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Bezugs-Formen
Ferdinand Auhser (Wien) [BIO]
Email: fauhser@gmx.at
ABSTRACT:
In der Frage nach der Möglichkeit verschlossener Gesellschaften oder hermetischer Gesellschaftsformen, zeigen sich aus philosophischer Perspektive die Konturen eines Problems, das seit Platon den metaphysischen Diskurs bestimmt und den Begriff der Form an sich umkreist. Die Vorstellung selbstgenügsamer Abgeschlossenheit tritt erstmals in der Ideenlehre ins Zentrum der geisteswissenschaftlichen Diskussion: als der Anspruch einer vorverfügten Regulation aller Kontakte und Bewegungen, als ursprüngliche Bedingung der Möglichkeit individueller Existenzen und gegenseitiger Bezüge, wodurch jeder Prozess einer Transformation notwendig in die Geschlossenheit der transzendenten Voraussetzungen eingeschrieben bleibt.
Der Vortrag mit dem Titel „Bezugs-Formen“ möchte im Rahmen der Sektion „Touching Society“ anhand einer Interpretation der aristotelischen Lehre über das Wesen des eídos und der sich daraus entwickelnden Dualität von dynamis und enérgeia – gegen die platonisch-kantische Dogmatik – einen Formbegriff entwickeln, der sich wesentlich als Information, als permanent in Formation begriffene Erscheinung bestimmt, die nicht in Abhängigkeit von einer transzendenten Realität, sondern in einem dynamischen Bezugsfeld existiert und agiert, interpretiert und interpretiert wird, wirkt und damit Wirklichkeit als die Sphäre eines pluralistischen Interpretationskontextes charakterisiert. Für Aristoteles ist die erscheinende Form ousia – erste Substanz als das Wesentliche des Geschehens – und als Form immer in den Prozess von dynamis und enérgeia eingeschrieben, in eine Relation, in der immer Kräfte auf Kräfte wirken, einander deuten und bewegen, und jede Form, ob biologisch, chemisch oder sozial, kann nur als diese ständige Bewegung, als Information und Transformation, existieren. Auf diesem Weg wird im Anschluss an Aristoteles und die Diskussion des Formgedankens der Bezug zu Nietzsches Kräftetheorie und dem darin weiterentwickelten ästhetischen Gedanken, der Nietzsches Werk durchgängig bestimmt, hergestellt werden, wodurch sich die Notwendigkeit des permanenten Aufbruchs, der permanenten Transformation organischer Strukturen zeigen soll.
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