TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 17. Nr. Juni 2010

Sektion 8.11. Offene Welt – veränderte Rollen und Begriffe
SektionsleiterInnen | Section Chairs: Tibor Polgár und Veronika Pólay (Dániel Berzsenyi Hochschule, Szombathely, Ungarn)

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Das WWW und die Massenkommunikationsmedien –
Ein kommunikativer und pragmatischer Vergleich

Veronika Pólay (Dániel Berzsenyi Hochschule, Szombathely, Ungarn) [BIO]

Email:p.veronika@btk.nyme.hu

 

1. Formen der Kommunikation

Das Internet bedeutet viele Arten der  Kommunikation

Konvergenz der traditionellen Medien, denn die bisher getrennt existierenden  Kommunikationsgattungen erscheinen parallel, ineinander verflochten im Internet, und bilden so neue Gattungen. (Bódi (2004):p.14)

Das Internet und das WorldWideWeb müssen voneinander unterschieden werden. Das Internet ist ein technisches Gerät, welches die Netzkommunikation ermöglicht; das WorldWideWeb ist ein Teil davon, wie auch die Email-Korrespondenz, usw. Der Teil des Internets, der über das WorldWideWeb hinausgeht, bedeutet in erster Linie interpersonelle Kommunikation, die in Form von  E-Mail-Korrespondenz, Bereitstellen von Newslettern oder Internet-Telefonieren ablaufen kann und für die einheitlich charakteristisch ist, dass der Zugang nicht allgemein sondern beschränkt ist,. Beim Verfassen von E-Mails und beim Telefonieren kommunizieren zwei Menschen miteinander. Von den traditionellen Formen der Korrespondenz und des Telefonierens unterscheiden sie sich nur durch den Kanal der Übermittlung, die E-Mails darüber hinaus auch durch die Übermittlungsgeschwindigkeit, den Zugang, die technischen Bedingungen – die alle die Formulierung der Nachrichten sprachlich beeinflussen.

Da das Internet mit den bisher bekannten Massenkommunikationsmedien verglichen wird, werden in die Untersuchung nur die Möglichkeiten dieses Mediums einbezogen, die der Bedingung der Massenkommunikation entsprechen, wonach auf der Empfängerseite ein anonymes, zahlenmäßig unbeschränktes Publikum ist. (Faulstich (2005): p. 39) .Das E-Mail und die Newsletter sind persönlich adressiert, auch dann, wenn viele Menschen einen Newsletter erhalten, denn diese sind eine Gruppe aus identifizierbaren Individuen, die durch ein gemeinsames Interesse verbunden sind.

1.1. Faulstich (2005) unterscheidet folgende Kommunikationsformen (Faulstich (2005): p.39.):

  1. face-to-face Kommunikation
  2. mediale Kommunikation
  3. Massenkommunikation

 

Grundmodell der medialen Kommunikation

Abb. 1: Grundmodell der medialen Kommunikation (Aufermann, 1971)

Folgende Faktoren sind zu sehen:

Dieses Modell lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass die beiden Partner zwar jeweils über einen anderen Zeichenvorrat verfügen, es aber auch einen gemeinsamen Bereich gibt.

1.2. Zeitlich vor diesem Modell entstand die sogenannte Lasswell-Formel (1948), die mehr Faktoren berücksichtigt: wer, was, durch welchen Kanal, wem, mit welcher Wirkung etwas mitteilt. Als Zusatz zum vorher erwähnten Modell erscheint die Wirkung. Während in der direkten menschlichen  Kommunikation ein Teil der Wirkung sofort spürbar ist, wird ein anderer Teil erst später bemerkt, und ein Teil bleibt unbemerkbar.

In der medialen Kommunikation, die ein Buch, einen Brief, einen Anruf bedeuten kann, ist die Wirkung unterschiedlich. Bei einem Anruf ist die Wirkung zu bemerken, aber in den anderen beiden Fällen bleibt die Wirkung für den Sender unbemerkbar. Terestyéni (2006) bemerkt die Veränderung des Empfängerverhaltens im Zusammenhang mit den Medien. Während die mündliche (primär mündliche), schriftliche und gedruckte Kommunikation den Empfänger zur aktiven Rezeption anregt, zwingt das elektronische Medium den Empfänger zur Passivität.

1.3. Bei der nächsten Stufe - der Massenkommunikation mittels Zeitung, Radio, Fernsehen, ist der größte Teil der Wirkung für den Sender nicht zu sehen. Einen Teil davon kann der Sender in Form des Para-Feedbacks als Brief oder Anruf bekommen.

