Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften | 17. Nr. | September 2008 | |
Sektion 3.1. |
Culture sans frontières / Kultur ohne Grenzen / Culture without Borders Sektionsleiterin | Section Chair: Gertrude Durusoy (Izmir) |
Unter besonderer Berücksichtigung der berühmtesten Frauenfiguren
im persischen Heldenepos „Schahname“
und dem deutschen „Nibelungenlied“
Elham Rahmani Mofrad (Islamic Azad University, Central Tehran )
Email: e_rahmani@yahoo.com
In jeder Kultur und in jeder Epoche haben Frauen verschiedene Stellungen, die unter dem Einfluss ihrer Nationalität und Mentalität stehen. Die Menschen verhalten sich nach ihrer Kultur, in der sie aufgewachsen sind. Die Nationalität und die Kultur, die dazu gehört, bestimmen die Verhaltensweise der Menschen. Dabei gibt es selbstverständlich auch Ausnahmen, die ihre eigenen Gründe haben.
In der vorliegenden Arbeit versuche ich den Zusammenhang zwischen Nationalität, Namensbedeutung und Funktion der Frauenfiguren in den beiden Heldenepen „Schahname“ und „Nibelungenlied“ zu untersuchen und die Spur der verschiedenen Kulturen in den Frauencharakteren der obengenannten Heldenepen darzustellen.
Im „Schahname“ spielen Frauen neben den mutigen Männern eine grosse Rolle, wodurch die reizvollen Geschichten entstehen. Manche von ihnen wie Banugoschasb und Gordafaridzählen zu Heldinnen und nehmen an den Kämpfen gegen Feinde teil. Andere sind wie Faranak und Farangis aufopfernde Mütter, die die zukünftigen Könige des Iran vor allen Gefahren schützen und bei dem Sieg des Guten gegen das Böse eine wichtige Rolle spielen.
In Heldendichtungen befinden sich Liebesgeschichten und Zärtlichkeit und Leidenschaft, die mit den heldenhaften Handlungen eine reizvolle prächtige und liebliche Zusammensetzung schaffen. Das kann man auch in Nationalepen wie Ilias und Odyssee und indischen Heldenepen wahrnehmen. (vgl. Safa 1384:S.244; vgl. Razmju Bd.II 1381:S.250)
Firdousi hält drei Elemente bei der Menschenentwicklung für wichtig. Die drei nennt er honar, gouhar und nežād. „Das Ziel jeder Erziehung ist die Erlangung von honar, was im Schahname etwa Tüchtigkeit, Tugend, Vortrefflichkeit, Geschicklichkeit, Kunst bedeutet und mit dem Begriff arete bei Homer gleichgesetzt werden kann“ (Bayat-Sarmadi: 1970 S.53) „Das Wort gouhar oder gohar bedeutet ursprünglich Substanz, Element, Materie; es wird auch als Sammelname für Edelsteine gebraucht. Ferner ist das Wort ein Ausdruck für zwei Begriffe, die für uns hier wichtig sind: es bedeutet einmal die Abstammung, das Geschlecht – in diesem Sinne ist gouhar ein Synonym für nežād – und sodann die durch die Abstammung bedingte bzw. individuelle Natur oder Veranlagung der Person, die man sich als Substanz des Menschen vorstellte. [...] Es ist allerdings zu betonen, dass jemand, der die erste Eigenschaft, eine edle Abstammung, nicht hat, kaum die individuelle edle Natur besitzen kann; deshalb wird im Schahname gouhar sehr oft mit guter Herkunft gleichgesetzt [...] Nežād als edle Hekunft und gouhar als das edle Wesen der Person“ (Bayat-Sarmadi: 1970 S.55-57) „honar als angestrebtes Ziel der Erziehung und gohar und nežād als ihre Voraussetzungen“ (Bayat-Sarmadi: 1970 S.53)
Die erst wichtige Frauenfigur, die im „Schahname“ auftaucht, ist Faranak. Sie ist Fereyduns Mutter, ihr Sohn soll die Herrschaft des Bösen nach tausend Jahren vernichten, also hat sie eine wichtige Rolle in Bezug auf das Schicksal des Landes als die Mutter von Irans Retter. Ihr Name bedeutet „awest. Frēni, plēna, eine vollkommene“ (Justi:2004 S.105-106) Wie Justi meint, ist Faranak eine vollkommene Frau, besser gesagt eine vollkommene Mutter. Sie verliert ihren Mann, kämpft aber mit all ihren Kräften gegen Schwierigkeiten und Gefahren, um ihren Sohn zu schützen, damit er bei dem Sieg des Guten gegen das Böse eine wichtige Rolle spielen kann. Faranaks Abstammung reicht bis Tahmuras dem Pischdadi- König(1) zurück, also ist sie eine rein iranische Frau, die neben weiblicher Zärtlichkeit auch viel Mut hat. (vgl. Hamidi 1385: S.151-154)
