TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 17. Nr.
Februar 2010

Sektion 2.4. Kreativität und Gedächtniskulturen
Sektionsleiter | Section Chair: Isozaki, Kotaro (Meiji Gakuin University/Japan)

Dokumentation | Documentation | Documentation


Im Gedächtnis der Zeit? - 

Erzählverfahren und Erinnerungsprozesse
in autobiographischer Literatur über KZ-Erfahrungen

Siegrun Wildner (University of Northern Iowa, USA) [BIO]

Email: Siegrun.Wildner@uni.edu

 

 „Was wird sich ändern, wenn das Erfahrungsgedächtnis mit den immer weniger werdenden Überlebenden und Zeitzeugen [des Holocaust und des Zweiten Weltkrieges] unweigerlich verloren geht? Was genau passiert an dieser Generationenschwelle, die wir soeben erleben?“(1)

Diese Fragen stellt sich neben anderen Wissenschaftlern Aleida Assmann, die in ihrem Werk Der lange Schatten der Vergangenheit (2006) unterschiedliche Wege untersucht, die von individuellen zu kulturellen Gedächtniskonstruktionen der Holocaust-Vergangenheit führen.(2)  

Sie beobachtet dabei eine Entwicklung, die das Primat der Geschichtsschreibung durch „eine Vervielfältigung der Formen und Formate des Erinnerns, mit denen die Geschichtswissenschaft zum Teil kooperiert und zum Teil konkurriert,“(3) ablöst. Folglich liege die Zukunft der Erinnerung an den Holocaust laut Assmann in der „Überschreibung der Erinnerungen und Erfahrungen auf materielle Datenträger. Ohne Kodifizierung in Zeichen und Symbolen, ohne Formung in Texten und Bildern gibt es kein kulturelles Gedächtnis.“(4)

In der Praxis der Erinnerungs- und Gedenkkultur der Shoah findet diese Entwicklung Ausdruck in der Errichtung von Institutionen, Programmen, Denkmälern, musealen Einrichtungen, aber auch im Sammeln von Zeitzeugenberichten in Form von Texten und in letzter Zeit vermehrt durch Videoaufzeichnungen von Interviews mit Holocaust-Überlebenden und anderen Zeitzeugen. Am bekanntesten ist wohl das von Stephen Spielberg gegründete Archiv Shoah Foundation Institute for Visual History and Education an der University of Southern California, in dem mittlerweile über 50.000 Zeugenaussagen gesammelt wurden.

Wenn die nächste Generation ausschließlich auf ein „auf Repräsentationen gestütztes mediales Holocaustgedächtnis“(5) zurückgreifen muss, stellt sich die Frage, wie diese gesammelten Informationen präsentiert und in Folge gedeutet und gewertet werden. In dieser Frage schwingt die Sorge um eine Popularisierung und Instrumentalisierung des Holocausts mit, die sich aus Fehlinterpretationen, Pauschalurteilen, Ungenauigkeiten und Informationslücken ergeben können.  Noch lebende Zeitzeugen als einzig authentische Erinnerungsträger äußern ähnliche Bedenken und stehen einigen Formen der Erinnerungsdokumentation skeptisch gegenüber. 

In ihren Bonner-Poetik Vorlesungen berichtet zum Beispiel die Germanistin und Holocaust Überlebende Ruth Klüger von einem Vorfall, den sie persönlich erlebt hat. Auf die Frage, warum sie sich im Rahmen eines oral history-Projekts in Südkalifornien nicht zu einem Interview gemeldet hätte, um „Zeugnis abzulegen“, verweist Klüger auf ihre bereits veröffentlichte Autobiographie. Unzufrieden mit der Antwort, versucht die Projektmitarbeiterin, Klüger zu überreden doch mitzumachen, denn ein Video, das Gesichtsausdruck und Gesten festhalten könne, sei doch so viel besser als ein Buch. Klüger kommentiert diese Episode folgendermaßen:

Gerade das ist es, was mir diese Sammelwut von oral histories verdächtig macht. Man wird nicht zum Zeugen, sondern zum Rohmaterial. Der denkende Mensch, der dahinter steckt und sein Leben bewältigt, ist nebensächlich. Unsere Fähigkeit, Geschehenes von Erinnertem zu unterscheiden, wird in Frage gestellt. Wir sind dann nur noch Dokumente, lebende Dokumente, die andere lesen und deuten müssen. Es entsteht eine Art von Zuhören, die sich völlig deckt mit ihrem Gegenteil, dem Nicht-zuhören-wollen.(6)

Für Klüger ist, „[d]ie Frage nach dem Erinnern eine Frage des ‚Wie’, nicht des ‚Ob’.“(7)  Sie stellt in ihrer Argumentation den Autor und Zeitzeugen als selbstreferentielles Subjekt in den Vordergrund. Der Erzähler, in diesem Falle der oder die KZ-Überlebende, ist nicht nur gedachtes Agens einer Erzählfunktion, sondern wird zur zentralen Instanz der Bedeutungskonstitution und –vermittlung. „Wer mitfühlen, mitdenken will, braucht Deutungen des Geschehens. Das Geschehen allein genügt nicht“ (WL 128)(8), so die Autorin.

