Seit der Zeit seiner Einführung in den Allgemeingebrauch, war
der Kulturbegriff vor allem mit der Fähigkeit assoziiert, voneinander
getrennte Menschen zu vereinigen. Im Unterschied zur Zivilisation, die
mit der bestimmten kollektiven Mentalität zusammenhängt, Kultur
bezieht sich auf individuelle Errungenschaften, die sich angeblich von
solch einer Anhängerschaft zu befreien wissen. Aber diese während
der deutschen Aufklärung eingebürgerte Auffassung hat inzwischen
ihre kolonialen und imperialen Voraussetzungen bloßgelegt. Sie
machte den Europäern möglich, den Vorrang bezüglich des
Rests von geographisch eingezäunten und historisch eingeschränkten
Zivilisationen aufzubauen. Nicht jede Entität scheint also denselben
Anteil in dem gehabt zu haben, was als gemeinsame Identität zum
Teilen gemeint war. Die vorliegende Sektion setzt sich das Ziel, diesen
zweideutig „teilenden“ Charakter der Kultur(en) zu erforschen,
der bereits von Nietzsche und Freud in den Vordergrund gerückt
war und der sich heutzutage in aller Vielfalt von kulturellen Erscheinungen
kundtut.
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Since the time it had been introduced into the common usage, the concept
of culture was primarily associated with its capacity to unite divided
people. Unlike civilization being dependent on particular national or
class mentality, culture as connected only to individual achievements
is interpreted to be free of any such liability. However, the delineated
conviction established during the German Enlightenment, meanwhile turned
out to be based on colonial and imperial premises. As the emergence
of postcolonial and cultural studies has shown, it enabled Europeans
to establish a supremacy over the rest of geographically constrained
and historically restricted civilizations. Hence not every entity seems
to have had the same share in what was supposed to be shared as common
identity. The aim of this section will be to explore this necessarily
ambiguous, “sharing” character of culture(s), as it was
announced already by Nietzsche or Freud and as it is nowadays articulated
in the whole variety of its manifestations.
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