ABSTRACT:
Frauen haben zu allen Zeiten geschrieben, und dennoch spielen Schriftstellerinnen im Kanon der Literaturwissenschaft nach wie vor eine untergeordnete Rolle.
Insbesondere die Epoche des Fin de Siècle, die hier für den Zeitraum von 1890 bis 1914 angesetzt wird, zeichnet sich durch eine Vielzahl von Schriftstellerinnen aus, und die Stadt Berlin erweist sich dabei als ein produktives Umfeld, welches die schreibenden Frauen nicht nur inspirierte, sondern ihnen auch Motive für ihre Werke lieferte. Mein Vortrag widmet sich dem Beitrag der Berliner Schriftstellerinnen Alice Berend, Margarete Böhme und Clara Viebig zu den fiktiven Weiblichkeitsentwürfen im Berlin der Jahrhundertwende. Von besonderem Interesse ist hierbei die Frage, ob die Autorinnen an tradierten Konzepten von Weiblichkeit festhalten, ob und wenn ja sie die Frau inszenieren, stilisieren und somit verfremden, oder ob es ihnen darauf ankommt, die Frau so authentisch wie möglich darzustellen und die Kluft zwischen gesellschaftlicher Realität und schriftstellerischer Fiktion möglichst klein zu gestalten. Eng verknüpft hiermit wiederum ist die Überlegung, ob das vom Mann an die Frau herangetragene Erwartungsbild erkannt, akzeptiert, verinnerlicht oder verworfen wird, ob die Frauen die gesellschaftliche Realität also aus einer doppelten Perspektive, nämlich aus einer männlichen und weiblichen, wahrnehmen. |