Klüger geht es aber auch um „das Recht des Erinnerns“ (WL 73) schlechthin sowie um das Recht subjektive Erinnerung als Ergänzung oder Korrektiv der Holocaust-Historiographie einzusetzen:

Heute gibt es Leute, die mich fragen: „Aber Sie waren doch viel zu jung, um sich an diese schreckliche Zeit erinnern zu können. Oder vielmehr, sie fragen nicht einmal, sie behaupten es mit Bestimmtheit. Ich denke dann, die wollen mein Leben nehmen, denn das Leben ist doch nur die verbrachte Zeit, das einzige, was wir haben, das machen sie mir streitig, wenn sie mir das Recht des Erinnerns in Frage stellen. (WL 73)

Ähnliche Beobachtungen lassen sich bei den Schriftstellern und KZ-Überlebenden Primo Levi und Charlotte Delbo machen. Sie sehen es als Recht, aber auch als unerlässlichen Teil ihrer so genannten „Zeitzeugenpflicht“ an, die erlebten Erfahrungen aus der distanzierten Gegenwartsperspektive zu kommentieren und über die eigene und kollektive Erinnerungsarbeit kritisch zu reflektieren. Beide haben ihre Autobiographien, die in den späten vierziger Jahren, also unmittelbar nach dem Holocaust geschrieben wurden, in den 80iger Jahren durch Veröffentlichungen von Reflexionsbüchern ergänzt.  

Primo Levi, italienischer Schriftsteller, Chemiker und Holocaust-Überlebender, veröffentlichte 1986, ein Jahr vor seinem Tod, das Buch  I sommersi e i salvati (dt. Die Untergegangenen und die Geretteten), das als Ergänzungswerk zu seiner 1947 veröffentlichten Autobiographie Se questo è un uomo? (dt. Ist das ein Mensch?) gelesen werden kann. Die französische Widerstandskämpferin und KZ-Überlebende Charlotte Delbo stellt kurz vor ihrem Tod 1985 ihr Buch Mémoire et les jours fertig. Das Werk wird noch im selben Jahr von einer Freundin posthum veröffentlicht. Die in diesem Buch gesammelten Vignetten lesen sich wie literarische Versuche Delbos, die Aussagen in ihrer dreibändigen Autobiographie Auschwitz et après (dt. Auschwitz und danach) zu erläutern und ergänzen. Die drei Bände sind im französischen Original unter ihren Einzeltiteln erschienen: Aucun de nous ne reviendra (dt. Keine von uns wird zurückkehren), Une connaissance inutile (dt. Ein nutzloses Wissen), Mesure de nos jours (dt. Maß unserer Tage). Geschrieben wurden die ersten beiden Bände schon 1946/47, veröffentlicht aber erst 1965 und 1970. Der dritte Band kam 1971 heraus.

Delbos und Levis Ergänzungsschriften sowie Klügers späte Autobiographie richten sich vermutlich auch gegen die selbst beobachtete Unkenntnis der Menschen über die Geschehnisse im Holocaust, das mangelnde Verständnis für die Situation der Überlebenden, gegen die fehlenden Informationen und fehlgeleiteteten Interpretationen, gegen Ungenauigkeiten des Wissens und gegen Pauschalurteile. Hierzu zwei Beispiele aus Klügers Autobiographie: „Später in der Freiheit hat mich nichts so gekränkt, nichts habe ich so sehr als pauschales Fehl- und Vorurteil empfunden wie die Unterstellung, in allen Lagern sei nur die brutalste Selbstsucht gefördert worden, und wer von dort herkommt, sei vermutlich moralisch verdorben (WL 91).“ An anderer Stelle berichtet Klüger über ein Gespräch mit einer jungen Deutschen: „Theresienstadt sei ja nicht so schlimm gewesen, informierte mich die deutsche Frau eines Kollegen in Princeton, die sich der Gnade der späten Geburt erfreute (WL 85). [. . .] Auschwitz, ja, nach allem was sie gehört habe, sagte Gisela, müsse arg gewesen sein, aber da sei ich doch nicht so lange gewesen, oder? (WL 93).“

Um solchen Aussagen entgegenzuwirken, betonen die Autoren in ihren Werken den individuellen Charakter ihrer Lebensgeschichten, setzen verstärkt auf Nuancierung und Differenzierung durch selbstreflexive und (selbst)kritische Erinnerungsarbeit.(9) Der Anspruch von Erinnerungsbüchern der unmittelbaren Nachkriegsjahre, eine dokumentarische Beweisführung des Erlebten abzugeben, wird in diesen zeitlich distanzierten Veröffentlichungen – so könnte man argumentierten – durch eine Exegese von Geschichte und Lebensgeschichte sowie deren subjektive Rekonstruktionen erweitert. Als schriftliche Erinnerungsträger können sie daher eine wichtige Reflexions- und Kritikfunktion übernehmen und zu einem unerlässlichen Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses (im Sinne Jan Assmanns)(10) werden.

Doch wie kann der „Ich-Erzähler als Zeuge, der eine bleischwere Aussage zu leisten hat“(11), die Erinnerungsleistung sowie die Schwierigkeiten der Erinnerungsleistung narrativ vermitteln?

