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<<< Tourismusprospekte in Europa – Herstellung und Übersetzung im Zeitalter der Globalisierung
Die Wirkung der deutschen Sprache auf die Leser von Reisekatalogen
Jürgen Brandt (Meerbusch)
Email: brandtmobil@aol.com
ABSTRACT:
Liest man die Reisekataloge der Anbieter, so glaubt man, dass es weltweit nur erstklassige Hotels in direkter Strandlage „zum Schnäppchenpreis“ gibt. Dieser Eindruck wird vermittelt durch die Angebote und Beschreibungen der Objekte der Reiseveranstalter. Der Beitrag versucht eine ,Entschlüsselung’ der Codesprache, die in diesen Katalogen benützt wird. Nachfolgend einige Beispiele:
Reiseveranstalter verpacken die negativen Seiten ihres Angebotes oft in freundlich klingende Worte. Eine „neu erbaute Anlage in aufstrebender Region“ lässt eigentlich nichts Negatives erwarten. In der Realität verbirgt sich hinter diesem Angebot ein wenig erholsamer Urlaub zwischen zahllosen Baustellen.
Wer also ganz bestimmte Floskeln falsch versteht, wird am Reiseziel enttäuscht sein. Hat man zwar ein Hotel mit einem „beheizbaren Swimmingpool“ gebucht, heißt das noch lange nicht, dass der Hotelier die Heizung auch einschaltet. Das kalte Wasser ist kein Grund, den Preis zu mindern: Der Reiseveranstalter hat sich mit der Formulierung gegen eventuelle Beschwerden abgesichert.
Zwischen den Zeilen steht also im Werbekatalog das, was Sie im Hotel vorfinden: Einen „beheizbaren Swimmingpool und keinen beheizten“! Genauso ergeht es auch mit anderen Formulierungen, wenn u.a. geschrieben ist „mit reichhaltiger wöchentlicher Animation“, kann das bedeuten, dass an 6 Tagen in der Woche nichts passiert. Oft finden wir es, dass über die Atmosphäre und die Gäste Aussagen gemacht werden. Die Aussage internationale Atmosphäre „kann bedeuten, dass Vereine und Gruppen aller Nationen feiern bis in die Morgenstunden.“ Das Personal muss deshalb noch lange keine Fremdsprache beherrschen. Der Hinweis auf „eine ungezwungene Atmosphäre“ kann bedeuten, dass Sie mit 24 Stunden Party rechnen sollten.
Auch die Formulierung „bei deutschen Gästen sehr beliebt“ heißt die Schnitzel- und Weißwurstgarantie, das landestypische Ambiente fehlt. Die interessante Formulierung „beliebt bei Stammgästen“ kann bedeuten, dass nur ganz hart gesottene hierher wiederkommen. Auch die Aussage „von Junggesellen bevorzugt“ kann einen negativen Touch haben, nämlich dass hier Prostituierte ihrem Handwerk nachgehen.
Die Aussage „familiäre Atmosphäre“ ist häufig die Umschreibung für ein Haus, das an Service und Komfort nicht viel zu bieten hat. In einem „kinderfreundlichen Haus“ sollten sie sich besser nicht einquartieren – Kinder sind nun einmal laut. Und im Urlaub haben viele Eltern keine Lust, den Kleinen das Schreien zu verbieten. In einem Haus für „junge Gäste“ wird meistens zu lauter Musik bis in die Morgenstunden getanzt und es findet sich wenig Komfort. Aber auch das Frühstück ist sicherlich ein interessanter Punkt. Hinter dem Begriff „internationale Küche“ verstecken sich nicht selten sehr einfache Speisen. Landestypische Zutaten oder Gerichte serviert man wahrscheinlich gar nicht. Auch interessante Aussagen zu den Zimmern sind zu finden. „Helle und freundliche Zimmer“ heißt, es gibt hier wenig Komfort. Auf komfortablere Ausstattung weisen Umschreibungen hin, wie „geschmackvolle Einrichtung", „geräumig und komfortabel“ oder „luxuriös eingerichtet“. Auch der Begriff „zweckmäßig eingerichtet“ heißt, dass in diesem Hotel die Zimmer nicht komfortabel sind, aber zumindest tadellos geputzt. „Landestypische Bauweise“ weist auf Wände hin, die wahrscheinlich dünn sind, der ganze Bau ist dadurch hellhörig. Wer also ungestörte Nachtruhe haben möchte, sollte hier besser nicht einchecken. „Zentrale Klimaanlage?“ besagt oft, die dass Zimmertemperatur nicht reguliert werden kann. Das ist nur dann der Fall, wenn im Reisekatalog „individuell regelbare Klimaanlage/Heizung“ steht. Auch über die Entfernungen werden oft Angaben gemacht. „Taxi-Entfernung zur Stadt 8 min.“ heißt, es gibt keine Busverbindung. Auch der Hinweis auf „Kurzer Transfer zum Flughafen“ ist ein versteckter Hinweis, dass mit erheblichen Lärmbelästigungen durch startende und landende Flugzeuge gerechnet werden muss. Der Hinweis „Bushaltestelle 50 m“ weist darauf hin, dass das Hotel direkt an der Hauptstraße liegt. Die Äußerung „strandnah“ besagt, das Hotel liegt nicht direkt am Meer und hat auch keinen direkten Strandzugang. Zu Fuß läuft man etwa 5 – 15 Minuten.
Dies sind nur einige Beispiele aus der Werbe- und Vermarktungssprache der Tourismusbranche. Es wäre sicherlich interessant, zu prüfen, wie sich in den unterschiedlichen Sprachen Europas die werblichen Aussagen verhalten und was sie in der Realität bedeuten. Hier ist jedenfalls großer Bedarf im Interesse einer verständlichen Aussage und somit im Interesse aller am Markt teilnehmenden Personen.
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