Seit der Stigmatisierung des Heiligen Franz von Assisi im Jahr 1224 gelten die Wunden der Stigmatisierten als Einschreibungen Gottes. In diversen Fällen aus der Geschichte der Stigmatisierten fungieren die Male zugleich als Zeichen zur Authentifizierung des göttlichen Ursprungs von Visionen (Beispiele: Anna Katharina Emmerick, Therese Neumann).
Wainwrights Thriller entwickelt aus diesem Zusammenhang eine genretypische Populärmythologie, deren Rekonstruktion im Zentrum des Vortrags stehen wird. Die Protagonistin des Films, eine Frisöse im New York des ausgehenden 20. Jahrhunderts, empfängt die Wunden Jesu, obwohl sie keinerlei Bezug zum Christentum hat. Zugleich wird sie zu einem Medium, das in Trance Teile des apokryphen Thomas-Evangeliums niederschreibt, und zwar in aramäischer Sprache. Die Verfolgung der Prophetin wider Willen durch Vertreter des Vatikans unterstreicht, daß die Frage nach den Möglichkeitsbedingungen der Authentifizierung heiliger Schrift auch in der Gegenwart (wie schon zu Zeiten Thomas Müntzers oder des Radikalen Pietismus) vor allem ein kirchenpolitischer Konfliktstoff ist. |