Welche literarischen Mittel kommen dabei ins Spiel? Bleiben sie literarischen Konventionen wie etwa Chronologie, Beschreibung, Charakterisierung, Intertextualität verhaftet und täuschen versöhnliche Kontinuitäten und Traditionslinien vor, wo keine sind – wie Literaturkritiker Lawrence Langer argwöhnt.(12)

Da autobiographisches Schreiben unweigerlich an das Erinnern gekoppelt ist, kann man, wie James E. Young in seiner Buchveröffentlichung Writing and Rewriting the Holocaust, die narrativen Strategien, Strukturen und stilistischen Mittel als Kommentare des Schreib- und Erinnerungsaktes ansehen.(13) Eine literarische Analyse kommentierter Autobiographien oder Reflexionsschriften über die traumatischen KZ-Erlebnisse verspricht daher, Aufschlüsse über das Verhältnis von subjektiver Erinnerungsarbeit und narrativen Verfahren zu geben. Gegenstand der Untersuchung sind Ruth Klügers Autobiographie weiter leben. Eine Jugend (1992), Charlotte Delbos autobiographische Trilogie Auschwitz et après (1965, 1970) und Delbos 1985 postum erschienener Erinnerungskommentar Mémoire et les jours.(14)

Ruth Klüger erzählt in ihrer Autobiographie, wie sie als siebenjährige den Einmarsch der Nazis in ihre Geburtstadt Wien erlebt und wie sie 1942 zusammen mit ihrer Mutter und Großmutter nach Theresienstadt deportiert wird. Im Mai 1944 kommt sie mit ihrer Mutter zuerst ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und später in das Arbeitslager Christianstadt (ein Außenlager von Groß-Rosen), wo sie beide Schwerarbeit verrichten müssen. Auf dem Todesmarsch in ein anderes Lager fliehen Ruth und ihre Mutter. 1947 emigrieren sie in die USA. Großmutter, Vater und Bruder kommen in KZs um. Die in Frankreich geborene Journalistin Charlotte Delbo kämpft im französischen Widerstand mit. 1942 werden sie und ihr Mann verhaftet. Ihr Mann wird im Gefängnis erschossen, Delbo nach Auschwitz und dann nach Ravensbrück deportiert. Nach dem Krieg arbeitet Delbo für die Vereinten Nationen und betätigt sich schriftstellerisch. Sie stirbt 1985 in Paris. In ihren vignettenhaften Memoiren berichtet Delbo vom Leben in den KZs und dem Versuch der Überlebenden, während und nach dem Krieg mit ihren traumatischen Erfahrungen zurande zu kommen.

Anhand repräsentativer Beispiele aus den autobiographischen Werken von Klüger und Delbo zielt die vorliegende Studie darauf ab, einige Antworten auf vier sich überschneidende Fragen zu finden: Wie wird individuelle Erinnerung aktiviert und narrativ vermittelt? Wie – wenn überhaupt möglich – erfolgt die Umsetzung der Erinnerungsbewegung in eine narrative Textbewegung? In welchem narrativen Verhältnis stehen das erinnernde Ich der Gegenwart und das erinnerte Ich der Vergangenheit? Wie stehen subjektive Erinnerungsleistung und kollektive Deutungsmuster zueinander?

Ein kurzer Exkurs in die kognitive Gedächtnispsychologie soll ein paar Grundlagen für die weiterführende Analyse liefern. Der Wissenschaftler Endel Tulving unterscheidet zwei Gedächnissysteme, ein semantisches und ein episodisches. Das semantische Gedächtnis speichert symbolisch repräsentiertes, kategorisches Weltwissen; das episodische speichert räumlich und zeitlich datierbare Ereignisse, die sich stark auf das erinnernde Ich beziehen.(15) Das episodische Gedächtnis wird demnach als Erinnerungsträger zur „Grundlage für die Herstellung von biographischer Kontinuität und lebensweltlicher Kohärenz“,(16) und in der Folge zu einem konstitutiven Element bei der Identitätskonstruktion.  

Diese „episodischen Erinnerungen“(17) sind für Aleida Assmann perspektivisch, fragmentarisch, flüchtig und labil. Sie existieren vernetzt mit Erinnerungen anderer und erhalten erst nachträglich durch die Narration eine ergänzende und stabilisierende Form und Struktur.(18) „Erinnerungen existieren [aber] nicht als geschlossene Systeme, - erläutert Aleida Assmann - sondern berühren, verstärken, kreuzen, modifizieren, polarisieren sich in der gesellschaftlichen Realität immer schon mit anderen Erinnerungen und Impulsen des Vergessens.“(19) Geht man von diesen primären Erkenntnissen der kognitiven Gedächtnispsychologie aus, müssten sich die episodischen Erinnerungen in den Texten von Klüger und Delbo als kohärenz- und identitätsstiftende „Konstellationen, Geflechte und Konfrontationen unterschiedlicher Erinnerungen“(20) zeigen. Wie der folgenden Textanalyse jedoch entnommen werden kann, entzieht sich das traumatische Gedächtnis jeglicher Sinnstiftung.

