ABSTRACT:
Im Jahr 2002 versuchten insgesamt 14.843 Touristen auf den Kilimanjaro, den in Tansania gelegenen höchsten Berg Afrikas, zu wandern, darunter 1601 Deutsche. Diejenigen, die den Berg besteigen möchten, bereiten sich in der Regel durch sportliches Training und Lektüre auf diese Tour vor. In meinem Vortrag steht die letztere Maßnahme zur Disposition: Ich werde Reiseberichte (aus Vergangenheit und Gegenart), Reiseführer sowie Reportagen (aus der Zeit, der Süddeutschen Zeitung und aus den Mitteilungen des Deutschen Alpenvereins) vorstellen, in denen Bergsteiger von ihren ›Erlebnissen‹ in der fernen Fremde berichten. Solche schriftlichen Zeugnisse bezeichne ich mit dem Literaturwissenschaftler Jürgen Link als »elementar-literarische Reden«, d.h. als einerseits diskursübergreifende, andererseits innerhalb eines bestimmten institutionalisierten Feldes verankerte Weisen des Sprechens. Übergriffe zu anderen Diskursen finden sich in Kilimanjaro-Reden vielfach mit Hilfe von Tropen und Symbolen; insbesondere erfolgt hier eine Verknüpfung von ›Bergsteigen‹ und ›Militär‹ bzw. von ›Bergsteigen‹ und ›Weiblichkeit‹. Eine Auswahl solcher Verfremdungen werde ich exemplarisch analysieren, um folgenden Fragen nachzugehen: Welche (sprachlichen) Beziehungen bestehen zwischen den Entdeckern des 19. Jahrhunderts und den Touristen des 20. resp. 21. Jahrhunderts? Weshalb aktualisiert der Kilimanjarodiskurs nicht nur zur Zeit der Erstbesteigung durch den Leipziger Hans Meyer (1889), sondern auch in der Gegenwart zum Teil nicht-stimmige ›Bilder‹ (so genannte Katachresen) aus anderen Bereichen?