In den meisten europäischen Ländern sind Klosterarchive kaum mehr in ihren ursprünglich gewachsenen Beständen erhalten. Säkularisierung und Aufteilung von Archivgut haben dazu geführt, dass die wenigsten Ordensarchive über schriftliche Zeugnisse aus der Zeit vor 1500 verfügen. Dies ist etwa auch am Beispiel Deutschland zu sehen, wo heute nur noch ein knappes Dutzend katholischer Ordenshäuser mittelalterliches Archivmaterial besitzt. Gänzlich anders präsentiert sich die Situation in Österreich: Obwohl auch hier, vornehmlich durch die josephinischen Klosteraufhebungen, Einschnitte zu verzeichnen sind, blieben bis heute in mehr als 40 österreichischen Klöstern Bestände in situ erhalten, die bis in das Mittelalter zurückreichen und deren gewachsene archivische Überlieferung sich von der Gründungszeit des Klosters bis in die Gegenwart erstreckt.
Neben dem Aspekt des zeitlichen Kontinuums, des ungebrochenen Tradierens von Schriftlichkeit, ist aber auch jener der Überlieferungsweite zu untersuchen.
Die Unterschiede in der Bestandsbildung verschiedener Ordensarchive liegen unter anderem in der Aufgabenstellung der Ordenshäuser begründet - In jenen Orden, deren vorrangige Arbeit etwa der Mission oder dem Schulwesen gewidmet ist, ergibt sich ein inhaltlich differenter Bestand zu Orden, deren Aufgabenbereiche anders gewichtet sind.
Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage nach der Überlieferungsauswahl. An Hand einiger Beispiele soll untersucht werden, ob bewusst selektiert und wenn, nach welchen Gesichtspunkten dabei vorgegangen wurde.