Faulstich charakterisiert die Massenkommunikation folgendermaßen:

Zu deren Modellierung sind die Transaktionsmodelle entstanden.

1.4. Das Transaktionsmodell

Nach dem Transaktionsmodell (Barnlund, (1970): p. 30.) ist die Kommunikation eine Transaktion, keine Reaktion oder Interaktion, in der die Menschen Bedeutungen produzieren und sie zuordnen zur Verwirklichung ihrer Ziele. Der gleiche Eingang bedeutet nicht das gleiche Output, sondern bei jedem Empfänger ein anderes, also eine differenzierte Interaktion (De Fleur, 1970). Der Dynamisch-Transaktionsansatz (Früh-Schönbach, 1982) lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass die Rolle des Empfängers nicht mehr passiv ist; dieser kann auch zum aktiven Teilnehmer werden, obwohl es bei der Massenkommunikation vor dem Internet das nur in Form des sog. Para-Feedbacks möglich war, also nicht gleichzeitig und auch nicht direkt nach der ersten Nachricht eintreffend, welche außerdem durch einen anderen Kanal kommt (Brief, Telefon, Umfrage). Ein weiteres wichtiges Element dieses Modells ist noch, dass die Nachricht den Empfänger verändert, sei es eine kognitive, emotionale oder Verhaltensveränderung.

Bei (Barnlund (1970): p. 38.) ist von Bedeutung, dass das Verhalten eine Antwort auf das vergangene Verhalten des Partners ist. So kann Kommunikation als ein Schritt der Reiz-Antwort-Reiz-Kette aufgefasst werden.

Ein komplexeres Modell ist das Feldmodell von Maletzke (1963).

1.5. Das Feldmodell

Diese Theorie hat als Grundlage das Informationstheoriemodell von  Shannon-Weaver (1949) (McQuail (1994): p 25.), das beim Erscheinen des Telefons formuliert wurde und sich in erster Linie auf die Vermeidung des Geräusches, der Interferenz im Kanal, konzentriert. In ihrem Modell finden sich

Es wurde im Feldmodell von Maletzke (1963) weiterentwickelt, das die Komplexität des Kommunikationsmodells darstellt (Faulstich (2005): p.40.):

Feldmodell Kommunikation

Das Medium bedeutet ein Black Box, also als neutraler Vermittler. Es erscheint auch etwas Wichtiges beim WorldWideWeb, was die Aufmerksamkeit von Linguisten, Kommunikations-, und Marketingexperten auf sich lenkte: Das Selektieren. Es wird auf die dreifache Selektion auf der Empfängerseite konzentriert:

All das gilt besonders für Nachrichten im Internet. Im Modell erscheint auch auf der Senderseite eine andere Art der Selektion: Die Selektion der Informationen. Wichtig ist, dass in der Massenkommunikation die Senderseite aus den möglichen Informationen bereits auswählt und nur die von ihnen ausgewählten werden gesendet.

1.6. Das Netzmedium

Wie Géza Balázs (2005) und Zoltán Bódi (2006) meinen, bedeutet das  WorldWideWeb keinen neuen Kommunikationstyp, sondern die Einheit der bisher bekannten. Faulstich (2005) spricht auch von dem Verschwinden des Unterschieds zwischen individueller und Massenkommunikation und Kommunikator und Empfänger. Er betont weiters die unbegrenzte Menge der angebotenen Informationen, den globalen Zugang, die spezielle Interaktivität und die Links ( Faulstich (2005): p.41.). Darüber hinaus sind noch das Verschwinden der traditionellen Rollen, der Mangel an Zensur und die Reaktionsmöglichkeiten für diesen Kanal charakteristisch.

 

2. Der Vergleich

Die Fachliteratur vergleicht die Massenkommunikationsmedien nach verschiedenen Aspekten. Vilmos Benczik (2006) zum Beispiel prüft sie nach dem Gesichtspunkt der Kommunikationstechnologie (Benczik (2006): p.85-86.), aber es ist kein umfassender Vergleich zu finden. Tamás Terestyéni (2006) hebt die folgenden Eigenschaften des Cybermediums hervor (Terestyéni (2006): p.184.):

Die folgenden Aspekte vergleichen die traditionellen Medien, das Radio, das Fernsehen und das neue, das WWW, nach den Gesichtspunkten der Fachliteratur - Bódi (2005), Benczik (2005, Balázs Géza (2005), Terestyéni (2006), Bódi (2004), McQuail (1994), Faulstich (2005) und andere und nach den eigenen. Es kann die Frage gestellt werden, ob die Kommunikation im WorldWideWeb als Massenkommunikation betrachtet werden kann, aber Horányi (1997) nennt es eindeutig so wegen der Massenhaftigkeit der vermittelten Texte und deren Zugänglichkeit.