Eine andere wichtige Frauenfigur ist Rudabeh, die mit dem weißhaarigen iranischen Helden Zal eine zärtliche Liebesgeschichte schafft. Sie kommt aus „Kabul/Kabulestan“ und ist Mehrabs und Sindokhts Tochter. Ihr Name bedeutet „Glanz, Pracht des Wuchses habend“ (Justi:2004 S.261; Danai: 1375 S.126) „Rud heißt das Kind und Ab bedeutet Glanz und Strahlen, also Rudabeh heißt ein glänzendes strahlendes Kind oder ein richtig großes und glänzendes Kind“ (Zanjani:1372 S.542) Damals war üblich, für die neu geborenen Kinder Namen zu wählen, die besonders zu ihrer Gestalt passend waren. Wie Firdousi im „Schahname“ Rudabeh als eine Tochter mit strahlendem Gesicht wie die Sonne beschreibt, scheint es, dass ihr Name sehr gut zu ihrem Äußeren passt. Sie ist auch innerlich eine entwickelte Frau, die sich wegen ihrer Liebe in Gefahr bringt. Auch sie besitzt die drei Elemente honar, gouhar und nežād. Obwohl sie keine iranische Frau ist, kann man aber ihre edle Abstammung nicht leugnen.
Rudabeh ist aber eine Prinzessin aus „Kabul“ und ihr Vater Mehrab stammt von Zahhak(2) ab. Deshalb darf sie Zal, den iranischen Helden, nicht heiraten. Nichts aber kann Rudabeh von ihrem Geliebten entfernen. Sie lässt Zal ihre Liebesbotschaften durch ihre Dienerinnen zukommen. In der Nacht, als Zal zu Rudabeh in den Palast kommt, öffnet sie ihren Zopf, mit dessen Hilfe auf den Turm der Burg klettern kann. Die reizvolle Liebesgeschichte von Zal und Rudabeh mit all ihren Höhen und Tiefen endet mit Manuchehrs, des Kianians -Königs(3), Erlaubnis zu ihrer Heirat. Rudabeh spielt später auch als Rostams Mutter eine wichtige Rolle. Sie bringt das Kind durch einen Kaiserschnitt, der Simorghs Empfehlung ist, gesund zur Welt. Das Kind ist der berühmte Rostam, der den Thron der Kianians Dynastie schützt und für Iraner Stolz, Erhabenheit und Würde bringt. Wie Rudabeh stirbt, ist nicht im „Schahname“ erwähnt. Es sieht so aus, dass sie sich wie ihr Ehemann den Mythen anschließt und verewigt wird. (vgl. Hamidi 1385: S.158-182)
Unter allen berühmten Frauenfiguren im „Schahname“ besitzt nur Sudabeh einen bösen Charakter. Sie ist die Tochter des „Hamawarans“ Königs. Sudabeh, awest. Suta-wanhu, bedeutet „gut zum Nutzen, Heil der Seele“ (Justi:2004 S.312) Mehrdad Bahar meint, vielleicht bedeutet Sudabeh „das klare Wasser oder das anwachsende, sich vermehrende Wasser“ (Rastegare Fasai: 1369 Bd.I S.561) Sie ist wunderschön wie Vollmond – es ist zu erwähnen, dass in der persischen Kultur der Vollmond die Metapher zu einem wunderschönen Gesicht ist - und die Herrin von Kai Kavus Harem. Sie ist auch wie fast alle Frauen im „Schahname“ nach Firdousis Beschreibung wunderschön, mit feenhaftem Gesicht, groß und prachtvoll. Entsprechend der Bedeutung ihres Namens, besitzt sie das Heil der Seele. Sie, die zuerst wegen einer teils politischen Heirat und teils wegen der Liebe zu Kai Kavus ohne Einverständnis ihres Vaters heiratet und nach Iran kommt, verwandelt sich in eine böse Frau, als sie den Sohn ihres Ehemannes, Siavosch, sieht und sich in ihn verliebt. Sie will auf jeden Fall ihr Ziel erreichen. Sie ist hartnäckig in ihrer verbotenen Liebe und will Siavoschs Liebe erringen, ganz gleich, ob es zu ihrer eigenen Vernichtung führen könnte, egal, ob ihrer Liebe die Vernichtung ihrer selbst, Siavoschs, und sogar eines Landes wie „Turan“(4) folgt. Siavosch nimmt die Liebe seiner Stiefmutter nicht an. Da er Sudabehs Verführungskünsten widersteht und sich