ABSTRACT:
teatro popolare und das (soziale) Fest gehören wohl seit der Antike eng zusammen, Volkstheater als das "andere Theater" (Münz), als das "derbe Theater"(Brook), als commedia in piazza" (Taviani), die zum gemeinsamen Fest von Schauspieler und Zuschauer mutiert, zum mehr oder weniger großen "gargantuelischen" Saufen und Fressen auf der einen, zur nicht selten subversiven action spectaculaire gegen die politische Macht in einer verkehrten Welt (Bachtin) mit Ablaufdatum auf der anderen Seite, weil es von eben dieser Macht, besser gesagt ihres schlaueren Teils, als Ventil zugelassen wird. Aber immer wieder auch in der Funktion der Zündflamme für revolutionäre Explosionen oder zumindest als ephemere Revolte gegen "die da oben".
Die Verbindung von populärem Theater und Fest ist an zahlreichen Beispielen der Theatergeschichte festzuschreiben: oft ist sie so eng, daß das Fest als szenisch-dramaturgischer Bestandteil dargestellt werden kann, oder auch umgekehrt, Theater als Fixpunkt in der Inszenierung des Festes, in der Renaissance etwa bei höfischen Festivitäten.
In anderen Fällen ist der Zusammenhang ein eher lockerer, spontan improvisierter. Schauspieler und Zuschauer finden sich zu vielfältigem Austausch.
Darstellbar ist auch der jeweilige szenische Raum dieser offenen Dramaturgie von den Satyrspielen der Dionysien über den Marktplatz des Mittelalters (giullari) zur commedia dell’arte in piazza, den Aktionen der forains auf den Jahrmärkten in Paris, den Schaubuden und Theaterhütten bis zu den multiplen Räumen eines "politisch-kritischen Volkstheaters" im letzten Jahrhundert (bei Demonstrationen, vor Gefängnissen, in Mehrzweckhallen oder besetzten Arealen). Das andere Theater steht in allen diesen Fällen im Gegensatz zum etablierten, institutionalisierten teatro in palazzo, welcher Art immer die Mauern der Häuser und die trennenden Rampen sein mögen.