2.1. Konventionen

Dies bedeutet, über wie lange verbale Traditionen der Kanal verfügt. Die Schrift ist mehrere tausend Jahre alt, der Buchdruck mehrere hundert (Balázs (2005): p.44.), während das Radio und der Fernseher erst im 20. Jahrhundert erschienen sind, wie in dieser Grafik zu sehen ist (Faulstich (2005): p.160.).

 

Evolution der Massenmedien

Das bedeutet, dass nur der Übergang immer existiert und es keine Zeit zum Anpassen gibt(Balázs (2005): p. 44.).

Im 20. Jahrhundert erscheint also das elektronische Medium neben dem Printmedium .

Eigenschaften des Printmediums:                

Eigenschaften des elektronischen Mediums:

2.2. Professionalität und sozialer Status des Senders

Das ist der Faktor, der auch von der Fachliteratur stark betont wird. Professionalität bedeutet in erster Linie Kommunikation auf professionelle Weise, das heißt, dass der, der im Radio und Fernsehen als Sender auftritt, diese Tätigkeiten, also Kommunizieren, Unterhalten, Informieren bzw. Überzeugen, beruflich ausübt. Im Internet kann jeder zum Sender werden, und das bezieht sich nicht nur auf E-Mail, Newsletter oder Internet-Telefonie, sondern auch auf den für jedermann zugänglichen Teil des Internets, also auf das WorldWideWeb. Es gibt sehr viele Nachrichten und Seiten, die von einem nicht-professionellen Sender stammen (Blog, Webseite, Fanclub).

Die im Radio und Fernsehen als Kommunikatoren erscheinenden Personen genießen meist einen hohen sozialen Status. Zur physischen Entfernung der Partner kommt eine gesellschaftliche hinzu, denn der Sender verfügt meist über mehr Prestige, Macht, Quellen, Anerkennung und Fachkenntnisse als der Rezipient (McQuail (2003): p.106). Das nennen Rogers/Storey (1987) einen vorteilhaften Platz. Die Zahl der Empfänger berücksichtigend, können die in der Massenkommunikation als Sender erscheinenden Individuen auch Mustersprecher (Koch/Österreicher, 1994) genannt werden.

2.3. Sender: Empfänger-Verhältnis

Einer der größten Unterschiede zwischen den Medien ist die Zahl der Empfänger. Der technische Fortschritt bedeutete auch die Erhöhung der Zahl der Radio- und Fernsehsender, einhergehend mit der Fragmentisierung des Empfänger-Publikums (Terestyéni, 2006). Auf der Senderseite befindet sich zwar nicht ein einzelner Mensch, aber das Medium erscheint als ein Agent. Durch das Erscheinen der thematischen Sender kann das Publikum nach Interesse wählen, und das bedeutet, dass kein Sender alle erreicht.

Das Internet bedeutet das Vielfache dieser Möglichkeiten, mit allen Sorten der Sender-Empfänger-Verhältnisse. Am häufigsten kommt immer noch das ein Sender–viele Empfänger-Verhältnis vor, wie auch nach wie vor noch die Dominanz der traditionellen Textsorten besteht. In den Foren und Chat-Rooms kommunizieren viele Personen miteinander.

2.4. Physische und soziale Entfernung der Partner

Diese Entfernung ist bei jedem Medium anders. Im Internet ist die physische Entfernung nicht begrenzt, auch mehrere tausend Kilometer können überwunden werden.

Die soziale Entfernung der Partner ist im Falle der ersten beiden Medien groß. Im Internet, wo alle als Sender im WorldWideWeb erscheinen können, verschwinden die sozialen Entfernungen zwar nicht, sind aber für die Zeit der Kommunikation nicht von Belang, auch deshalb, weil in den Foren und Chat-Rooms über die Teilnehmer fast nichts bekannt wird, auch über ihren Platz in der Gesellschaft nicht. Im WorldWideWeb erfährt der Partner über den Sender nur so viel, wie er auch über sich selbst verrät.

