Herbert Arlt (Wien) [BIO]
Inhalt
1. Bilanz der INST-Arbeit
2. Zur Transnationalität
3. Zum INST-Forschungsprogramm
4. Zur Zukunftsfähigkeit
Sind die weltweiten kulturellen Prozesse Gegenstand eines Forschungsinstitutes
wie im Falle des INST, so scheinen in diesem Analysefeld derzeit die Herausbildungen
transnationaler Strukturen die interessantesten Elemente und für eine friedliche
Zukunft (eine "Culture of Peace") die wohl bedeutsamsten Faktoren
zu sein. Denn das 20. Jahrhundert war weltweit durch Zerstörungen und (Massen-)Morde
geprägt, die ideologisch auf "Trennungen"(2)
beruhten. Daß Rassismus, Nationalismus, Militarismus, Faschismus zu
Gewalt und Krieg führen, kann daher als Allgemeinerkenntnis vorausgesetzt
werden. Nicht ganz so ausgeprägt sind die Erkenntnisse dazu, wie ein Zusammenleben
gestaltet werden kann, was auch an bisherigen Wissenschafts- und Forschungsstrukturen
(und damit nicht zuletzt an der Wissenschafts- und Forschungspolitik) liegen
mag.
Das INST, am 14.11.1994 von einer Gruppe von WissenschafterInnen von allen Kontinenten
gegründet, widmet dagegen seine Forschungen dem Verbindenden der Kulturen.
Und nicht nur die bisherige INST-Geschichte hat gezeigt, daß das, was
sich als wichtig und zukunftsträchtig erweist, einfach zu existieren beginnt.
Derzeit bis zu 57.000 Abfragen der INST-Homepage-Informationen
von mehr als 5.300 Hosts aus rund 100 Ländern pro Monat zeugen davon, daß
am INST und seiner Tätigkeit offensichtlich Interesse besteht. Der weltweite
Aufbau neuer Kooperationsbeziehungen, Institute usw. im INST-Kontext zeigt,
daß auch Schlußfolgerungen aus diesen Informationen gezogen wurden.
Und Aufträge aus aller Welt belegen, daß eine Vertiefung der INST-Arbeit
gewünscht wird.
Als kurze Charakteristik des INST könnte festgehalten werden: Das INST
hat sich stets als eine Forschungseinrichtung verstanden, die (aktiver) Teil
eines gegenwärtigen weltweiten Veränderungsprozesses ist, Forschungserkenntnisse
auf sich selbst anwendet, sich an Potentialitäten orientiert, modernste
Technologien nutzt und Öffentlichkeit sucht. Der INST-Titel ("Institut
zur Erforschung und Förderung österreichischer und internationaler
Literaturprozesse") spiegelt ein Programm wider: sowohl regionale als auch
transnationale Prozesse in ihren Wechselwirkungen zu erforschen und die gewonnenen
Forschungserkenntnisse auch anzuwenden.(3)
Mein Beitrag behandelt in diesem Sinne folgende Aspekte: 1. Bilanz
über fünf Jahre geleistete Arbeit, 2. Benennung
wesentlicher Aspekte vor allem im Zusammenhang mit Transnationalität,
3. gegenwärtige und künftige Arbeitsbereiche
des INST und 4. Abschätzung der
Zukunftsfähigkeit der Vorschläge.
Die ersten fünf Jahre waren davon geprägt, ein Netzwerk aufzubauen
(derzeit 350 Mitglieder aus über 50 Ländern von rund drei Dutzend
Disziplinen, die mehr als 40 Sprachen sprechen), eine effiziente Wissenschafts-
und Forschungskommunikation unter Nutzung des Internet zu entwickeln, ein Informationsangebot
aufzubauen (darunter die Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften
TRANS), eine Methodologie (Transdisziplinarität) zu entwickeln, eine
Öffentlichkeit zu gewinnen (rund 80 Berichte auf allen Kontinenten), wissenschaftliche
Vorschläge für politische Institutionen zu entwickeln (darunter Europäische
Kommission, Europäisches Parlament, UNESCO) und auch einen Beitrag zur
Veränderung der Informations-, Wissenschafts- und Forschungsstrukturen
zu leisten.
In diesem Zusammenhang wurden vom INST in den Jahren 1995 bis 1999 über
100 Präsentationen,
Seminare, Symposien und Konferenzen in 15 Ländern durchgeführt.
Eine Broschüre, eine elektronische Zeitschrift
und 15 Bücher wurden
herausgegeben. Das INST-Informationsangebot
im WWW umfaßt im Druck rund 10.000 Seiten. Mit rund 10.000 WissenschafterInnen
aus über 100 Ländern steht das INST im interaktiven Kontakt. Das jüngste
Großprojekt war die Bearbeitung von zwei Hauptthemen im Rahmen des EOLSS-Projektes
der UNESCO: "Culture, Civilisation and Human Society" und "Literature
and the Fine Arts".
Doch all dies ist ein bescheidener Anfang in einer Welt steigender Militärbudgets,
in der Rassisten wieder in Regierungen gelangen (darunter in einigen Ländern,
in denen INST-Mitglieder tätig sind), zum Teil wieder offen auf Krieg setzen.
Auch über die Rahmenbedingungen des INST ist noch nicht entschieden. Der
Durchbruch, der 1999 noch möglich schien, könnte mit der derzeitigen
Regierung in Österreich in weite Ferne gerückt sein (insbesonders
was die Finanzierung der Österreich-Projekte anbelangt). Derzeit gibt es
auf jeden Fall von den für eine Basissubvention zuständigen Beamten
einen Gesprächsboykott.(5) Dagegen ist die weltweite Anerkennung
des INST in den letzten Jahren gewachsen. Aufträge diverser Institutionen
scheinen zumindestens das Überleben oder gar den Ausbau weltweiter Forschungen
zu ermöglichen.
Nicht nur das INST hat mit seiner Tätigkeit bewiesen, daß Transnationalität
realisierbar ist. Doch es hat sich auch gezeigt, daß Transnationalität
sich nicht in Form einer "Weltnation" konstituiert (s. auch 2.5.).
Vielmehr bilden sich völlig neue Strukturen heraus, die sowohl Diversität
als auch Kooperation im Sinne von freien Assoziationen ermöglichen könnten.