Klügers Autobiographie folgt nur scheinbar einer straffen, chronologischen Anordnung von vier Teilen, die von ihrer Kindheit in Wien, den Lageraufenthalten, vom Leben in Deutschland im DP Lager und ihrer Emigration nach New York erzählen. Ein Epilog mit dem Titel „Göttingen“ schließt das Werk ab. Was äußerlich wie narrative Kontinuität und sinnstiftende Kohärenz der Lebensgeschichte aussieht, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Montage von Erinnerungsfragmenten und Reflexionen, assoziativen Sprüngen, Textbrüchen, Lücken, Zeitraffungen, lyrischen Einlagen, simultanen Bildüberlagerungen und Anachronien, die die chronologische Außenstruktur unterlaufen. Klüger erlebt ihre Erinnerungen fragmentarisch.  Sie bezeichnet sie als „unvollständig“ (WL 34), als „zersplitterte Zeit“, als „Glasscherben“ (WL 277), als „Vignetten“, als „Fäden die nicht mehr weitergesponnen wurden“ (WL 86). Diese verschiedenen Formen und Anordnungen von subjektiv wahrgenommener Zeit bzw. Zeiten machen Klügers autobiographische Narration zu einem vielschichtigen Gewebe menschlicher Temporalität.(21) Das Erzählen bleibt aber trotz scheinbarer chronologischer Ordnung seiner eigenen Zeitkonstruktion bzw. Zeitrekonstruktion verhaftet. 

Noch besser lässt sich diese eigene Zeitordnung an Delbos Autobiographie beobachten. Die Erinnerungsfragmente tragen als separate Abschnitte Titel wie „Der nächste Tag“, „Zählappell“, „Ein Tag“, „Nacht“, „Der Abschied“, „Sonntag“, „Durst“, um nur einige zu nennen. Die zeitliche Wahrnehmung des Lagerlebens, d.h. die erinnerte Wahrnehmung des Lagerlebens, wird in Form von episodischen Erinnerungen narrativ rekonstruiert und lose aneinander gereiht strukturiert. Die untereinander austauschbaren Segmente unterstreichen die eigene Zeitordnung im Lager, die sich aus sich wiederholenden Aktivitäten (wie Zählappell oder Abschied) oder Empfindungen (Durst) oder Zeiteinheiten (ein Tag, Nacht, der nächste Tag) zusammensetzt.

Die Erzählperspektive beider Autorinnen könnte man nach Gérard Genettes Definition als autodiegetisch bezeichnen, denn die Stimmen von Hauptfigur, Erzähler und Autor verschmelzen miteinander und richten sich mittels Kommentare und Reflexionen an ein zu belehrendes und zu überzeugendes Publikum.(22) Den beiden Autobiographien jedoch einen „retrospektiv-synthetischen Charakter“(23) zuzuweisen, der suggeriert, dass die Lebensgeschichte als Ganzes im Geiste des Erzählers präsent sei, wäre verfehlt.

Der Literaturwissenschaftler Lawrence Langer weist in seiner Studie „Memory’s Time: Chronology and Duration in Holocaust Testimonies“ über mündliche Zeugenaussagen darauf hin, dass Zeugenberichte dem Zuhörer oder dem Publikum, aber nicht dem Erzählenden selbst chronologisch erscheinen. Das erinnernde Ich sieht sich außerhalb einer chronologischen Zeitordnung, wenn es die Geschichte erzählt.(24) Delbos Zeitwahrnehmung von Auschwitz scheint Langers Beobachtungen zu bestätigen: “Auschwitz is so deeply etched in my memory that I cannot forget one moment of it. – So you are living with Auschwitz? – No, I live next to it. Auschwitz is there, unalterable, precise, but enveloped in the skin of memory, an impermeable skin that isolates it from my present self” (Delbo, Days and Memory, 2) Und weiter heisst es im Text: “I live within a twofold being“(3).

Ohne diese Teilung des Ichs, in ein Auschwitz-Ich und in ein Gegenwarts-Ich, so Delbo, wäre es für sie nicht möglich gewesen nach dem Krieg weiterzuleben.(25) Wie wird diese Ich-Teilung, oder man könnte auch Verdoppelung sagen, narrativ vermittelt?  Delbo bedient sich zum Beispiel des metaphorischen Gebrauchs einer Schlange, bzw. des Häutens einer Schlange. Nach Auschwitz konnte sich das Ich der äußeren Spuren der Misshandlungen durch das Abstreifen der alten Haut entledigen. Das alte Ich und seine verhärtete „Erinnerungshaut“, wie sie es nennt, bleibt aber als unkontrollierbar auftretender Störfaktor bestehen.

Delbo nennt diese Art von unkontrollierbarer Erinnerung mémoire profonde (tiefes Erinnern) und unterscheidet sie vom gewöhnlichen Erinnern, dem mémoire ordinaire. Gewöhnliches Erinnern ist ein kognitiver Prozess, durch den versucht wird, das traumatische Erlebnis aus der Perspektive des Jetzt in eine chronologische Vergangenheit einzuordnen. Tiefes Erinnern (von Delbo auch „sensorisches Erinnern“ genannt) hingegen löst die traumatischen Erfahrungen aus der Zeitordnung und kann unvermittelt auftauchen. Der kognitive Erinnerungsprozess wird gestört, der Erzählfluss unterbrochen.(26) Delbos Schlangenhaut ist jene Haut, die tief im Inneren liegt, die man nicht ablegen kann. Dort liegen jene Erinnerungen (besonders die sensorischen wie z.B. die Erinnerungen an den furchtbaren Gestank im Lager), die jederzeit etwa in Form von Albträumen das Ich überfallen können. Delbo erklärt: „Deep memory preserves sensation, physical imprints. It is the memory of senses. For it isn’t words that are swollen with emotional charge.(27) [. . .] „Memories borne by a taste, a color, the sound of the wind, the rain.”(28)