2.5. Medium der Nachricht

Das Medium der Nachricht kann auf dreifache Weise interpretiert werden:

  1. verbale/nonverbale Dominanz der Nachricht
  2. schriftliche/mündliche Erscheinung der Nachricht
  3. visuelle/akustische Erscheinung der Nachricht

Beim Radio spricht man von verbaler Dominanz. Hier sind nur mündliche Nachrichten zu hören, denn das ist ein akustischer Kanal.

Was das Fernsehen betrifft, so kann festgestellt werden, dass akustische und visuelle Elemente zusammen erscheinen, neben den mündlichen trifft man auch schriftliche Elemente an. So können neben den akustischen nonverbalen Elementen auch die optischen nonverbalen Elemente auftreten.

Wie auch Bódi (2005) meint, ergänzt die Internet-Technologie die traditionelle schriftliche Kommunikation mit akustischen, Bild-Elementen (Bódi (2005):p.205.). Die Nachrichten im WorldWideWeb sind eher noch verbal dominiert, ein Überwiegen der schriftlichen, verbalen, visuellen Elemente ist festzustellen, aber da dieser Kanal sich ständig dynamisch ändert, auch bezüglich der technischen Möglichkeiten und der Präferenzen der Verbraucher, kann sich diese Dominanz in Kürze ändern.

Der Begriff der sekundären Schriftlichkeit muss ebenfalls erwähnt werden (Ong, 1971).

2.6. Die Sprache der Nachricht

Obwohl die theoretische Wahlmöglichkeit bei jedem Medium besteht, ist die Zahl der wählbaren Sprachen und der Nachrichten, die in einer fremden Sprache zugänglich sind, im WorldWideWeb am höchsten, und das Vielfache von dem, was bei den anderen Medien verfügbar ist.

2.7. Der Dynamismus der Nachricht

Dies bedeutet, wie statisch die vermittelte Nachricht beim Einschalten ist. In diesem Sinne sind Radio und Fernsehen dynamisch, denn bei jedem Einschalten wird ein anderes Programm gesendet. Um sie statisch zu machen, muss man die Programme aufnehmen.

Im WorldWideWeb findet man Beispiele für beide Sorten. Von einer nur statischen Gruppe kann man hier nicht sprechen, nur von einer weniger dynamischen, auf deren Seiten der Inhalt seltener erneuert wird.

Die statische Gruppe:

Die dynamische Gruppe:

Der Übergang:

2.8. Wahlmöglichkeit zwischen den Nachrichten

Wenn man einen bestimmten Sender im Radio oder Fernsehen wählt, hat man keine Wahlmöglichkeit mehr; im WWW kann der Empfänger in jede Richtung gehen, unabhängig von Gattung, Sprache, und Thema.

2.9. Linearität der Rezeption

Das ist einer der größten Unterschiede zwischen traditionellen Massenmedien und dem WorldWideWeb. Die Hypertexte brechen die Linearität der Rezeption im WorldWideWeb, denn sie ermöglichen die beliebige Reihenfolge der Rezeption der Seiten und der einzelnen Module. Dadurch werden ganz neue Rezeptionsgewohnheiten geschaffen.

Beim WorldWideWeb spricht man immer noch meist vom Lesen, in den anderen beiden Fällen von akustischer, beim Fernsehen auch von optischer Rezeption.

So sollte die Rezeption beim WorldWideWeb eher mit den traditionellen schriftlichen Medien verglichen werden, wie beispielsweise Buch oder Zeitung. Die Texte im WorldWideWeb haben keinen Anfang und kein Ende, und die Rezeption hat keine obligatorische lineare Richtung (Terestyéni (2006): p.182.).

2.10. Die Feedbackmöglichkeit

Bei den ersten beiden Medien ist eindeutig nur das sog. Para-Feedback möglich, d.h. zeitlich nicht direkt aufeinander folgende Aktionen, die meist auch nicht durch das die Nachricht vermittelnde Medium erfolgen; das WorldWideWeb ermöglicht sowohl eine direkte als auch eine indirekte Version davon.

Ein direktes Feedback ist nur bei der Kommunikation mit sich abwechselnden Richtungen möglich (Forum, Chat), bzw. bei einer Online-Anfrage oder -Bestellung.

Das Feedback per Anruf, Brief oder E-Mail erfolgt meist auf Webseiten von Firmen und Zeitungen.