Basis dieser Entwicklung ist die neue Form der Mehrwertbildung, die hauptsächlich
auf Wissen beruht. Mit dieser Arbeitsform verändern sich in allen Bereichen
die Aufwendungen für Kapitalien. Das hat potentielle Auswirkungen in allen
Ländern für die Vermehrung von Reichtum, aber auch für Konflikte,
Zerstörungen, (virtuelle) Kriege.
Im Sinne des Verbindenden der Kulturen als Schwerpunkt der INST-Forschungstätigkeit
sollen Möglichkeiten und konkrete Entwicklungen benannt werden. Dabei geht
es im folgenden nicht um ausformulierte wissenschaftliche Thesen, sondern um
kurz beschriebene Stichwörter zu einem neuen Forschungsfeld, das sich im
Sinne einer Annäherung erst im Forschungsprozeß selbst genauer umreißen
lassen wird. Zum Teil liegen aber auch bereits Zwischenergebnisse vor. In diesem
Zusammenhang möchte ich auf folgende Aspekte verweisen:
Bereits im Zusammenhang mit der virtuellen Ausstellung "Kulturwissenschaften
und Europa" wurde als zentrales Motto verwendet: "Kulturwissenschaften
- die Produktivkraft des 21. Jahrhunderts".
Dies unterscheidet sich grundsätzlich zum Beispiel vom Programm des österreichischen
Wissenschaftsministeriums, das dieses unter dem Titel "Die Notwendigkeit
des Überflüssigen" derzeit vorstellt.(6) Ein
derartiges Programm steht im Widerspruch zu internationalen Dokumenten wie zum
Beispiel vom Europarat(7) und von der UNESCO(8).
Aber auch das neue Regierungsprogramm in Österreich berücksichtigt
Kultur nicht als Grundkomponente gesellschaftlicher Entwicklung, sondern als
Randphänomen. Damit werden nicht nur Aspekte der Humanisierung nicht berücksichtigt,
sondern die Strategie konzentriert sich auf alte Produktionsformen starker Interessensgruppen,
die keine Hauptrolle mehr spielen bzw. spielen können.
Die Migration ist keine Erscheinung des 20. Jahrhunderts, sondern eine Realität
seit Tausenden von Jahren. Gerade unter heutigen Bedingungen kommt ihr aber
eine große Bedeutung zu, wenn es um die Entfaltung von Gesellschaften
geht. Das reicht vom Wissenstransfer bis zur Absicherung der Pensionen.
Ein Problem ist aber, daß die Wissenszugänge zur Migration als Produktivitätsfaktor
kaum gegeben sind. Das Hauptproblem in diesem Zusammenhang ist die einseitige
Ausrichtung der Informationssysteme, die nationalen bzw. nationalistischen Strukturierungen
der Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie die ungleichen Möglichkeiten
zur Verbreitung von Informationen.
Keine Kultur ist eine "reine" Kultur. Alle Kulturen (auch solche, bei deren moderner Konstituierung die Nationalität im Zentrum stand wie in Frankreich, Deutschland usw.) sind Mischkulturen, was aber bei einer nationalstaatlichen Ausrichtung der Politik verdrängt wird. Hauptproblem ist in diesem Zusammenhang, daß die Realität der politischen Einflußfähigkeit als Tatsache geschichtlicher Prozesse angesehen wird. Tatsächlich ist es aber umgekehrt. Und das Hauptproblem ist, daß alternative Strukturen kaum zugelassen werden. Dabei zeigt nicht nur die Geschichte Griechenlands und Indiens, daß diese Alternativen nicht nur existieren können, sondern sogar hoch produktiv sind. Für die Gegenwart nenne ich zum Beispiel die USA und Südafrika, die den Mischcharakter ihrer Kulturen anerkennen und daraus einen großen Nutzen ziehen.
Transnationalität existiert heute in vielfältigen Formen: in den Eßkulturen, im Flugverkehr, in Konzernen, im Finanzwesen, in den Kommunikationsstrukturen, in politischen Organisationen. Vergessen wird meist, daß auch Religionen, Wissenschaftssysteme usw. zum Teil einen sehr ausgeprägt transnationalen Charakter haben. Ebenso ist es mit etlichen Organisationen, wobei aber UNO, UNESCO, Europarat, die Europäische Union einen Mischcharakter aufweisen, da sie sich aus Nationalstaaten zusammensetzen. Diese Mischform entspricht heutigen Prozessen und wird in dieser Weise auch zum Teil im INST-Titel programmatisch widergespiegelt. Denn es geht sowohl um österreichische als auch um internationale Prozesse. Abweichend zu einer Union der Nationalstaaten ist aber der Begriff "österreichisch", weil er im Sinne einer Metapher für Vielsprachigkeit, Multikulturalität, Mischkulturalität usw. verwendet wird. Diese Begriffsverwendung entspricht nicht unbedingt der Politik der diversen Regierungen im 20. Jahrhundert, ist verschiedenen Regierungspolitiken sogar diametral entgegengesetzt. Aber er entspricht einer Alltagskultur in Österreich, die sich ab und an auch in Wissenschaftskonzepten, künstlerischer Praxis oder selbst einer Regierungspolitik widerspiegelte.
Transnationale Strukturen scheinen sich daher nicht so zu konstituieren, wie dies bei den alten Nationalstaaten der Fall zu sein schien - mit einer Sprache, einer Kultur und vor allem einem Territorium (und in diesem Fall sehr wichtig: einem Feind). Transnationalität konstituiert sich vielmehr vielsprachig und mit der Ausbildung von Mehrfachidentitäten (was nicht unähnlich der Herausbildung der Nationalstaaten ist, aber deren Ideologie widerspricht). Dazu gibt es einige (historische) Beispiele wie die Habsburger Monarchie, die Sowjetunion, das alte Jugoslawien, Spanien, Indien, Südafrika usw. Immer wieder waren und sind deren transnationale Strukturen von Nationalisten bedroht. Die Produktivität des Miteinander wird durch Feindbilder in Frage gestellt.(9) Ökonomie, Polizei, Militär erweisen sich dann als zu schwach, um diese Strukturen zu erhalten. Nur eine entsprechende Kulturpolitik (oder eine Bedrohung von außen) kann offensichtlich das einigende Band darstellen.
