Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften | 17. Nr. | März 2010 | |
Sektion 3.11. | Das Künstlerbild und das Künstlerproblem in der Ost-West-Literatur / The Idea of the Artist and the Problem of the Artist in Literature, East and West Sektionsleiterin | Section Chair: Pornsan Watanangura (Chulalongkorn Universität, Bangkok, Thailand) |
„Ich bin ein Glückspilz“
Porträt des thailändischen Conceptartist Suwan Laimanee
Michael Pand (Wien) [BIO]
Email: michael.pand@chello.at
Der Kurzfilm „Ich bin ein Glückspilz“ (8 Min) wurde in der Sektion 3.11. „Das Künstlerbild und das Künstlerproblem in der Ost-West-Literatur“ gezeigt. Suwan Laimanee, 56, studierte in der Meisterklasse von Michelangelo Pistoletto an der Akademie für Bildende Künste in Wien, in der Klasse Bildhauerei. Die Werke des Meisters Pistoletto befinden sich in bedeutenden europäischen und amerikanischen Sammlungen, so zum Beispiel in Barcelona, bei Karl-Heinz Essl und im Wiener MQ. Pistoletto ist ein italienischer Maler, Aktions- und Objektkünstlerund auch Kunsttheoretiker. Er wird zu den Hauptvertretern der italienischen Arte Povera gezählt; sein Werk befasst sich überwiegend mit der Thematik der Reflexion und der Vereinigung von Kunst und Alltag im Sinne eines Gesamtkunstwerkes.
Der Begriff Arte Povera (ital. „arme Kunst“) steht für eine Bewegung von bildenden Künstlern aus den 1960er-und 1970er Jahren. Arte Povera sind typischerweise räumliche Installationen aus „armen“, das meint gewöhnlichen und alltäglichen Materialien (Erde, Glassplitter, Holz, Bindfaden u.ä.). Eine der ersten Spielstätten war 1969 in München im „Aktionsraum 1“, eine Halle in der Aktions-, Concept-Kunst sowie Arte Povera gezeigt wurde. Zur selben Zeit verfasste der Guru des europäischen Theaters Jerzy Grotowski in Polen sein legendäres, konzeptuelles Theaterbuch „Für ein armes Theater“.
Gemeinsamkeiten zwischen bildender und darstellender Kunst sind, wie die moderne Kunstgeschichte zeigt, eher selten. Doch der Zufall wollte es, dass der Verfasser und Referent, als er sein Thema für KCTOS in Chiangmai/Nordthailand vorbereitete und die bereits erwähnten thailändischen Elefanten versuchsweise malen ließ, einm bewusst inszenierten Grenzfall zur bildenden Kunst, genau diesem konsequenten und „wahren“ Künstler Suwan Laimanee, eines Abends auf der Chiangmai Universität, im neu eröffneten „New Space for thinking“ begegnete. Man kann von platonisch-künstlerischer Liebe auf den ersten Blick, von spontaner Affektion und Zuneigung sprechen. Ohnehin auf der Suche nach einem guten, herzeigbaren Beispiel zu dem geplanten Referat fiel mir ein Theorem Friedrich Nietzsches ein: „man muss den Zufall zur Notwendigkeit umarbeiten“.
Diesen Zufall wollte ich filmisch festhalten, dass ein Thailänder, ungefähr im selben Alter wie der Schreiber, ein Künstler der jahrzehntelang in Wien auf derselben Akademie Schillerplatz studierte in der ich 18 Jahre Philosophie bei Prof. Sloterdijk hörte, mir nun in Chiangmai gegenüber sitzt und in grammatikalisch fehlerfreiem Hochdeutsch erzählt warum er die österreichische Staatsbürgerschaft, Frau, Familie, (2 Töchter) und ein bequemes, sozial abgesichertes, bürgerliches Leben zugunsten eines Baumhauses und eines Reisfeldes („Ich folge als Künstler immer nur meiner inneren Stimme“ – Suwan Laimanee) hinter sich ließ.
Alles weitere geschah bereits aus innerer Notwendigkeit des Schaffenden: wir organisierten bei der Filmproduktionsfirma Livingfilms in Chiangmai eine Sony High Definition Kamera, bezahlten einen guten thailändischen Kameramann und machten, ein überdurchschnittlich begabtes Falang-Kind, das Schulferien hatte, zum Darsteller der Rolle eines Kunststudenten, um so in narrativer Weise das an sich „arme“ Leben auf einem Baumhaus zu zeigen. (Daniel Bultrani, der zweite Darsteller ist in Wahrheit erst 14, sieht aber aus wie 19 und beherrscht seinen Apple Computer und die filmische Postproduktion so gut, als hätte er schon ein einschlägiges Studium abgeschlossen).In allen Filmproduktionen, wo egal ob reine Dokumentation oder wie in unserem Fall, eine schlichte Spieldoku, das Genre bildet, entscheidet dann der zweite Schritt, die Postproduktion im Studio, über die ästhetische Endform. Filme machen ist im Gegensatz zum literarischen Schreiben hauptsächlich Teamarbeit; wenngleich das Auswählen der Bilder, (80% müssen ja wieder verworfen werden), die Schnittfolge und die Annahme bzw. Ablehnung von Ideen bei Musik etc., dann in letzter Instanz nur vom Regisseur entschieden werden kann. Ich habe mich in dem kurzen Film bemüht, den Wünschen des Künstlers Suwan Laimanee gerecht zu werden, als ein Art Medium, das einem anderen l´art pour l´art dient. Die Geschichte von „ Ich bin ein Glückspilz“ geht noch weite,r bzw. reicht über den Film hinaus: 30 km außerhalb von Chiangmai entsteht die erste künstlerische Landkommune in Thailand; auf einem quadratischen Reisfeld wird von internationalen und Thai Künstlern gemeinsam Reis angebaut, man lebt im Freien auf selbst errichteten Stelzenbungalows
Das Projekt wird vom Goethe Institut Bangkok – Dir. Eckstein – (teilweise) gefördert. Der Kurzfilm „Ich bin ein Glückspilz“ wird ab 2008 auf mehreren europäischen Kurzfilmfestivals und in New York gezeigt.
Abb.: Stelzenbungalow
3.11. Das Künstlerbild und das Künstlerproblem in der Ost-West-Literatur / The Idea of the Artist and the Problem of the Artist in Literature, East and West
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