2.11. Die Teilnahme der Empfänger an der Kommunikation

Teilnahme bedeutet nicht Feedback, welches bereits im vorigen Punkt erörtert wurde. Unter Teilnahme wird verstanden, in welchem Maß der Empfänger die Kommunikation oder die Nachricht selbst gestaltet. Beim Radio und Fernsehen bedeutet sie nur die Wahl zwischen den Programmen und Kanälen, bzw. das Einschalten des Gerätes. Beim WorldWideWeb kann ein Thema oder eine konkrete Seite gewählt werden; darüber hinaus ist es möglich, Nachrichten oder einzelne Segmente davon in beliebiger Reihenfolge auszuwählen.

2.12. Der Zugang zur Nachricht

  1. Zunächst geht es um den technischen Zugang. Ein Radio ist tragbar und funktioniert auch unterwegs. Ein Fernsehgerät kann das alles nicht, und der Internet-Zugang, obwohl es auf diesem Gebiet immer größere Fortschritte gibt, ist am kompliziertesten und teuersten.
    Andererseits kann man mit einem Internet-Zugang alle unkodierten Seiten lesen, während die Auswahl beim Radio/Fernsehen beschränkt ist.
  2. Zweitens verstehen wir unter Zugang, wie schwer es ist, eine bestimmte Nachricht zu finden. Bei den ersten beiden Medien helfen uns dabei die Programmhefte und Programmangebote und die Zahl der „Nachrichten” (Kanäle/Programme) ist sowieso begrenzt, während der Surfer im Internet sich leicht und schnell verirren kann. Falls keine „Zeichen” zur gesuchten Seite führen, also die Links der Seite nirgendwo zu finden sind, existiert die Seite zwar, aber sie zu finden ist beinahe unmöglich.

2.13. Das Bedürfnis des Senders

Beim Radio und Fernsehen ist das grundlegende Bedürfnis die Lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit, die Thematisierung (Teretyéni (2006): p.229.), daneben, untergeordnet, auch die Informierung, die Unterhaltung sowie die Überzeugung. Als erstes hat das Fernsehen die nicht zu erfahrende Welt erfahrbar gemacht.

Beim WorldWideWeb ist wegen der Veränderung der Rollen und Aktivitätsmöglichkeiten der Partner in der Kommunikation weder die Thematisierung, noch die Lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit maßgebend, auch dann nicht, wenn sie vorhanden sind. Die Informierung und Erfahrbarmachung erscheinen ebenfalls, aber ein neues Bedürfnis taucht auf, das durch ein Medium befriedigt wird: das Bedürfnis nach dem Gesellschaftsleben.

Das Bedürfnis nach Mitteilung, nach Selbstausdruck hat seine Möglichkeiten im WWW: den Blog.

Ein wichtiger Faktor ist, dass, obwohl auch beim WorldWideWeb die Manipulierung der Sprache und des Mediums auf einigen Seiten vorkommen kann (Hall, 1980) (McQuail (1994): p.120.), in vielen Fällen die Informationen von Laien ohne Filter gesendet werden. So ist es möglich, die gleiche Information in mehreren Interpretationen zu lesen.

2.14. Das Bedürfnis des Empfängers

In den traditionellen Medien stehen das Abschalten vom Alltag und das Informationsinteresse im Mittelpunkt, während beim WorldWideWeb das Bedürfnis nach Gesellschaftsleben eine Rolle spielt (Terestyéni, 2006).

Auf Forum- und Chatseiten werden mehrere Bedürfnisse befriedigt: Information, Meinungsäußerung, Kontakte knüpfen und halten, Mitteilung.

2.15. Die Nähe zur Situation der gesprochenen Sprache

Man versucht den Kontext der persönlichen Kommunikation immer mehr in den verschiedenen Medien zu ersetzen, obwohl István Szakadát (2001) von den Eigenschaften der Netzkommunikation die Kontextlosigkeit, den Mangel der Gruppen- bzw. Gesellschaftskontrolle, der totalen sensorischen Wirkung und der gegebenen, physischen, gesellschaftlichen Umgebung (Szakadát (2001): p. 113.) hervorhebt. Deshalb versuchen die Teilnehmer bei der schriftlichen Interaktion im Net die prosodischen und paralinguistischen Elemente zu ersetzen (Crystal 2001).

Im Radio sind auch die nonverbalen Eigenschaften des Sprechers zu hören: Tonfarbe, Intonation usw.

Im Fernsehen ist meist eine vom Empfänger unabhängige Situation zu sehen, die der Empfänger von außen beobachtet. In den Nachrichten, in der Werbung ist der Empfänger angesprochen. In diesem Falle sind alle akustischen und optischen Elemente der persönlichen Situation vorhanden, ein wichtiges fehlt aber: die Feedbackmöglichkeit. In diesem Falle sprechen wir von einseitiger Kommunikation, die vorher geplant ist, ohne Spontaneität,  die unabhängig von der Reaktion des Empfängers fortgesetzt wird.