Auch Klüger berichtet von jenen Erinnerungen – Delbos mémoire profonde – die unangekündigt kommen, auf sie eindringen und einschlagen (WL 67). Sie setzen sich als „unvergessener Augenblick, verhärtet und verknöchert in ein Lebensgefühl“ (WL 113) in ihrem Innern fest. Sie spricht über Auschwitz als den „abwegigsten Ort, den ich je betrat, und die Erinnerung daran bleibt ein Fremdkörper in der Seele, etwa wie eine nicht operierbare Bleikugel im Leib“ (WL 139).

An anderer Stelle stellt sich Klüger ihrer bis dahin verdrängten Vergangenheit. Durch einen Unfall 1989 in Göttingen ans Bett gefesselt, gräbt sie „Gedächtnisbrocken“ aus (WL 158) und beginnt sich, mit den „Gespenstern“ der Vergangenheit „auseinanderzusetzen“ (WL 279). Ein schmerzhafter Prozess, wie die Autorin bestätigt: „Erinnerung ist keine gemütliche, badewasserlaue Annehmlichkeit, sondern ist eigentlich immer ein Graus, eine Zumutung und eine einzige Kränkung der Eigenständigkeit.“(29) 

Klüger bemüht sich trotzdem, „[d]ie Vergangenheit [zu] suchen, wenn sie vernagelt ist“ (WL 277) sowie ihr „eigenes unvollständiges [Gedächtnis] zu ergänzen und dadurch zur eigenen Vergangenheit durchzudringen“ (WL 34). Sie will an andere Erinnerungen anknüpfen und lädt ihre Leser dazu ein, mit ihr zusammen Geschichte und Geschichten zu rekonstruieren: „Wir fänden Zusammenhänge (wo vorhanden) und stifteten sie (wenn erdacht)“ denn „Erinnerung ist Beschwörung, und wirksame Beschwörung ist Hexerei“ (WL 79).  Doch scheint die Kluft zwischen den Erinnerungen der KZ-Überlebenden und der Menschen, die diese Erfahrungen nicht machen mussten, zu groß zu sein, um eine mentale Verbindung herzustellen:

Menschen derselben Generation waren wir, gutwillig und der Sprache mächtig, doch der alte Krieg hat die Brücken zwischen uns gesprengt, und wir hocken auf den Pfeilern, die in unsere neuen Häuser ragen. Doch wenn es gar keine Brücke gibt von meinen Erinnerungen zu euren, warum schreib ich das hier überhaupt? (WL 111)

Ähnliche Aussagen, jedoch in Gedichtform, macht Charlotte Delbo in ihrer Autobiographie. Das Bedürfnis anderen mitzuteilen, was einem widerfahren ist und die Erkenntnis, dass ohne gemeinsame Erfahrungsbasis keine produktive Kommunikation stattfinden kann, lässt die Überlebende verstummen:

I came back from the dead
and believed
this gave me the right
to speak to others
but when I found myself face to face with them
I had nothing to say
because
I learned
over there
that you cannot speak to others. (30)

Bilder und Episoden aus der Kindheit und später erworbenes Wissen bleiben ebenso als disparate Erinnerungsfragmente im Raum stehen. Zwischen ihnen lassen sich keine Erinnerungsbrücken bauen, „weil das Gedächtnis auch ein Gefängnis ist: man rüttelt umsonst an den in der Kindheit geprägten Bildern“ (WL 29). Klüger bezieht sich zum Beispiel auf die Unvereinbarkeit ihrer Kindheitserinnerungen an ihren Vater mit dem im Nachhinein erworbenen Wissen um seinen Tod im KZ. Klüger versucht vergeblich, die „disparaten Vaterfragmente“ (WL 30) zusammen zu bringen. Sie münden in „hilflose Verbindungen, die ins Leere stoßen oder sich in Rührseligkeit erschöpfen“ (WL 30). „Für mich war mein Vater der und der. Daß er schließlich nackt im Giftgas krampfhaft nach einem Ausgang suchte, macht alle diese Erinnerungen belanglos bis zur Ungültigkeit. Bleibt das Problem, daß ich sie nicht durch andere ersetzen und auch nicht löschen kann. Ich bring’s nicht zusammen, da klafft etwas“ (WL 28).

