Der Glaube scheint stets zu drängen, seinen Inhalt zu formulieren, in der Verkündigung der Frohbotschaft, als die jeder Glaube zumindest sich erscheint und insbesondere die judeo-christliche Religionstradition sich definiert. Verkündigung aber ist insbesondere Versprachlichung und Verschriftlichung - und dieser Prozeß ist hochproblematisch. Zum einen macht er zugleich den Gegenstand des Glaubens gleichsam verhandelbar, weshalb die Schrift unheilig erscheinen mag. Andererseits ist das Wort dem Glauben schließlich noch vor der Verkündigung das, worin er sich erschließt - die Gläubigen "werden in neuen Sprachen reden", "glóssais lalésusin kainais" (Mk 16,17), also in Sprachen, die sich gleichsam ereignen.
Gerade in der Philosophie der Schrift ist dieses Problem virulent - zwar dekonstruiert Derrida das Metaphysische in der Sprache, doch zugleich ist gerade in seinem Werk "das Messianische ohne Messianismus", wie er selbst konzediert, allenthalben spürbar. Die Fragestellung des Panels ist also, ob die philologisch gestützte oder auch poetisch entwickelte Arbeit am Wort sowie Wort und Schrift selbst
- das Religiöse auflösen, weshalb Religion "rückwärts, […] nicht mehr auf Christus zu" (Benedikt XVI.) schreiten müßte,
- es als Selbstbefragung in der Vernunft vollenden oder
- eine Transformation des Glaubens sind, der als "Nachreife auch der festgelegten Worte" (Walter Benjamin) in seiner Dekonstruktion fortbesteht - als eine Art von intentio scripturae.