Innovationen und Reproduktionen in Kulturen und Gesellschaften (IRICS) Wien, 9. bis 11. Dezember 2005

 
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Grenzen auf dem Campus: Akademikerinnen in den USA und Deutschland Mitte des 20. Jahrhunderts

Levke Harders (Humboldt-Universität zu Berlin)

 

ABSTRACT:

In diesem Beitrag möchte ich die Studien- und Arbeitsbedingungen von Akademikerinnen in der deutschen Germanistik und den us-amerikanischen American Studies diskutieren. In beiden Ländern setzte sich die diskursive und strukturelle Abwehr von Frauen in der Wissenschaft bis weit in das 20. Jahrhundert hinein fort. Trotz verhältnismäßig hoher Studentinnenzahlen gab es wenige Habilitationen (in Deutschland) oder full professorships (in den USA) von Frauen.

Zu fragen ist, warum in der Germanistik und den American Studies kaum eine Promovendin ihre wissenschaftliche Laufbahn an einer Universität fortsetzen konnte. Meines Erachtens hängt dieser Ausschluss mit den Inhalten und Konzepten dieser Disziplinen zusammen. Beide Fächer dienten der nationalkulturellen Selbstverständigung und beanspruchten gesellschaftliche Deutungskompetenzen, denn sie definierten ihren Forschungsgegenstand in Bezug auf das Nationale, untersuchten also das, was für deutsch bzw. amerikanisch gehalten wurde/werden sollte. Dies gilt für die Germanistik insbesondere in der NS-Zeit, für die American Studies während des Kalten Krieges.

Zwischen diesen Aspekten, der Integration bzw. Exklusion von Frauen in der Wissenschaft und nationaler Identitätskonstruktion, besteht ein in der Forschung bisher wenig beachteter Zusammenhang. So bestimmte das Wissenschaftsverständnis der Germanistik die Zugangschancen für Akademikerinnen, indem die innerdisziplinären Standards ein philologisches Ethos schufen, das Frauen qua Geschlecht ausschloss. Die diskursiven Bedingungen dieser Fächer wurden auf der strukturellen Ebene durch disziplinäre Exklusionsmechanismen realisiert, z. B. über den Zugang zu akademischen Berufen, (finanziellen) Ressourcen und wissenschaftlichen Netzwerken.

In dem Vortrag werde ich auf den historischen Kontext des Frauenstudiums in Deutschland und den USA eingehen sowie auf die Entwicklung der Germanistik und American Studies. Auf dieser Grundlage sollen die Zusammenhänge zwischen akademischen Karrieren von Frauen und den Inhalten beider Disziplinen problematisiert werden. Anhand konkreter Beispiele werde ich außerdem die Handlungsoptionen und Strategien von Germanistinnen und Amerikanistinnen darstellen, die von thematischer Nischenbildung über den Wechsel in die weniger prestigeträchtige Lehrerausbildung hin zur Anpassung an das NS-Regime reichten. Der Beitrag wird mit einem kurzen Ausblick auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte schließen.

Innovations and Reproductions in Cultures and Societies
(IRICS) Vienna, 9 - 11 december 2005

H O M E
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