ABSTRACT:
Die Mittelalterrezeption erlebt in der Gegenwart eine Blütezeit, die sich nicht nur in Fachkreisen von Bedeutung ist, sondern sich auch in einer Anzahl produktiver Verarbeitungen mittelalterlicher Werke realisiert. Die vergangene Zeit wird dabei oft als getarnte Wiederholung der Gegenwart oder als Vorwand für allgemeine Menschheitsprobleme konstruiert. Die Nibelungenrezeption wird in diesem Kontext als ein Musterbeispiel analysiert.
Dieser Beitrag möchte sich aus der langen Kette der Verarbeitungen auf Moritz Rinkes Nibelungen konzentrieren. Das genannte Werk erregte die Aufmerksamkeit des Publikums und der Kritiker durch seine provokative Schreibweise. Das Drama ist nicht nur von der thematischen Wiederholung eines bekannten Stoffes markiert, den sie innovativ präsentiert, sondern konstituiert sich auch als Mosaik und Transformation von Zitaten und fremden Texten. Die Ironie ohne Unschuld (Eco) als Einstellung und Stilmittel bildet einen Kern der Analyse, sie entlarvt sich als die einzige Möglichkeit, um die Nibelungen von ihren "Grabplatten"(Rinke) zu befreien. Es wird der Frage nachgegangen, wie die doppelte Wiederholungsstrategie, auf thematischer und sprachlicher Ebene funktioniert und ob die erzielte Befreiung von den Phrasen gelungen oder überhaupt möglich ist. |