Diese Art von Erinnerungen bleiben selbstreferentiell, lassen sich nicht versöhnlich in eine Lebensgeschichte einordnen. Klüger kommentiert: „So verführen gerade die genauesten Erinnerungen zur Unwahrheit, weil sie sich auf nichts einlassen, was außerhalb ihrer selbst liegt, und den auf ein später entwickeltes Urteil ein weiteres Wissen gegründeten Gedanken stur ihre eigene Beschränktheit entgegensetzen und daher auch keine kommensurablen Gefühle aufkommen lassen“ (WL 30). Die Erinnerungsfragmente an das traumatische Geschehen sind abgekapselt und daher auch nicht vernetzbar mit den Erinnerungen anderer, nicht zuletzt weil sie vom erinnernden Ich in keinen sozialen Bezugsrahmen gebracht werden können.(31)

Ebenso unüberbrückbar wird für Klüger die Kluft zwischen den KZ-Überlebenden und den Toten, die sie an narrative Grenzen bringt: „Unübersteigbarer Stacheldraht zwischen uns und den Toten. Ich hatte schon früher versucht, sie in Bilder und Worte zu bannen. ‚Mit erfrorenen roten / Händen schaufelt mein Bruder sein eigenes Grab.’ Sie ließen sich nicht bannen. Wie sie uns hassen müssen. Wir gehen ihnen entgegen, sie ziehen sich zurück“ (WL  98). Die Toten sind unerreichbar und unversöhnlich, die Erinnerung verebbt in Frustration. Als “anguished memory” bezeichnet Lawrence Langer diese Art qualvollen Erinnerns, das das Ich als  unversöhnlichen Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach Akzeptanz des Verlustes und der Unfähigkeit, dieses Bedürfnis befriedigen zu können, offen legt. (32)

In den beiden autobiographischen Texten kommt es auch vor, dass die stete, latente Präsenz des erinnerten Ichs, des Auschwitz-Ichs, Delbos „mémoire profonde“, zwei verschiedene Zeitebenen, die Vergangenheit und die Gegenwart, bildlich überlagern lässt. Diese Ko-Temporalität setzt Klüger in dem Bericht über ihren Besuch in Theresienstadt Jahre nach dem Holocaust ein: „Dann schlenderte ich durch die Straßen, wo Kinder spielten, ich sah meine Gespenster unter ihnen, sehr deutlich und klar umrissen, aber durchsichtig, wie Geister sind und sein sollen, und die lebenden Kinder waren fest, laut und stämmig. Da ging ich beruhigt fort. Theresienstadt war kein KZ-Museum geworden“ (WL 104). Die zwei Bilder, das erinnerte, etwas verblasste, aber deutliche Bild der KZ-Kinder und das Bild der spielenden Kinder in der Erzählgegenwart, schieben sich schablonenhaft übereinander, bewahren jedoch ihre Eigenständigkeit. Erinnerte Vergangenheit und Gegenwart werden mit simultanem Blick wahrgenommen.

Klügers Erleichterung darüber, dass Theresienstadt kein KZ-Museum geworden ist, lässt sich aus ihrer allgemeinen Skepsis gegenüber Holocaust-Gedenkstätten erklären. Gleich den Video-Interviews mit Zeitzeugen, unterstehen Gedächtnisorte wie KZ-Museen dem Verdacht, die Aufgabe des Erinnerns zu übernehmen. Das hieße, das kollektive Gedächtnis des Erinnerns wäre lediglich dazu da, um Episoden der Vergangenheit vergessen zu können.(33) Ruth Klüger fragt sich, ob Besucher eines KZs nur mit vorgefassten Gefühlsmustern, wie Sentimentalitäten, reagieren, und ob es sich hierbei lediglich um eine Art „Selbstbespiegelung“ handelt, bei der man die eigene Sensibilität vergnüglich auskostet.(34) Im Text weiter leben heisst es: „... [V]erleiten diese renovierten Überbleibsel alter Schrecken nicht nur Sentimentalität, das heißt, führen sie nicht weg von dem Gegenstand, auf den sie die Aufmerksamkeit nur scheinbar gelenkt haben, und hin zur Selbstbespiegelung der Gefühle?“ (WL 76). Steril und ordentlich seien jene Orte, kritisiert Klüger, denn „[d]as mindeste, was dazu gehörte, wäre die Ausdünstung menschlicher Körper, der Geruch und die Ausstrahlung auf Angst, die geballte Aggressivität, das reduzierte Leben“ (WL 77). Daher ließe sich das KZ als Ort nicht im Jetzt vergegenwärtigen, sondern nur als Ort in einer vergangenen Zeit.  Das Wort „Zeitschaft“ – eine Zusammensetzung aus Ortschaft und Landschaft und Zeit, sollte es geben, so die Autorin, „um zu vermitteln, was ein Ort in der Zeit ist, zu einer gewissen Zeit, weder vorher noch nachher“ (WL 78). Mit der Chiffre „Zeitschaft“ signalisiert Klüger sowohl die Unmöglichkeit, sich durch das Aufsuchen eines Ortes in eine bestimmte Zeit zurückversetzen zu können, als auch die Grenzen der narrativen Vermittlung von Auschwitz-Erfahrungen. Sie bleiben als mémoire profonde eingefangen im Gedächtnis der Zeit.

Wie die hier angeführten Textbeispiele gezeigt haben, können Erinnerungen an das KZ im Sinne von „Erinnerungsarbeit“ teils bewusst herbeigeführt werden, teils kehren sie unkontrollierbar wieder. Auslöser sind sensorische Wahrnehmungen, die Konfrontation mit kulturellen Erinnerungspraktiken, aber auch unzutreffende oder ungenaue Aussagen über das Überleben im KZ. Trifft das Letztere zu, kann das subjektive Erinnern zur Nuancierung und Differenzierung der historischen Geschehnisse beitragen oder sogar zur Geschichtskorrektur veranlassen. 

