „Sprache“ bezeichnet wird. So kommt im nächsten Beleg die Distanzierung durch die Verwendung des Attributs „ausländisch“ zum Ausdruck, mit dem auch eine Abgrenzung des „Fremden“ und  des „Eigenen“ erfolgt. So wird eine gewisse Distanzierung auch dadurch ausgedrückt, dass vor dem Substantiv „Sprache“ das Possessivpronomen in der dritten Person Singular „sein“ steht, und es nicht näher bestimmt wird, um welche Sprache es geht: „und zwinkert mit seinem Auge den Touristen zu, die meist nur ausländisch sprechen.“ (Mora 2005: 16),  „fängt der Typ in seiner Sprache zu brüllen an“ (Mora 2005: 28).

Als ein weiteres Beispiel für die sprachliche Manifestation der Phänomene Fremdheit und Distanzierung kann der nächste Beleg angesehen werden, in dem die Reaktion der gefragten Person auf die russische Sprache, auf die auf Russisch gestellte Frage beschrieben wird, wodurch die obigen Phänomene im deutschen Text sprachlich verdeutlicht werden:

„Schließlich sage ich, und die Stimme zittert mir, weil was, wenn das die einzige Sprache ist, die er kann und ich nicht: Kak was sowut? Er reißt die Augenbrauen hoch, schaut mich auf einmal haßerfüllt an.“ (Mora 2005: 32) Das Adverb haßerfüllt steht im Beleg als Ausdrucksform für die Distanzierung, indem es sich hier um eine Distanzierung von einer bestimmten Sprache handelt, die dem Individuum im Beleg aus emotionalen Gründen als „fremd“ erscheint.

 

5. Fazit

Aus den im Aufsatz analysierten Beispielen konnte nachgewiesen werden, dass sich Fremdwahrnehmung auch in der Sprache interkultureller literarischer Texte manifestiert. Die Arbeit hat beleuchtet, wie Fremdwahrnehmung auf lexikalischer Ebene der zum Material der Untersuchung gewählten Texte zum Ausdruck kommt. Fremdwahrnehmung wird demnach nicht nur im Inhalt der Texte, sondern auch in ihrer Sprache ausgedrückt. Durch eine Analyse der sprachlichen Manifestation von Fremdwahrnehmung in interkulturellen literarischen Texten kann festgestellt werden, dass sprachliche Realisationen der Phänomene Fremdheit, Gefühl des Außenseitertums und der Distanzierung als Trägertypen der Interkulturalität aufgefasst werden können, indem sie zur sprachlichen Realisation des Beziehungsgeflechts zwischen zwei bzw. mehreren Kulturen beitragen.

 

Literatur

Primärliteratur

Sekundärliteratur

 


Anmerkungen:

Der Aufsatz ist im Rahmen des Sprachwissenschaftlichen und Didaktischen Graduiertenkollegs an der Philosophischen Fakultät der Pannonischen Universität Veszprém, unter der wissenschaftlichen Betreuung von dessen Leiter, Herrn Univ.-Prof. Dr. Csaba Földes entstanden.


2.1. Sprachen und kulturüberschreitende Vorstellungsbildungen

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For quotation purposes:
Bianka Burka: Fremdwahrnehmung als Vorstellungsbildung in der Sprache interkultureller literarischer Texte - In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 17/2008. WWW: http://www.inst.at/trans/17Nr/2-1/2-1-_burka17.htm

Webmeister: Gerald Mach     last change: 2010-03-14