nicht dazu verleiten lässt, seinen Vater zu hintergehen, klagt sie ihn bei Kai Kavus an und behauptet, Siavosch habe ihr seine Liebe gestanden. Sie benutzt auch Zauberei, um ihn schuldig zu zeigen. Siavosch soll seine Unschuld unter Beweis stellen und in weiße Gewänder gekleidet auf einem schwarzen Pferd durch Feuer reiten. Obwohl Sudabeh weiß, dass Siavosch unschuldig ist, möchte sie, dass er im Feuer verbrennt. Er beweist aber durch den Ritt durchs Feuer seine Unschuld und zieht an den Hof von Afrasiab. Sudabeh wird aber wegen Siavoschs Fürbitte von Kai Kavus verziehen. Nach der tragischen Ermordung Siavoschs rächt Rostam seinen Tod und zweiteilt Sudabeh mit seinem Dolch. (vgl. Hamidi 1385: S.196-200)
Ob Sudabeh zu den bösen Charakteren gezählt werden sollte, bedarf meiner Meinung nach einer tiefen und pyschologischen Analyse ihrer Individualität und auch einer unparteiischen Untersuchung der Situation, in die sie vor und nach der Heirat geraten ist. Sie heiratet, wie viele Prinzessinnen, aus politischen Gründen. Ihr Vater will sie als Anreiz benutzen, um Kai Kavus in die Falle zu locken. Nur da sie die Zauberei ausnutzt, um den unschuldigen Siavosch schuldig zu zeigen und sich an ihm zu rächen, gehört sie zu der bösen Seite. Aber man darf nicht vergessen, dass sie blind verliebt ist, vielleicht nicht in Siavosch, sondern in sich selbst. Wie viele Frauen im „Schahname“, z.B. Rudabeh, Manijeh und Schirin tut sie alles, um ihren Geliebten bei sich zu haben. Ihr Unglück ist es, dass sie sich in ihren Stiefsohn verliebt hat, was moralisch verboten ist.
Wie Tahmineh, die den großen Helden Irans, Rostam, besucht und ihm ihre Liebe gesteht, steht im großen Gegensatz zu den anderen Frauenfiguren im „Schahname“. Tahmineh ist die Tochter des „Samangans“ Königs. „Samangan“ war damals ein unabhängiges Land zwischen „Iran“ und „Turan“, es liegt im heutigen „Afganistan“. Tahmineh heißt „gesund und kräftig“ (Rezazadeh Shafagh:1320 S.96) Sie ist, wie ihr Name bedeutet, körperlich und innerlich gesund und stark. Sie ist wunderschön wie die strahlende Sonne und groß wie eine Zypresse, keusch und weise. Sie hat so viel Mut, dass sie heimlich im Schlafzimmer einem großen und bekannten Helden wie Rostam ihre Liebe gesteht. Tahmineh ist eine nicht iranische Frau, die sich wie Rudabeh, ohne ihren Geliebten gesehen zu haben, in ihn verliebt. Sie weiß genau, was sie will. Sie möchte einen Sohn wie Rostam zur Welt bringen. Es sieht so aus, dass sie sich nur deswegen in Rostam verliebt und ihm ihre Liebe gesteht, damit das schicksalhafte und tragische Ende ihres Sohnes in Erfüllung geht. Sohrabs Ermordung durch seinen eigenen Vater bricht Tahminehs Herz, dass sie nicht mehr leben möchte. Nach dem tragischen Ende Sohrabs, eine der berühmtesten Geschichten im „Schahname“, kommt Tahmineh weinend und seufzend zu ihrem toten Sohn, schneidet den Schwanz ihres Pferdes ab als Symbol für ihre Traurer, schenkt den Armen ihr Vermögen und schließt sich in eine Kammer ein, bis sie aus Gram stirbt, weil für sie alles nach dem Tod ihres Sohnes seinen Wert verloren hat. (vgl. Hamidi 1385: S.213-216)
Im Laufe der Geschichten im „Schahname“ begegnen wir einer iranischen Heldin mit dem Namen Gordafarid. Gordafarid ist die Tochter des iranischen Heerführers, Gajdaham. Als Sohrab bei seinem Feldzug nach Iran Hojir das Oberhaupt von „Sepiddez“, der Burg der Grenzwache zwischen „Iran“ und „Turan“, gefangen nimmt, kämpft sie in Männerkleidung mit Sohrab sehr mutig. Sie verhält sich ganz anders im Vergleich zu den nicht iranischen Frauen wie Tahmineh oder Rudabeh. Ihr Name bedeutet „die Helden-Āfrīd“ (Justi:2004 S.121) „die geborene Heldin“ (Danai: 1375 S.190) Ihrem Namen entsprechend besitzt sie einen heroischen Charakter. Sie