ABSTRACT:
Igor Bauersimas futur de luxe ist das erste deutschsprachige Drama, das Gentechnik und reproduktives Klonen zu zentralen Themen macht. Auf den ersten Blick handelt es sich bei futur de luxe um ein traditionelles Familiendrama, das inhaltlich um die aktuellen Streitfragen der Bioethikdebatte zu einer Familien-Groteske ergänzt ist. Dagegen erkennt die vorgestellte Lektüre des Dramas einen inhärenten Zusammenhang zwischen dem inhaltlich verhandelten Thema des Klonens mit dem formalen Aufbau des Stücks. Der Klon (als Form der Kopie und der Wiederholung) bildet - so die leitenden These des Vortrags - nicht nur das zentrale Thema, sondern gleichzeitig das ästhetische Prinzip der Stückkonstruktion. Der im Zentrum von Bauersimas theatralem Spiel stehende Klon bildet eine Chiffre der 'Postmoderne'.
Bauersimas Drama zitiert zahlreiche literarische und theatrale Genres sowie kulturelle Muster und Bilder, so dass Literatur und Theater selbst als 'Klon' erscheinen. Im ironisch gebrochenen selbstbezüglichen Spiel mit den traditionellen Formen in der Montage von Drama, Bühne und Film entsteht so ein hybrides ästhetisches Gebilde, das eine eigene Poetologie und Theatertheorie transportiert. Das hochaktuelle Bühnenstück, das direkt die Frage nach dem Menschen im 'Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit' stellt, kreist um die Aporien der Identitäts- und Subjekttheorie sowie um jene ganz grundsätzliche Fragen der Kunst- und Naturphilosophie, die die Debatten der 'Postmoderne' um Identität, Authentizität, klassische Dualismen, Referenzialität, Historie, Realität etc. prägen. Dabei markiert Bauersimas Klon-Groteske gleichzeitig die anthropologische Funktion, die Literatur und Theater zwischen den 'zwei Kulturen' des wissenschaftlichen Zeitalters haben.
Die im Vortrag vorgestellte Textinterpretation wird ergänzt durch die an Ausschnitten demonstrierte Analyse eines Videomitschnitts der Uraufführung des Dramas, bei der der Autor selbst Regie führte.