Transnationalität kann also mit "Gewalt" nicht durchgesetzt werden (oder - wie in der Habsburger Monarchie, der Sowjetunion und anderen Ländern - nur für eine bestimmte Zeit). Auch eine Gewalt, die im Namen einer Transnationalität ausgeübt wird, ruft wieder Gewalt hervor und kann zur Ursache der grundsätzlichen In-Frage-Stellung gemeinsamer Strukturen führen. Wichtigstes Element einer Kulturpolitik, die sich um Gemeinsames bemüht, muß daher Demokratie im Sinne eines Interessensausgleiches sein. Was immer "durchgesetzt" werden mußte, hat sich nicht bewährt und war kontraproduktiv. Das ist in verschiedenen europäischen Ländern, aber auch auf anderen Kontinenten gerade heute zu beobachten.
Die produktiven Entwicklungen und Möglichkeiten sind eng mit der Entwicklung von Technologie verbunden. Sie sind die eigentlichen "Springquellen" des Reichtums. Sie sind die Basis für die neuen Möglichkeiten für Mobilität und Kommunikation. Sie sind die Basis für neue Informationssysteme usw. Als konkretisiertes Wissen erreichen sie ihre höchste Produktivität aber nur unter Berücksichtigung kultureller Verhältnisse. Nur so kann auch eine optimierte Mehrwertproduktion erfolgen. Technologien, die abseits kultureller Prozesse entwickelt werden, können sich auch gegen ihre Erfinder richten.
War schon bisher die These, daß "Männer Geschichte machen", mehr als fragwürdig, so ist sie heute in einer hocharbeitsteiligen Gesellschaft geradezu absurd. Einzelpersonen (oder auch Gruppen von ihnen), die Geschicke der Völker lenken (um dies in diesem patriarchalischen Sinne auszudrücken), können den komplexen Aufgabenstellungen nicht gerecht werden, gleich ob es sich um Männer, Frauen, Gelehrte, "Macher", "Führer" usw. handelt. Was benötigt wird, ist ein Ausbau einer Zivilgesellschaft, in der die einzelnen Teile sich in neuer Art und Weise zueinander verhalten. Dafür ist aber auch eine grundlegende Neustrukturierung der Forschung notwendig. Denn die "private" Forschung ist zu interessensorientiert und die staatliche Forschung (vor allem im kulturwissenschaftlichen Bereich) orientiert sich oft noch an Vorgaben aus dem 19. Jahrhundert.
Dieser Begriff wird hier in dem Sinne verwendet, daß Wissen zu einem zentralen Faktor gesellschaftlicher Entwicklungen und gesellschaftlichen Reichtums wird. Damit werden nicht alle anderen Formen der Arbeit usw. "verschwinden". Es ist vielmehr ein Nebeneinander absehbar, bei dem sich das Zukünftige vor allem um neue Formen der Wissensproduktion und Wissensanwendung gruppiert. Damit verbunden sind große Chancen für solche Personen und Staaten, die über kein oder kaum Kapital verfügen. Im Gegensatz zum Aufbau von Grundstoffindustrien, der Herausgabe von Zeitungen usw. kann in diesen Bereichen (vor allem Internet-gestützte Bereiche) mit geringem Einsatz eine große Wirkung erzielt werden. Eine weitere produktive Entwicklung der Transnationalität ist daher vor allem mit neuen Formen der Wissensproduktion und Wissensverbreitung verbunden.
Im Kontext der Bilanz und der Skizzierung der Forschungsrichtung (Transnationalität
als wesentliches Strukturelement des Verbindenden der Kulturen), werden im folgenden
die wichtigsten Punkte des INST-Arbeitsprogramms vorgestellt. Auf der Basis
des bisherigen INST-Aufbaus sollen nun Forschungsformen (Cyber Science), Terminologie
(Enzyklopädie), Informationsaustausch (Informationspool), Erkenntnisse
zu regionalen und transnationalen Prozessen (Forschungscluster zu Forschungen,
Künsten, Gesellschaften) entwickelt und erweitert sowie die Effizienz der
Darstellung in der Öffentlichkeit (vor allem via Internet) verbessert werden.(10)
Versucht wird mit der nachfolgenden Skizze, einerseits die Komplexität
des Programms zu zeigen, andererseits durch konkrete Benennungen auch Möglichkeiten
für Beiträge für ForscherInnen zu eröffnen, die bisher noch
nicht im Rahmen des INST tätig waren bzw. sind (weiterführende Hinweise
sind durch die Aktivierung der Links abfragbar bzw. im INST-Buch
nachlesbar).
Die wichtigsten Punkte des INST-Programms in den nächsten Jahren sind:
Alle INST-Forschungen sind Kulturforschungen. Aufgrund der offenen INST-Struktur kommt es dabei weniger darauf an, sich abzugrenzen, denn Abgrenzung ist in diesem Sinne meist eine Interessensbekundung.(11) Vielmehr orientiert sich das INST an den Forschungsprozessen im Rahmen des Europarates und der UNESCO und versucht die Vielfältigkeit zu berücksichtigen.
3.1.1. Kulturbegriff
Aufgrund dieser Herangehensweise, die sich auch in der personellen
Struktur des INST und seiner Gremien
widerspiegelt, ist der Kulturbegriff ein sehr offener und weiter. Dennoch ist
er nicht beliebig. Wie auch in den anderen Fällen wird - erkenntnistheoretisch
gesprochen - eine Annäherung versucht. Für diese Annäherung werden
unterschiedliche Formen gewählt. Eine dieser Formen ist eine etymologisch-empirische
Annäherungsform, wie sie im Zusammenhang mit der Entwicklung der "Enzyklopädie
vielsprachiger Kulturwissenschaften" verwendet werden wird (s. dazu
3.3.). Eine andere Form ist die Annäherung in Projekten,
die weitere Teilaspekte erforschen bzw. Verallgemeinerungen versuchen.
3.1.2. Ausstellung "Kulturwissenschaften und Europa"
Erstmals wurde eine verallgemeinerte Begriffsbestimmung im Rahmen der virtuellen
Ausstellung "Kulturwissenschaften
und Europa" versucht.(12) Sie hat sich
als sehr produktiv erwiesen und wird nun im Rahmen des Projektes "Enzyklopädie
vielsprachiger Kulturwissenschaften" neuerlich überprüft
und eventuell überarbeitet.