hat aber auch weibliche Zartheit und Schönheit. Als Sohrab im Laufe des Kampfes merkt, dass sein Gegner eine attraktive süße Frau ist, versucht er sie zu überzeugen, aufzugeben. In diesem Augenblick nutzt Gordafarid schlau ihre weiblichen verführerischen Eigenschaften aus, öffnet ihren Zopf und weist ihn darauf hin, so dass die Truppen beider Seiten darauf aufmerksam werden, und wenn er nun weiter mit ihr kämpfte, würde man sagen, dass er mit einer Frau gekämpft habe. Also wäre es besser, wenn sie sich heimlich miteinander absprechen würden. Beide reiten hintereinander zu „Sepiddez“. Das Tor wird geöffnet, Gordafarid kann sich mit diesem Betrug retten und die Burg betreten, aber da das Tor sofort geschlossen wird, bleibt Sohrab dahinter zurück. Gordafarid, die Sohrab auf dem Pferd hinter dem Burgtor sieht, lacht und sagt: schade, dass sich die Turaner nicht aus dem Iran einen Partner werben dürfen. Am anderen Tag, als die Burg „Sepiddez“ erobert wird, findet Sohrab da keinen Kämpfer vor, weil sie alle heimlich in der Nacht die Burg verlassen haben. (vgl. Hamidi 1385: S.222-226; Basari 1350: S.117-120)
Die andere iranische Heldin nach Gordafarid ist Banugoschasb. Sie ist Rostams Tochter, Givs Ehefrau und Bijans Mutter. Ihr Name bedeutet nach Justi „Beiname: suwār, die Ritterliche; Glanz, Licht der Frauen“. (Justi:2004 S.62-63) „Banugoschasb ist ein zusammengesetztes mittelpersisches Wort und insgesamt heißt der Name Banugoschasb wer ein männliches Pferd besitzt oder eine Heldin, die wie Männer ein männliches Pferd hat“ (Kerachi:1382 S.25-26) Sie ist wie ihr Name bedeutet eine Heldin und kämpft mit Feinden genau wie Männer. Sie verhält sich im Gegensatz z.B. zu Gordafarid als eine Heldin so, als ob sie gar keine Frau sei. Wer sich in sie verliebt, wird von ihr erniedrigt, wenn er sogar Schideh, Afrasiabs Sohn wäre. Die Brautwerber sollen gegen sie kämpfen, um zu verstehen, dass sie im Vergleich zu ihr voller Schwäche und kraftlos sind. Sie heiratet schließlich Giv, nur weil ihr Vater es von ihr verlangt. Aber das alles bewirkt nicht, dass Banugoschasb wie alle Frauen ohne Widestand Giv als ihren Ehemann annimmt. In einer Gesellschaft mit Männerautorität, in der sie lebt, kann sie gegen ihren Vater Rostam ihren Widerspruch nicht direkt und laut aussprechen, deshalb kämpft sie in der Brautnacht mit dem Bräutigam und fesselt ihn, um ihm zu zeigen, wie unfähig er gegen sie ist. (vgl. Kerachi 1382: S.9,20-21)
Das Schicksal von Siavosch ist mit drei Frauen verbunden, Sudabeh, Farangis und Jarireh. Jarireh kommt aus dem Land „Turan“, sie ist eine nicht iranische Frau, Pirans - Afrasiabs Hauptminister - und Golschahrs Tochter. Jarir ist ein Adjektiv und bedeutet „fließend, beredt, spitz, beißend und Zügel“ (Moin:1384 S.417; Danai: 1375 S.89) Es scheint, dass der Name Jarireh aus dem obengennanten Adjektiv stammt. In Tabari ist sie Borzāfarid genannt. (Rastegare Fasai: 1369 Bd.I S.308) Das Wort Borzāfarid besteht aus zwei Teilen: Borz und āfarid. Borz heißt „Höhe, Größe der Menschen, Baumstamm, Pracht, Stolz, Schönheit“ (Moin:1384 S.201) und āfarid bedeutet „Geschöpf“ (Moin:1384 S.45). Also insgesamt heißt der Name Borzāfarid „ein wunderschönes, prächtiges, großes Geschöpf“. Sie besitzt, wie ihr Name bedeutet, einen starken Charakter, eine Mischung der zärtlichen, fließenden, mütterlichen Liebe und mutige, starke Entschlossenheit. Sie heiratet Siavosch aus politischen Gründen. Als Siavosch zum zweiten Mal aus politischen Gründen Farangis heiratet, bringt Jarireh ihren einzigen Sohn Farud zur Welt. Das Kind, das seinem Vater sehr ähnlich ist, wird die Glückseligkeit der einsamen Jarireh. Er wächst bei der Mutter im „Kalat-Gebirge“ – an der Grenze zwischen Iran und Turan – auf. Nach der Siavoschs Ermordung wartet der junge Farud auf die iranischen Truppen, um den Iranern zu helfen und für seinen Vater an Afrasiab Rache zu nehmen. Farud, der Iraner nicht kennt, wird leider bei dem Feldzug von ihnen getötet. Jarireh, die den Tod ihres Sohnes im Traum vorausgesehen hat, zündet nach der Ermordung Faruds Feuer im Palast an und zerreißt die Bäuche der Pferde mit einem Dolch. Dann kommt sie zu ihrem toten Sohn und legt ihre Wange auf dem Leichnam und zerreißt ihren Bauch auch mit dem Dolch und nimmt sich ihr Leben. (vgl. Hamidi 1385: S.228-232)
Die andere turanische Frau, die mit dem tragischen Schicksal von Siavosch verbunden ist, heißt Farangis. Farangis ist Afrasiabs Tochter und Kai chosraus Mutter. Ihre Heirat mit Siavosch hat politische Gründe. Farangis, pehl. Wīspān-friyā, heißt „allen lieb“ (Justi:2004 S.99,371) Firdousi nennt sie mit sehr angenehmen Adjektiven wie große Herrin, wunderschön wie Vollmond, mit schönem Gesicht usw. Sie ist allen lieb wie ihr Name bedeutet. Sie, die wegen der Entstehung eines ständigen Friedens zwischen ihrem Vater und Siavosch nach Pirans Empfehlung Siavosch heiratet, erträgt danach großes Leid. Das Verhältnis zwischen Siavosch und seinem Schwiegervater Afrasiab wird wegen Garsivazs Gerede kriegerisch. Farangis kann die Ermordung ihres Ehemannes trotz all ihrer Versuche und flehentlichen Bitten nicht verhindern. Siavosch wird hingerichtet und Farangis, die im fünften Monat schwanger ist, soll auf Befehl ihres eigenen Vaters so lange gequält und mit der Peitsche in aller Öffentlichkeit derart geschlagen werden, bis sie ihr Kind verliert, nur weil Afrasiab durch seinen Traum weiß, dass dieses Kind sein Ende bestimmen wird. Er will vergebens seinem unglücklichen Schicksal entgehen. Farangis wird durch Pirans Vermittlung gerettet. Sie bringt ihren Sohn Kai chosrau zur Welt, damit das Schicksal das verwirklicht, was es vorherbestimmt hat. Der Tod von Farangis wird im „Schahname“ nicht erwähnt. (vgl. Hamidi 1385: S.236-253)
Die andere Tochter Afrasiabs ist Manijeh. Sie kommt aus „Armenien“, eine nicht iranische Frau, die sich mit ihrer sorglosen Liebe zu einem iranischen Helden gegen ihres Vaters Willen verhält und ihre Position als Prinzessin für die Liebe opfert. Das Wort Manijeh ist die „weibliche Form des armenischen Namens Manēč“ (Justi:2004 S.190) der Name Manijeh bedeutet als Andeutung „egoistisch und stolz und hochmütig“ (Moin:1384 S.1442) Sie verliebt sich in Bijan, Banugoschasbs Sohn. Jedoch darf sie sich als Afrasiabs Tochter nicht so sorglos verhalten. Manijeh sollte entweder sehr unreif oder sehr mutig und selbstbewusst sein. Aber genau als Afrasiab von dieser Schande –der unverschämten Liebe Manijehs zu einem iranischen Helden, nämlich Bijan,- erfährt, und er, wie es seine Gewohnheit ist, befiehlt, die Beiden zu fesseln, beginnt Manijeh, sich in eine aufopfernde liebende Frau zu verwandeln. Sie verhält sich jetzt nicht mehr wie eine sorglose liebende Prinzessin, sondern verzichtet sie auf alles, was sie besitzt und bleibt erniedrigt und seufzend bei ihrem gefangenen Geliebten, um ihn zu pflegen. Die ehemalige Prinzessin bettelt jetzt um ein Stück Brot. Bijan überlebt und wird gerettet nur wegen der Aufopferung der liebenden Manijeh. Rostam geht auf Kai Chosraus Befehl im Gewand von Kaufleuten nach Turan, um Bijan zu retten. (vgl. Hamidi 1385: S.257-270)