Ferner lässt sich anhand der repräsentativen Beispiele nachweisen, dass traumatische Erinnerungen nicht temporal und logisch mit dem Ich in Beziehung zu bringen sind. Sie erweisen sich als nicht autonoetisch (als nicht um das Selbst wissend) und verhindern dadurch eine narrative Konstruktion bzw. Rekonstruktion einer kohärenten und kontinuierlichen Lebensgeschichte. Eine chronologische Aufzeichnung der Erinnerungen kann folglich nicht zustande kommen. Scheitert die temporale Synthese der Erinnerungsarbeit, misslingt auch die Identitätsarbeit. Die diachronische Dimension von Identität lässt sich nicht konstituieren.

Episodische Erinnerungen an die traumatischen Erfahrungen im KZ manifestieren sich im narrativen Gefüge fragmentarisch und selbstreferentiell. Sie sind unkontrollierbar und können das Erinnerungsgedächtnis der KZ-Überlebenden jederzeit überfallen. Die Auschwitz-Erinnerungen bleiben jedoch als statische Erinnungskapseln dem Gedächtnis der Zeit, also der Auschwitz-Zeit, verhaftet. Sie sind folglich nicht vernetzbar, das heißt, sie lassen sich nicht an andere Erinnerungen (weder an eigene noch an fremde) anknüpfen.

Die Kluft zwischen der Auschwitz-Zeit und danach, zwischen dem erinnerten Ich und dem erinnernden Ich, scheint unüberbrückbar: sie klafft auf zwischen den Erinnerungen der KZ-Überlebenden und denjenigen, die die KZ-Erfahrungen nicht erleiden mussten; zwischen den Überlebenden und den Toten; zwischen den erinnerten Gefühlen und dem im Nachhinein erworbenen Wissen über die Geschehnisse im Holocaust. Diese unüberbrückbaren Gedächtnislücken setzen Klüger und Delbo beispielsweise als diskursive Brüche und Diskontinuitäten, in Form von Ich-Teilung sowie als temporale Bildüberlagerung in ihren Autobiographien narrativ um. Einige Erinnerungselemente des mémoire profonde erstarren im Text zu metaphorischen Bildern (wie Delbos „Schlangenhaut“) oder zu Chiffren (wie Klügers „Zeitschaft“). 

Der fragmentarische Charakter der narrativen Erinnerungslandschaften, ihre temporalen und räumlichen Brüche und Diskontinuitäten sowie ihre metaphorischen Erstarrungen verweigern den Lesern der autobiographischen Texte über KZ Erfahrungen jegliche Sinnkonstitution. Auschwitz, hier als Metapher für alle Nazi-Konzentrationslager verstanden, macht keinen Sinn. Zugleich wehren sich die Autorinnen mit ihren narrativen Strategien gegen eine Vereinnahmung ihrer subjektiven Erinnerungsarbeit durch vorgefasste, pauschalierende, kollektive Deutungsmuster, die versuchen, Sinn zu stiften, wo kein Sinn ist. Bleibt nur mit dem Historiker Saul Friedländer zu hoffen, dass ein in Zukunft rein medial gestütztes Holocaustgedächtnis dasselbe tun wird: “The question remains whether at the collective level as well an event such as the Shoah may, after all the survivors have disappeared, leave traces of a deep memory, beyond individual recall, which will defy any attempt to give it meaning.”(35)

Bibliographie


Anmerkungen:

1 Assmann, A. 205.

2 Ähnliche Fragestellungen finden sich in Saul Friedländers  Memory, History, and the Extermination of the Jews in Europe (S. 119); Geoffrey Hartmans The Longest Shadow (S. 12 und 38) und in James Youngs Writing and Rewriting the Holocaust History (S. 4).
3 Assmann, A. 205.
4 Ibid. 235.
5 Assmann, A. 23.
6 Klüger, Gelesene Wirklichkeit, 59.
7 Ibid. 52.
8 Klüger, weiter leben, 128.  Zitate aus Ruth Klügers Autobiographie weiter leben werden in dieser Arbeit in Folge mit „WL“ und der entsprechenden Seitenzahl gekennzeichnet.
9 Vgl. Angerer 65, Goertz 179.
10 Der Ägyptologe Jan Assmann fasst unter dem Begriff ‚kulturelles Gedächtnis’ „den jeder Gesellschaft und jeder Epoche eigentümlichen Bestand an Wiedergebrauchs-Texten, -Bildern und –Riten zusammen, in deren ‚Pflege’ sie ihr Selbstbild stabilisiert und vermittelt, ein kollektiv geteiltes Wissen vorzugsweise (aber nicht ausschließlich) über die Vergangenheit, auf das eine Gruppe ihr Bewußtsein von Einheit und Eigenart stützt“ (15). Welche Vergangenheit und Werteperspektive eine Gesellschaft in ihren kulturellen Überlieferungen für sich und andere sichtbar werden lässt, sagt etwas darüber aus, „was sie ist und worauf sie hinauswill“ (16).
Siehe auch Jan Assmanns Buch Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und Politische Identität in frühen Hochkulturen. C. H. Beck, 1997.
11 Klüger, Gelesene Wirklichkeit, 88.
12 Siehe Langers Ausführungen in Holocaust Testimonies. Ruins of Memory: “…[W]hen literary form, allusion, and style intrude on the surviving victim’s account, we risk forgetting where we are and imagine deceptive continuities” (45).
13 Siehe James Young, Writing and Rewriting, 37.
14 Diese Arbeit versteht sich als ergänzende Studie zu den Arbeiten von Christian Angerer, Karein K. Goertz und Nicole Thatcher, in denen bereits auf einige wichtige Zusammenhänge zwischen Erinnungsakt und Schreibakt in den Autobiographien von Klüger und Delbo hingewiesen wird. Angerer sieht Klüger als Vertreterin der „zweiten Generation“ von Erinnerungsbüchern über den Holocaust, die „die selbstreflexive Erinnerungsarbeit zum poetischen Gesetz des Textes“ (65) macht. Vor allem „die Methode des Vergleichens“ zwischen dem erinnerten Ich und dem gegenwärtigen Ich sei ein vorrangiges Element in Klügers Narration. Nicole Thatcher untersucht in ihrem Buch, wie die Faktoren Geschlecht, dramaturgische Erfahrung und Trauma Charlotte Delbos Schreibverfahren beeinflussen. Karein Goertz weist unter anderem in ihrem Aufsatz nach, wie Klüger und Delbos narrativ geformte subjektive Erinnerungen als Kritik gegen Fehlinterpretationen und Pauschalurteile der kollektiven Erinnerungskultur fungieren.
15 Endel Tulving zitiert in Neumann, 153.  Siehe auch Tulving, Endel. Elements of Episodic Memory. Oxford: Oxford UP, 1985.
16 Ibid.
17 Assmann, A. 24.
18 Ibid. 25.
19 Ibid. 17.
20 Ibid.
21 Siehe Brockmeier 56.  In seiner Studie argumentiert Jens Brockmeier, dass während des Prozesses der autobiographischen Identitätskonstruktion eine bestimmte Synthese von kulturellen und individuellen Zeitanordnungen stattfindet.  Das Resultat sei „autobiographische Zeit“, d.h. die eigene Lebenszeit. Die narrative Form ist für Brockmeier die einzige Form, in der dieser komplexe Modus menschlicher Zeitkonstruktion existieren kann.
22 Genette 180.
23 Ibid. 53.
24 Siehe Langer, “Memory’s Time ...“, 15.
25 Klüger beschreibt die Kluft zwischen dem erinnernden Ich und dem erinnerten Ich als allmählichen Entfremdungssprozess: „Je größer die zeitliche Distanz, desto unverständlicher wurde das Geschehen jener Jahre. Auch mir scheint es manchmal, daß die Erinnerung, die ich im Gedächtnis herumtrage, mir fremd sind, nämlich sie sind der Person fremd, die ich seither geworden bin. Wenn das stimmt, so nähert sich das Lebensgefühl der Überlebenden der KZs immer mehr dem Lebensgefühl derer, die nicht dabeiwaren. Und vielleicht ist das der Grund, warum sich heutzutage leichter darüber schreiben, lesen, filmen läßt“ (Klüger, Gelesene Wirklichkeit, 56).
26 Lawrence Langer bezeichnet dieses Phänomen in seinem Buch Ruins of Memory als „disruptive memory“ or „deep memory“: “Testimony is a form of remembering. The faculty of memory functions in the present to recall a personal history vexed by traumas that thwart smooth-flowing chronicles. Simultaneously, however, straining against what we might call disruptive memory is an effort to reconstruct a semblance of continuity in a life that began as, and now resumes what we would consider, a normal existence” (Langer, Holocaust Testimonies, 2).
27 Delbo, Days and Memory, 3.
28 Delbo, Auschwitz and After, 266.
29 Klüger, Gelesene Wirklichkeit, 53.
30 Delbo, Auschwitz and After, 228.
31 In einem Interview spricht Klüger über jene  „Erinnerungsaufgaben“, die die Toten an die Überlebenden stellen, die sich jedoch einem Zugriff stets entziehen: „Ich spreche oft über Gespenster, das sind Erinnerungen, die man nicht richtig im Griff hat, die sich loslösen, wo man die Kontrolle verliert. Und die geistern dann irgendwie“ (Interview taz, 2005).
32 Langer, Holocaust Testimonies, 75.
33 Ähnlich argumentiert James E. Young in The Texture of Memory: “For once we assign monumental form to memory, we have to some degree divested ourselves of the obligation to remember. In shouldering the memory-work, monuments may relieve viewers of their memory burden” (5).
34 Siehe Klüger, Gelesene Wirklichkeit, 55.
35 Friedländer 254. “Trauma, Memory, Transference” in: Holocaust Remembrance. The Shapes of Memory. Hrsg. Geoffrey H. Hartman. Cambridge: Blackwell, 1994. 251-263.

2.4. Sektionstitel

Sektionsgruppen | Section Groups | Groupes de sections


TRANS
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INST

For quotation purposes:
Siegrun Wildner: Im Gedächtnis der Zeit? -  Erzählverfahren und Erinnerungsprozesse in autobiographischer Literatur über KZ-Erfahrungen - In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 17/2008. WWW: http://www.inst.at/trans/17Nr/7-1/7-1_wildner.htm

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