3.1.3. Kernprogramme
Die INST-Kernprogramme, die sich konkret (empirisch) mit Kultur auseinandersetzen,
beinhalten Projekte zu Wissenschafts- und Forschungsprozessen, Sprachen, Künsten,
Informations- und Dokumentationsprozessen sowie gesellschaftlichen Entwicklungen
bzw. Möglichkeiten (Culture of Peace, Wissenschaftsgesellschaft usw.).
3.1.4. Bauern, Berge, Städte, Freizeit
Weitere Ergebnisse von Forschungsprogrammen werden im Rahmen von Kulturseminaren
einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Vor dem Hintergrund der Umbruchsprozesse
versuchen sie Diskursfelder zu schaffen. Beispiele dazu sind die künstlerischen
Auseinandersetzungen mit Bauern, Bergen, Städten und Freizeit. Noch nicht
konkretisiert wurden die Pläne für Kulturseminare weltweit, weil dafür
die notwendigen Infrastrukturmittel nicht vorhanden waren. Erste Projekte in
diesem Zusammenhang waren ein Kulturseminar in Bergen (Norwegen), das 1999 von Knut
Ove Arntzen organisiert und von der Stadt Bergen bezahlt wurde. Ein weiteres
derartiges Kulturseminar wird vom 4. bis 11. Februar 2001 in Yaounde (Kamerun)
folgen (wobei auch eine Konferenz integriert ist; s. dazu 3.5.1.).
Weiters sollen auch die Diskussionsfelder zu diesen Themen ausgeweitet werden. Ein Beispiel dafür ist die Konferenz "Multikulturalität, Gemeinden, Tourismuskonzepte" vom 18.-20.5.2001 in Trins in Tirol.
Cyber Science wird in der INST-Tätigkeit nicht als Selbstzweck verstanden.
Es ist eine Arbeitsweise, die entwickelt wurde, um eine effiziente weltweite
Koordination und Kooperation zu ermöglichen (wobei auch die Arbeit in der
INST-Zentrale großteils online erfolgt). Im Zentrum verbleibt aber auch
in diesem Falle der Mensch. Das Internet wird nur als Werkzeug verstanden -
wenngleich als ein sehr effizientes.
3.2.1. Technologien
Das INST nutzt zwar vorhandene Technologien, hat sich aber in bezug auf Software
(Sprachen), Computer-Struktur (Nutzung des Feldcharakters statt der Bipolarität
des elektrischen Stroms) auch eingehend mit Technologien beschäftigt.
3.2.2. Polylog
Der Einsatz von Technologien ist aber auch nur dann effizient, wenn der Arbeitsprozeß
durchdacht ist. Ein Zentralbegriff eines derartigen wissenschaftlichen Arbeitsprozesses
ist der Begriff Polylog. In seiner umfassenden Bedeutung in regionalen und weltweiten
Wechselbeziehungen wurde er von Anil Bhatti in den INST-Diskurs eingeführt.(13)
3.2.3. Transdisziplinarität
Eine Gegenstandsorientierung im INST-Sinne ist ohne Transdisziplinarität
nicht möglich. Sie ist ein Beispiel dafür, sich bei der Entwicklung
neuer Terminologie an der Zukunft zu orientieren. Zugleich beinhaltet sie einen
Begriff (Disziplin), der auf traditionelle Wissenschaftsleistungen verweist.
In diesem Begriff verbindet sich daher einerseits die konkrete Ausgangsbasis,
die heute in den allermeisten Fällen immer noch disziplinär ist, mit
einer neuartigen Aufgabenstellung, bei der es darum geht, komplexe Felder zu
analysieren, die sich nicht auf die Gegenstände einer Disziplin beschränken
lassen. In diesem Sinne bezeichnet Transdisziplinarität auch eine Dynamik,
weil die Methoden usw. immer wieder neu bestimmt werden müssen.
3.2.4. Kooperationsstrukturen
Die vom INST verwendeten Kooperationsstrukturen entsprechen durchaus älteren
Modellen, deren Verwendung im Zuge von Projekten unter Einsatz modernster Technologien
durchaus Veränderungen bewirkt. So bleibt eine Textsammlung eine Textsammlung.
In Form der Online Research
Cooperation (ORC) angeordnet, können Zugriffe auf Diversitäten,
Übereinstimmungen, Ergänzungen usw. effizienter möglich gemacht
werden. Die Kooperation erfährt eine Beschleunigung, die sich qualitativ
auswirken kann, weil eine Forschungsgruppe mehr Stoff, mehr Gedanken usw. einzubeziehen
in der Lage ist.
3.2.5. TRANS
Die Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften TRANS
hat sich seit 1997 sehr bewährt. Vor allem die Interaktivität zwischen
VerfasserInnen und LeserInnen ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, ebenso
die quantitativ zum Teil sprunghaft steigende Nutzung. An Schwerpunkten sind
in den nächsten ein, zwei Jahren geplant: "Processes in Theatre, Art
and Literature", "European Studies in Independent India", "Internationale
Kulturwissenschaften" (Langfassungen der ORC-Beiträge in der Originalsprache)
sowie Schwerpunktnummern zu anderen Konferenzen.
3.2.6. ORC
Die ORC (Online Research Cooperation) "Internationale
Kulturwissenschaften" wurde 1999 entwickelt. Im Rahmen der Konferenz
"Internationale Kulturwissenschaften" vom 15. bis 19. September 1999
in Paris stellte sich aber heraus, daß die Verwendung von drei Arbeitssprachen
auch zu einem sprachlichen Nebeneinander in den jeweiligen, aber auch zwischen
den jeweiligen Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) führte. Eine
Weiterentwicklung der Sprachverwendung, wie sie nun im Rahmen des Projektes
"Enzyklopädie
vielsprachiger Kulturwissenschaften" versucht wird, wurde erforderlich.
Im Jahre 2001 soll die ORC nach Ergänzungen und weiteren Übersetzungen
im WWW und nach der Publikation der Langfassungen in TRANS auch in Buchform
erscheinen (s. auch 3.7.2.).
3.2.7. "Knowledge Networking in Cultural Studies " (Reichenau,
25.-27.5.2001)
Im Rahmen des Symposions "Knowledge
Networking in Cultural Studies" in Reichenau bei Wien sollen Online-Projekte
vorgestellt und Schlussfolgerungen aus der Online-Arbeit der letzten Jahre gezogen
werden - und zwar im Kontext regionaler und transnationaler Forschungen.