Eine andere wichtige, aber nicht iranische Frau im „Schahname“ heißt Katayun. Sie ist die Tochter des römischen Kaisers, Goschtasbs Ehefrau und Isfandiars Mutter. Sie heißt ursprünglich Nahid, aber ihr Vater nennt sie Katayun. Nahid ist awes. Ānāhitā, die eine zarathustische Göttin ist. Der Aban Yascht (Yascht 5) ist Ānāhitā genannt. Sie ist die Göttin des Wassers, die in Awesta als eine wunderschöne, grosse und schlanke Jungfrau beschrieben wird. Das Wort Ānāhitā bedeutet rein und sauber und unbefleckt. Dieses Wort ist in Awesta das Adjektiv eines weiblichen Engels, der der Wächter des Wassers ist. Die Verkürzung von Ānāhitā ist Nahid. Es ist der Name des schönen Sterns, der die Römer als die Göttin der Schönheit Venūs nennen. (Rastegare Fasai: 1369 Bd.II S.1049) Sie ist, wie ihr Name bedeutet, rein, wunderschön und treu in ihrer Liebe. Katayun oder Nahid ist eine römische Prinzessin, die nach dem römischen Brauch ihren Ehemann bei einem Fest wählt. Beim römischen Hof war es Brauch, dass, wenn eine Prinzessin ins heiratsfähige Alter kam, der König ein Fest veranstaltete und sie dabei ihren zukünftigen Ehemann unter Helden und Hofleuten aus wählte. Sie hat ihn aber vorher im Traum gesehen und sich in ihn verliebt. Obwohl sie eine Prinzessin ist, verlässt sie den Palast nur wegen ihrer Liebe zu Goschtasb und wohnt in einem Dorf. Katayun spielt als Isfandiars Mutter eine wichtige Rolle im „Schahname“. Sie versucht Isfandiar vor dem tragischen Ende seines Kampfes gegen Rostam zu warnen, aber es ist vergebens. Sie soll die schicksalhafte Ermordung ihres jungen, durch Zarathustra unverwundbar - ausser seiner Augen - gewordenen Sohnes erleben. (vgl. Hamidi 1385: S.275-284)
Eine der Geliebten von Chosrau Parviz heißt Schirin. Sie ist eine Prinzessin aus „Armenien“. Schirin heißt „süß, im Gegensatz zu bitter, alles, was angenehm und zart ist“ (Danai: 1375 S.158; Justi:2004 S.302-303) Die Liebesgeschichte von Chosrau und Schirin hat Firdousi als eine gesonderte Geschichte erzählt. Schirin, die sich, als Chosrau ein junger Mann ohne Thron ist, in ihn verliebt, bleibt ihrem Geliebten bis ihrem Tod treu. Als Chosrau von Bahram Tschubin besiegt, sucht er bei dem römischen Kaiser Schutz. Chosrau und Maryam, die Tochter des römischen Kaisers, heiraten, damit zwischen Iran und Rom ein ständiger Frieden herrsche. Als Chosrau mit Hilfe des Kaisers Bahram Tschubin bezwingt und an die Macht kommt, wendet er sich wieder zu seiner ehemaligen Geliebten Schirin und ernennt sie zur Herrin seines Harems. Die Hofleute sprechen sich aber dagegen aus. Weil sie Schirin nicht für eine keusche Frau halten. Chosrau wird gezwungen wieder Maryam als seine Herrin zu nennen. Schirin erträgt das jedoch nicht und vergiftet Maryam und nach einem Jahr wird sie die Herrin Chosraus Harems. Schiruye, der Maryams Sohn ist, steht gegen seinen eigenen Vater auf und nimmt ihn gefangen. Nach Chosraus Ermordung schickt Schiruye eine Botschaft zu Schirin, um sie entweder zu überzeugen oder zu zwingen, zu ihm zu kommen und ihn zu heiraten. Schirin, die immer noch ihrem getöteten Mann treu ist, beugt sich seinem Willen nicht. Sie blamiert Schiruye vor den Hofleuten und rehabilitiert sich selbst. Schirin erwähnt bei einer Versammlung von Hofleuten ihre Güte und Wohltaten, die sie im Laufe der dreißig Jahre getan hat, als sie Chosraus Herrin war. Danach zwingt sie Schiruye, ihr Vermögen an sie zurückzugeben. Sie schenkt alles den Armen und ihren Leuten und enthüllt Schiruyes bösen Absicht bei ihren Leuten. Alle bestätigen ihre Unschuld und weinen bitterlich. Sie bevorzugt den freien Tod, um Schiruyes unverschämtes Angebot nicht anzunehmen. Sie vergiftet sich und stirbt neben dem Leichnam ihres Ehemanns. (vgl. Hamidi 1385: S.362-378)
Unter den Frauen, die bei dem „Nibelungenlied“ wichtige Rolle spielen, begegnen wir zwei Namen, dem einer germanischen Prinzessin nämlich Kriemhild und dem einen wunderschönen kräftigen Heldin, die Königin von Island ist, namens Brünhild. Außer den zwei Frauen spielt auch Ute, Kriemhilds Mutter, besonders am Anfang der Geschichte eine grosse Rolle.