Beim WorldWideWeb hat der Empfänger Aktivitätsmöglichkeiten, aber abgesehen vom Telefonieren sind diese nicht akustischer, sondern schriftlicher Art, und die Kommunikationspartner sehen einander nicht. Wie auch Bódi (2004) meint, versucht man durch die Emotikone, durch bewusste Normverletzung die Prosodie, die Pausen, die Stimmungen der Sprache zu imitieren, das kann aber nur eine Annäherung sein.

Laut Vilmos Benczik (2001) kann jede neue Kommunikationsform eine Bereicherung der persönlichen menschlichen Kommunikation bringen, bedeutet aber gleichzeitig auch Verlust, denn deren Komplexität konnte keine  Kommunikationsform übertreffen (Bódi (2004): p.33).

2.16. Die Konzentration der Aufmerksamkeit

Während das Radioprogramm oft lediglich als Hintergrundgeräusch konsumiert wird, auf das der Empfänger nicht achtet, verlangt das Fernsehen die konzentrierte Aufmerksamkeit.

Beim WorldWideWeb gilt auch die Konzentration der Aufmerksamkeit, aber in den meisten Fällen vertieft sich der Empfänger nicht in die Nachricht, wie bei einem Film, seine Aufmerksamkeit gilt der Suche nach der Nachricht, der Produktion eines Textes.

2.17. Öffentlichkeit/Intimität

Während beim Radio und Fernsehen die als ein Agent auftretende Massenkommunikation eine gesichtslose Masse anspricht, setzt sich die Individualisierung beim WorldWideWeb immer mehr durch. Auch beim Fernsehen gibt es Bestrebungen in diese Richtung, beispielsweise durch thematische Kanäle, bzw. Schichtenprogramme, aber wegen der großen, aber limitierten Anzahl der Kanäle ist dies nur begrenzt möglich. Davon kann man beim WorldWideWeb nicht sprechen. Eine ganz persönliche Kommunikation ist nur im Fall von E-Mail möglich, das aus der Untersuchung ausgeschlossen wurde.

Die Intimität erscheint nur in den Umständen der Rezeption; auch dann, wenn der Empfänger in einem Internet-Cafe surft, ist die Situation nicht ohne Intimität.

2.18. Das Verhältnis Apparat - Empfänger

Um einen Radio- bzw. Fernseherapparat kann sich auch eine größere Zahl von Empfängern versammeln, während man beim WorldWideWeb meist nur einen Empfänger vor einem Monitor findet; auch die physische Entfernung ist hier am kleinsten.

2.19. Die Zahl der Wahlmöglichkeiten

Darunter wird die Zahl der durch ein gegebenes Medium gleichzeitig zugänglichen Nachrichten verstanden. Diese Zahl ist beim Radio am kleinsten, beim Fernsehen viel höher, während sie beim WorldWideWeb unbeschränkt ist.

2.20. Die Richtung der Kommunikation

Nicht nur die Richtung der Kommunikation ist wichtig, sondern auch die Tatsache, ob sie zu verändern ist.

Während sie beim Radio und Fernsehen nur eine Richtung haben kann, kann sie beim WorldWideWeb unterschiedlich sein und sich ändern.

 

3. Zusammenfassung

Aus den obigen Ausführungen geht hervor, dass die größten Unterschiede zwischen dem WWW und den traditionellen Medien die folgenden sind:

Das WorldWideWeb macht aber die Rolle des Senders für alle zugänglich, was in der Kommunikation die Verwirklichung der Demokratie bedeutet. Die mit hohem sozialen Status verbundene Rolle der in der Massenkommunikation als Kommunikatoren erscheinenden Personen verschwindet. Alle können sich wichtig fühlen, können ihre Meinung der ganzen Welt mitteilen. Das demokratischste und am meisten verbreitete Medium der Welt ist entstanden: das Internet (Bódi (2004): p. 11.).

 

Literatur:


8.11. 8.11. Offene Welt – veränderte Rollen und Begriffe

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INST

For quotation purposes:
Veronika Pólay: Das WWW und die Massenkommunikationsmedien – Ein kommunikativer und pragmatischer Vergleich - In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 17/2008. WWW: http://www.inst.at/trans/17Nr/8-18/8-11/8-11_polay17.htm

Webmeister: Gerald Mach     last change: 2010-06-07