Im Zusammenhang mit diesen neuen Prozessen und den neuen Forschungsorganisations-
und -kommunikationsformen ist auch die Entwicklung einer "Enzyklopädie
vielsprachiger Kulturwissenschaften" zu sehen.
3.3.1. Terminologie
Ein Polylog erfordert Sprache. Bereits bei der Verwendung einer Sprache sind
meist Erklärungen erforderlich (nicht nur deshalb, weil alle modernen Sprachen
Mischsprachen sind). Ganz anders stellt sich das Problem bei der Verwendung
von zwei, drei Arbeitssprachen, wobei aber de facto 40 und mehr Sprachen einen
kulturellen Kontext bilden.
In den bisherigen Kulturprozessen haben sich Enzyklopädien als wesentliche
Faktoren von Produktivkraft bewährt. Sie können ein Zentrum dessen
sein, was als Wissensgesellschaft bezeichnet wird. Noch mehr gilt dies für
kulturwissenschaftliche Forschungen. Ohne Klarheit in der Terminologie wird
grundlegende Information gerade auch dann ausgespart, wenn nur eine Arbeitssprache
verwendet wird (oder die Anzahl der Arbeitssprachen wie beim INST im Rahmen
der Konferenz in der
UNESCO-Zentrale in Paris auf drei beschränkt bleiben). Ein Ziel einer derartigen
Enzyklopädie neuen Typs hätte daher zu sein, die Vielsprachigkeit
als Hintergrund der Arbeitssprachen zu reflektieren.
3.3.2. Strukturvorschlag zur Enzyklopädie
Bereits jetzt gibt es aber eine Grundstruktur, die als Hilfsmittel für
die Ausarbeitung eines neuen Ansatzes dienen kann. Sie geht davon aus, daß
eine einfache Orientierung möglich sein soll sowie daß Korrekturen
und Ergänzungen leicht und schnell erfolgen können.
3.3.3. "Europäische
Kulturprozesse und kulturwissenschaftliche Terminologien" (Kusadasi,
8.-10.12.2000)
Im Rahmen dieser Tagung soll die Grundstruktur der Enzyklopädie ausgearbeitet
werden. Basis dafür sind die Beiträge, die eingesandt werden, vor
allem aber auch die virtuelle
Ausstellung und die ORC
(wobei die INST-Suchmaschine
die Sucharbeit wesentlich erleichtern kann). Geplant sind Grundsatzreferate
zur Enzyklopädie und ihrer Verwendung sowie Referate zu den bisher vorgeschlagenen
Begriffen, die in den kommenden Jahren stark erweitert werden sollen.
3.3.4. "Vielsprachigkeit, Transnationalität, Kulturwissenschaften"
(Strasbourg/Saverne, 7.-9.12. 2001)
Im Rahmen dieser großen Konferenz soll auf der Basis der etymologischen-empirischen
Beiträge, die bis dahin in die Enzyklopädie aufgenommen wurden, eine
allgemeine Reflexion erfolgen, die sowohl Kontext als auch Angebotsstruktur
usw. kritisch durchleuchtet.
3.3.5. "Vielsprachigkeit, Neologismen und transnationale Forschungen"
(New Delhi 2002)
Versteht man eine Enzyklopädie neuen Typs nicht nur als eine Enzyklopädie
mit technologisch neuem Träger, sondern als gegenstandsorientierte Entwicklung,
so ist die Einbeziehung einer eigenen Terminologie unabdingbar. Denn transnationale
Forschungen - das zeigte bereits die bisherige Praxis - verlangen in nicht wenigen
Fällen nach ihrer eigenen Terminologie, die die Vielfalt der kulturellen
Kontexte widerspiegeln können sollte. New Delhi als Hauptstadt eines vielsprachigen
Landes mit reichem kulturellem Erbe, aber auch einer zukunftsorientierten Forschung
ist sicherlich ein idealer Ort für eine derartige Weiterentwicklung.
In enger Verbindung zur Terminologie stehen auch andere Elemente kultureller
Prozesse. Diese bzw. die Forschungen dazu kennenzulernen, bedarf einer systematischen
Weiterentwicklung bisheriger Informationsstrukturen. In der ersten Phase wird
das INST zum Teil nur marginale Informationen liefern können. Ein erster
Schritt darüber hinaus könnte der Informationspool sein. Dazu folgende
Überlegungen:
3.4.1. Services
Eine Vielzahl von Anfragen betrifft die Ankündigung von Veranstaltungen.
Dazu gibt es eine klare Regelung: auf den INST-Seiten werden nur Veranstaltungen
angekündigt, die vom INST organisiert werden bzw. bei denen das INST Mitveranstalter
ist. Informationen zu anderen Veranstaltungen von INST-PartnerInnen
konnte man nur via Suchmaschine abfragen (bzw. auf den Seiten der PartnerInnen
selbst finden). Auf allgemeinen Wunsch der Mitglieder soll daher ein Newsletter
für INST-Mitglieder eingerichtet werden, der INST-Mitglieder über
Veranstaltungen von INST-Mitgliedern unterrichtet.
3.4.2. Basisstruktur
Der Informationspool selbst soll jedoch ständig im Netz bleiben (wie andere
Informationsangebote auch). Er wird zunächst bis Ende des Jahres oder anfangs
2001 für einige Themen eingerichtet werden. Die Einrichtung wird bekanntgegeben
bzw. wird auch via Update-Info der INST-Homepage abfragbar sein.
3.4.3. Weltweiter Informationspool
Der Vollausbau des Informationspools wird sich nach Maßgabe der finanziellen
Unterstützung vorgenommen werden. Er basiert - wie vieles anderes - auf
den wissenschaftlichen Erkenntnissen des INST und soll es ermöglichen,
Informationszugänge zu Forschungen in 40 und mehr Sprachen zu erhalten.
Im Zentrum der Forschungsarbeiten zu transnationalen Prozessen stehen in den
Jahren 2001/2002 Sprachen und Literaturen in kulturellen Prozessen. Dabei geht
es nicht nur um Vergleich (Komparatistik), sondern im Sinne der Frage nach dem
Verbindenden, dem Transnationalen auch um neue Elemente oder alte Elemente in
neuen Kontexten oder in neuer Perspektivik. Dazu sind derzeit folgende Veranstaltungen
geplant (die - wie auch in anderen Fällen - noch anderen Aspekten zuordenbar
sind):
3.5.1. "Nation,
Language, Literature: European and African experiences and positions"
(Yaounde, 8.-10.2.2001)
Die Konferenz soll einerseits dazu dienen, die Kooperationen mit Afrika auszubauen.