Kriemhild ist ein schönes keusches Mädchen, das den anderen Frauen zum Vorbild ist. Sie wächst unter dem Schutz ihrer Brüder wie ein unschätzbar wertvolles Wesen. Der Name Kriemhild besteht aus zwei Teilen, „von althochdeutsch grime = Helm und von althochdeutsch hild, hiltja = Kampf; wahrscheinlich ein Walkürenname.“ (http://www.dragons- nibel-presonen[15.11.2006])
Die Bedeutung ihres Namens wird im Laufe der Geschichte deutlicher. Sie, die am Anfang das Lieblingskind ist, wird am Ende zu einem Teufel. Sie kämpft gegen diejenigen, die ihre Liebe geraubt haben. Sie kämpft mit einem Herzen voll von Hass, mit aller Kraft.
Wie Siegfried zum ersten Mal Kriemhild bei einem Fest erblickt, obwohl er sich seit ziemlich langer Zeit in Worms am Burgundenhof gewesen ist, stellt die strenge Erziehung der germanischen Frauen dar, in der sie wie die iranischen Frauen ihre Liebe nicht erklären dürfen. Beide stammen aus den Gesellschaften mit Männerautorität, wo lieben nur für Männer erlaubt ist. Am Anfang der Geschichte erzählt Kriemhild ihrer Mutter ihren Traum, in dem sie sich einen Falken aufgezogen habe. Da seien zwei Adler gekommen und hätten das edle Tier vor ihren Augen zerrissen. Ute, Kriemhilds Mutter, deutet den Traum so: „Der Falke, den du aufziehst, das ist ein edler Mann. Wenn Gott ihn nicht in seinen Schutz nimmt, dann musst du ihn bald wieder verlieren.“ (Brackert: 1970 S. 9) Jetzt weiß Kriemhild, wenn sie sich in einen Mann verliebt, muss sie darunter leiden. Um sich vor dem Leid der Liebe zu bewahren, entschließt sie sich, keinem Mann zu erlauben, ihr nahezutretten. „Was erzählt Ihr mir von einem Mann, lieber Mutter? Ich will für immer auf die Liebe eines Recken verzichten! So schön und unberührt will ich bis an mein Lebensende bleiben, damit ich niemals durch die Liebe zu einem Mann Leid erfahre.“ (Brackert: 1970 S. 9) Ihre Mutter sagt ihr aber, dass die Liebe wie ein Sturmwind komme, so wie sie sich vor ihr nicht schützen könne. Sie behauptet, dass höchste Seligkeit auf Erden dem Weib nur durch die Minne(5) eines stolzen Mannes zuteil werde.