Andererseits soll sie dazu dienen, die Erforschungen vielsprachiger Literaturen
im INST-Rahmen einzuleiten, nachdem bisher dazu nur theoretische Ansätze
entwickelt wurden. Im Rahmen dieser Konferenz könnte auch ein Rahmenprogramm
für vielsprachige Literaturen entwickelt werden - ähnlich wie bei
dem Projekt "Enzyklopädie
vielsprachiger Kulturwissenschaften".
3.5.2. "Vielsprachigkeit, Transnationalität, Kulturwissenschaften"
(Strasbourg/Saverne, 7. - 9. 12. 2001)
Obwohl im Titel Regionalität nicht erwähnt wird und Vielsprachigkeit
Regionalität nicht unbedingt erfordert, wird ein Teilaspekt auch dieses
Verhältnis betreffen. Einbezogen werden sollen auch Künstler, die
in dieser vielsprachigen Region Frankreichs wohnen.
3.5.3. "Mythos in europäischen und arabischen Kulturen" (2002)
Dieses Projekt wurde schon lange geplant und harrt einer konkreten Umsetzung.
Ziel ist es dabei, ein Diskursfeld unter Einbeziehung von KünstlerInnen
und WissenschafterInnen zu entwickeln, das im Zusammenhang mit den INST-Forschungen
zu Sprachen und Literaturen durchaus strategische Bedeutung hat.
3.5.4. "Vielsprachigkeit, Neologismen und transnationale Forschungen"
(New Delhi 2002)
Vielsprachigkeit in einem Land ist nicht gleich Vielsprachigkeit in einem anderen
Land. Vielmehr gibt es zum Beispiel in Indien, den USA und Europa große
Unterschiede, wie mit Vielsprachigkeit umgegangen wird - auch in kulturwissenschaftlichen
Forschungen. Kaum reflektiert wurden in diesem Zusammenhang die transnationalen
Komponenten dieser Kommunikationen.
Künste konstituieren sich heute in neuer Form. Auch wenn damit nicht
alte Künste "ausgelöscht" werden, verlieren Darstellungsträger
usw. doch ihre Dominanz. Bereits seit Jahren hat sich das INST diesen neuen
Forschungsfeldern zugewandt. Nun sollen erstmals für die Erforschung der
Forschung und die Konstituierung der Künste im WWW systematische Programme
entwickelt werden.
3.6.1. Künste im WWW
Ein Basisprogramm zu den Künsten im WWW soll im Rahmen der Konferenz "Processes
in Theatre, Art and Literature" vom 22. bis 24. September 2000 in Bergen
(Norwegen) entwickelt werden - und zwar in der Sektion IV ("The Arts in
the World Wide Web").
3.6.2. Kulturwissenschaften als Cyber Science
Systematisiert werden muß auch die Forschungstätigkeit zur Forschung
im WWW. Dazu soll eine Konferenz vom 25. bis 27. Mai 2001 in Reichenau bei Wien zum
Thema "Knowledge
Networking in Cultural Studies" dienen.
3.6.3. Konstituierung österreichischer Literatur weltweit
Noch weit entfernt ist das Ziel, eine Konkretisierung des Forschungsprogramms
zur österreichischen Literatur in ihrer Komplexität durchzuführen.
Einerseits ist dies dem mangelnden Interesse österreichischer Stellen geschuldet,
andererseits erfordert eine derartige Erforschung eine Vielzahl von Grundlagenarbeiten.
Trotzdem soll in den nächsten Monaten ein neuerlicher Versuch unternommen
werden, geeignete Rahmenbedingungen für die weitere Forschungstätigkeit
auf diesem Gebiet zu schaffen, um dem bereits seit langem formulierten Ziel
wieder näher zu kommen.
Dieses Dokument selbst ist ein Beispiel dafür, welche Bedeutung der Öffentlichkeit
im INST beigemessen wird und wie öffentlich gearbeitet wird. Basis dafür
ist eine INST-These, daß ohne Öffentlichkeit Wissenschaft nur sehr
bedingt produktiv sein kann. Die Öffentlichkeit zu suchen bedeutet daher
immer, zur Diskussion zu stellen. Dies wird vom INST in unterschiedlichen Formen
gemacht:
3.7.1. Broschüren
Trotz Internet-Information ist es wichtig, auch Gedrucktes in geeigneter Form
zur Hand zu haben. Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang die Broschüre
"Cultural Studies and Europe", die unter anderem für die Präsentation
der virtuellen Ausstellung "Kulturwissenschaften
und Europa" im Europäischen Parlament im November 1998 erarbeitet
wurde. Neue Broschüren (Deutsch, Englisch, Französisch) werden die
INST-Strategie für die nächsten Jahre beinhalten.
3.7.2. Buchreihen
Bisher erschienen 15 Bände. Wichtigstes Ziel ist es nun, bis Ende 2001
zu erreichen, diese Buchreihen weitgehend von Subventionen unabhängig herausgeben
zu können. Die Chancen dafür sind aufgrund des breiten Interesses
gut. Es scheint möglich zu sein, daß auch diese Form der Verbreitung
wissenschaftlicher Informationen eine Breite erlangt, wie sie im Internet gegeben
ist (wenngleich auch nicht die gleiche Quantität und Qualität an Nutzung). Herausgegeben
werden sollen 2001 bis 2003 unter anderem gut 20 Bände, die die Erforschung
der österreichischen Literatur weltweit dokumentieren. Vom Großteil
dieser Bände sind schon sehr konkrete Inhaltsangaben vorhanden, einige
Bände liegen bereits (teilweise) als Manuskript vor. Weiters soll die ORC
in den drei Arbeitssprachen (von der Struktur her wie sie derzeit im WWW publiziert
ist) herausgegeben werden (unter Beigabe auch einer CD-ROM) sowie eine Reihe
weiterer Bücher.
3.7.3. CD-ROMs
Bereits früh war überlegt worden, CD-ROMs zu produzieren. Davon wurde
aber dann Abstand genommen, denn sowohl Texte als auch Datenbanken können
in dieser Form nicht besser verbreitet werden als via Internet. Genutzt werden
soll diese Trägerform nur, um - wie im Fall der ORC (Online Research Cooperation),
TRANS usw. - extensiv Materialien vorzustellen (als Dokumentation von Internet-Projekten
in der Beilage von Büchern).
3.7.4. Internet
Diese Form der Öffentlichkeitsarbeit hat sich bewährt. Die tatsächliche
Rezeption des INST-Informationsangebotes ist
zum Teil bereits umfangreicher als Vergleichbares in gedruckten Tageszeitungen.
Noch wesentlicher sind aber die interaktiven Möglichkeiten, die diese Form
der Informationsanbietung eröffnet.
3.7.5. Veranstaltungen
Nach wie vor werden auch Veranstaltungen
durchgeführt: Präsentationen, Kulturseminare usw. Nicht zuletzt deshalb,
weil die persönliche Begegnung am wichtigsten bleibt.
Inwiefern sich Wissenschaft und Forschung in gesellschaftliche Prozesse einbringen können, hängt unmittelbar auch mit der Frage zusammen, wieweit sich Zivilgesellschaften (Wissensgesellschaften) entwickeln lassen. Je komplexer die gesellschaftliche Produktion wird, desto größer ist der Bedarf nach, aber auch die Fähigkeit zur Mitgestaltung. Dies wird heute erkannt und auch anerkannt, aber kaum noch in strategisch wichtigen Bereichen umgesetzt. Zum Teil gibt es bereits wieder Zeichen für ein Ende des "Tauwetters", sodaß zu befürchten ist, daß selbst bei Ausweitung des Wissenschafts- und Forschungsbudgets die gesellschaftlichen Möglichkeiten für Forschungen eingeengt werden.
Die 350 INST-Mitglieder sprechen gut 40 Sprachen und sind von rund 36 Disziplinen
aus über 50 Ländern. Wenngleich die Hauptaufgabe nach wie vor die
Stärkung der Infrastruktur ist, so konnten doch bereits etliche Projekte
realisiert werden, in denen sich die Vorteile zeigen, die sich durch Multiperspektivität
ergeben.
3.9.1. Technologie
Eine Basis für die INST-Zusammenarbeit ist der Einsatz modernster Technologie.
Nicht überall ist diese in gleicher Weise zugänglich. Nach wie vor
besteht die Aufgabe, die allgemeine Zugänglichkeit qualitativ zu verbessern.
3.9.2. Status quo
Die bisherige Entwicklung des INST basierte auf einem offenen Prozeß.
Das hat wesentlich zum Tempo des INST-Aufbaus beigetragen. Ausgegangen wurde
zunächst von einer Disziplin und von der Beschäftigung mit dem Autor
Jura Soyfer.(14) In diesem Zusammenhang wurden
viele Kontakte geknüpft, die die Basis für den weiteren Ausbau des
INST-Netzwerkes bildeten. Die Beschäftigung mit Soyfer, aber auch mit der
weltweiten Konstituierung österreichischer Literatur erforderten ein grundsätzliches
Umdenken in nahezu allen Fragen der gängigen Literatur- und Kulturforschungen.
Hauptproblem ist derzeit, daß nicht von einer extensiven auf eine intensive
Arbeitsweise umgestellt werden kann. Die Vielzahl an interaktiven Kontakten
kann nur marginal genutzt werden, wenn sie nicht im Rahmen von Projekten realisiert
werden kann. Ansätze dazu bieten zwar nun eine Reihe von Projektvorschlägen
(Enzyklopädie, Informationspool usw.), aber ihre Realisierung bedarf einer
ausreichenden und langfristigen Finanzierung der Infrastruktur. Diese steht
nach dem Regierungswechsel in Österreich wieder in Frage.
3.9.3. Asien, Afrika
Der Hauptausbau des INST-Netzwerkes ist in den nächsten Jahren in Asien
und Afrika vorgesehen, nachdem in Europa die Vernetzung bereits weitgehend geglückt
ist. Ansätze zu Kooperationen gibt es auch mit Mittel- bzw. Südamerika,
die aber bisher nur marginal entwickelt sind.
Auch wenn nicht alle Projekte in der Vergangenheit sofort verwirklicht werden
konnten, so ist dies nicht nur ein Schicksal mancher INST-Projekte. Die Realisierung
eines Österreichischen Literaturarchivs hat über hundert Jahre gedauert.
Die Forschungsstruktur für eine vielsprachige Literaturgeschichte wartet
nach rund 100 Jahren noch immer auf ihre Finanzierung. Transnationale Forschungen
gibt es dagegen schon länger. Doch auch auf diesem Gebiet harrt sehr vieles
noch seiner Realisierung.
In diesem Sinne versteht sich dieser Entwurf nach seiner Beschlußfassung
sowohl als konkret umsetzbares Programm als auch als Ansatz, um nach Realisierungsmöglichkeiten
zu suchen, auf Notwendigkeiten, Rahmenbedingungen zu verändern, hinzuweisen.
Er soll eine Basis zur Kooperation von ForscherInnen sein, eine Plattform für
weitere Forschungsentwicklungen und auch ein Angebot, finanzielle Förderungen
durchzuführen.
Für ein Österreich, das sich als Ort des Dialogs verstand, war Wien der ideale Standort für INST-Forschungen. Nun werden der Stadt die Mittel gekürzt. Österreich ist weltweit isoliert. Und auch wenn das INST weiterhin internationale Anerkennung erfährt, so ist doch sein Standort unter den gegenwärtigen Bedingungen in Frage gestellt.
Wichtigste und unabdingbare Bedingung für die INST-Tätigkeit ist die ausreichende Finanzierung der Infrastruktur. Doch die für Basissubventionen zuständigen BeamtInnen im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur haben das INST mit einem Gesprächsboykott belegt. Das, was an den EU-Staaten kritisiert wird, wird im eigenen Lande durchaus praktiziert.