Brünhild ist die andere wichtige Frauenfigur, die im „Nibelungenlied“ eine bedeutende Rolle spielt. Sie ist die Königin von Island, also eine Frau aus einer verschiedenen Welt und mit einer unterschiedlichen Herkunfts Kriemhild, die mit zauberischen und riesenhaften Kräften gegen ihre Werber kämpft, um keinen heiraten zu müssen. Ihr Name besteht auch aus zwei Teilen: „von althochdeutsch brunna = Brustharnisch, Panzer und von althochdeutsch hild, hiltja = Kampf.“ (http://www.dragons- nibel-presonen[15.11.2006])
Bei Brünhild passt der Name von Anfang an zu ihrem Verhalten. Sie ist eine Heldin und besitzt heroische Eigenschaften. Wie bei dem Namen Kriemhild bedeutet der zweite Teil ihres Namens Kampf. Ein Helm schutz den Kopf und ein Brustharnisch bewahrt den Oberkörper besonders das Herz. Kriemhild verliert aber am Ende ihren Kopf, obwohl sie in ihrem Namen einen Helm hat. Siegfried betrügt Brünhild mit Hilfe seiner Tarnkappe. Er kämpft anstatt Gunther mit ihr und besiegt sie, damit sie Gunther heiraten muss. Aber Gunther wird in der Brautnacht von Brünhild gefesselt und an die Wand gehängt. Wieder kommt Siegfried Gunther zur Hilfe und bezwingt sie statt Gunther, während er seine Tarnkappe trägt. Brünhilds Herz wird durch Siegfrieds Betrug schwer verwunder, obwohl sie in ihrem Namen einen Brustharnisch besitzt. Ihr Herz ist auch voller Hass. Sie, die vor der Vermählung übermenschliche Kräfte besass, ist sie, nachdem sie entjungfert wurde, keine Heldin wie vorher. Sie kann den Betrug nicht ertragen und kann nicht mehr gegen die Betrüger kämpfen. Sie verliert ihren Verstand und nimmt sich das Leben, nachdem Hagen in ihrem Auftrag Siegfried ermordet hat.
Beide Frauen sind die Geschenke, die den mächtigsten Helden gegeben werden. Brünhild bestimmt selbst das Gesetzt, wonach sie den Mann heiraten wird, der sie bei einem schweren Kampf besiegt. Kriemhild ist aber das Geschenk, das ihr Bruder Gunther Siegfried macht, um ihm zu helfen, Brünhild für ihn zu werben. Der Unterschied ist nur da, dass Kriemhild und Siegfried in einander verliebt sind, während Brünhild ihren Mann gar nicht liebt und gegen ihn in der erster Brautnacht kämpft und ihn fesselt.
Bei der iranischen Heldin Banugoschasb sieht man eine vermischte Situation von Kriemhilds und Brünhilds Stelle. Brünhild möchte selbst, ihren zukünftigen Mann durch den Kampf zu wählen, während Banugoschasbs Vater solchen Brauch bestimmt hat. Kriemhild und Banugoschasb sind beide die Belohnung des siegenden Kämpfer, eine macht der Vater zum Geschenk eine der älteste Bruder.
Liebe und Rache, zwei wichtige Motive, die im „Nibelungenlied“ im Gegensatz zum „Schahname“ miteinander eng verbunden. Kriemhild nimmt Rache an ihren Brüdern; sie kennt dabei keine Barmherzigkeit. Nur bei Sudabehs verbotener Liebe folgt das Motiv Liebe einer zerstörenden Rache, die wegen Siavoschs Ermordung aber von Rostam an Sudabeh und Turaner genommen wird.
Das Motiv Mutterschaft spielt in den Geschichten im „Schahname“ eine wichtigere Rolle im Vergleich zum „Nibelungenlied“. Die aufopfernden Mütter, ob iranische oder nicht iranische, schützen ihre Kinder um jeden Preis. Keine Mutter im „Schahname“ opfert ihr Kind, um ihr Ziel zu erreichen, sogar wenn das Ziel die Rache für Liebe wäre. Kriemhild aber opfert ihr eigenes Kind für die Rache an den Mördern ihres geliebten Siegfried.
Laut der Analyse der Rolle der Kultur bei der Verhaltensweise der Frauenfiguren im „Schahname“ und im „Nibelungenlied“ stellt man fest, dass rein iranische im „Schahname“ Vergleich zu den nicht iranischen unterschiedliche Funktion haben. Auch verhalten sich die Frauen aus verschiedenen Herkunften im „Nibelungenlied“ ganz unterschiedlich. Kriemhild als eine höfische Frau hat verschiedene Funktion im Vergleich zu Brünhild als eine Königin mit übermenschlichen Kräften. Auch spielen andere Faktoren ausser Nationalität wie Namensbedeutung, Erziehungselmente, Liebeserklärung, die aus der Kultur stammen, bei dem Verhalten der Frauencharakteren grosse Rolle. Außerdem merkt man, dass die Mutterschaft, Rache, Leid und Liebe in den Heldenepen „Schahname“ und „Nibelungenlied“ bei den iranischen und germanischen Frauenfiguren verschieden sind.
Primärliteratur:
Sekundärliteratur:
Notes:
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