Selbstverständlich gibt es auch andere Formen der Finanzierung von Forschungstätigkeit. Solange aber die Förderungsstruktur in Europa so ist wie sie ist, soll doch festgehalten werden, daß die Nicht-Förderung von Österreich-Projekten zeigt, daß die Regierung offensichtlich kein Interesse an Österreich hat. Davon ist nicht nur das INST betroffen, sondern auch eine Vielzahl von Institutionen - von alternativen Kabaretts bis zu den Landestheatern, vom Wiener Literaturhaus bis zur Österreichischen Nationalbibliothek, von kleinen Forschungsvereinen bis zu den Universitäten. Dagegen scheinen die transnational ausgerichteten Projekte durchaus realisierbar zu sein und die INST-Arbeit der vergangenen Jahre durchaus Früchte zu tragen. Transnationalität ist für das INST in diesem Sinne also durchaus nicht nur eine Möglichkeit bzw. ansatzweise eine Wirklichkeit, sondern könnte für das INST zu der Wirklichkeit werden.
© Herbert Arlt (Wien)
Anmerkungen:
(1) Grundsätzlich überarbeitete und erweiterte Fassung des Beitrags zur INST-Jubiläumsveranstaltung am 15.11.1999 im Alten Rathaus in Wien. Der Beitrag basiert auf den Vorstandsbeschlüssen des INST (darunter dem Strategie-Papier "Schwerpunkt der INST-Forschungstätigkeit 2000 bis 2005"). Per 31.8.2000 wurde dieser Beitrag per Vorstandsbeschluß zur Orientierungsgrundlage der weiteren INST-Tätigkeit erklärt.
(2) In der "Constitution of the United Nations Educational, Scientific and Cultural Organisation" vom 16. November 1945 heißt es: "That since wars begin in the minds of men, it is in the minds of men that the defences of peace must be constructed." Eine Ideologie, die zu Trennendem beiträgt, sie fördert, ist daher auch für die Folgen verantwortlich. Ein Zusammenhang, der zum Beispiel in der Broschüre "Europa 2000" des Europäischen Parlaments (Köln 1996, S.6) direkt hergestellt wird.
(3) Vgl. dazu den Abschnitt "Regionalität, Nationalität, Multi-, Inter-, Intra-, Cross- und Transkulturalität" in: Herbert Arlt (Hrsg.): Kulturwissenschaft - transdisziplinär, transnational, online. Zu fünf Jahren INST-Arbeit und Perspektiven kulturwissenschaftlicher Forschungen. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 1999 (= INST-Buch), S.40ff.
(4) Ebd. Im INST-Buch sind folgende Kapitel enthalten: Einleitung (Abriß zur INST-Geschichte), Rahmenbedingungen, Zentralbegriffe, Dokumentation (Forschungsprojekte, World Wide Web, Konferenzen, Veranstaltungen, Druck-Publikationen, Dokumente, Gremien, MitarbeiterInnen, Kommunikationsverbindungen.
(5) Anerkennung gab es aber durchaus auch von österreichischen Stellen. So wurde der Wissenschaftliche Direktor des INST auch von der jetzigen Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur unter ausdrücklicher Anerkennung der wissenschaftlichen Leistungen 1998 zum ordentlichen Mitglied der österreichischen UNESCO-Kommission ernannt. Und nach wie vor gibt es auch nicht wenige Beamte in Österreich, die die INST-Arbeit durchaus schätzen und fördern.
(6) Von Nestroy gibt es ein Stück "Das Notwendige und das Überflüssige". Das Überflüssige ist dort, daß die Entfernung einer Äußerlichkeit verlangt wird. Und gerade Äußerlichkeiten dominieren dieses Programm: Geschlossenheit nach innen durch anonyme Gutachter, Geschlossenheit nach außen durch fehlende Offenlegung einer Programmatik.
(7) Vgl. z.B. Raymond Weber/Guiseppe Vitiello. In: Jura Soyfer. Internationale Zeitschrift für Kulturwissenschaften. 9.Jg., Nr. 1/2000, S.3-5.
(8) Vgl. z.B.: Our Creative Diversity. Report of the World Commission on Culture and Development (1995).
(9) Vgl. zu wichtigen Aspekten der Entstehung solcher Feindbilder: Katérina Stenou: Image de l'Autre. La Différence: du Mythe au Préjugé. Seuil-Éditions UNESCO 1998.
(10) Derzeit werden im Rahmen der INST-Homepage folgende Informationsfelder angeboten: umfangreiche Hilfestellungen für kulturwissenschaftliche Forschungen, TRANS, eine Suchmaschine für das INST-Informationsangebot sowie das seiner PartnerInnen (insgesamt derzeit ein Gigabyte), die virtuelle Ausstellung "Kulturwissenschaften und Europa", die Online Research Cooperation "Internationale Kulturwissenschaften", Österreichische Literatur im WWW und die Hörspieldatenbank des ORF (erstellt und betreut von Konrad Zobel) sowie INST-Informationen im engeren Sinne (Termine zu Konferenzen, Seminaren, Präsentationen, Institutsgremien, PartnerInnen, Dokumente, Buchreihen, MitarbeiterInnen).
(11) Vgl. dazu Beiträge in: Kulturwissenschaften in Österreich. Tagungsbericht. Symposion in Graz, 12.-13. Mai 2000. Eigenverlag. Diese Einschränkungen im Begrifflichen korrespondieren auch mit der Selektion der TeilnehmerInnen zur Tagung.
(12) Arlt/Bhatti/Birbaumer/Budin/Rosenauer: Cultural Studies and Europe. Vienna 1998, p.8/9.
(13) Zu diesen u.a. Begriffen s.: Herbert Arlt (Hrsg.): Kulturwissenschaft - transdisziplinär, transnational, online. Zu fünf Jahren INST-Arbeit und Perspektiven kulturwissenschaftlicher Forschungen. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 1999, S.27ff. Zum Begriff Polylog vgl. auch: Anil Bhatti: Internationalisierung der Kulturwissenschaften und Perspektivenwechsel in der Forschung. In: Internationale Kulturwissenschaften - International Cultural Studies - Etudes culturelles internationales (ORC). WWW: http://www.inst.at/studies/l_04_d.htm (1999) sowie Franz Wimmer: Polylog der Traditionen im philosophischen Denken. In: Ethik und Politik aus interkultureller Sicht, hrsg. Von R.A. Mall und N. Schneider, Studien zur interkulturellen Philosophie. Bd.5, 1996, S.39-54.
(14) S. dazu im WWW: http://www.soyfer.at/
Webmeisterin: Angelika Czipin
last change 03.11.2000